Verfahrensinformation

Wehrbeschwerderecht


Beschluss vom 19.07.2023 -
BVerwG 1 WB 65.22ECLI:DE:BVerwG:2023:190723B1WB65.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.07.2023 - 1 WB 65.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:190723B1WB65.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 65.22

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
am 19. Juli 2023 beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

1 Der Rechtsstreit betraf den Anteil des Zweitbeurteilers zur planmäßigen Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 31. Juli 2021.

2 Nachdem der Antragsteller hiergegen erfolglos Beschwerde eingelegt hatte und über seine weitere Beschwerde nicht binnen Monatsfrist durch den Generalinspekteur der Bundeswehr entschieden worden war, beantragte er wegen Untätigkeit mit Schriftsatz vom 10. August 2022 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Er rügte neben dem Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für das Beurteilungssystem auch die Widersprüchlichkeit der angegriffenen Beurteilung.

3 Mit Verfügung vom 7. Juli 2023 wurde die Beurteilung des Erstbeurteilers zum Stichtag 31. Juli 2021 für den Antragsteller wegen des Verstoßes gegen Beurteilungsgrundsätze aufgehoben. Die Begründung der Aufhebungsverfügung nimmt Bezug auf die Begründung der Vergabe des Gesamturteils durch den Zweitbeurteilenden, der die Vergabe des Gesamturteils mit der Einhaltung von Richtwertvorgaben in einer sehr leistungsstarken Vergleichsgruppe rechtfertigte und darauf verwies, dass er ansonsten ein stärkeres Gesamturteil vergeben hätte. Die Aufhebungsverfügung stellt klar, dass die beim Zweitbeurteilenden zu bildende Vergleichsgruppe mit zwanzig Mitgliedern zu klein für eine unmittelbare Anwendung von Richtwertvorgaben sei, so dass lediglich eine ihrem Sinn entsprechende Differenzierung vorzunehmen sei. Die Begründung des Gesamturteils stehe im Widerspruch zur Begründung der Herabsetzung der Einzelmerkmale. Zudem sei das Führungsverhalten des Antragstellers zu bewerten. Außerdem gehe der Kommandeur des ... irrtümlich davon aus, dass er Gesamtverantwortlicher nach § 3 Abs. 4 SLV sei, während dies gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 2 SLV der Generalinspekteur der Bundeswehr sei. Dies sei bei der Neufassung zwingend zu beachten. Eine Neufassung sei erforderlich.

4 Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2023 führte das Bundesministerium der Verteidigung aus, dass mit der Aufhebung des Anteils Erstbeurteiler der Anteil Zweitbeurteiler der Regelbeurteilung zum Stichtag 31. Juli 2021 ebenfalls aufgehoben sei.

5 Daraufhin erklärte der Antragsteller unter dem 11. Juli 2023 die Erledigung seines Antrages auf gerichtliche Entscheidung und beantragte, die Kosten des Verfahrens dem Bund aufzuerlegen. Unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage wäre ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlich gewesen. Die Aufhebungsverfügung greife inhaltliche Argumente der Antragsbegründung auf. Das Bundesministerium der Verteidigung erklärte unter dem 13. Juli 2023 ebenfalls Erledigung, ohne dem Kostenantrag entgegen zu treten.

6 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

II

7 Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 WBO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. April 2008 - 1 WB 4.08 - beck-online Rn. 8 m. w. N. und vom 17. Oktober 2013 - 1 WB 43.13 -).

8 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. BVerwG, Beschlüsse vom 5. August 2010 - 1 WDS-VR 3.10 -, vom 27. Juli 2011 - 1 WB 21.11 - beck-online Rn. 10, vom 17. Juli 2012 - 1 WB 35.12 - Buchholz 450.1 § 20 WBO Nr. 4 Rn. 17 und vom 17. Oktober 2013 - 1 WB 43.13 -) sind in der Regel die notwendigen Aufwendungen (vollständig) dem Bund aufzuerlegen, wenn die übereinstimmenden Erledigungserklärungen darauf beruhen, dass der Antragsteller klaglos gestellt worden ist, indem das Bundesministerium der Verteidigung oder die in seinem Auftrag handelnde Stelle der Bundeswehr aus eigener Veranlassung dem mit dem Rechtsschutzantrag verfolgten Begehren stattgegeben hat. Resultiert dieses Nachgeben bei gleichgebliebener Sach- und Rechtslage allein auf einer geänderten Rechtsauffassung des Entscheidungsträgers der Bundeswehr, ist es billig, den Bund mit sämtlichen notwendigen Aufwendungen des jeweiligen Antragstellers zu belasten (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2014 - 1 WB 60.13 - juris Rn. 13).

9 Hier hat das Bundesministerium der Verteidigung im Rahmen einer erneuten Überprüfung der Sach- und Rechtslage einen Verstoß gegen Beurteilungsgrundsätze bei der Erstellung der Regelbeurteilung des Antragstellers zum Stichtag 31. Juli 2021 festgestellt und dies zum Anlass für eine Aufhebung und Anweisung zu einer Neuerstellung genommen. Damit ist dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers Rechnung getragen worden. Jedenfalls seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit ist das Bundesministerium der Verteidigung im Ergebnis auch gefolgt. Damit entspricht es billigem Ermessen, die notwendigen Aufwendungen dem Bund aufzuerlegen.