Verfahrensinformation

Die Klägerin begehrt auf der Grundlage des Vermögensgesetzes (VermG) aus abgetretenem Recht die Feststellung ihrer Restitutionsberechtigung an einem im ehemaligen Ostsektor von Berlin belegenen Grundstück. Dieses hatte die 1918 u.a. von gewerkschaftlichen Angestelltenverbänden zur Versorgung von gesetzlich versicherten Angestellten mit Wohnraum gegründete Gemeinnützige Aktiengesellschaft für Angestellten-Heimstätten (GAGFAH) im Jahre 1938 erworben. Die gewerkschaftlichen Anteile an der Aktiengesellschaft waren im Zuge der Zerschlagung der freien Gewerkschaften im Mai 1933 in das Vermögen einer Treuhandgesellschaft der nationalsozialistischen Deutschen Arbeitsfront überführt worden. Von dieser erwarb die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte (RfA), die vor 1933 der GAGFAH in erheblichem Umfang Baudarlehen gewährt hatte, die ehemals gewerkschaftlichen Aktien im Nennwert von damals ca. 5,7 Mio. RM und erhöhte anschließend aus ihren Mitteln in den Jahren 1935 und 1937 das Grundkapital der Aktiengesellschaft von ca. 6 Mio. RM im Jahre 1933 auf 18 Mio. RM im Jahre 1938.


Die Beklagte lehnte den Restitutionsanspruch der Klägerin unter Berufung auf die Rechtsprechung des BVerwG mit der Begründung ab, infolge der in den Jahren 1935 und 1937 erfolgten Erhöhungen des Grundkapitals der Aktiengesellschaft sei das verfahrensgegenständliche Grundstück als im Jahre 1938 nicht mehr „mit Mitteln des Unternehmens“ im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 6 VermG erworben anzusehen.


Das VG Berlin hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, die Berechtigung der Klägerin nach dem Vermögensgesetz mit einer Bruchteilsquote festzustellen. Die Entziehung der Beteiligung der Gewerkschaften an der GAGFAH durch das NS-Regime stelle unstreitig dem Grunde nach eine Schädigung i.S.v. § 1 Abs. 6 VermG dar. Der Klägerin stehe ein Restitutionsanspruch auf Einräumung von Bruchteilseigentum (§ 3 Abs. 1 S. 4 VermG) an dem Grundstück in dem Umfang zu, in dem die ihr 1933 entzogene Beteiligung an der GAGFAH zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs (1938) im Verhältnis zu deren damals vorhandenem Grundkapital von 18 Mio. RM gestanden habe. Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.1.2011 (1 BvR 3132/08) sei an der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festzuhalten, da diese zu Unrecht zu einem völligen Ausschluss von Restitutionsansprüchen für nach der 1935 erfolgten Kapitalverdoppelung erworbene Grundstücke führe. Dagegen richten sich die vom Verwaltungsgericht wegen Divergenz zugelassenen Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen sowie die Anschlussrevision der Klägerin.