Beschluss vom 18.09.2024 -
BVerwG 11 B 3.24ECLI:DE:BVerwG:2024:180924B11B3.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.09.2024 - 11 B 3.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:180924B11B3.24.0]

Beschluss

BVerwG 11 B 3.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. September 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Külpmann und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Dieterich und Dr. Hammer
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 1. Juli 2024 - 11 B 4.23 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Der Senat hat die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. September 2023 ergangenen Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Fortführung des Beschwerdeverfahrens nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO, da er durch den Beschluss des Senats vom 1. Juli 2024 nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wird.

2 I. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte dieser Pflicht nachgekommen sind. Dabei sind sie nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Wird die Gehörsrüge darauf gestützt, dass relevantes Vorbringen übergangen worden ist, bedarf es der Darlegung, welches Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat und unter welchem denkbaren Gesichtspunkt das nicht zur Kenntnis genommene oder nicht erwogene Vorbringen für die Entscheidung hätte von Bedeutung sein können. Der Anspruch auf rechtliches Gehör vermittelt keinen Schutz davor, dass ein Gericht den Vortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Die Anhörungsrüge lässt sich auch nicht mit Einwendungen begründen, die in Wirklichkeit auf die Fehlerhaftigkeit der mit ihr angegriffenen Entscheidung zielen. Denn die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 42 und Beschluss vom 28. Dezember 2022 - 5 B 2.22 - juris Rn. 5 ff. m. w. N.). Dabei ist - anders als der Kläger anzunehmen scheint - für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde maßgeblich, was der jeweilige Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO darlegt, nicht dagegen das Vorbringen in dem, dem angegriffenen Urteil vorausgehenden vorinstanzlichen Verfahren.

3 Gemessen daran liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht vor.

4 Die Frage, welche Anforderungen § 43 Abs. 1 Satz 1 EnWG an die Zuweisung der Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde stellt, hat der Senat in seinem Beschluss vom 1. Juli 2024 - 11 B 4.23 - dahingehend beschieden, dass die Norm auf das - nicht revisible - Landesrecht verweist. Im Übrigen hat der Senat festgestellt, dass die Beschwerde einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf im revisiblen Recht nicht dargelegt habe (BA Rn. 5). Sofern der Kläger der Vorschrift weitergehende bundesrechtliche Voraussetzungen entnehmen will, wiederholt er mit der Anhörungsrüge lediglich seine abweichende materielle Rechtsauffassung.

5 Die Beschwerde hat nicht dargelegt, dass das angegriffene Urteil grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der Frage aufwirft, ob das Gebot gesellschaftsrechtlicher Entflechtung gemäß § 7 EnWG ein gesetzliches Verbot rechtsgeschäftlicher Vertretung nach sich ziehen kann. Mit der Anhörungsrüge wird auf den bisherigen Vortrag verwiesen, ohne aufzuzeigen, dass dieser - anders als vom Senat angenommen (BA Rn. 6) – den Anforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO genügte. Das führt nicht auf einen Gehörsverstoß.

6 Gleiches gilt, sofern der Senat dem Vortrag zu Inhalt und Reichweite des § 43h EnWG keine grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat, weil sich die aufgeworfene Frage in dieser Allgemeinheit in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde (BA Rn. 9 f.) und soweit die Frage nach dem grundrechtlich geforderten Mindestmaß an effektivem Rechtsschutz speziell im Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre (BA Rn. 13 f.). Auch insofern wiederholt die Anhörungsrüge lediglich die bereits vorgebrachten Gesichtspunkte, ohne aufzuzeigen, inwiefern ein den Anforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO genügender Vortrag unberücksichtigt geblieben wäre.

7 Hinsichtlich des mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügten Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz greift die Anhörungsrüge erneut den materiell-rechtlichen Standpunkt des Oberverwaltungsgerichts an, wonach das eingeholte Gutachten eine hinreichende Entscheidungsgrundlage darstellte. Darauf kann ein Verfahrensfehler und in der Folge ein Gehörsverstoß nicht gestützt werden. Den Vortrag in Bezug auf eine vermeintliche Befangenheit der Gutachter hat der Senat zur Kenntnis genommen und beschieden (BA Rn. 19 f.). Auch insofern ist ein Gehörsverstoß nicht ersichtlich.

8 In Bezug auf § 6 Satz 2 UmwRG meint die Anhörungsrüge, das Oberverwaltungsgericht habe nicht begründet, warum bestimmte Einwendungen seiner Auffassung nach erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist erhoben wurden. Zum einen ist mit dieser Kritik der erstinstanzlichen Entscheidung ein Gehörsverstoß nicht dargelegt, zum anderen geht die Anhörungsrüge an den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts in Rn. 61 seiner Entscheidung vorbei. Im Übrigen legt die Beschwerde in diesem Zusammenhang nicht dar, welchen innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO vorgebrachten Vortrag zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde der Senat übersehen haben sollte.

9 Der Senat hat die Ausführungen des Klägers zur - aus seiner Sicht fehlerhaft unterlassenen - Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis genommen (BA Rn. 23). Dass der Kläger die Auffassung des Senats nicht teilt, führt nicht auf einen Gehörsverstoß.

10 Aus dem nicht datierten, bei Gericht am 16. August 2024 eingegangenen Schriftsatz des Klägers kann ein Gehörsverstoß nicht folgen, weil die Entscheidung zu diesem Zeitpunkt bereits an die Beteiligten versandt war (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1989 - 4 C 22.88 - NVwZ 1989, 860 <861>). Unabhängig davon wären die mitgeteilten gesellschaftsrechtlichen Änderungen für die Entscheidung nicht von Bedeutung gewesen.

11 II. Der Senat kann die Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses nicht nach § 152a Abs. 6 i. V. m. § 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO einstweilen aussetzen. Die mit der Anhörungsrüge vorgebrachte Anregung verkennt, dass schon die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss nach § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG keine aufschiebende Wirkung hatte. Der Planfeststellungsbeschluss war somit unabhängig von dem Ausgang des Verfahrens über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vollziehbar, so dass für eine Aussetzung der Vollziehung im Rahmen der Anhörungsrüge kein Raum besteht.

12 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.