Beschluss vom 10.11.2023 -
BVerwG 20 F 11.22ECLI:DE:BVerwG:2023:101123B20F11.22.0

Leitsatz:

Bei Sperrerklärungen für umfangreichere Akten reicht die Bezeichnung des gesetzlichen Verweigerungsgrundes ohne Zuordnung zu einem konkreten Dokument und ohne Zuordnung zu einem konkreten Verweigerungsumstand nicht aus.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 1
    VwGO § 99 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2
    SÜG § 4 Abs. 2 Nr. 2

  • VG Köln - 25.06.2015 - AZ: 13 K 3809/13
    OVG Münster - 27.05.2022 - AZ: 15 A 1578/15

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.11.2023 - 20 F 11.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:101123B20F11.22.0]

Beschluss

BVerwG 20 F 11.22

  • VG Köln - 25.06.2015 - AZ: 13 K 3809/13
  • OVG Münster - 27.05.2022 - AZ: 15 A 1578/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO
am 10. November 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und Prof. Dr. Burmeister
beschlossen:

Die Sperrerklärung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 3. November 2020 ist rechtswidrig.

Gründe

I

1 Die Klägerin ist Verlegerin von Presseerzeugnissen ("..."). In dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren begehrt sie gestützt auf das Informationsfreiheitsgesetz die Verpflichtung der Beklagten, ihr die beim Bundesministerium der Verteidigung und den ihm unterstellten Stellen vorliegenden Informationen über den ehemaligen Soldaten Uwe Mundlos zu erteilen.

2 1. Nachdem das Verwaltungsgericht die Klage - soweit noch streitig - abgewiesen hat, hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung der Klägerin teilweise stattgegeben. Das Bundesverwaltungsgericht hat der von der Beklagten eingelegten Revision teilweise stattgegeben und die Sache insoweit an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Würden die Darlegungen der Beklagten für das Vorliegen des in Anspruch genommenen Versagungsgrundes ausreichen, dürften Geheimhaltungsgründe vom Gericht nicht verneint werden, ohne die streitgegenständlichen Unterlagen angefordert zu haben und ihre materiell zutreffende Einstufung in einem In-camera-Verfahren überprüft haben zu lassen (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 - 7 C 20.17 - BVerwGE 165, 1 Rn. 38).

3 2. Das Oberverwaltungsgericht hat unter Hinweis auf die revisionsgerichtlichen Feststellungen und die insoweit bestehenden Bindungswirkungen die Beklagte erstmals 2019 aufgefordert, den Ordner zu BMVg-1, Seite 1 bis 16 sowie den Ordner zu BMVg-4 vorzulegen. Die vom Bundesministerium der Verteidigung unter dem 5. Juli 2019 abgegebene Sperrerklärung wurde durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. August 2020 - 20 F 6.19 - (Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 90) für rechtswidrig erklärt. Die Sperrerklärung genüge nicht den Anforderungen, die an die Darlegung eines Weigerungsgrunds zu stellen seien. Zudem habe die Beklagte in der Sperrerklärung keine auf den konkreten Rechtsstreit bezogene und auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten im Prozess beruhende Ermessensentscheidung über die Aktenvorlage getroffen, sodass auch nicht die schriftsätzlich und im Widerspruchsbescheid dargelegten Erwägungen herangezogen werden könnten, welche zudem auch ermessensfehlerhaft gewesen wären.

4 3. Nachdem das Oberverwaltungsgericht die Beklagte mit Beschluss vom 26. Oktober 2020 aufgefordert hatte, die Unterlagen 1. Ordner zu BMVg-1, Seite 1 - 16, und Ordner zu BMVg-4 vorzulegen, hat die Beklagte unter Vorlage des Ordners Einheitsaktenplan, dort Seite 1 - 8 des Auszuges Einheitsaktenplan aus dem 1. Ordner zu BMVg-1, sowie unter Vorlage des Ordners Munitionsdiebstahl, dort Seiten 6, 13 - 19, 35 - 39, 110, 118 - 119, 123 - 124, 130 und 134 - 135 aus dem Ordner zu BMVg-4, mit Sperrerklärung vom 3. November 2020 eine weitergehende Vorlage verweigert.

5 Dem Erlass der Sperrerklärung stünde nicht entgegen, dass der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts bereits eine frühere Sperrerklärung aufgehoben habe. Zudem bestünden zwei materiell-rechtliche Weigerungsgründe. Zum einen würde das Bekanntwerden des noch streitbefangenen Akteninhalts dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten. Zum anderen seien die als Verschlusssachen eingestuften Unterlagen somit einem Gesetz nach geheim zu halten. Da die Kenntnisnahme der streitbefangenen Akten durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig wäre, sei die Einstufung als Verschlusssache auch materiell-rechtlich gerechtfertigt. Unter Ausübung des nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO bestehenden Ermessens sei der Klägerin zwar der Zugang zu bestimmten Unterlagen zu gewähren, jedoch nicht zu allen. Bei Letzteren überwiege das Geheimhaltungsbedürfnis gegenüber dem Gebot effektiven Rechtsschutzes.

6 4. Der Kläger hat den Rechtsstreit unter dem 1. Dezember 2020 in dem Umfang für erledigt erklärt, in dem die Beklagte im Rahmen ihrer Sperrerklärung vom 3. November 2020 weitere Unterlagen zur Verfügung gestellt hat. Für den Fall, dass das Hauptsachegericht die Vorlage der verweigerten Akten als entscheidungserheblich betrachte, beantragt er hilfsweise die Einleitung eines erneuten In-camera-Verfahrens. Die erneute Abgabe einer Sperrerklärung sei unzulässig. Die gegenläufige Rechtsprechung sei zu hinterfragen, weil sie es der Behörde ermögliche, den Rechtsstreit unendlich zu verlängern.

7 Im Übrigen sei der Vortrag der Beklagten nicht geeignet, die Sperrerklärung zu rechtfertigen. Sie behaupte lediglich allgemein, aus den vorgeblich verwendeten Schlüsselbegriffen ließen sich Rückschlüsse auf Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) ziehen. Die "Schlussfolgerung" sei auch nicht nachvollziehbar begründet. Auch der Vortrag zum Ordner Munitionsdiebstahl sei nicht geeignet, die Sperrerklärung zu rechtfertigen. Auch hier bleibe der Vortrag der Beklagten vage und nicht nachvollziehbar. Dies zeige sich etwa an Formulierungen wie "zum Teil". Der Vortrag zu gesetzlichen Geheimhaltungspflichten liege auch neben der Sache, weil im Rahmen des § 99 VwGO nicht von Bedeutung sei, ob eine Unterlage als Verschlusssache eingestuft sei. Überdies sei der diesbezügliche Sachvortrag zu vage, um eine solche Einstufung materiell zu rechtfertigen. Hilfsweise werde wegen der insgesamt vagen Angaben der Beklagten angeregt, dass das Gericht die Akten anfordere, um die Stichhaltigkeit des Vortrags zu überprüfen.

8 Die Ermessensausübung sei fehlerhaft, weil bei ihr nicht mehr von Bedeutung sei, ob Geheimhaltungsgründe fachgesetzlicher Art vorlägen. Auf der Rechtsfolgenseite komme es im Rahmen der Ermessensentscheidung allein auf die Abwägung der widerstreitenden Interessen an, die die Beklagte nicht vorgenommen habe. Sie habe schon nicht die abzuwägenden Interessen bezeichnet. Sie nenne lediglich ihr eigenes Geheimhaltungsinteresse und fasse die Interessen der Klägerin und des Gerichts allgemein unter dem "effektiven Rechtsschutz" zusammen. Das werde dem Einzelfall nicht gerecht. Die Beklagte hätte darlegen müssen, was das Interesse der Klägerin und des Gerichts an der Offenlegung konkret sei. Es fehle auch an einer tatsächlichen Abwägung. Die Abwägung beschränke sich auf einen Satz. Sodann erläutere die Beklagte lediglich ihr eigenes Geheimhaltungsinteresse. Eine Abwägung erfordere jedoch den bewertenden Vergleich widerstreitender Interessen.

9 5. Mit Beschluss vom 27. Mai 2022 hat das Oberverwaltungsgericht das Berufungsverfahren für die Dauer des erneuten In-camera-Verfahrens ausgesetzt. Die Beklagte sei nicht daran gehindert gewesen, eine erneute Sperrerklärung abzugeben, obwohl das Bundesverwaltungsgericht im August 2020 die Rechtswidrigkeit der ersten Sperrerklärung festgestellt habe. Es habe sich nicht zur Frage verhalten, ob die Verweigerung der Aktenvorlage in der Sache berechtigt gewesen sei.

II

10 Der zulässige Antrag ist begründet.

11 1. Die für die Zulässigkeit des Antrags nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderliche Feststellung der Entscheidungserheblichkeit der begehrten Auskünfte für das Hauptsacheverfahren liegt vor. Aus der durch § 99 VwGO vorgegebenen Aufgabenverteilung zwischen dem Fachgericht und dem Hauptsachegericht folgt, dass zunächst das Hauptsachegericht förmlich darüber zu befinden hat, ob und gegebenenfalls welche Informationen aus den Akten für eine Sachentscheidung überhaupt erforderlich sind, bevor die oberste Aufsichtsbehörde nach § 99 Abs. 1 VwGO über die Freigabe oder Verweigerung der in Rede stehenden Akten befindet. Hat das Gericht der Hauptsache die Entscheidungserheblichkeit bejaht, ist der Fachsenat grundsätzlich an dessen Rechtsauffassung gebunden. Eine abweichende Beurteilung durch ihn kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung des Hauptsachegerichts offensichtlich fehlerhaft ist.

12 Zwar hat das Oberverwaltungsgericht vorliegend keinen ausdrücklichen Beweisbeschluss gefasst, bevor die Beklagte ihre Sperrerklärung abgegeben hat; jedoch steht die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage auf der Grundlage des Aussetzungsbeschlusses vom 27. Mai 2022, der auch auf den Aussetzungsbeschluss vom 11. Juli 2019 Bezug nimmt, fest. Danach folgt die Entscheidungserheblichkeit bereits aus der gemäß § 144 Abs. 6 VwGO bestehenden Bindungswirkung des Revisionsurteils. Es liegen damit einem Beweisbeschluss vergleichbare förmliche Äußerungen des Hauptsachegerichts vor, aus denen sich die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage der Akten ergibt. Die dem zugrunde liegende Rechtsauffassung des Hauptsachegerichts, es bestehe insoweit eine Bindung gemäß § 144 Abs. 6 VwGO, ist auch nicht offensichtlich fehlerhaft (vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 26. August 2020 - 20 F 6.19 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 90 Rn. 11).

13 2. Der Zulässigkeit des Antrags steht ebenso wenig entgegen, dass der Senat bereits die frühere Sperrerklärung der Beklagten mit Beschluss vom 26. August 2020 - 20 F 6. 19 - (Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 90) aufgehoben hat. Denn deren Aufhebung erfolgte entscheidungstragend im Hinblick auf eine fehlerhafte Ermessensausübung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Juni 2021 - 20 F 1.21 - ‌NVwZ 2022, 90 Rn. 10).

14 3. Der Antrag ist auch begründet, weil das Bundesministerium der Verteidigung in seiner Sperrerklärung die Gründe der Vorlageverweigerung - erneut - nicht ordnungsgemäß dargelegt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. August 2020 ‌- 20 F 6.19 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 90 Rn. 15; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 6, 15). Sie wird durch die vorliegende Entscheidung indes nicht daran gehindert, eine neue Sperrerklärung abzugeben (BVerwG, Beschluss vom 24. November 2015 - 20 F 4.14 - Rn. 18 m. w. N.).

15 a) Bei umfangreicheren Akten muss eine Sperrerklärung eine differenzierende Zuordnung der Geheimhaltungsgründe zu den jeweiligen Aktenbestandteilen enthalten. Sie muss hinreichend deutlich erkennen lassen, auf welche Weigerungsgründe die oberste Aufsichtsbehörde sie stützt (BVerwG, Beschlüsse vom 18. April 2012 - 20 F 7.11 - NVwZ 2012, 1488 Rn. 8 und vom 26. August 2020 ‌- 20 F 6.19 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 90 Rn. 15). Eine konkrete Zuordnung von Geheimhaltungsgründen durch die oberste Aufsichtsbehörde ist von zentraler Bedeutung, weil der Fachsenat in Wahrung des Gewaltenteilungsgrundsatzes ausschließlich prüft, ob die von ihr in der Sperrerklärung behaupteten Gründe tatsächlich vorliegen (BVerwG, Beschlüsse vom 19. April 2021 - 20 F 9.20 - ‌Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 96 Rn. 28 und vom 17. März 2020 - 20 F 3.18 - Rn. 22); erst durch die Darlegung der konkreten Gründe wird somit effektiver Rechtsschutz ermöglicht.

16 Im Hinblick auf diese Zwecksetzung reicht es grundsätzlich nicht aus, dass die oberste Aufsichtsbehörde generell einen gesetzlichen Verweigerungsgrund behauptet und mehrere Umstände dafür aufführt, ohne zu bezeichnen, bei welchem konkreten Dokument welcher konkrete Umstand einen Verweigerungsgrund tatbestandlich erfüllen soll. Dass der Fachsenat Zuordnungen lediglich innerhalb eines gesetzlichen Verweigerungsgrundes vornehmen müsste, ändert daran nichts. Denn ein Verweigerungsgrund - wie etwa vorliegend die Staatswohlgefährdung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO - kann durch unterschiedliche Umstände - wie etwa Informantenschutz, Schutz von Mitarbeitern einer Sicherheitsbehörde oder Schutz des exekutiven Kernbereichs - begründet werden und es obliegt der Beurteilung der obersten Aufsichtsbehörde, innerhalb des breiten Spektrums eines Verweigerungsgrundes eine Zuordnung von verweigerungsbegründenden Umständen vorzunehmen und auf sie bezogen darzulegen, dass der Nachteil von erheblichem Gewicht ist und nicht die bloße Möglichkeit eines Nachteils besteht, sondern eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht (BVerwG, Beschlüsse vom 19. April 2010 - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 12 sowie vom 13. November 2020 - 20 F 5.20 - NVwZ 2021, 415 Rn. 19). Eine differenzierende Aufbereitung der Unterlagen - unter Angabe von Blattzahlen, gegebenenfalls auch der Bezifferung von Absätzen oder der Gliederungspunkte eines Dokuments - erweist sich nur ausnahmsweise dann als entbehrlich, wenn der Umfang der Unterlagen überschaubar ist und sich bei Durchsicht der Akte die Zuordnung der Geheimhaltungsgründe ohne Weiteres erschließt (BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2023 - 20 F 4.23 - NVwZ 2023, 1504 Rn. 19 m. w. N.).

17 b) Nach Maßgabe dessen hat das Bundesministerium der Verteidigung - erneut - keine ausreichende Zuordnung der Dokumente vorgenommen. Zwar ist hinsichtlich der Verweigerung der vollständigen Vorlage des Akteneinheitsplans (Seiten 9 - 16) nach der Begründung in der Sperrerklärung eindeutig, dass - neben dem angeblichen Vorliegen des gesetzlichen Geheimhaltungsgrundes nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 VwGO (Seite 5 - 7 der Sperrerklärung) – Rückschlüsse auf Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des Militärischen Abschirmdienstes als Umstände angegeben werden, die das Vorliegen des Geheimhaltungsgrundes nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO tragen sollen. Hinsichtlich des gut 170 Seiten umfassenden und vom Senat eingesehenen Ordners Munitionsdiebstahl (Seiten 7 - 12, 20 - 34, 40 - 109, 111 - 117, 120 - 122, 125 - 129, 131 - 133 und 136 - 198) fehlt indes eine konkrete Zuordnung der einzelnen Dokumente zu konkreten Umständen, aus denen sich die Geheimhaltungsgründe nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO ableiten sollen. So wird etwa die Geheimhaltungsbedürftigkeit mit den Namen von Personen begründet, die sich aktuell "z. T." in geheimhaltungsbedürftigen Verwendungen befinden. Keine konkrete Zuordnung erfolgt ebenso zu Personen, die die Beklagte als schutzbedürftig ansieht. Zudem wird von "verschiedenen" Dokumenten gesprochen, die Hintergrundinformationen sowie von Meldungen zu besonderen Vorkommnissen enthalten, bei denen "einzelne" Hintergrundinformationen sich auf die grundsätzliche oder auch konkrete Arbeitsweise des MAD beziehen und Rückschlüsse auf mit Fragen der militärischen Sicherheit befasste (damalige) Referate im Verteidigungsministerium zulassen sollen. Die Beklagte spricht von Schriftstücken, die "mehrheitlich" ihren Ursprung bei Dienststellen und Arbeitsbereichen, die sich mit der militärischen Sicherheit zu befassen hätten, haben und die geeignet sein sollen, die Arbeitsweise des MAD oder der Bereiche, die sich mit militärischer Sicherheit befassen, zumindest teilweise offenzulegen. Bei alledem wird von einer lediglich "möglichen" Gefährdung oder von zu befürchtenden nachteiligen Auswirkungen gesprochen.

18 c) Der Begründungsmangel wird auch nicht deshalb unerheblich, weil die Beklagte im Hinblick auf "die VS-NfD eingestuften" Dokumente und - sowohl nach dem Duktus als auch der Systematik der Sperrerklärung - somit auf alle Dokumente bezogen das Vorliegen des Versagungsgrundes nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 VwGO bejaht hat. Der Senat hat bereits in seinem zum selben Hauptsacheverfahren ergangenen Beschluss vom 26. August 2020 - 20 F 6.19 - ‌Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 90 Rn. 22 - darauf hingewiesen, dass allein die Zuordnung von Verwaltungsvorgängen zu einer Regierungs- oder Sicherheitsbehörde unabhängig von der konkreten Schutzbedürftigkeit ihres Inhalts eine Auskunftsverweigerung nicht trägt, und betont, allein die Einstufung als Verschlusssache begründe keine Geheimhaltungsbedürftigkeit. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass der die Verschlusssacheneinstufung tragende § 4 SÜG schon deshalb nicht zu einem Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO zählt, weil er früher ausschließlich, jetzt primär eine allgemeine Definition der Verschlusssache und eine generelle Vorgabe für die Abstufung der Geheimhaltungsgrade enthält. Sie regelt lediglich die allgemeine Geheimhaltungspflicht der Behörden gegenüber Dritten, nicht die Offenlegungspflicht von Akten gegenüber Verwaltungsgerichten, die Behördenakten zum Zwecke der justiziellen Kontrolle und Aufgabenerfüllung (vgl. § 4 Abs. 1a SÜG) anfordern. Es kommt vielmehr insoweit darauf an, ob sich nach den materiellen Maßstäben des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO im Zeitpunkt der Aktenanforderung durch das Gericht eine Geheimhaltungsbedürftigkeit ergibt (BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 23). Vor diesem Hintergrund sieht sich die Ansicht der Beklagten, insbesondere Meldungen zu Sicherheitsvorkommnissen seien "ihrem Wesensgehalt nach innerdienstlich zu behandeln" und als Verschlusssache mit dem Gewicht folglich auch des Versagungsgrundes nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 VwGO einzustufen, durchgreifenden Bedenken ausgesetzt.

19 4. Keiner Würdigung bedarf nach alledem die Ermessensentscheidung, mit der die Beklagte auf der Grundlage vermeintlich fachgesetzlich und prozessrechtlich gleich gelagerter Geheimhaltungsgründe ihnen den Vorrang ohne Überlegungen eingeräumt hat, dem Eingriff in die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verstärkte Grundrechtsposition der Klägerin aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG durch (Teil-)‌Schwärzungen verhältnismäßig Rechnung zu tragen (BVerwG, Beschluss vom 24. November 2015 - 20 F 4.14 - Rn. 23).

20 5. Einer eigenständigen Kostenentscheidung bedarf es im Verfahren nach § 99 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht, weil es sich im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren um einen unselbständigen Zwischenstreit handelt.