Verfahrensinformation

Der Kläger, ein italienischer Staatsangehöriger, hält sich seit 1987 in Deutschland auf und ist seit 1997 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis-EG. Er beging im Juli 2000 im Zustand der Schuldunfähigkeit wegen krankhafter seelischer Störungen den Versuch eines Totschlags und eine schwere Körperverletzung an seiner französischen Ehefrau. Durch rechtskräftiges Strafurteil wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Klage gegen die auf diesen Vorfall gestützte Ausweisung und Abschiebungsandrohung nach Italien hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim im Berufungsverfahren abgewiesen und insbesondere einen Verstoß gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht (Art. 4 und Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG) verneint. Durch das Gemeinschaftsrecht werde nur die Aufenthaltsbeendigung wegen bestimmter Krankheiten eingeschränkt, nicht aber die hier verfügte Aufenthaltsbeendigung wegen der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeschlossen. In dem Revisionsverfahren werden die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an die Ausweisung eines Unionsbürgers zu prüfen sein.


Beschluss vom 02.11.2005 -
BVerwG 1 C 19.04ECLI:DE:BVerwG:2005:021105B1C19.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.11.2005 - 1 C 19.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:021105B1C19.04.0]

Beschluss

BVerwG 1 C 19.04

  • VGH Baden-Württemberg - 21.07.2004 - AZ: VGH 11 S 535/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. November 2005
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k und den Richter am
Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 21. Juli 2004 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. Januar 2004 sind unwirksam.
  3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Das Verfahren ist in der Hauptsache durch die übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten erledigt. Es ist damit in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1, § 141 VwGO einzustellen. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind unwirksam (§ 173 VwGO i.V.m. einer entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Im Hinblick auf die Aufhebung der angefochtenen Verfügung durch den Beklagten entspricht es unter den Umständen des vorliegenden Falles billigem Ermessen, diesem die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

2 Die Festsetzung des Streitwertes für das Revisionsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 GKG i.V.m. § 52 Abs. 2, § 72 Nr. 1 und § 63 Abs. 2 GKG. Sie orientiert sich an den Wertansätzen, die der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 (abgedruckt in NVwZ 2004, 1327) für Klagen gegen Ausweisungen vorsieht (Nr. 8.2), nämlich den Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG. Für die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragte Festsetzung des doppelten Auffangwertes (im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung des Rechtsstreits für den Kläger wegen der dadurch angeblich bedingten Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) besteht aus Sicht des Senats kein Anlass, da Ausweisungen regelmäßig mit erheblichen und einschneidenden Änderungen für die Betroffenen verbunden sind.