Beschluss vom 29.10.2024 -
BVerwG 2 B 3.24ECLI:DE:BVerwG:2024:291024B2B3.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 29.10.2024 - 2 B 3.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:291024B2B3.24.0]
Beschluss
BVerwG 2 B 3.24
- VG Gelsenkirchen - 01.02.2023 - AZ: 1 K 2557/22
- OVG Münster - 31.10.2023 - AZ: 3 A 295/23
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Oktober 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel
beschlossen:
- Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 31. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 371,41 € festgesetzt.
Gründe
1 1. Die als Beamtin im Dienst des beklagten Landes stehende und im Blockmodell teilzeitbeschäftigte Klägerin begehrt die Gewährung der Corona-Sonderzahlung im Jahr 2022 nach Maßgabe ihrer tatsächlichen Vollbeschäftigung zum Stichtag.
2 Die 1965 geborene Klägerin ist beamtete Grundschullehrerin und befindet sich seit August 2021 in Teilzeit im Blockmodell. Während der fünfjährigen Ansparphase bis einschließlich Juli 2026 leistet sie Dienst im Umfang der regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 28 Stunden, erhält aber die Besoldung für Teilzeit mit 20 Wochenstunden. Die Freistellungsphase ist für den sich anschließenden Zweijahreszeitraum von August 2026 bis Juli 2028 vorgesehen.
3 Die Klägerin erhielt im März 2022 als Corona-Sonderzahlung einmalig 928,59 € ausgezahlt. Im selben Monat beantragte sie die Zahlung weiterer 371,41 €, weil sie durchgängig in Vollzeitbeschäftigung gearbeitet habe und ihr deswegen die Corona-Sonderzahlung in voller Höhe von 1 300 € zustehe. Der Antrag blieb erfolglos.
4 Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land antragsgemäß zur weiteren Zahlung verurteilt. Die Berufung des Beklagten beim Oberverwaltungsgericht ist erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung insbesondere ausgeführt, dass die Höhe der zu gewährenden Corona-Sonderzahlung nicht wegen der zum 1. August 2021 bewilligten Beschäftigung der Klägerin in Teilzeit im Blockmodell vermindert sei. Weil die Klägerin bezogen auf den maßgeblichen Stichtag 29. November 2021 während der Ansparphase im Blockmodell mit voller Wochenstundenzahl gearbeitet habe, liege kein Fall einer "Teilzeitbeschäftigung" im Sinne des - mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft getretenen - Gesetzes vor. Die gesetzliche Regelung sei so zu verstehen, dass Anspruchsberechtigte in einer Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell, die sich zum maßgeblichen Stichtag (noch) in der Ansparphase befunden und ihren Dienst ohne Arbeitszeitermäßigung verrichtet hätten, die Zahlung in voller Höhe erhalten sollten.
5 2. Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
6 Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, wenn die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 m. w. N., vom 15. Januar 2020 - 2 B 38.19 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 99 Rn. 6 und vom 14. Februar 2023 - 2 B 3.22 - juris Rn. 7). Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
7
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
"ob bei der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 Corona-SZG NRW i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 LBesG NRW stichtagsbezogen vorgesehenen anteiligen Kürzung der Corona-Sonderzahlung in Fällen einer Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell der sich über den gesamten Bewilligungszeitraum (Anspar- und Freistellungsphase) ergebende anteilige Beschäftigungsumfang zugrunde zu legen oder ob stattdessen auf den tatsächlichen Beschäftigungsumfang am maßgeblichen Stichtag abzustellen ist,"
rechtfertigt nicht die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
8 Entsprechend dem Zweck der Grundsatzrevision, eine für die Zukunft richtungsweisende Klärung herbeizuführen, rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsfragen zu ausgelaufenem Recht sowie zu Übergangsrecht regelmäßig nicht die Zulassung einer Grundsatzrevision (BVerwG, Beschlüsse vom 17. Mai 2004 - 1 B 176.03 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 29 S. 11, vom 7. Oktober 2004 - 1 B 139.04 - Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12 S. 6 und vom 30. September 2015 - 2 B 74.14 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 423 Rn. 9, jeweils m. w. N.). Eine Revisionszulassung wegen solcher Fragen kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Beantwortung der Fragen für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist (BVerwG, Beschluss vom 30. September 2015 - 2 B 74.14 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 423 Rn. 9) oder wenn die Fragen sich zu den Nachfolgevorschriften offensichtlich in gleicher Weise stellen (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Oktober 2010 - 2 B 35.10 - juris Rn. 5 und vom 22. Oktober 2012 - 8 B 40.12 - juris Rn. 5).
9 Der hier der Höhe nach zwischen den Beteiligten streitige Anspruch auf die Corona-Sonderzahlung folgt aus dem Gesetz über die Gewährung einer einmaligen Corona-Sonderzahlung aus Anlass der COVID-19-Pandemie für das Land Nordrhein-Westfalen (Corona-Sonderzahlungsgesetz - Corona-SZG NRW) vom 25. März 2022 (GV. NRW S. 376). Dieses Gesetz ist gem. § 7 Corona-SZG NRW mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft getreten. Eine Nachfolgevorschrift, für die sich die aufgeworfene Frage offensichtlich in gleicher Weise stellen könnte, gibt es nicht. Die Beschwerde hat auch nicht vorgetragen, dass die Beantwortung der Frage für einen nicht überschaubaren Personenkreis von Empfängern der Corona-Sonderzahlung noch von Bedeutung ist.
10 Die Beschwerde stellt ausschließlich darauf ab, dass die Tarifeinigung für die Tarifbeschäftigten der Länder vom Dezember 2023 eine einmalige stichtagsbezogene Sonderzahlung sowie monatliche Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise vorsehe. Nach diesem Tarifvertrag würden die Sonderzahlungen bei Teilzeitbeschäftigung nur anteilig gewährt. Es sei beabsichtigt, durch Gesetz die Tarifeinigung auf Besoldungs- und Versorgungsempfänger zu übertragen. Damit ist ein Ausnahmefall, der bei ausgelaufenem Recht die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung ermöglicht, aber nicht dargetan. Insbesondere wäre die Klärung der aufgeworfenen Frage nicht ohne Weiteres von Bedeutung für die Besoldungs- und Versorgungsempfänger als Leistungsberechtigte des - noch zu erlassenen - Gesetzes zur Einführung insbesondere einer einmaligen stichtagsbezogenen Sonderzahlung zur Abmilderung gestiegener Verbraucherpreise. Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber auch andere Formulierungen wählen kann als die im vorliegenden Fall maßgebenden, würde sich selbst bei gleicher Formulierung hierfür nicht zwingend etwas aus der Klärung der aufgeworfenen Frage ergeben. Denn die Zweckrichtung einer Sonderzahlung zur Abmilderung gestiegener Verbraucherpreise ist eine andere als die Zweckrichtung einer Sonderzahlung zum Ausgleich pandemiebedingter Erschwernisse. Auf letztere hat das Berufungsgericht maßgeblich abgestellt (Berufungsurteil S. 12 f. = juris Rn. 45 f.). Deshalb ließe sich nach der Klärung der das Corona-Sonderzahlungsgesetz betreffenden Auslegungsfrage eine Auslegungsfrage zu einer gesetzlichen Regelung zur Abmilderung gestiegener Verbraucherpreise nicht zwingend entsprechend beantworten.
11 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.