Verfahrensinformation

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Einrichtung von Sonderparkzonen für Bewohner. Im Jahre 1994 richtete die beklagte Stadt eine Reihe von Sonderparkzonen ein, in denen Gebietsfremden das Parken gar nicht oder nur für kurze Zeit erlaubt wurde. Die Klägerin, die in der Innenstadt arbeitet, klagte gegen die Parkverbote in einer dieser Zonen; diese sei so groß, dass die bevorrechtigten Parker keine "Anwohner" im Sinne der seinerzeit maßgebenden Bestimmung der Straßenverkehrsordnung seien. In den Vorinstanzen hatte die Klage überwiegend keinen Erfolg. Während des Revisionsverfahrens ist die Bestimmung dahin geändert worden, dass die Einrichtung von Sonderparkzonen für "Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel" zugelassen worden ist. Die fortbestehenden Parkverbote sind nunmehr an dieser Regelung zu messen.


Beschluss vom 20.01.2006 -
BVerwG 3 C 17.05ECLI:DE:BVerwG:2006:200106B3C17.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.01.2006 - 3 C 17.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:200106B3C17.05.0]

Beschluss

BVerwG 3 C 17.05

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 24.08.1999 - AZ: OVG 8 A 403/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Januar 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht van S c h e w i c k und Dr. D e t t e
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 1999 ist unwirksam. Ebenfalls unwirksam ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 1. Dezember 1998, soweit es durch das genannte Urteil des Oberverwaltungsgerichts geändert worden ist.
  3. Der Beklagte trägt - unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts - die Kosten des Verfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Nachdem die Klägerin und der Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 141, 125 Abs. 1 VwGO einzustellen. Die vorinstanzlichen Urteile sind gemäß § 269 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 173 VwGO für unwirksam zu erklären.

2 Über die Kosten des Verfahrens ist - soweit darüber nicht schon durch das Verwaltungsgericht verbindlich entschieden ist - gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Danach sind die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen.

3 Für den Eintritt der Erledigung war keine der Parteien verantwortlich. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Rechtsgrundlage für die angefochtene verkehrsrechtliche Regelung grundlegend geändert, indem er die Parkvorrechte für Anwohner durch Parkvorrechte für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel ersetzt hat (§ 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG i.d.F. des Gesetzes vom 19. März 2001 - BGBl I S. 386; § 45 Abs. 1 b Nr. 2 a StVO i.d.F. der Verordnung vom 14. Dezember 2001 BGBl I S. 3783). Diese geänderte Rechtslage wäre bei einem Fortgang des Verfahrens in der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen gewesen, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Revisionsverfahren die Rechtslage maßgebend ist, die die Tatsacheninstanz zugrundezulegen hätte, wenn sie zu dieser Zeit entschiede (vgl. Urteile vom 1. Dezember 1972 - BVerwG 4 C 6.71 - BVerwGE 41, 272; vom 29. September 1982 - BVerwG 8 C 138.81 - BVerwGE 66, 179; vom 16. Januar 1986 - BVerwG 3 C 66.84 - BVerwGE 72, 339, 340).

4 Unter diesen Umständen kommt entscheidendes Gewicht dem Umstand zu, dass der Rechtsstreit ohne die Änderung der Rechtslage voraussichtlich zugunsten der Klägerin ausgegangen wäre. In seinem Urteil vom 28. Mai 1998 - BVerwG 3 C 11.97 - BVerwGE 107, 38 hatte der Senat die Einräumung von Anwohnerparkvorrechten nur in einem Nahbereich zugelassen, der in aller Regel nicht mehr als zwei bis drei Straßen umfasse. Dieser Voraussetzung entsprach die hier streitige Parkzone nicht. Zwar hat das Berufungsgericht die Einrichtung der Sonderparkzone gleichwohl für rechtmäßig erklärt, weil die Beschränkung auf zwei bis drei Straßen in der genannten Entscheidung nur "in aller Regel" gefordert sei. Irgendeinen Umstand, der im vorliegenden Fall eine Abweichung von dieser Regel hätte rechtfertigen können, hat es aber nicht aufgezeigt. Es kommt hinzu, dass die vom Beklagten praktizierte "Misch-Regelung" bis zum Erlass der Änderungsvorschriften erheblichen rechtlichen Bedenken begegnete (vgl. Begründung zur 35. ÄndVStVR VkBl 2002 S. 138, 141). Darauf hat insbesondere der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht in seiner Stellungnahme zu Recht hingewiesen.

5 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG n.F.