Verfahrensinformation

Die Klägerin, eine Beamtin des Auswärtigen Dienstes, lebt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sie möchte erreichen, dass ihr für ihre Partnerin der Auslandszuschlag nach § 55 Abs. 5 BBesG in der für Verheiratete maßgeblichen Höhe gewährt wird. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben; diese Entscheidung ist im Wege der Sprungrevision zu überprüfen.


Verfahrensinformation

Der Kläger gehört dem auswärtigen Dienst an; er lebt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Er will hinsichtlich der Höhe der pauschalen Entschädigung, die die beklagte Bundesrepublik bei Abordnungen an einen ausländischen Dienstort zur Abgeltung der dort anfallenden Mehraufwendungen für die Lebensführung gewährt, verheirateten Beamten gleichgestellt werden. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, weil Unionsrecht (Richtlinie 2000/78/EG) die Gleichbehandlung gebiete. Hiergegen richtet sich die Sprungrevision der Beklagten.


Verfahrensinformation

Der Kläger, Beamter auf Lebenszeit, lebt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft und erhält für seinen nicht berufstätigen Lebenspartner den von den Einkommensverhältnissen des Partners abhängigen Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG. Er möchte die Feststellung erreichen, dass nach seinem Tod sein Lebenspartner die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung erhält. Das Verwaltungsgericht hat diesem Begehren stattgegeben; diese Entscheidung ist im Wege der Sprungrevision zu überprüfen.


Pressemitteilung Nr. 96/2010 vom 29.10.2010

Weitgehende Gleichbehandlung von Beamten in eingetragener Lebenspartnerschaft

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 28. Oktober 2010 in mehreren Fällen über die Gleichstellung von Beamtinnen und Beamten, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, mit verheirateten Beamtinnen und Beamten entschieden.


Die Kläger in den Verfahren 2 C 56.09 und 2 C 52.09 hatten als Beamtinnen bzw. Beamte im Auswärtigen Dienst geltend gemacht, dass ihnen Auslandszuschläge für die Zeiten einer Auslandsverwendung bzw. die Aufwandsentschädigung u.a. für die Beibehaltung einer Wohnung im Ausland während einer Abordnung an eine weitere Auslandsdienststelle in gleicher Weise zustünden wie Verheirateten. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidungen der Vorinstanz, die bereits in diesem Sinne judiziert hatte, bestätigt.


Rechtsgrundlage der von den Klägern begehrten Leistungen sind Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes bzw. eine Richtlinie des Auswärtigen Amtes, von deren Wortlaut Beamte in eingetragener Lebenspartnerschaft nicht erfasst werden. Demgegenüber verbietet das Europäische Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) durch seine Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf jede unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung. Eine unzulässige unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn sich Personen oder Gruppen im Hinblick auf die in Rede stehende Norm in vergleichbarer Lage befinden und dennoch unterschiedlich behandelt werden. Ob dies der Fall ist, haben nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Gerichte der Mitgliedstaaten zu entscheiden. In den vorliegenden Fällen sind die beantragten Leistungen Lebenspartnern vorenthalten worden, obwohl sie sich im Hinblick auf die besonderen Erschwernisse bei Einsätzen im Ausland in einer mit Eheleuten vergleichbaren Situation befinden.


Im Verfahren 2 C 47.09 hatte der Kläger die Feststellung begehrt, dass nach seinem Tod seinem Lebenspartner die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung wie einem Ehegatten zustehe. Auch diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht wie die Vorinstanz bejaht. Ehepartner und Lebenspartner befinden sich nach geltendem Recht im Hinblick auf diese Leistung des Dienstherrn in einer vergleichbaren Lage, so dass sich die Vorenthaltung der Hinterbliebenenversorgung als unmittelbare Diskriminierung darstellt.


BVerwG 2 C 47.09 - Urteil vom 28.10.2010

Vorinstanz:

VG Berlin, VG 5 A 99.08 - Urteil vom 06.05.2009 -

BVerwG 2 C 52.09 - Urteil vom 28.10.2010

Vorinstanz:

VG Berlin, VG 26 A 108.06 - Urteil vom 16.06.2009 -

BVerwG 2 C 56.09 - Urteil vom 28.10.2010

Vorinstanz:

VG Berlin, VG 26 A 53.06 - Urteil vom 22.09.2009 -


Beschluss vom 07.01.2010 -
BVerwG 2 C 56.09ECLI:DE:BVerwG:2010:070110B2C56.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.01.2010 - 2 C 56.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:070110B2C56.09.0]

Beschluss

BVerwG 2 C 56.09

  • VG Berlin - 22.09.2009 - AZ: VG 26 A 53.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Januar 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dr. Maidowski
beschlossen:

  1. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren vorläufig auf 6 959,52 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 und § 63 Abs. 1 GKG).
  2. Herbert Dr. Heitz Dr. Maidowski

Urteil vom 28.10.2010 -
BVerwG 2 C 47.09ECLI:DE:BVerwG:2010:281010U2C47.09.0

Leitsatz:

Nach dem Tod eines Beamten hat der hinterbliebene Lebenspartner, der mit dem Beamten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gelebt hat, Anspruch auf Leistungen der Hinterbliebenenversorgung wie hinterbliebene Ehepartner von Beamten.

Urteil

BVerwG 2 C 47.09

  • VG Berlin - 06.05.2009 - AZ: VG 5 A 99.08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Dr. Maidowski und
Dr. Hartung sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger steht als Beamter auf Lebenszeit im Dienst der Beklagten. Er ging im März 2002 eine Lebenspartnerschaft im Sinne des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (LPartG) vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266) ein. Für seinen nicht berufstätigen Lebenspartner erhält der Kläger den Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG. Im Januar 2005 beantragte er erfolglos die Zusicherung, dass seinem Lebenspartner nach dem Tod des Klägers Hinterbliebenenversorgung wie einem Ehegatten zustehe.

2 Das Verwaltungsgericht hat die Feststellung ausgesprochen, dass dem Kläger für seinen Lebenspartner Hinterbliebenenversorgung wie einem hinterbliebenen Ehegatten zustehe. Der Anspruch ergebe sich aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000. Die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung sei Bestandteil des Arbeitsentgelts und falle damit in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Der hinterbliebene Lebenspartner befinde sich auch in einer einem hinterbliebenen Ehegatten vergleichbaren Situation. Da der Gesetzgeber bei der Regelung von Witwen- bzw. Witwerversorgung zwischen Ehen mit Kindern und kinderlosen Ehen nicht unterschieden habe, stelle sich die Ausschließung der Lebenspartnerschaften als gemeinschaftsrechtswidrig dar.

3 Mit der Sprungrevision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. Mai 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

7 Die Revision ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die vom Kläger beantragte Feststellung, nach seinem Tod könne sein Lebenspartner Hinterbliebenenversorgung wie ein hinterbliebener Ehepartner beanspruchen, ohne Verstoß gegen revisibles Recht ausgesprochen. Rechtsgrundlage hierfür sind §§ 18 ff. und 28 BeamtVG in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl EG Nr. L 303/16).

8 1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des von der Beklagten bestrittenen künftigen Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung (Urteile vom 13. Oktober 1971 - BVerwG VI C 57.66 - BVerwGE 38, 346 <347 ff.>, vom 12. März 1980 - BVerwG 6 C 14.78 - Buchholz 232.5 § 56 BeamtVG Nr. 2 sowie vom 16. November 1989 - BVerwG 2 C 23.88 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 106).

9 2. Der Anspruch des Klägers folgt allerdings nicht unmittelbar aus den §§ 18 ff. und 28 BeamtVG. Die Witwe eines Beamten erhält Hinterbliebenenversorgung, insbesondere Sterbegeld (§ 18 BeamtVG) sowie Witwengeld, Witwenabfindung oder Unterhaltsbeiträge (§§ 19, 21, 22 und 26 BeamtVG). Dies gilt entsprechend für den Witwer einer Beamtin (§ 28 BeamtVG). Nach dem Wortlaut dieser Vorschriften ist der Lebenspartner des Klägers in die Hinterbliebenenversorgung nicht einbezogen, weil der Begriff des Witwers auf überlebende Ehegatten einer Beamtin beschränkt ist.

10 Eine verfassungskonforme Auslegung der genannten Vorschriften ist nicht möglich. Als Eingriff in den allein dem Normgeber vorbehaltenen Entscheidungsspielraum setzt sie voraus, dass sie vom Wortlaut der Norm gedeckt ist und dem Willen des Gesetzgebers entspricht (Urteile vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <316> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 S. 6 und vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 22.07 - BVerwGE 131, 242 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 265). Dies ist hier nicht der Fall. Die Einbeziehung von Lebenspartnern im Sinne des Gesetzes über die eingetragene Lebenspartnerschaft in die Hinterbliebenenversorgung ist mit dem Wortlaut der Normen nicht in Einklang zu bringen. Sie widerspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, weil dieser sich bewusst gegen die zunächst vorgesehene weitgehende Gleichstellung von Ehe- und Lebenspartnern im Beamtenrecht entschieden hat (für das Besoldungsrecht vgl. Art. 3 § 10 Nr. 1 des Entwurfs des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 4. Juli 2000, BTDrucks 14/3751 S. 10, vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - (NJW 2008, 2325). Auch eine analoge Anwendung der §§ 18 ff. und 28 BeamtVG auf Lebenspartnerschaften scheidet aus. Eine solche wäre nur zulässig, wenn eine vom Normgeber nicht beabsichtigte planwidrige Regelungslücke vorläge. Das ist indes, wie ausgeführt, nicht der Fall (vgl. im Übrigen § 3 Abs. 1 BeamtVG).

11 3. Ein Anspruch des Klägers auf Feststellung, dass seinem Lebenspartner Hinterbliebenenversorgung wie einem Ehepartner zustehen wird, ergibt sich jedoch aus §§ 18 ff. und 28 BeamtVG in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG.

12 3.1 Der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG ist eröffnet. Der streitgegenständliche Anspruch fällt in den Geltungsbereich dieser Richtlinie, weil es sich bei der Hinterbliebenenversorgung um einen Bestandteil des Arbeitsentgelts nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie handelt. Unter Arbeitsentgelt im Sinne dieser Vorschrift sind nach Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2000/78) u.a. Gehälter und alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Dienstherr auf Grund des Dienstverhältnisses dem Beamten unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zuwendet. Dazu können auch Leistungen zählen, die erst nach dem Ende der aktiven Dienstzeit gewährt werden (EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - Rs. C-4/02 und Rs. C-5/02, Schönheit und Becker - Slg. I-12575 Rn. 56 ff. <63>; zur Rechtsprechung des EuGH noch: Schlussanträge des Generalanwalts in der Sache Rs. C-267/06, Maruko, Rn. 53 ff. m.w.N.).

13 Die Geltung der Richtlinie für den vorliegenden Fall wird auch nicht durch den Umstand ausgeschlossen, dass die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung u.a. davon abhängt, in welchem Familienstand der Beamte lebt. Zwar soll die Richtlinie 2000/78/EG nach ihrem Erwägungsgrund 22 einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt lassen, doch führt dies nicht dazu, dass Rechtsvorschriften über die Gewährung von Leistungen, deren Höhe auch durch den Familienstand des Beamten beeinflusst wird, vollständig der Anwendung des Unionsrechts entzogen sind. Die Verbindlichkeit und allgemeine Anwendung des Unionsrechts wären gefährdet, wenn die Mitgliedstaaten Regelungen über Entgeltbestandteile mit dem Ergebnis an den Familienstand binden könnten, dass sie dadurch dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot vollständig entzogen würden (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06, Maruko - Slg. 2008, I-1757 Rn. 58 f.; vgl. auch Urteil vom 11. Januar 2000 - Rs. C-285/98, Kreil - Slg. 2000, I-69 Rn. 15 ff. zur Richtlinie 76/207). Im Übrigen liegt der Schwerpunkt der Hinterbliebenenversorgung auf ihrer Eigenschaft als Entgeltbestandteil. Denn sie stellt eine Leistung dar, die der Beamte während seiner Dienstzeit erdient hat. Deshalb spricht Überwiegendes dafür, dass die Leistungen der Hinterbliebenenversorgung bereits keine „vom Familienstand abhängigen“ Leistungen im Sinne des Erwägungsgrundes 22 der Richtlinie 2000/78 sind.

14 3.2 Der Ausschluss der Lebenspartner im Sinne des Gesetzes über die eingetragene Lebenspartnerschaft von der Gewährung der Hinterbliebenenversorgung gegenüber der Gewährung dieser Versorgungsleistung an hinterbliebene Ehepartner eines Beamten stellt eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG dar.

15 Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt. Ob eine in diesem Sinne vergleichbare Situation gegeben ist, muss mit Blick auf die jeweils konkret in Rede stehende Vorschrift entschieden werden; dies zu beurteilen, ist Sache des mitgliedstaatlichen Gerichts (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 a.a.O. Rn. 72 f.).

16 Im vorliegenden Fall wird der Kläger als in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebender Beamter im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Hinterbliebenenversorgung gegenüber einem verheirateten Beamten nachteilig behandelt, weil im Falle seines Todes seinem hinterbliebenen Lebenspartner eine Hinterbliebenenversorgung nicht gewährt wird, während hinterbliebene Ehepartner verheirateter Beamter eine solche beanspruchen können. Die nachteilige Behandlung geschieht wegen der sexuellen Ausrichtung des Klägers. Denn die eingetragene Lebenspartnerschaft ist Personen gleichen Geschlechts vorbehalten, während die Ehe nur von Personen unterschiedlichen Geschlechts geschlossen werden kann; regelmäßig entspricht die Wahl des Familienstandes der sexuellen Orientierung der Partner. Diese unterschiedliche Behandlung der verpartnerten im Vergleich zu verheirateten Beamten stellt eine Diskriminierung dar, weil beide Gruppen sich im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung in einer vergleichbaren Lage befinden. Hinsichtlich der gegenseitigen Unterhalts- und Beistandspflichten bestehen keine maßgeblichen Unterschiede zwischen Lebens- und Ehepartnern. In beiden Fällen soll der Beamte in die Lage versetzt werden, sich selbst und seine Familie angemessen zu unterhalten. Zur Erfüllung seiner Unterhaltspflichten zählt auch die Vorsorge für den Todesfall. Anhaltspunkte für die Auffassung der Beklagten, die Beschränkung der Hinterbliebenenversorgung auf die Hinterbliebenen verheirateter Beamter solle einen Anreiz für Eheschließungen im Hinblick auf die bevölkerungspolitische Funktion der Ehe schaffen, lassen sich dem Zweck der Beamtenversorgung nicht entnehmen. Diese wird nicht gewährt, um einen Beitrag zur Förderung der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Ehe im Hinblick auf deren gesellschaftliche Bedeutung zu leisten. Ob im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - (BVerfGE 124, 199) für die Zeit vor Juli 2009 etwas anderes zu gelten hätte (vgl. Urteil vom 28. Oktober 2010 - BVerwG 2 C 10.09 -), bedarf hier keiner Entscheidung, weil für die geltend gemachte Feststellung eines zukünftigen Anspruchs die aktuelle Rechtslage maßgeblich ist. Artikel 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG vermag eine nachteilige Behandlung der in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten gleichfalls nicht zu rechtfertigen, weil Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Verhütung von Straftaten oder des Schutzes der Gesundheit oder der Rechte und Freiheiten anderer nicht betroffen sind.

17 3.3 Die Richtlinie 2000/78/EG ist unmittelbar anwendbar, so dass sich der Kläger auf sie berufen kann.

18 Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - Rs. C-194/08, Gassmayr - EuGRZ 2010, 712, Rn. 44 f. m.w.N.). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn Umsetzungsmaßnahmen zwar in Kraft getreten sind, diese aber eine vollständige Anwendung der Richtlinie nicht tatsächlich gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6325 Rn. 23 ff.).

19 Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Denn die Richtlinie 2000/78/EG ist im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung nicht vollständig in deutsches Recht umgesetzt. Auch sind die maßgeblichen Richtlinienvorschriften inhaltlich unbedingt und hinreichend genau. Die Umsetzungsfrist ist abgelaufen.

20 Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Der Mitgliedstaat hat bei der Umsetzung der Richtlinie in rechtstechnischer Hinsicht daher eine gewisse Wahlfreiheit, doch muss er jedenfalls sicherstellen, dass die vollständige und effektive Anwendung der Richtlinie in hinreichend klarer und bestimmter Weise gewährleistet ist. Soweit die Richtlinie Ansprüche des Einzelnen begründen soll, muss insbesondere erreicht werden, dass die Begünstigten in der Lage sind, von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen (EuGH, Urteile vom 30. Mai 1991 - Rs. C-361/88, Kommission / Deutschland - Slg. 1991, I-2567 Rn. 15 und vom 13. Dezember 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947 Rn. 157 f.). Rechtsvorschriften, die der Richtlinie entgegenstehen, müssen daher aufgehoben bzw. geändert oder es muss auf andere rechtstechnisch geeignete Weise und für die von der Richtlinie Begünstigten erkennbar erreicht werden, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Rechtslage Bestandteil der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung wird.

21 Diesen Anforderungen wird die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in den §§ 18 ff. und 28 BeamtVG nicht gerecht. Die Vorschriften schließen die hinterbliebenen Lebenspartner eines Beamten von der Gewährung der Hinterbliebenenversorgung nach den für Ehepartner geltenden Vorschriften aus. Insofern ist die Umsetzung der Richtlinie unvollständig geblieben; es wäre erforderlich gewesen, die einer Einbeziehung der Lebenspartnerschaften entgegenstehenden Vorschriften zu ändern und einen entsprechenden Anspruch im deutschen Recht zu verankern. Auch der Erlass des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897) hat nicht zu einer vollständigen Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in deutsches Recht geführt. Zwar verfolgt es zur Umsetzung der Richtlinie das Ziel, Benachteiligungen aus den in § 1 AGG genannten Gründen - dazu zählen auch Benachteiligungen wegen der sexuellen Identität - zu verhindern oder zu beseitigen. Es begründet jedoch keine über die §§ 18 ff. und 28 BeamtVG hinausgehenden Leistungsansprüche; eine bloße Gewährung von Sekundäransprüchen auf Entschädigung und Schadensersatz schöpft den Gehalt der Richtlinie nicht aus.

22 Die maßgeblichen Vorschriften der Richtlinie 2000/78/EG - insbesondere Art. 1 bis 3 und 16 - sind inhaltlich unbedingt und hinreichend genau, so dass sie geeignet sind, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten. Insbesondere ergibt sich aus Art. 16 Buchst. a zweifelsfrei die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufenden Rechtsvorschriften aufzuheben bzw. zu ändern. Schließlich ist auch die Umsetzungsfrist seit dem 3. Dezember 2003 abgelaufen (Art. 18 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG).

23 3.4 Als Folge der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG sind §§ 18 ff. und 28 BeamtVG insoweit unanwendbar, als diese Vorschriften mit Unionsrecht nicht in Einklang stehen. Der sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebende Ausschluss der Hinterbliebenen eines in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten von der Gewährung der Hinterbliebenenversorgung für Verheiratete kann dem Anspruch des Klägers deshalb nicht entgegengesetzt werden. Vielmehr müssen die Vorschriften als Rechtsgrundlage für den Ausspruch der begehrten Feststellung so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Beamten führen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und sich im Übrigen in einer mit Eheleuten vergleichbaren Situation befinden. Dies kann nur dadurch geschehen, dass verpartnerte Beamtinnen und Beamte so behandelt werden wie verheiratete. Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teils des Normtextes (vgl. dazu Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 72.08 - IÖD 2010, 125) hinausgeht und bedeutet, einen vom Normgeber geregelten Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten zu gewähren, ist nicht zu beanstanden. Denn anders lässt sich im vorliegenden Fall die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG nicht herstellen. § 3 BeamtVG steht dem Anspruch deshalb nicht entgegen; das mitgliedstaatliche Gericht hat von mehreren denkbaren Möglichkeiten zur Umsetzung des Unionsrechts die effektivste zu wählen (EuGH, Urteil vom 22. Oktober 1998 - Rs. C-10/97, Ministerio delle Finanze - Slg. I - 6307).

24 Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (Art. 267 AEUV) bedarf es nicht, weil der Rechtsstreit keine klärungsbedürftigen Fragen aufwirft, die noch nicht Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof waren (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, Cilfit u.a. - Slg. 1982, S. 3415).

25 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Urteil vom 28.10.2010 -
BVerwG 2 C 52.09ECLI:DE:BVerwG:2010:281010U2C52.09.0

Leitsatz:

Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und Auslandsdienstbezüge erhalten, haben Anspruch auf Gewährung des Auslandszuschlags wie verheiratete Beamte (§ 55 BBesG in der bis 30. Juni 2010 geltenden Fassung; § 53 BBesG in der seit 1. Juli 2010 geltenden Fassung).

Urteil

BVerwG 2 C 52.09

  • VG Berlin - 16.06.2009 - AZ: VG 26 A 108.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Dr. Maidowski, Dr. Hartung und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin steht als Beamtin auf Lebenszeit im Dienst der Beklagten. Sie begründete am 15. April 2004 eine Lebenspartnerschaft im Sinne des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (LPartG) vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266). Im September 2005 beantragte sie die Gewährung des verheirateten Beamten zustehenden Auslandszuschlags (Anlage VI f zu § 55 Abs. 5 BBesG) rückwirkend ab dem 15. April 2004. Zu dieser Zeit war sie an der Deutschen Botschaft Bischkek eingesetzt. Dort erhielt sie den Auslandszuschlag, den ledige Beamte erhalten, die einer anderen Person Unterkunft und Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich hierzu verpflichtet sind (Anlage VI g zu § 55 Abs. 5 BBesG a.F.). Seit dem 9. Juli 2010 ist sie nicht mehr im Ausland tätig. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos.

2 Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, der Klägerin ab dem 15. April 2004 den Auslandszuschlag in derjenigen Höhe zu gewähren, die verheiratete Beamte erhalten. Der Anspruch ergebe sich aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000. Der Anwendungsbereich der Richtlinie sei eröffnet, der Umsetzungszeitraum abgelaufen. Lebenspartner befänden sich im Hinblick auf die gegenseitigen Unterhaltspflichten in einer mit Ehegatten vergleichbaren Situation. Denn der Auslandszuschlag werde nicht im Hinblick auf eine asymmetrische Einkommenssituation von Eheleuten gewährt, sondern um den typischerweise höheren materiellen Aufwand abzudecken, den häufige Wohnortwechsel und Repräsentationspflichten im Ausland mit sich brächten. Das Verwaltungsgericht hat die Sprungrevision gegen das Urteil zugelassen.

3 Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Juni 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

4 Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

5 Die Revision ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin der beantragte Auslandszuschlag zusteht. Rechtsgrundlage hierfür ist für die Zeit bis zum 30. Juni 2010 § 55 Abs. 5 Satz 1 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020 <BBesG a.F.>) sowie für die Zeit zwischen dem 1. und dem 8. Juli 2010 § 53 BBesG in der Fassung des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <BBesG n.F.>, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens vgl. Art. 17 Abs. 9 des Gesetzes vom 5. Februar 2009), jeweils in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl EG Nr. L 303/16).

6 1. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG erhalten Beamtinnen und Beamte, die ihren dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz im Ausland haben, Auslandsdienstbezüge. Dazu zählt u.a. der Auslandszuschlag nach § 55 BBesG a.F. bzw. § 53 BBesG n.F., dessen Höhe vom Dienstort und der Besoldungsgruppe sowie davon abhängig ist, in welcher Situation sich ggf. berücksichtigungsfähige Personen befinden. Gemäß § 55 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und Anlage VI f BBesG a.F. bzw. § 53 Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 4 Nr. 1 BBesG n.F. sind Ehepartner berücksichtigungsfähig. Gemäß § 55 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 3 und Anlage VI g BBesG a.F. bzw. § 53 Abs. 6 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 BBesG n.F. gilt dies auch für Personen, denen die Beamtin in ihrer Wohnung am ausländischen Dienstort Unterkunft und Unterhalt gewährt, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet ist oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedarf. Empfänger von Auslandsdienstbezügen, für die das Gesetz über den Auswärtigen Dienst gilt, erhalten höhere Auslandszuschläge nach § 55 Abs. 5 BBesG a.F. bzw. nach § 53 Abs. 6 BBesG n.F.

7 Nach dem Wortlaut dieser Vorschriften steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Denn Lebenspartnerinnen im Sinne des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft gehören im Unterschied zu Ehepartnern nicht zu den berücksichtigungsfähigen Personen, deretwegen der höhere Auslandszuschlag ohne weitere Voraussetzungen gewährt wird. Sie können zwar zu dem Personenkreis im Sinne des § 55 Abs. 3 Nr. 3 BBesG a.F. bzw. § 53 Abs. 4 Nr. 3 BBesG n.F. zählen, doch wird dadurch keine Gleichstellung mit Eheleuten verwirklicht, weil im Vergleich zu diesen zusätzliche Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung des Auslandszuschlags erfüllt sein müssen. Hiervon abgesehen ist der nach § 55 Abs. 3 Nr. 3 BBesG a.F. gezahlte Auslandszuschuss niedriger als der den verheirateten Beamten zustehende Zuschuss.

8 Einer verfassungskonformen Auslegung sind die genannten Vorschriften nicht zugänglich. Voraussetzung hierfür wäre, dass den Vorschriften durch Auslegung sowohl ein mit der Verfassung in Einklang stehender als auch ein verfassungswidriger Norminhalt entnommen werden könnte. In einem solchen Fall ist diejenige Auslegung zu wählen, die mit der Verfassung in Einklang steht. Allerdings scheidet eine verfassungskonforme Auslegung als Eingriff in den allein dem Normgeber vorbehaltenen Gestaltungsspielraum aus, wenn sie vom Wortlaut der Norm nicht mehr gedeckt ist oder dem Willen des Gesetzgebers nicht entspricht (Urteile vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <316> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 S. 6, und vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 22.07 - BVerwGE 131, 242 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 265). So liegt der Fall hier. Eine Auslegung, nach der den genannten Vorschriften ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung des Auslandszuschlags auch für ihre Lebenspartnerin zu entnehmen wäre, wäre weder mit dem Wortlaut der Normen noch dem Willen des Gesetzgebers in Einklang zu bringen. Denn die in Art. 3 § 10 Nr. 1 des Entwurfs des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 4. Juli 2000 (BT-Drucks. 14/3751 S. 10) zunächst vorgesehene Gleichstellung von Ehe- und Lebenspartnern im Bundesbesoldungsgesetz hat im Gesetzgebungsverfahren keine Mehrheit gefunden, und auch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 (BGBl I S. 3396) hat trotz weiterer Angleichungen zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft im öffentlichen Dienstrecht keine völlige Gleichstellung im Besoldungsrecht bewirkt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - IÖD 2008, 165). Die Frage, ob die genannten Vorschriften mit der Verfassung in Einklang stehen, bedarf deshalb hier keiner Entscheidung.

9 Auch eine analoge Anwendung des § 55 BBesG a.F. bzw. § 53 BBesG n.F. auf Lebenspartnerschaften scheidet aus. Eine solche wäre nur zulässig, wenn eine vom Normgeber nicht beabsichtigte planwidrige Regelungslücke vorläge. Das ist indes, wie ausgeführt, nicht der Fall. Die dem Anspruch der Klägerin entgegenstehende Beschränkung des ohne weitere Voraussetzungen zu gewährenden Auslandszuschlags auf Ehepartner entspricht vielmehr ungeachtet des Umstands, ob sie verfassungsrechtlich haltbar ist, dem Willen des Gesetzgebers, so dass es an einer ausfüllungsbedürftigen Lücke fehlt.

10 2. Ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung des Auslandszuschlags ergibt sich jedoch aus § 55 Abs. 5 BBesG a.F. bzw. § 53 Abs. 6 BBesG n.F. in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG.

11 2.1 Der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG ist eröffnet. Der streitgegenständliche Anspruch nach § 55 BBesG a.F. bzw. § 53 BBesG n.F. fällt in den Geltungsbereich dieser Richtlinie, da es sich bei dem Auslandszuschlag um einen Bestandteil des Arbeitsentgelts nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie handelt. Unter Arbeitsentgelt im Sinne dieser Vorschrift sind nach Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. Erwägungsgrund 13 RL 2000/78) u.a. Gehälter und alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Dienstherr auf Grund des Dienstverhältnisses der Beamtin unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zuwendet. Der Auslandszuschlag als Teil der Auslandsdienstbezüge zählt zum Entgelt in diesem Sinne, da er im Rahmen des beamtenrechtlichen Dienstverhältnisses als Teil der laufenden Bezüge gezahlt wird, u.a. von der Besoldungsgruppe der Beamten abhängig ist und den Mehraufwand sowie die Belastungen abgelten soll, die mit der Erbringung der Arbeitsleistung im Ausland verbunden sind (zur Rechtsprechung des EuGH: Schlussanträge des Generalanwalts in der Sache C-267/06, Maruko, Rn. 53 ff. m.w.N.).

12 Die Geltung der Richtlinie für den vorliegenden Fall wird auch nicht durch den Umstand ausgeschlossen, dass die Gewährung des Auslandszuschlags u.a. davon abhängt, in welchem Familienstand - unverheiratet, verheiratet oder verpartnert - die Beamtin lebt. Zwar soll die Richtlinie 2000/78/EG nach ihrem Erwägungsgrund 22 einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt lassen. Dies führt jedoch nicht dazu, dass Rechtsvorschriften über die Gewährung von Leistungen, deren Höhe auch durch den Familienstand der Beamtin beeinflusst wird, vollständig der Anwendung des Unionsrechts entzogen wären. Die Verbindlichkeit und allgemeine Anwendung des Unionsrechts wären gefährdet, wenn die Mitgliedstaaten Regelungen über Entgeltbestandteile mit dem Ergebnis an den Familienstand binden könnten, dass sie dadurch dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot vollständig entzogen würden (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06, Maruko - Slg. 2008, I-1757 Rn. 58 f.; vgl. auch Urteil vom 11. Januar 2000 - Rs. C-285/98, Kreil - Slg. 2000, I-69 Rn. 15 ff.). Im Übrigen liegt der Schwerpunkt der Regelungen über den Auslandszuschlag auf ihrer Eigenschaft als Entgeltbestandteil, denn er wird gewährt, um materiellen Mehraufwand sowie allgemeine und dienstortbezogene immaterielle Belastungen der Verwendung im Ausland abzugelten (§ 53 Abs. 1 BBesG n.F.). Deshalb spricht bereits Überwiegendes dafür, dass der Auslandszuschlag keine „vom Familienstand abhängige“ Leistung im Sinne des Erwägungsgrundes 22 der RL 2000/78 ist.

13 2.2 Der Ausschluss einer Beamtin, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt, von der Gewährung des Auslandszuschlags stellt gegenüber der Gewährung dieses Zuschlags an eine verheiratete Beamtin eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG dar. Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt. Ob eine in diesem Sinne vergleichbare Situation gegeben ist, muss mit Blick auf die jeweils konkret in Rede stehende Vorschrift entschieden werden; dies zu beurteilen, ist Sache des mitgliedstaatlichen Gerichts (EuGH, Urteil vom 1. April 2008, a.a.O., Rn. 72 ff.).

14 Im vorliegenden Fall ist die Klägerin als in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Beamtin im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung des Auslandszuschlags mit einer verheirateten Beamtin zu vergleichen. Die Klägerin wird gegenüber einer verheirateten Beamtin nachteilig behandelt, da ihr ein Auslandszuschlag nach 55 Abs. 5 i.V.m. Anlage VI f BBesG a.F. bzw. nach § 53 Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 4 Nr. 1 BBesG n.F. nicht gewährt wird, während verheiratete Beamte den Zuschlag nach diesen Vorschriften erhalten. Die nachteilige Behandlung geschieht wegen der sexuellen Ausrichtung der Klägerin, da die Lebenspartnerschaft Personen gleichen Geschlechts vorbehalten ist, während die Ehe nur von Personen unterschiedlichen Geschlechts geschlossen werden kann; regelmäßig entspricht die Wahl des Familienstandes der sexuellen Orientierung der Partner. Der Umstand, dass die Klägerin einen Auslandszuschlag nach Anlage VI g BBesG erhält, ändert am Vorliegen einer nachteiligen Behandlung nichts. Denn sie muss hierfür das Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen - insbesondere Bestehen einer sittlichen oder rechtlichen Unterhaltspflicht im Einzelfall - nachweisen, während ein solcher Nachweis von einer verheirateten Beamtin nicht zu führen ist. Zudem ist der Auslandszuschlag nach § 55 Abs. 5 mit Anlage VI g BBesG a.F. niedriger als der von der Klägerin beantragte Zuschlag nach Anlage VI f.

15 Diese unterschiedliche Behandlung der verpartnerten im Vergleich zu verheirateten Beamten stellt eine Diskriminierung dar, weil beide Gruppen sich im Hinblick auf die Gewährung des Auslandszuschlags in einer vergleichbaren Lage befinden. Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 ist nicht einschlägig, da die nachteilige Behandlung der Klägerin nicht erforderlich ist, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, Straftaten zu verhüten oder die Gesundheit oder Rechte und Freiheiten anderer zu schützen. Durch den Auslandszuschlag sollen - wie die Neufassung des § 53 Abs. 1 BBesG klarstellt - der materielle Mehraufwand sowie allgemeine und dienstortbezogene immaterielle Belastungen der Verwendung im Ausland abgegolten werden. Zu Grunde liegt u.a. eine standardisierte Dienstortbewertung im Verhältnis zum Sitz der Bundesregierung. Diesen Belastungen ist eine im Ausland eingesetzte und dort mit ihrer Lebenspartnerin lebende Beamtin in gleicher Weise ausgesetzt wie eine verheiratete Beamtin in einer im Übrigen gleichen Lebenssituation. Schließlich treffen auch die Verhältnisse im Gastland und die Folgen häufiger Umzüge (hierzu vgl. Beschluss vom 28. August 1998 - BVerwG 2 B 70.98 - Buchholz 240 § 55 BBesG Nr. 4) die Lebenspartnerin ebenso wie den Ehepartner der im Ausland eingesetzten Beamtin regelmäßig in gleicher Weise. Die Förderung einer bestimmten Form des Zusammenlebens, abhängig vom Familienstand, ist mit den Regelungen über den Auslandszuschlag hingegen nicht beabsichtigt; hinsichtlich der gegenseitigen Unterhalts- und Beistandspflichten bestehen insoweit keine maßgeblichen Unterschiede zwischen Lebens- und Ehepartnern.

16 2.3 Die Richtlinie 2000/78/EG ist unmittelbar anwendbar, sodass sich die Klägerin auf sie berufen kann.

17 Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - Rs. C-194/08, Gassmayr - EuGRZ 2010, 296, Rn. 44 f. m.w.N.). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn Umsetzungsmaßnahmen zwar in Kraft getreten sind, diese aber eine vollständige Anwendung der Richtlinie nicht tatsächlich gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6325 Rn. 23 ff.).

18 Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Denn die Richtlinie 2000/78/EG ist im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung des Auslandszuschlags nicht vollständig in deutsches Recht umgesetzt. Auch sind die maßgeblichen Richtlinienvorschriften inhaltlich unbedingt und hinreichend genau. Die Umsetzungsfrist ist abgelaufen.

19 Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Der Mitgliedstaat hat bei der Umsetzung der Richtlinie in rechtstechnischer Hinsicht daher eine gewisse Wahlfreiheit, doch muss er jedenfalls sicherstellen, dass die vollständige und effektive Anwendung der Richtlinie in hinreichend klarer und bestimmter Weise gewährleistet ist. Soweit die Richtlinie Ansprüche des Einzelnen begründen soll, muss insbesondere erreicht werden, dass die Begünstigten in der Lage sind, von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen (EuGH, Urteil vom 30. Mai 1991 - Rs. C-361/88, Kommission / Deutschland - Slg. 1991, I-2567, Rn. 15, und vom 13. Dezember 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947, Rn. 157 f.). Rechtsvorschriften, die der Richtlinie entgegenstehen, müssen daher aufgehoben bzw. geändert oder es muss auf andere rechtstechnisch geeignete Weise und für die von der Richtlinie Begünstigten erkennbar erreicht werden, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Rechtslage Bestandteil der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung wird.

20 Diesen Anforderungen wird die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG im Bereich der Regelungen über den Auslandszuschlag nicht gerecht. §§ 55 BBesG a.F. sowie 53 BBesG n.F. schließen die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Beamtin von der Gewährung des Auslandszuschlags nach den für Ehepartner geltenden Vorschriften aus. Insofern ist die Umsetzung der Richtlinie unvollständig geblieben; es wäre erforderlich gewesen, die einer Einbeziehung der Lebenspartnerschaften entgegenstehenden Vorschriften zu ändern und einen entsprechenden Anspruch im deutschen Recht zu verankern. Auch der Erlass des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897) hat nicht zu einer vollständigen Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in deutsches Recht geführt. Zwar verfolgt es zur Umsetzung der Richtlinie das Ziel, Benachteiligungen aus den in § 1 AGG genannten Gründen - dazu zählen auch Benachteiligungen wegen der sexuellen Identität - zu verhindern oder zu beseitigen. Es begründet jedoch keine über die §§ 55 BBesG a.F. und 53 BBesG n.F. hinausgehenden Leistungsansprüche; eine bloße Gewährung von Sekundäransprüchen auf Entschädigung und Schadensersatz schöpft den Gehalt der Richtlinie nicht aus. Hiervon abgesehen hat die Klägerin derartige Ansprüche nicht geltend gemacht.

21 Die maßgeblichen Vorschriften der Richtlinie 2000/78/EG - insbesondere Art. 1 bis 3 und 16 - sind inhaltlich unbedingt und hinreichend genau, so dass sie geeignet sind, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten; insbesondere ergibt sich aus Art. 16 Buchst. a zweifelsfrei die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufenden Rechtsvorschriften aufzuheben bzw. zu ändern. Schließlich ist auch die Umsetzungsfrist seit dem 3. Dezember 2003 abgelaufen (Art. 18 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG).

22 2.4 Als Folge der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG sind § 55 BBesG a.F. und § 53 BBesG n.F. insoweit unanwendbar, als diese Vorschriften mit Unionsrecht nicht in Einklang stehen. Der sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebende Ausschluss der in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamtin von der Gewährung des Auslandszuschlags für Verheiratete kann dem Anspruch der Klägerin deshalb nicht entgegengesetzt werden. Vielmehr müssen beide Vorschriften als Rechtsgrundlage für die Gewährung des Auslandszuschlags so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Beamten führen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und sich im Übrigen in einer mit Eheleuten vergleichbaren Situation befinden. Dies kann nur dadurch geschehen, dass verpartnerte Beamtinnen und Beamte so behandelt werden wie verheiratete. Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teils des Normtextes (vgl. dazu Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 72.08 - IÖD 2010, 125) hinausgeht und bedeutet, einen vom Normgeber geregelten Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten zu gewähren, ist nicht zu beanstanden. Denn anders lässt sich im vorliegenden Fall die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG nicht herstellen.

23 Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (Art. 267 AEUV) bedarf es nicht, da der Rechtsstreit keine klärungsbedürftigen Fragen aufwirft, die noch nicht Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof waren (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, Cilfit u.a. - Slg. 1982, S. 3415).

24 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Urteil vom 28.10.2010 -
BVerwG 2 C 56.09ECLI:DE:BVerwG:2010:281010U2C56.09.0

Leitsatz:

Um die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG sicherzustellen, muss das Auswärtige Amt Beamten, die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben, bei einer Abordnung ins Ausland die auslandsbedingten Mehrkosten der Haushaltsführung am bisherigen Auslandsdienstort in gleicher Weise erstatten wie verheirateten Beamten.

Urteil

BVerwG 2 C 56.09

  • VG Berlin - 22.09.2009 - AZ: VG 26 A 53.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Maidowski und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des
  2. Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. September 2009 wird
  3. zurückgewiesen.
  4. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger ist als Bundesbeamter auf Lebenszeit im Auswärtigen Dienst beschäftigt. Am 15. August 2001 ging er eine eingetragene Lebenspartnerschaft ein. Seit August 2002 war er an der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik bei den V. in N. tätig. Er lebte dort mit dem Lebenspartner in einer gemeinsamen Mietwohnung.

2 In der Zeit vom 20. Januar bis zum 10. April 2005 war der Kläger nach Indonesien abgeordnet. Der Lebenspartner blieb in N. Das Auswärtige Amt stellte zunächst vorläufig fest, der Kläger könne für die Abordnungszeit Auslandstrennungsgeld sowie Aufwandsentschädigung nach dem - auch für verheiratete Beamte geltenden - Abschnitt VII der Aufwandsentschädigungsrichtlinie beanspruchen. An der zweiten Feststellung hielt das Auswärtige Amt später nicht mehr fest. Der Kläger könne einem verheirateten Beamten nicht gleichgestellt werden, weil die Richtlinie dies nicht vorsehe.

3 Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 20. Januar bis zum 10. April 2005 Aufwandsentschädigung nach Abschnitt VII der Aufwandsentschädigungsrichtlinie zu gewähren. Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, die Ungleichbehandlung verheirateter Beamter und Beamter in eingetragener Lebenspartnerschaft bei der Gewährung der Aufwandsentschädigung verstoße gegen das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung in Bezug auf das Arbeitsentgelt nach der Richtlinie 2000/78/EG. Danach sei die Gleichstellung beider Gruppen geboten, weil ihre Situation nach dem Zweck der Aufwandsentschädigung vergleichbar sei. Dadurch sollten die Mehrkosten des am bisherigen Auslandsdienstort beibehaltenen Haushalts erstattet werden, soweit sie wegen der dortigen Lebensbedingungen und wirtschaftlichen Verhältnisse anfielen. Zwar knüpfe ein Teil der Aufwandsentschädigung, nämlich die sogenannten auslandsdienstortbezogenen Grundmehrkosten, an die Gewährung des Auslandszuschlags an, der verheirateten Beamten im Gegensatz zu Beamten in eingetragener Lebenspartnerschaft bereits aufgrund des Personenstandes ohne weitere Voraussetzungen gewährt werde. Auch in Bezug auf diese Leistung verlange jedoch Unionsrecht die Gleichstellung beider Beamtengruppen.

4 Gegen dieses Urteil richtet sich die Sprungrevision der Beklagten. Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6 Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

II

7 Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger die beantragte Aufwandsentschädigung nach Abschnitt VII der Richtlinie des Auswärtigen Amtes über die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Fällen dienstlich veranlasster doppelter Haushaltsführung bei Versetzungen und Abordnungen vom Inland ins Ausland, im Ausland und vom Ausland ins Inland vom 15. Dezember 1997 - AER - (GMBl 1998 S. 27 f.) in der Fassung vom 29. März 2000 (GMBl 2000, 374 f.) zusteht. Die durch die Anwendung des Abschnitts VII herbeigeführte Gleichstellung von Beamten, die wie der Kläger eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen sind, mit verheirateten Beamten ist nach der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl EG Nr. L 303/16) geboten.

8 1. Beamte, die an einem ausländischen Dienstort verwendet werden, können zusätzlich Auslandsdienstbezüge erhalten, nämlich Auslandszuschlag nach dem hier noch anwendbaren § 55 BBesG a.F. und Mietzuschuss nach § 57 BBesG a.F. (vgl. Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 C 17.06 - Buchholz 240 § 57 BBesG Nr. 4). Diese Leistungen sind Bestandteile der Besoldung (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 a.F. BBesG). Bei einer Abordnung, die mit einem vorübergehenden Wechsel des Dienstortes im Ausland verbunden ist, richtet sich die Höhe der Auslandsdienstbezüge nach den Lebens- und Teuerungsverhältnissen an dem durch die Abordnung begründeten Dienstort (vgl. § 53 BBesG a.F.; Amtliche Begründung zur AER, GMBl 1998 S. 30).

9 Der Mehraufwand aus Anlass der dienstlich veranlassten doppelten Haushaltsführung am alten und am neuen Dienstort wird nur zum Teil durch das Auslandstrennungsgeld abgegolten, das nach Maßgabe der Auslandstrennungsgeldverordnung - ATGV - pauschal gewährt wird. Seit 1. Januar 2005 sind Beamte in Lebenspartnerschaft den verheirateten Beamten für die Gewährung von Auslandstrennungsgeld gleichgestellt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 ATGV i.d.F. des Gesetzes vom 15. Dezember 2004, BGBl I S. 3396). Die Pauschbeträge enthalten keinen Erstattungsanteil für die Kosten des Haushalts, der am bisherigen Auslandsdienstort geführt und für die Dauer des Dienstortwechsels beibehalten wird. Von den Auslandsdienstbezügen werden nur die Mehrkosten der Haushaltsführung am neuen, durch die Abordnung begründeten Auslandsdienstort erfasst. Auch werden die Besonderheiten des Auslandsdienstes nicht berücksichtigt (vgl. Nr. 2.1 des Rundschreibens des Auswärtigen Amtes vom 22. Dezember 1997, GMBl 1998 S. 26).

10 Um diese Regelungslücken des Trennungsgeldrechts zu schließen, hat das Auswärtige Amt im Einvernehmen mit den Bundesministerien des Innern und der Finanzen die Aufwandsentschädigungsrichtlinie erlassen. Rechtsgrundlage dieser Verwaltungsvorschrift ist § 17 Satz 1 BBesG. Danach dürfen Aufwandsentschädigungen nur gewährt werden, wenn und soweit aus dienstlicher Veranlassung finanzielle Aufwendungen entstehen, deren Übernahme dem Beamten nicht zugemutet werden kann, und der Haushaltsplan Mittel zur Verfügung
stellt. Den im Ausland verwendeten Beamten soll nicht zugemutet werden, den Mehraufwand der Haushaltsführung am bisherigen Auslandsdienstort zu tragen, der bei Versetzungen oder Abordnungen im Ausland anfällt (sog. auslandsdienstortbezogene Mehrkosten; vgl. Nr. 2.2 des Rundschreibens des Auswärtigen Amtes vom 22. Dezember 1997, GMBl 1998 S. 26).

11 Daher sieht Abschnitt VII AER die Erstattung der Miete für die fortgeführte Wohnung einschließlich der Mietnebenkosten (Nr. 1 und 2), der auslandsdienstortbezogenen Grundmehrkosten in Höhe des um 15 % abgesenkten bisherigen Auslandszuschlags ohne immateriellen Anteil (Nr. 3) und eines Kaufkraftausgleichs (Nr. 4 und 5) vor. Dies gilt nach Abschnitt IV Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AER allerdings nur für Beamte, die mit dem Ehegatten, ledigen Kindern, unterhaltsbedürftigen Verwandten, Pflegekindern oder Betreuungspersonen in häuslicher Gemeinschaft leben. Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, werden in Abschnitt IV nicht aufgeführt. Daher sind sie auf Abschnitt IX Abs. 1 AER verwiesen, wonach lediglich die Mietkosten für die fortgeführte Wohnung am bisherigen Dienstort erstattet werden. Nach Absatz 2 dieses Abschnitts gilt dies jedoch nicht für eine Zeit, in der die Wohnung bewohnt wird.

12 2. Als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift bindet die Aufwandsentschädigungsrichtlinie die Erstattungspraxis des Auswärtigen Amtes, soweit sie mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Dies ist nicht der Fall, soweit ihre Anwendung dazu führt, dass Beamten, die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben, die Aufwandsentschädigung für Verheiratete nach Abschnitt VII AER versagt wird. Insoweit steht die Erstattungspraxis des Auswärtigen Amtes in Widerspruch zu der Richtlinie 2000/78/EG, die eine Gleichstellung beider Beamtengruppen fordert.

13 Der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG ist eröffnet, weil es sich bei der Aufwandsentschädigung um einen Bestandteil des Arbeitsentgelts nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie handelt. Der Erwägungsgrund 13 verweist zur Bestimmung dieses Begriffs auf Art. 157 Abs. 2 AEUV (zuvor Art. 141 EGV). Danach sind unter Entgelt die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.

14 Die Aufwandsentschädigung stellt eine sonstige Vergütung dar, weil sie auf der Rechtsgrundlage des Beamtenverhältnisses gewährt wird, um einen dienstlich veranlassten Mehraufwand des Beamten abzugelten. Es sollen die finanziellen Belastungen ausgeglichen werden, die gerade deshalb entstehen, weil der Beamte verpflichtet ist, seine Dienstleistung im Ausland zu erbringen. Dem Beamten soll nicht zugemutet werden, diesen Aufwand aus den Dienstbezügen zu bestreiten, obwohl er durch eine vom Beamten zu befolgende Entscheidung des Dienstherrn verursacht wird. Durch die Gewährung der Aufwandsentschädigung stellt der Dienstherr sicher, dass der Grundsatz der gleichen Regelalimentation gewahrt wird. Danach sollen Beamte, die dasselbe Statusamt bekleiden und derselben Besoldungsgruppe angehören, in gleicher Höhe besoldet werden. Auch soll ihnen ein annähernd gleiches Nettoeinkommen zur Verfügung stehen. Dies ist nicht der Fall, wenn sie auf die Dienstbezüge zurückgreifen müssen, um einen dienstlich veranlassten Mehraufwand zu decken (Beschluss vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 C 121.07 - BVerwGE 132, 299 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 5 <jeweils Rn. 33 und 34>; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - BVerfGE 99, 300 <314 f.>).

15 Die Geltung der Richtlinie 2000/78/EG wird nicht ausgeschlossen, weil die Gewährung der Aufwandsentschädigung bislang an den Familienstand der Ehe anknüpft. Zwar sollen nach dem Erwägungsgrund 22 staatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt bleiben. Dies führt jedoch nicht dazu, dass Rechtsvorschriften über die Gewährung von Leistungen, die nach Grund oder Höhe auf den Familienstand abstellen, stets der Anwendung des Unionsrechts entzogen wären. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass auch derartige Regelungen der Mitgliedstaaten an den unionsrechtlichen Vorgaben über die Entgeltgleichheit zu messen sind, wenn ansonsten Verbindlichkeit und allgemeine Anwendung des Unionsrechts gefährdet wären (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06, Maruko - Slg. 2008, I-1757 Rn. 58 f.; vgl. auch Urteil vom 11. Januar 2000 - Rs. C-285/98, Kreil - Slg. 2000, I-69 Rn. 15 f.). Auch spricht der dargestellte Zweck der Aufwandsentschädigung dafür, dass es sich hierbei jedenfalls nicht in erster Linie um eine vom Familienstand abhängige Leistung im Sinne des Erwägungsgrunds 22 handelt.

16 Der Ausschluss der Beamten, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, von der Gewährung der Aufwandsentschädigung nach Abschnitt VII AER stellt eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG dar. Dies setzt nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie voraus, dass eine Person wegen eines in Artikel 1 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person. Ob eine vergleichbare Situation besteht, muss mit Blick auf die jeweils in Rede stehende Vorschrift des nationalen Rechts von den Gerichten der Mitgliedsstaaten beurteilt werden (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 a.a.O. Rn. 72 f.).

17 Ausgehend von dem dargestellten hauptsächlichen Zweck der Aufwandsentschädigung werden Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, in Bezug auf diese Leistung schlechter als verheiratete Beamte gestellt, weil ihnen die Entschädigung nach Abschnitt VII AER nicht zugestanden wird. Die Benachteiligung geschieht wegen der sexuellen Ausrichtung, weil die Lebenspartnerschaft von Personen gleichen Geschlechts eingegangen wird, während die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehalten bleibt. Die Wahl des Familienstandes entspricht in der Regel der sexuellen Ausrichtung der Partner. Die unterschiedliche Behandlung stellt eine unmittelbare Diskriminierung der in einer Lebenspartnerschaft lebenden Beamten dar, weil sie sich in Bezug auf die Aufwandsentschädigung in einer vergleichbaren Lage wie verheiratete Beamte befinden. Wie dargestellt, dient diese Leistung der Erstattung der Kosten der Haushaltsführung am bisherigen Auslandsdienstort im Falle einer Versetzung oder Abordnung, soweit sie auf die besonderen Lebensverhältnisse im Ausland zurückzuführen sind. Dieser Mehraufwand knüpft an den Wechsel des Dienstortes im Ausland an und betrifft Beamte, die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben, in gleicher Weise wie verheiratete Beamte. Dagegen wird die Aufwandsentschädigung nicht gewährt, um einen Beitrag zur Förderung der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Ehe im Hinblick auf deren gesellschaftliche Bedeutung zu leisten. Daher bestehen in Anbetracht der gegenseitigen, der Ehe angeglichenen Unterhalts- und Beistandspflichten von Lebenspartnern nach dem Zweck der konkreten Leistung keine maßgeblichen Unterschiede zwischen beiden Beamtengruppen.

18 3. Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Der Mitgliedstaat hat bei der Umsetzung der Richtlinie in rechtstechnischer Hinsicht daher eine gewisse Wahlfreiheit, doch muss er jedenfalls sicherstellen, dass die vollständige und wirkungsvolle Anwendung der Richtlinie in hinreichend klarer und bestimmter Weise gewährleistet ist. Soweit die Richtlinie Ansprüche des Einzelnen begründen soll, muss insbesondere erreicht werden, dass die Begünstigten in der Lage sind, von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese vor den nationalen Gerichten geltend zu machen (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947 Rn. 157 f.). Rechtsvorschriften, die der Richtlinie entgegenstehen, müssen daher aufgehoben oder geändert werden. Andernfalls muss auf andere geeignete Weise und für die Begünstigten erkennbar erreicht werden, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Rechtslage Bestandteil der Rechtsordnung des Mitgliedstaats wird.

19 Der Erlass des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897) hat nicht zu einer vollständigen Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in deutsches Recht geführt. Zwar verfolgt das Gesetz das Ziel, Benachteiligungen aus den in § 1 genannten Gründen, darunter Benachteiligungen wegen der sexuellen Ausrichtung, zu verhindern oder zu beseitigen. Es begründet jedoch keine selbständigen Leistungsansprüche. Die Gewährung von Sekundäransprüchen auf Entschädigung und Schadensersatz schöpft den Gehalt der Richtlinie nicht aus.

20 4. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Einzelne vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf inhaltlich unbedingte und hinreichend genaue Regelungen einer Richtlinie berufen, wenn der Mitgliedstaat die Richtlinie bis zum Ablauf einer Umsetzungsfrist nicht oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Umsetzungsmaßnahmen müssen die vollständige Anwendung der Richtlinie gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks und Spencer - Slg. 2002, I-6325 Rn. 23 f.). Eine Regelung des Unionsrechts ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung begründet und ihre Anwendung nicht von weiteren Maßnahmen der Mitgliedstaaten oder der Unionsorgane abhängt (vgl. Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 49.03 - BVerwGE 122, 244 <246> = Buchholz 239.1 § 4 BeamtVG Nr. 2 S. 2 f.). Sie ist hinreichend genau, wenn sie die Verpflichtung gegenüber dem Einzelnen unmissverständlich festlegt (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - Rs. C-194/08, Gassmayr - EuGRZ 2010, 296 Rn. 44 f.).

21 Aus Art. 16 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG ergibt sich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle dem unionsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung zuwider laufenden Rechtsvorschriften aufzuheben oder zu ändern. An dieser Umsetzung fehlt es in Bezug auf die Aufwandsentschädigung. Vielmehr gibt die Aufwandsentschädigungsrichtlinie des Auswärtigen Amtes eine Erstattungspraxis vor, die die in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten von der Gewährung der Aufwandsentschädigung nach Abschnitt VII AER ausschließt, obwohl sie sich in einer vergleichbaren Situation wie verheiratete Beamte befinden. Um die Wirksamkeit des Unionsrechts insoweit zur Geltung zu bringen, wäre es erforderlich gewesen, auch jene Beamtengruppe durch eine Ergänzung des Abschnitts IV AER in den anspruchsberechtigten Personenkreis einzubeziehen.

22 Die unvollständige Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG hat zur Folge, dass die hier maßgebenden Regelungen der Art. 1 bis 3 der Richtlinie 2000/78/EG für die Gewährung der Aufwandsentschädigung unmittelbar Anwendung finden, weil nur auf diese Weise der Vorrang des Unionsrechts sichergestellt werden kann. Diese unionsrechtlichen Regelungen sind geeignet, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten, weil sie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind. Ihre volle Wirksamkeit kann nur gewährleistet werden, wenn das Auswärtige Amt Beamten, die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen Aufwandsentschädigung nach Abschnitt VII AER gewährt, obwohl diese Beamtengruppe in Abschnitt IV AER nicht als anspruchsberechtigt aufgeführt ist. Die in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten sind verheirateten Beamten gleichzustellen. Den Beschränkungen des Abschnitts IV AER darf insoweit keine Bedeutung für die Erstattungspraxis beigemessen werden. Soweit Abschnitt VII Nr. 3 AER zur Berechnung der Aufwandsentschädigung auf die Höhe des Auslandszuschlags verweist, sind in Lebenspartnerschaft lebende Beamte auch insoweit wie verheiratete Beamte zu behandeln (vgl. Urteil vom 28. Oktober 2010 - BVerwG 2 C 52.09 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz bestimmt).

23 5. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht angezeigt, weil der Rechtsstreit keine klärungsbedürftigen Fragen des Unionsrechts aufwirft, die noch nicht Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof waren (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81 -, Cilfit u.a. - Slg. 1982, S. 3415).

24 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.