Verfahrensinformation

Zu klären ist, ob die Erteilung einer Waffenbesitzkarte zur Erweiterung einer Waffensammlung vom Nachweis einer besonderen Sachkunde abhängt, die über die allgemein für den Erwerb von Schusswaffen erforderlichen Kenntnisse hinausgeht.


Verfahrensinformation

Zu klären ist, ob die Erteilung einer Waffenbesitzkarte zur Erweiterung einer Waffensammlung vom Nachweis einer besonderen Sachkunde abhängt, die über die allgemein für den Erwerb von Schusswaffen erforderlichen Kenntnisse hinausgeht.


Urteil vom 09.10.2002 -
BVerwG 6 C 9.02ECLI:DE:BVerwG:2002:091002U6C9.02.0

Leitsatz:

Die Erteilung einer Sammler-Waffenbesitzkarte setzt sammlungsspezifische Kenntnisse des Antragstellers voraus, von deren Vorliegen sich die zuständige Behörde nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen zu überzeugen hat.

  • Rechtsquellen
    WaffG § 28 Abs. 2 Satz 2, § 32 Abs. 1 Nr. 4

  • OVG Rheinland-Pfalz - 21.03.2002 - AZ: OVG 2 A 10816/01

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 09.10.2002 - 6 C 9.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:091002U6C9.02.0]

Urteil

BVerwG 6 C 9.02

  • OVG Rheinland-Pfalz - 21.03.2002 - AZ: OVG 2 A 10816/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. H a h n , Dr. G e r h a r d t ,
B ü g e und Dr. G r a u l i c h
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. September 2001 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

I


Der Kläger ist Berufsjäger und Revierjagdmeister. Der Beklagte erteilte ihm am 30. September 1996 eine Waffenbesitzkarte zur Sammlung von Faustfeuerwaffen der Firma Mauser, die bis 1900 entwickelt und hergestellt worden sind. Am 27. Januar 1998 änderte der Beklagte die Waffenbesitzkarte zur Verbreiterung des Sammelthemas und erlaubte dem Kläger nunmehr den Erwerb von Faustfeuerwaffen der Firma Mauser, die bis zum Jahre 1900 entwickelt worden sind.
Am 31. Oktober 1997 beantragte der Kläger eine erneute Erweiterung seiner Sammlerberechtigung. Dabei ging es ihm um die Genehmigung zur Ergänzung des Bestandes bis zur Gegenwart, und zwar von Faustfeuerwaffen der Firmen Mauser, Walther und Smith & Wesson. In zwei vom Kläger vorgelegten Gutachten von Waffensachverständigen wurde das Sammelthema konkretisiert. Der Gutachter R. schlug vor, die beiden Mauser- und die 13 Walther-Kurzwaffen im Besitz des Klägers thematisch folgendermaßen zu fassen: Faustfeuerwaffen der Firma Mauser von 1878 bis 1943 sowie Pistolen der Firma Walther aus der Zeit von 1908 bis 1945 einschließlich der Ulmer- und Manurhin-Neuauflagen. Der Gutachter M. unterschied demgegenüber thematisch zwischen der Ausweitung des Sammelgebiets bezüglich der Waffen der Firma Mauser und einem neuen Sammelgebiet für Pistolen der Firma Walther, die bis zum Jahre 1945 entwickelt worden sind. Für letzteres verfolge der Kläger ein spezielles und schlüssig erscheinendes Sammelkonzept.
Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 22. Oktober 1998 mit, dass seinem Begehren nicht vor Ablegung einer Sachkundeprüfung vor dem staatlichen Prüfungsausschuss bei der Bezirksregierung entsprochen werden könne; der bei der Jägerprüfung erbrachte Sachkundenachweis reiche für die Anlegung einer Waffensammlung nicht aus.
Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren eingelegte Klage ist beim Verwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat den Beklagten unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im Übrigen verpflichtet, die Erteilung einer Waffenbesitzkarte, die dem Kläger die Sammlung von Mauser-Kurzwaffen, die bis zum Jahre 1945 entwickelt worden sind, sowie das Sammeln von Selbstladepistolen der Fa. Walther aus der Zeit von 1908 bis 1945 einschließlich der Ulmer- und Manurhin-Neuauflagen gestattet, nicht aus den Gründen der angegriffenen Verwaltungsentscheidungen abzulehnen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe seine Sachkunde nachgewiesen, weil er die Jägerprüfung bestanden habe. Der Sachkundenachweis erstrecke sich nicht auf Kenntnisse über das Sammelgebiet. Die Erteilung einer Waffenbesitzkarte zur Anlegung oder Erweiterung einer Sammlung setze als immanentes Gebot des Bedürfnisbegriffs den Nachweis der individuellen Sammlerbefähigung voraus. Sei der Regeltatbestand des § 32 Abs. 1 Nr. 4 WaffG erfüllt, könne die Behörde einen dahin gehenden Eignungsnachweis jedoch nur verlangen, wenn vernünftige Zweifel an der Sammlerbefähigung bestünden. Der Kläger habe den Regeltatbestand glaubhaft gemacht. Der Beklagte habe bislang keine speziellen sammlungsspezifischen Zweifel gegenüber dem Kläger verlautbart. Dies beruhe möglicherweise auf seinem rechtsirrigen Standpunkt, dass jedem Waffensammler eine ins Detail gehende Nachweispflicht bezüglich seiner sammlungsspezifischen Befähigung ohne weiteres obliege. Deshalb habe das Gericht davon abgesehen, das Vorliegen eines waffenrechtlichen Bedürfnisses positiv festzustellen.
Der Beklagte verfolgt mit der Revision sein Begehren nach Klageabweisung weiter und führt zur Begründung aus: Der Begriff der Sachkunde in § 30 Abs. 1 Nr. 2 und § 31 WaffG verlange nicht lediglich waffentechnische und waffenrechtliche Kenntnisse. Aus dem systematischen Zusammenwirken mit den Erlaubnisanforderungen in § 28 WaffG ergebe sich, dass der Waffenbesitz nur unter solchen Umständen zu erlauben sei, bei denen gewährleistet sei, dass die betreffende Person verantwortungsvoll, zweckentsprechend und ohne Gefahr für die eigene Sicherheit und die der Allgemeinheit mit den Waffen umgehe. Die "erforderliche Sachkunde" i.S. von § 30 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 31 WaffG müsse im Zusammenhang mit der beantragten Erlaubnis gesehen werden. In § 31 WaffG werde der Begriff der "Sachkunde" im Übrigen nicht definiert, sondern nur geregelt, auf welche Weise ihr Nachweis als erbracht angesehen werden könne. Zutreffend sei das Oberverwaltungsgericht von dem Erfordernis eines sammlungsspezifischen Kenntnisnachweises in § 32 Abs. 1 Nr. 4 WaffG ausgegangen. Allerdings trage für das Vorliegen dieser Kenntnis der Kläger die Nachweispflicht und nicht er, der Beklagte.
Der Kläger tritt der Revision entgegen.

II


Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil steht mit Bundesrecht insoweit nicht im Einklang, als es über die Voraussetzungen für die Erteilung der vom Kläger erstrebten Waffenbesitzkarte nicht abschließend entschieden hat. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
1. Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass der Kläger die für die Erteilung der begehrten Sammler-Waffenbesitzkarte gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG erforderliche Sachkunde besitzt. Der Kläger hat die Jägerprüfung bestanden. Damit gilt die Sachkunde gemäß § 31 Abs. 2 WaffG, § 32 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a 1. WaffV als nachgewiesen. Entgegen der Ansicht der Revision erstreckt sich der Nachweis der Sachkunde nicht auf die Kenntnisse, die von einem Waffensammler in Bezug auf sein Sammelgebiet zu fordern sind. Diese Kenntnisse sind daher nicht gemäß § 31 Abs. 1 WaffG durch Bestehen der in dieser Vorschrift vorgesehenen Prüfung oder durch eine Tätigkeit oder Ausbildung nachzuweisen. Dementsprechend kann der Nachweis der Sachkunde auch von Waffensammlern durch das Bestehen der Jägerprüfung erbracht werden.
Die in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG aufgeführten Voraussetzungen für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte (Zuverlässigkeit, Sachkunde und körperliche Eignung) bezwecken, dass nur solche Antragsteller in den Besitz von Schusswaffen kommen, die mit ihnen sicher umgehen können. Der Sachkundenachweis hat danach ausschließlich die Zielrichtung konkreter Gefahrenvorbeugung. Dies wird durch die nähere Regelung der Sachkunde in § 31 WaffG bestätigt, auch wenn diese Vorschrift keine unmittelbare Aussage über den Gegenstand der Sachkunde trifft. Während § 31 Abs. 1 WaffG deren Nachweis grundsätzlich regelt, wird der Bundesminister des Innern in Absatz 2 ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Anforderungen an die waffentechnischen und waffenrechtlichen Kenntnisse, über die Prüfung und das Prüfungsverfahren einschließlich der Einrichtung von Prüfungsausschüssen sowie über den anderweitigen Nachweis der Sachkunde zu erlassen. Damit setzt der Gesetzgeber voraus, dass die Sachkunde im unmittelbaren Anwendungsbereich der § 30 Abs. 1 Nr. 2, § 31 WaffG (nur) waffentechnische und waffenrechtliche Kenntnisse umfasst (anderes mag bei der in § 41 Abs. 1 Satz 2 WaffG angeordneten entsprechenden Anwendung gelten; vgl. § 29 Abs. 3 1. WaffV). Dem entspricht die Verordnungslage. § 29 Abs. 1 1. WaffV bestimmt, dass die in der Prüfung nach § 31 Abs. 1 WaffG nachzuweisende Sachkunde ausreichende Kenntnisse über die Handhabung der Schusswaffe und den Umgang mit Munition, über die Reichweite und Wirkungsweise der Geschosse sowie über die wichtigsten Vorschriften über den Umgang mit Waffen und Munition sowie über Notwehr und Notstand umfasst. Die nachzuweisenden Kenntnisse brauchen gemäß § 29 Abs. 2 1. WaffV nur für die Schusswaffen- und Munitionsart nachgewiesen zu werden, für die die Erlaubnis beantragt wird. Da die in § 29 Abs. 1 1. WaffV genannten Kenntnisse im Wesentlichen auch Gegenstand der Jägerprüfung sind (vgl. § 15 Abs. 5 Satz 1 BJagdG), kann deren Bestehen als Nachweis der Sachkunde gelten (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a 1. WaffV).
Der von der Revision insbesondere unter Berufung auf Nr. 31.1 WaffVwV geforderte Nachweis auf die beabsichtigte Sammlung bezogener Kenntnisse wird von der dargelegten Zielsetzung des Sachkundenachweises nicht umfasst. Soweit die Revision vorträgt, es müsse gewährleistet sein, dass der Sammler nicht in Randbereichen seines Sammlungsthemas mit nach dem Waffen- oder gar dem Kriegswaffenkontrollgesetz verbotenen Gegenständen in Konflikt gerät, rechtfertigt dies keinen gesonderten Kenntnisnachweis. Insoweit genügt zur Gefahrenvorbeugung das zur allgemeinen Sachkunde gehörende waffenrechtliche Wissen gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 3 1. WaffV. Auf die Sammlung bezogene Kenntnisse historischer oder technischer Art sind nicht für den Nachweis der Befähigung zum sicheren Umgang mit den Waffen von Bedeutung, sondern für den Nachweis eines berechtigten Interesses am Waffenbesitz, das das angesichts der abstrakten Gefährlichkeit jeglichen Waffenbesitzes bestehende öffentliche Interesse überwiegt, dass möglichst wenige Waffen "ins Volk" kommen. Diese Fragestellung ist nach der Systematik des Waffengesetzes der Prüfung des Bedürfnisses zugeordnet.
2. Dem Oberverwaltungsgericht ist ferner im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass der Nachweis des Bedürfnisses für die Anlage oder Erweiterung einer kulturhistorisch bedeutsamen Sammlung von Schusswaffen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 32 Abs. 1 Nr. 4 WaffG) die sog. "Sammlerbefähigung" des Antragstellers umfasst. Das Oberverwaltungsgericht hat es jedoch zu Unrecht unterlassen, die Sache insoweit spruchreif zu machen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
a) Die Waffenbesitzkarte ist zu versagen, wenn ein Bedürfnis nicht nachgewiesen ist (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG). Die Bedürfnisprüfung dient dem Ziel, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken (BTDrucks VI/2678 S. 31; stRspr; vgl. Urteil vom 13. Juli 1999 - BVerwG 1 C 5.99 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 85, S. 7 f. ). In § 32 Abs. 1 WaffG sind Fälle aufgeführt, in denen "insbesondere" ein Bedürfnis vorliegt. Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 4 WaffG liegt ein Bedürfnis vor, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, als Waffensammler oder Munitionssammler wissenschaftlich oder technisch tätig zu sein oder durch den Erwerb eine kulturhistorisch bedeutsame Sammlung anzulegen oder zu erweitern, sofern diese gegen unbefugten Zugriff genügend gesichert ist. In diesen Fällen wird bestimmten anderen Interessen der Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse eingeräumt, den privaten Waffenbesitz möglichst zu beschränken. Die in § 32 Abs. 1 Nr. 4 WaffG erwähnten Interessen unterscheiden sich von rein privaten Interessen ("Hobby"). Sie weisen Bezüge zu objektiven Interessen der Allgemeinheit auf. Diese rechtfertigen die waffenrechtliche Privilegierung, auch wenn die jeweilige Sammlertätigkeit der Allgemeinheit nicht unmittelbar und konkret greifbar von Nutzen sein muss. Dies gilt sowohl für wissenschaftliche und technische Tätigkeiten als auch für diejenigen Sammlertätigkeiten, die der Kulturgeschichte dienen. Ist der Antragsteller nicht willens oder nicht in der Lage, wissenschaftlich oder technisch tätig zu sein oder die Waffen- oder Munitionssammlung nach kulturhistorischen Gesichtspunkten anzulegen oder zu erweitern, fehlt der Grund für die waffenrechtliche Privilegierung. Die Waffenbesitzkarte ist dementsprechend zu versagen, wenn der Antragsteller nicht glaubhaft macht, in der Lage zu sein, das kulturhistorische Anliegen der angestrebten Sammlung zu verwirklichen, und dieses Ziel ernsthaft zu verfolgen (grundsätzlich zu den Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Nr. 4 WaffG Urteil vom 6. September 1988 - BVerwG 1 C 28.86 - Buchholz 402.5 Nr. 51). Dabei sind die Anforderungen an den Nachweis der Kenntnisse desjenigen, der eine kulturhistorisch bedeutsame Sammlung anlegen will, grundsätzlich nicht geringer als die, die an den Nachweis einer wissenschaftlichen oder technischen Tätigkeit zu stellen sind (vgl. Nr. 32.4.1.1 und 32.4 .1.2 WaffVwV). Allerdings hängt es von den konkreten Umständen ab, über welche Kenntnisse der Antragsteller verfügen muss. Sie werden - die nötige Ernsthaftigkeit des Sammlers vorausgesetzt - bei der Neuanlage einer Sammlung nicht das Niveau haben können, das bei einem Antrag auf Sammlungserweiterung zu erwarten ist.
Ferner werden Differenzierungen nach den zeitlichen und sachlichen Dimensionen des Sammelgebietes angezeigt sein.
Nach dem Gesagten sind die zuständigen Behörden nicht befugt, von einem Antragsteller zum Nachweis seiner "Sammlerbefähigung" die Ablegung einer Prüfung vor dem Prüfungsausschuss nach § 31 Abs. 1 WaffG, § 30 Abs. 1 1. WaffV zu verlangen. Vielmehr haben sie den Sachverhalt nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen (vgl. § 24 Abs. 1 und 2 VwVfG) zu ermitteln und über den Antrag anhand aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Hat der Antragsteller das Thema der angestrebten Sammlung selbst entwickelt und unter Darlegung eigener Kenntnisse begründet und ergeben sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte aus einer fachkundigen Begutachtung, werden die Behörden in der Regel ohne weiteres von der "Sammlerbefähigung" des Antragstellers ausgehen können. Besteht hingegen der Verdacht, dass die angestrebte und als solche den Anforderungen des § 32 Abs. 1 Nr. 4 WaffG genügende Sammlung lediglich den Vorwand dafür bildet, Schusswaffen oder Munition anzusammeln oder eine vorhandene Ansammlung zu erweitern, sind weitere Ermittlungen angezeigt. Die Behörde kann sich der von ihr für erforderlich gehaltenen Beweismittel bedienen (vgl. § 26 VwVfG); mit Einverständnis des Antragstellers kommt auch eine „Prüfung“ vor dem erwähnten Prüfungsausschuss in Betracht. Unausräumbare Zweifel gehen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 32 Abs. 1 WaffG zu Lasten des Antragstellers.
b) Die Verwaltungsgerichte überprüfen in vollem Umfang, ob im Streitfall ein Bedürfnis i.S. von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 32 Abs. 1 WaffG gegeben ist. Abgesehen von der durch eine Prüfung vor dem dafür bestimmten Prüfungsausschuss nachzuweisenden Sachkunde (§ 31 Abs. 1 WaffG, § 30 1. WaffV; vgl. Urteil vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 5.92 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 66 S. 57) unterliegen sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte uneingeschränkter gerichtlicher Überprüfung. Erhebt ein Antragsteller Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Erteilung einer Waffenbesitzkarte, hat das Gericht die tatbestandlichen Voraussetzungen - von der genannten Ausnahme abgesehen - umfassend zu untersuchen und die Sache spruchreif zu machen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das geltende Waffenrecht bietet keinen Ansatzpunkt dafür, dass die vom Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Zusammenhang angenommenen "Indizwirkungen" und "Eignungszweifel" über den Bereich der behördlichen bzw. gerichtlichen Überzeugungsbildung hinaus von Bedeutung und für das gerichtliche Prüf- und Entscheidungsprogramm bestimmend sein könnten.
Das Oberverwaltungsgericht hat gegen die Pflicht verstoßen, die Sache spruchreif zu machen. Es hat sich nicht für befugt und erst recht nicht für verpflichtet angesehen, ohne die Darlegung von Tatsachen, die gegen die "Sammlerbefähigung" des Klägers sprechen, seitens des Beklagten diese Voraussetzung der begehrten Waffenbesitzkarte zu prüfen und über ihr Vorliegen abschließend zu entscheiden. Darin liegt, wie dargelegt, ein Verstoß gegen das materielle Recht, nach dem sich der Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung bestimmt.
Das angefochtene Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler. Hätte das Oberverwaltungsgericht die "Sammlerbefähigung" des Klägers untersucht, hätte es möglicherweise die Berufung des Klägers zurückgewiesen und damit dem Klageabweisungsbegehren des Beklagten entsprochen. Dies muss zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung führen. Bereits im Hinblick auf die erstinstanzlichen Ausführungen lässt sich nicht ausschließen, dass der Kläger die subjektiven Voraussetzungen für die Erteilung der von ihm begehrten Sammler-Waffenbesitzkarte nicht erfüllt. Die erforderliche Würdigung der tatsächlichen Umstände ist dem Oberverwaltungsgericht vorbehalten.
c) Auf die namentlich vom Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht angeschnittene Frage, ob die vom Kläger beabsichtigte Sammlung als kulturhistorisch bedeutsam angesehen werden kann, kommt es in diesem Revisionsverfahren nicht an. Die vorliegende Entscheidung steht einer Behandlung dieser Frage im Rahmen der erneuten Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht nicht entgegen.
3. Die Entscheidung über die Kosten muss der Schlussentscheidung vorbehalten bleiben.
Bardenhewer Hahn Gerhardt
Richter am Bundes- Graulich
verwaltungsgericht
Büge kann wegen
Urlaubs nicht unter-
schreiben
Bardenhewer