Verfahrensinformation

In zwei Verfahren wird das Bundesverwaltungsgericht zu der verfassungsrechtlichen Frage Stellung zu nehmen haben, ob der Gesetzgeber bestimmen darf, dass ein Amt mit leitender Funktion zunächst nur im Beamtenverhältnis auf Zeit übertragen wird und erst nach Ablauf zweier Amtszeiten von zusammen zehn Jahren im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit verliehen werden kann.


Der eine Kläger ist Leitender Gesamtschuldirektor; der andere Kläger ist Abteilungsleiter einer Landesanstalt. Beide stehen im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie machen geltend, die landesgesetzliche Regelung verstoße gegen den hergebrachten Grundsatz, dass Ämter auf Lebenszeit verliehen werden. Durch die Befristung der Verleihung werde ein Zwang zu "Wohlverhalten" ausgeübt und die sachliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Auch habe der Landesgesetzgeber offen gelassen, nach welchen Kriterien die Entscheidungen über eine weitere Amtszeit und über die endgültige Verleihung zu treffen seien.


Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts war der Landesgesetzgeber weder durch den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG noch durch den in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten hergebrachten Grundsatz der Ämtervergabe auf Lebenszeit gehindert, die Vergabe bestimmter Führungsämter auf Zeit vorzuschreiben. Hierbei handele es sich um eine zulässige Fortentwicklung des öffentlichen Dienstrechts, durch die der Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG gestärkt werde. Der Landesgesetzgeber verfolge in verfassungsrechtlich zulässiger Weise die Ziele, den Leistungswettbewerb zu fördern und den Spielraum für die Personalführung zu erweitern.


Pressemitteilung Nr. 62/2007 vom 27.09.2007

Vergabe von Führungspositionen an Beamte auf Zeit verfassungswidrig

Wird einem Beamten auf Lebenszeit ein Führungsamt übertragen, so darf dieses nicht für eine Dauer von zehn Jahren lediglich auf Zeit übertragen werden. Eine entsprechende gesetzliche Regelung ist verfassungswidrig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute in drei Fällen entschieden. Eine Klägerin und ein Kläger leiten Schulen, ein weiterer Kläger ist Abteilungsdirektor einer Landesanstalt.


Nach einer Bestimmung des nordrhein-westfälischen Beamtenrechts werden Führungsämter zunächst im Beamtenverhältnis auf Zeit vergeben; während dieser Zeit ruht das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Erst nach zwei Amtszeiten von zusammen zehn Jahren darf dem Inhaber des Führungsamtes dieses Amt auf Lebenszeit übertragen werden.


Diese landesgesetzliche Bestimmung verstößt gegen den hergebrachten Grundsatz, wonach Ämter auf Lebenszeit übertragen werden. Dieser Grundsatz hat Verfassungsrang (Art. 33 Abs. 5 GG). Ihm kommt maßgebende Bedeutung für die Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe zu, eine stabile, an Recht und Gesetz orientierte Verwaltung im politischen Kräftespiel sicherzustellen. Durch die Übertragung des Amtes auf Lebenszeit soll der Beamte vor sachwidriger Beeinflussung und das Beamtentum insgesamt gegen Ämterpatronage geschützt werden.


 Beamte dürfen nach ihrer Berufung in ein Führungsamt nicht zehn Jahre lang der Möglichkeit unsachlicher oder politischer Pressionen und einem Druck zu Willfährigkeit und Anpassung ausgesetzt werden, indem man sie im Ungewissen darüber lässt, ob sie das Amt auf Dauer behalten werden oder wieder in ihr altes, niedriger besoldetes Amt zurückkehren müssen. Die Gründe, die den Landesgesetzgeber zur Schaffung dieser gegen das Lebenszeitprinzip verstoßenden Regelung veranlasst haben, hält das Bundesverwaltungsgericht nicht für tragfähig. Es hat daher die Verfahren ausgesetzt und die Frage der Gültigkeit der Regelung dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.


BVerwG 2 C 21.06 - Beschluss vom 27.09.2007

BVerwG 2 C 26.06 - Beschluss vom 27.09.2007

BVerwG 2 C 29.07 - Beschluss vom 27.09.2007