Verfahrensinformation

Die Beteiligten streiten um die Rückübertragung mehrerer Grundstücke nach dem Vermögensgesetz. Der Rechtsvorgänger der Klägerin war Eigentümer einer Fabrik in Teltow, zu der umfangreiche Ländereien gehörten. Nach 1945 wurden die Grundstücke landwirtschaftlich genutzt und die Produkte an Mitarbeiter der Fabrik verteilt, später wurden sie verpachtet. Nach dem Tod des Eigentümers gelangten Fabrik und Ländereien 1953 in Volkseigentum. Zu diesem Zeitpunkt war ein Testamentsvollstrecker für den Nachlass berufen, der seine Tätigkeit 1993 beendete. Die Grundstücke mit den Fabrikgebäuden sind mittlerweile an die Klägerin zurückübertragen. Sie macht nunmehr ihre Ansprüche an den ursprünglich landwirtschaftlich genutzten Grundstücken geltend. Das Verfahren beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein betrieblich genutztes Grundstück aus dem Unternehmensvermögen eines Einzelkaufmanns ausscheidet. Ferner bietet das Verfahren Gelegenheit zur Klärung der Frage, ob im Falle der Schädigung des Nachlasses neben dem Testamentsvollstrecker auch der Erbe den Restitutionsanspruch wirksam anmelden kann.


Beschluss vom 01.02.2005 -
BVerwG 8 B 97.04ECLI:DE:BVerwG:2005:010205B8B97.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.02.2005 - 8 B 97.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:010205B8B97.04.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 97.04

  • VG Potsdam - 17.06.2004 - AZ: VG 1 K 832/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. Februar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Potsdam über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 17. Juni 2004 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und für das Revisionsverfahren - insoweit vorläufig - auf jeweils 204 516,75 € festgesetzt.

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Ist wie hier ein Urteil auf mehrere, die Entscheidung selbstständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn für alle tragenden Gründe ein Zulassungsgrund vorliegt. Dies ist der Fall.
Hinsichtlich der ersten entscheidungstragenden Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG einen rechtswirksamen Rückübertragungsantrag gestellt hat, bietet das Revisionsverfahren Gelegenheit zur Klärung der aufgeworfenen rechtsgrundsätzlichen Frage, ob in den Fällen, in denen der ehemalige Eigentümer des Vermögenswertes vor In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes verstorben ist und über seinen Nachlass Testamentsvollstreckung angeordnet hat, ausschließlich der Testamentsvollstrecker und nicht der Erbe eine wirksame Anmeldung der vermögensrechtlichen Ansprüche vornehmen kann.
Zu der zweiten die Entscheidung tragenden Erwägung des Verwaltungsgerichts kann in einem Revisionsverfahren voraussichtlich die sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage geklärt werden, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen angenommen werden kann, dass ein landwirtschaftliches Grundstück, das ursprünglich einer Fabrik zu betrieblichen Zwecken diente und später verpachtet wurde, aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52, 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 8 C 2.05 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.

Beschluss vom 22.12.2005 -
BVerwG 8 C 2.05ECLI:DE:BVerwG:2005:221205B8C2.05.0

Beschluss

BVerwG 8 C 2.05

  • VG Potsdam - 17.06.2004 - AZ: VG 1 K 832/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Dezember 2005
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und P o s t i e r
sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a u s e r
beschlossen:

Der Antrag von Frau Ingrid M. auf Beteiligung am Verfahren als Nebenintervenientin wird abgelehnt.

Gründe

1 Der mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2005 gestellte Antrag auf Beteiligung am Verfahren als Nebenintervenientin ist unzulässig. Eine Nebenintervention findet im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht statt.

2 Die Vorschriften der §§ 66 ff. der Zivilprozessordnung über die Nebenintervention sind nach der Verwaltungsgerichtsordnung weder direkt noch entsprechend anwendbar. Anders als bei den Vorschriften über die Streitgenossenschaft (§§ 59 bis 63 ZPO), für die nach § 64 VwGO eine spezielle Regelung besteht, fehlt diese hier und kann auch nicht in der generellen Verweisungsvorschrift von § 173 Satz 1 VwGO gefunden werden. Danach kommt eine entsprechende Anwendung der Zivilprozessordnung in Betracht, soweit die Verwaltungsgerichtsordnung keine Bestimmungen über das Verfahren enthält. Eine solche Bestimmung enthält jedoch § 63 VwGO. Dort ist aufgeführt, wer Beteiligter am Verfahren sein kann. Der Nebenintervenient zählt nicht dazu. Die Aufzählung ist abschließend.

3 Es besteht auch keine Notwendigkeit für eine entsprechende Anwendung der Regelungen zur Nebenintervention (vgl. Urteile vom 15. März 1988 - BVerwG 1 C 69.86 - Buchholz 451.29 Schornsteinfeger Nr. 31 S. 3 <5 f.> und vom 25. August 1966 - BVerwG 3 C 61.65 - BVerwGE 24, 343 <346>). Die Funktionen des zivilprozessualen Instituts der Nebenintervention werden im verwaltungsgerichtlichen Verfahren weitgehend von den Bestimmungen über die Beiladung (§ 65 VwGO) wahrgenommen. Die Regelungen zur Beiladung gewährleisten eine Beteiligung solcher Dritter, die am Ausgang des Verfahrens ein rechtliches Interesse haben und geben ihnen zugleich ausreichende prozessuale Rechte.

4 Eine Beteiligung von Frau Ingrid M. als notwendig Beigeladene - nur diese käme im anhängigen Revisionsverfahren in Betracht (vgl. § 142 Abs. 1 VwGO) - und eine Umdeutung ihres Antrags dahin scheiden ebenfalls aus. Ihre Stellung als Mitglied der die Restitution begehrenden Erbengemeinschaft begründet nicht die Anwendung von § 65 Abs. 2 VwGO. Zwar steht die Verwaltung des Nachlasses nach § 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB den Erben gemeinschaftlich zu. Die zur Erhaltung des Nachlasses notwendigen Maßregeln, zu denen auch die hier erhobene Verpflichtungsklage auf Restitution eines Nachlassgegenstandes gehört, kann jedoch nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB jeder Miterbe ohne Mitwirkung der anderen treffen. Daraus folgt, dass die nicht als Kläger auftretenden Miterben weder als Streitgenossen noch als Beigeladene am Verfahren zu beteiligen sind. Die sie betreffenden Auswirkungen eines ohne ihre Beteiligung ergangenen Urteils bestimmen sich vielmehr nach dem Umfang der Rechtsstellung, mit der das bürgerliche Recht den klagenden Erben ausstattet (Beschluss vom 20. Oktober 1997 - BVerwG 7 B 248.97 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 33).

Urteil vom 31.05.2006 -
BVerwG 8 C 2.05ECLI:DE:BVerwG:2006:310506U8C2.05.0

Leitsätze:

Die Erben können die Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz auch dann selbständig beantragen, wenn die Schädigung einen Nachlass betraf, für den Testamentsvollstreckung angeordnet war.

Ein betrieblich genutztes Grundstück hatte seine Zugehörigkeit zu einem Unternehmen erst dann verloren, wenn die Verknüpfung durch eine eindeutige (Entnahme-)Handlung des Unternehmensinhabers aufgehoben war.

  • Rechtsquellen
    VermG § 3 Abs. 1 Satz 3, § 6 Abs. 1 Satz 1, § 30 Abs. 1

  • VG Potsdam - 17.06.2004 - AZ: VG 1 K 832/03

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 31.05.2006 - 8 C 2.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:310506U8C2.05.0]

Urteil

BVerwG 8 C 2.05

  • VG Potsdam - 17.06.2004 - AZ: VG 1 K 832/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf, Golze, und Postier sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Klägerin gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 17. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und 3. Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
  3. Die außergerichtlichen Kosten der ehemals beigeladenen Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben in dem mit dem vorliegenden Verfahren verbundenen Verfahren BVerwG 8 C 3.05 (VG 1 K 1228/99) werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

I

1 Die Klägerin begehrt als Miterbin die Rückübertragung mehrerer Grundstücke in T. an die Erbengemeinschaft.

2 Bis zum Jahre 1953 war als Eigentümer eines zusammenhängenden Grundbesitzes der Fabrikbesitzer M. P. im Grundbuch von T. eingetragen. Aus diesen Grundstücken gingen nach mehreren Teilungen und Umschreibungen die streitbefangenen 24 Grundstücke hervor, die nunmehr im Grundbuch der Gemarkung T., Flure 20, 21 und 22 verzeichnet sind. M. P., der Vater der Klägerin, war seit Dezember 1924 Alleineigentümer der Firma Gebrüder P. OHG in T. Gegenstand der geschäftlichen Tätigkeit war die Erzeugung von Biomalzprodukten. Die Fabrikgebäude des Unternehmens befanden sich auf den Grundstücken mit der jetzigen Bezeichnung Flur 21, Flurstücke 13, 14/1 und 14/2. Die übrigen Grundstücke dienten einer landwirtschaftlichen Nutzung als Obstgarten, Grünland oder Ackerflächen. Der Betrieb hatte etwa 200 Beschäftigte, die in der betriebseigenen Küche mit auf den streitgegenständlichen Flächen erzeugten Lebensmitteln versorgt wurden. Gleichzeitig erhielten die Beschäftigten kostenlose monatliche Deputate an Lebensmitteln. Im Jahre 1948 nahm die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen M. P. und den Betriebsleiter H. H. Ermittlungsverfahren wegen Entwendung, Vergeudung und widerrechtlichen Gebrauchs zwangsbewirtschafteter Nahrungsmittel und Güter aller Art auf. M. P. lebte zu der Zeit in Westberlin und H. H. gelang die Flucht dorthin. Für das Unternehmen wurde ein Treuhänder eingesetzt. In dem Strafverfahren wurden beide zu Freiheitsstrafen verurteilt, auf die Revision von M. P. hob das Oberlandesgericht Potsdam mit Urteil vom 29. August 1950 das Urteil des Landgerichts Potsdam auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. Hierzu kam es nicht mehr, da M. P. am 5. Januar 1951 verstarb. Ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg wurde er durch seine Ehefrau Margarete und seine beiden Töchter, die Klägerin und I. M., beerbt. Vom Amtsgericht Berlin-Zehlendorf wurde der Ehemann der Klägerin als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Margarete P. verstarb 1972; die Klägerin ist ihre alleinige Erbin.

3 Mit Wirkung zum 1. Januar 1953 wurde das Unternehmen mit dem gesamten Grundvermögen in das Eigentum des Volkes überführt. Die Rechtsträgerschaft übernahm der VEB B. Die Umschreibung im Grundbuch erfolgte am 2. März 1953. Nachfolgend beschränkte sich der VEB auf die Nutzung der bebauten Flurstücke, während die übrigen Grundstücke anderen Rechtsträgern zugewiesen wurden. Der VEB B. ist nach Maßgabe des Treuhandgesetzes in eine GmbH umgewandelt worden.

4 Mit mehreren Schreiben beantragten die Gebrüder P. KG, die ihre Tätigkeit zum 1. April 1949 aufgenommen hatte, der Ehemann der Klägerin und I. M. in den Jahren 1990 und 1991 die Rückübertragung der streitbefangenen Grundstücke. Mit Teilbescheid vom 17. Juli 1991 stellte der Beklagte die Berechtigung der Fa. Gebrüder P. KG an der ehemaligen Firma Gebrüder P. in T. und deren Anspruch auf Übertragung aller Geschäftsanteile an der B. GmbH fest. Das Eigentum an den Grundstücken, auf denen die Fabrikgebäude standen, erhielt die Fa. Gebrüder P. KG.

5 Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg hat den Ehemann der Klägerin mit Beschluss vom 26. Februar 1993 aus dem Amt als Testamentsvollstrecker entlassen.

6 Ein verwaltungsgerichtliches Verfahren der Schwester der Klägerin, I. M., gegen den Beklagten wegen des Teilbescheides vom 17. Juli 1991 endete im Vergleichswege. Danach unterwarfen sich die Beteiligten im Hinblick auf die Geschäftsanteile an der jetzigen B. GmbH in T. einer rechtskräftigen Entscheidung oder Regelung durch Vergleich in dem vor dem Landgericht Bad Kreuznach anhängigen Klageverfahren. Ferner sollten nach Nr. 5 des Vergleichs die Regelungen entsprechend für die bisher noch nicht restituierten Grundstücke der ehemaligen Firma P. in T. gelten.

7 In dem landgerichtlichen Verfahren einigten sich I. M. und die Fa. Gebrüder P. KG vergleichsweise darauf, dass an dem in T. belegenen ehemaligen Geschäftsvermögen die Klägerin und I. M. Berechtigte seien. Daraufhin beantragten beide am 18. Februar 1995 die Rückübertragung der streitgegenständlichen Grundstücke auf sich in ungeteilter Erbengemeinschaft nach M. P.

8 Der Beklagte lehnte die Rückübertragung mit Bescheid vom 3. März 1999 ab. Zur Begründung führte er aus, dass ein Anspruch weder nach den Vorschriften der Unternehmensrestitution noch im Rahmen einer Singularrestitution bestehe. Das Unternehmen sei bereits im Jahre 1991 zurückgegeben worden, deshalb bestehe auch kein Anspruch auf Rückübertragung einzelner Teile des Unternehmensvermögens. Ausgeschlossen sei damit auch die Rückgabe von Grundstücken des Unternehmens, die nach der Verstaatlichung ihre Unternehmenszugehörigkeit verloren hätten. Das fragliche Grundvermögen habe im Zeitpunkt der Schädigung zum Unternehmen der Fa. Gebrüder P. gehört. Maßgeblich für die Zugehörigkeit sei die betriebliche Zweckbestimmung. Die Produkte aus der Bewirtschaftung der streitgegenständlichen Grundstücke seien kostenlos der Betriebskantine zur Verfügung gestellt worden. Daher habe es sich bei dem landwirtschaftlichen Hilfsbetrieb um einen Betriebsteil des Gesamtunternehmens gehandelt.

9 Die Klägerin hat daraufhin die vorliegende Klage zum Verwaltungsgericht mit der Begründung erhoben, dass sich ihre Ansprüche nach den Grundsätzen der Einzelrestitution richteten; denn zum Zeitpunkt der Schädigung seien sie Teil des privaten Vermögens von M. P. gewesen. Dies zeige schon der Inhalt der Grundbücher, in denen M. P. als Eigentümer eingetragen gewesen sei. Die Unternehmensbilanz zum 31. Dezember 1946 belege die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen nicht. Zudem sei keine betriebliche Nutzung der Grundstücke im Zeitpunkt der Enteignung bewiesen. Diese seien Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes gewesen, der vor der Enteignung eingestellt worden sei. Zum Zeitpunkt der Enteignung habe ein Pächter sie genutzt. Das Personal der Fabrik habe keine Produkte der Landwirtschaft mehr erhalten. In der Verpachtung sei eine Einstellung des Betriebes zu sehen.

10 Der Beklagte hat dem entgegengehalten, dass M. P. als Einzelkaufmann auch Eigentümer der Unternehmensgegenstände gewesen sei. Dieses Unternehmen habe bis zum Jahre 1991 existiert und sei deshalb im Wege der Unternehmensrestitution an die Berechtigten zurückgelangt. Zum Zeitpunkt der Enteignung seien sämtliche Grundstücke Betriebsvermögen des Unternehmens gewesen.

11 Das Verwaltungsgericht hat das Klageverfahren auf acht selbständige Prozesse aufgespaltet und die Klage mit im Wesentlichen gleich lautenden Urteilen vom 17. Juni 2004 abgewiesen. Es hat ausgeführt: Die Klägerin habe die Ausschlussfrist von § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG versäumt. Durch die angeordnete Testamentsvollstreckung habe ihr die Antragsbefugnis gefehlt. Der Anspruch auf Restitution sei auch materiellrechtlich nicht gegeben. M. P. habe als Einzelkaufmann das Unternehmen betrieben. Die streitbefangenen Grundstücke seien bis zur Enteignung betrieblich genutzt worden. Für eine Ausgliederung aus dem Unternehmen gebe es keinen Anhaltspunkt. Insbesondere lasse die Aufnahme in die Bilanz erkennen, dass die Grundstücke betrieblichen Zwecken des Unternehmens dienten. Eine spätere Entnahmehandlung müsse eindeutig und unzweifelhaft sein. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht geführt.

12 Mit den vom Senat zugelassenen Revisionen wendet sich die Klägerin gegen die vorinstanzlichen Entscheidungen aus Gründen des materiellen und formellen Rechts.

13 Der Senat hat die Verfahren wieder zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

14 Die Klägerin beantragt:
Die Urteile des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 17. Juni 2004 werden aufgehoben, soweit sie nicht das Grundstück der Gemarkung T., Flur 20, Flurstück 34/9 betreffen.
Der Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerin und Frau I. M. in ungeteilter Erbengemeinschaft das Eigentum an den Grundstücken der Gemarkung T. Flur 20, Flurstücke 34/2, 34/3, 34/7, 34/8, Flur 21, Flurstücke 2/1, 2/2, 2/4, 2/9, 2/10, 2/11, 2/12, 2/13, 5, 8, 11/1, 11/3, 11/5, 11/7, 11/8 und 15 sowie Flur 22, Flurstück 36 zu übertragen.
Der Bescheid des Beklagten vom 3. März 1999 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

15 Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

16 Er tritt der Revision entgegen.

17 Die Beigeladenen zu 1 und 3 beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

18 Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

II

19 Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Ihrem Revisionsvorbringen ist zwar darin zu folgen, dass das angefochtene Urteil insoweit gegen Bundesrecht verstößt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), als danach keine fristgerechte Anmeldung des eingeklagten Restitutionsanspruchs vorliegt. Das Verwaltungsgericht hätte den Erben nach M. P. die Antragsbefugnis trotz angeordneter Testamentsvollstreckung zubilligen müssen (1.). Das Urteil erweist sich aber mit der weiteren Begründung als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), dass der Erbengemeinschaft nach M. P. kein Anspruch auf vermögensrechtliche Rückübertragung der betroffenen Grundstücke zusteht. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich der Klageanspruch nicht aus Nr. 5 des Vergleichs vom 17. Januar 1995 (2.). Auch hat das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt, dass die zurückbegehrten Grundstücke im Zeitpunkt der Schädigung zum bereits restituierten Unternehmen der Firma Gebrüder P., T., gehört hatten und daher das Eigentum an ihnen nicht einzeln rückübertragbar ist (3.).

20 1. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts kann bei angeordneter Testamentsvollstreckung die Anmeldung eines vermögensrechtlichen Anspruchs auf Rückübereignung nur durch den Testamentsvollstrecker erfolgen. Diese Rechtsauffassung trifft nicht zu.

21 Bei einem vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes eingetretenen Erbfall können geschädigte Erben die vermögensrechtlichen Ansprüche auch dann selbständig und im eigenen Namen im Verwaltungsverfahren geltend machen, wenn ihr Erblasser eine Testamentsvollstreckung angeordnet hatte. Hier waren die streitbefangenen Grundstücke mit Überführung in das Eigentum des Volkes aus dem Nachlass des M. P. ausgeschieden. Der durch das Vermögensgesetz entstandene Rückübertragungsanspruch mag zwar gemäß § 2041 Satz 1 BGB als Surrogat zum Nachlass gehört und damit der Testamentsvollstreckung unterlegen haben (vgl. Urteil vom 8. Mai 2003 - BVerwG 7 C 63.02 - Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 27 S. 47 <51 f.>). Doch darauf kommt es nicht an.

22 Wem die verfahrensrechtliche Befugnis zusteht, einen Antrag zu stellen und dadurch ein Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen, richtet sich nach dem jeweils einschlägigen Fachgesetz, ergänzend nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Nur soweit Lücken bleiben, können zu ihrer Ausfüllung die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts herangezogen werden. Das Vermögensgesetz sagt zwar nicht ausdrücklich, wer einen Antrag auf Rückübertragung zu stellen befugt ist. Das Gesetz geht aber erkennbar als selbstverständlich davon aus, dass die Antragsbefugnis dem Berechtigten im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG zukommt. Schon nach der ausdrücklichen Regelung der Anmeldeverordnung konnten Berechtigte vermögensrechtliche Ansprüche anmelden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 AnmVO). Deren Antragsbefugnis wollte der Gesetzgeber mit der später erlassenen Bestimmung des § 30 VermG nicht einschränken (Urteil vom 17. Oktober 2005 - BVerwG 7 C 8.05 - NJW 2006, 458, Rn. 25, 26).

23 Aus der Antragsbefugnis folgt die Prozessführungsbefugnis der Berechtigten; denn sie sind an dem streitbefangenen materiellen Rechtsverhältnis selbst beteiligt.

24 2. Der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam (Az.: 1 K 253/91) am 17. Januar 1995 geschlossene gerichtliche Vergleich ist hier nicht streitentscheidend. Er sieht zwar unter Nummer 5 eine Regelung „für die bisher noch nicht restituierten Grundstücke“ vor. Aber unabhängig vom Inhalt dieser Bestimmung kann die Klägerin ihren Klageanspruch daraus nicht herleiten. Weder sie noch einer der Beigeladenen haben den Vergleich mit abgeschlossen. Eine Verpflichtung - gleich welcher Art - ist der Beklagte allenfalls gegenüber I. M. eingegangen, die jenes Klageverfahren mit der Begründung geführt hatte, ihr selbst stehe als Miterbin nach M. P. ein Anspruch auf Rückübereignung des ehemaligen Unternehmens unter der Firma Gebrüder P. in T. zu. In diesem auf Restitution eines Unternehmens gemäß § 6 VermG gerichteten Verfahren ist es zu dem Vergleich gekommen, der demgemäß in der fraglichen Nummer 5 auch nur eine Regelung über die Grundstücke in Aussicht stellt, die „der ehemaligen Firma P., T.“ gehört hatten. Im hier anhängigen Gerichtsverfahren vertritt die Klägerin jedoch die Ansicht, bei den streitbefangenen Grundstücken handele es sich nicht um unternehmenszugehörige, sondern um solche, die „als reines Privatvermögen“ des M. P. zu behandeln seien.

25 3. Die fraglichen Grundstücke unterliegen auch nicht der Singularrestitution (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 VermG). Sie haben zum Unternehmen der Firma Gebrüder P., T., gehört, als sie in das Eigentum des Volkes überführt wurden. Zwar war der Inhaber der Firma, M. P., zu der Zeit bereits verstorben, so dass seine Erben Eigentümer des Unternehmens waren. Ein Ausscheiden der Grundstücke aus dem Betriebsvermögen hat indes bis dahin erkennbar nicht stattgefunden. Die Klägerin geht in ihrer Revisionsbegründung zutreffend davon aus, dass bis zur Verpachtung der fraglichen Flurstücke diese zum Betriebsvermögen gehört hatten. Die Verpachtung, die in zeitlicher Hinsicht vorgenommen wurde, nachdem für das Unternehmen in Folge des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens ein staatlicher Treuhänder eingesetzt worden war, haben weder M. P. noch seine Erben veranlasst. Jedenfalls gibt es dafür keine Anhaltspunkte. Die Verpachtung geht auf die Treuhandverwaltung zurück, die nach der amtlichen Bekanntmachung des Amtsgerichts Teltow vom 18. Februar 1949 im dortigen Handelsregister eingetragen war. Es spricht nichts dafür, dass der Treuhänder mit dieser Verpachtung die davon betroffenen Grundstücke aus dem Betriebsvermögen der Firma Gebrüder P., T., herauslösen und dem persönlichen Eigentum des M. P. zuführen wollte.

26 Auch in tatsächlicher Hinsicht kann in der Verpachtung der Flächen, auf denen bis dahin zum großen Teil die Lebensmittel für die eigene Werksküche erzeugt wurden, noch keine Ausgliederung aus dem Industrieunternehmen gesehen werden. Die funktionale Betrachtungsweise, die dem Unternehmensbegriff des Vermögensgesetzes zu Grunde liegt, besagt zwar, das maßgeblich für die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstandes zum Unternehmen seine betriebliche Zweckbestimmung ist (Urteil vom 20. November 1997 - BVerwG 7 C 40.96 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 35, S. 45 <49 f.>). Aus dieser Zweckbestimmung wird ein Grundstück jedoch nicht bereits dann entlassen, wenn es bei punktueller Betrachtung nicht unmittelbaren wirtschaftlichen Zwecken des Unternehmens mehr dient. Entscheidend ist eine betriebswirtschaftliche Gesamtschau. Beispielsweise werden Vorratsflächen für geplante Betriebserweiterungen dem wirtschaftlichen Zweck des Unternehmens gewidmet sein. Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass das weitere Schicksal des Unternehmens mit der Untertreuhandstellung und der Einleitung des Wirtschaftsstrafverfahrens gegen Inhaber und Betriebsleiter des Unternehmens ungewiss war. Der Inhaber befand sich nicht mehr am Geschäftssitz, und endgültige Entscheidungen über die Betriebsnotwendigkeit der landwirtschaftlich genutzten Flächen für das Unternehmen wurden von ihm erkennbar nicht mehr getroffen. Die Grundstücke dienten weiterhin als Haftungsmasse für bestehende Verbindlichkeiten des Unternehmens, worauf der Beklagte in seiner Revisionserwiderung zu Recht hinweist. In solchen Umbruchzeiten steht es im schützenswerten wirtschaftlichen Interesse des fortlebenden und damit restituierbaren Unternehmens, das eine zunächst bestehende Betriebszugehörigkeit solange fortgilt, bis eine eindeutige Festlegung ergibt, dass der Vermögensgegenstand nicht mehr zum Unternehmen zählt. Mit dem Erfordernis der Eindeutigkeit wird dem Gesichtspunkt aus dem Vermögensgesetz Rechnung getragen, dass die zur Stärkung der Wirtschaftskraft in den neuen Ländern vorzunehmenden Ausgleichsleistungen (§ 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 4 VermG) von dem Umfang des Betriebsvermögens abhängen, das dem Unternehmen im Zeitpunkt der Enteignung zur Verfügung stand. Bloße Anhaltspunkte dafür, dass die Verknüpfung des Wirtschaftsguts mit dem Betriebsvermögen gelockert sei, können danach nicht genügen. Erst eine eindeutige Entnahmehandlung kann vermögensrechtlich ergeben, dass der Vermögensgegenstand nunmehr ausschließlich dem privaten Bereich zugehört.

27 Hier ist die Zerlegung des Unternehmens erst nach Überführung des Unternehmens mit den umstrittenen Flächen in das Eigentum des Volkes erfolgt. Doch darauf, welches rechtliche Schicksal diese Flächen danach genommen haben, ob es sich also um so genannte „weggeschwommene“ Grundstücke handelt, wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil abschließend meint, kommt es nicht an. Die Klägerin kann einzelne Vermögenswerte gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 VermG nicht einfordern. Durch andere Vorschriften des Vermögensgesetzes wird ein Zugriff auf „weggeschwommene“ Gegenstände eines ansonsten restituierten Unternehmens nicht eröffnet.

28 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Staatskasse hat die ihr auferlegten Kosten wegen fehlerhafter Beiladung durch das Verwaltungsgericht zu tragen.