Beschluss vom 31.03.2008 -
BVerwG 7 BN 1.08ECLI:DE:BVerwG:2008:310308B7BN1.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.03.2008 - 7 BN 1.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:310308B7BN1.08.0]

Beschluss

BVerwG 7 BN 1.08

  • Bayerischer VGH München - 05.12.2007 - AZ: VGH 22 N 05.194

In der Normenkontrollsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. März 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Neumann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragsteller tragen je 1/5 der Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof haben die Antragsteller beantragt, festzustellen, dass eine Verordnung des Beklagten über ein Wasserschutzgebiet für die öffentliche Wasserversorgung des beigeladenen Zweckverbands unwirksam ist. Sie sind Eigentümer von im Wasserschutzgebiet liegenden Grundstücken.

2 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Normenkontrollanträge mit dem angegriffenen Urteil abgelehnt. Zur Begründung hat er insbesondere ausgeführt: Das Wohl der Allgemeinheit erfordere den Erlass der Verordnung zum Schutz des durch einen Brunnen geförderten Grundwassers vor nachteiligen Einwirkungen im Interesse der derzeit bestehenden öffentlichen Trinkwasserversorgung des Beigeladenen. Die Erforderlichkeit der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets sei anhand von Schutzwürdigkeit, Schutzbedürftigkeit und Schutzfähigkeit des Trinkwasservorkommens zu beurteilen.

3 Der Brunnen, der durch die Verordnung geschützt werde, werde für die derzeitige Trinkwasserversorgung benötigt, da der Bedarf ohne ihn nicht zu decken sei. Es handele sich um ein schutzwürdiges Trinkwasservorkommen von ausreichender Quantität und guter Qualität. Das geförderte Wasser halte alle Grenzwerte der Trinkwasserverordnung ein. Anlass zu Beanstandungen habe es nie gegeben. Die Schutzbedürftigkeit des Trinkwasservorkommens stehe außer Zweifel.

4 Auch die von den Antragstellern in erster Linie bezweifelte Schutzfähigkeit des Trinkwasservorkommens sei zu bejahen. Zwar könne derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass dieses Vorkommen in jeder Hinsicht in vollem Umfang vor abstrakten Gefährdungen wirksam und auf Dauer geschützt werden könne; dies schließe es aber nicht aus, dass das Wohl der Allgemeinheit die Festsetzung dieses Wasserschutzgebiets gleichwohl erfordere. Bei einer Auffüllung auf einem im Schutzgebiet liegenden Grundstück bestehe zwar ein hinreichender Verdacht einer Altlast mit Grundwassergefährdungspotenzial (teerhaltiger Straßenaufbruch). Bereits im Jahre 2002 hätte es deswegen einer orientierenden Untersuchung gemäß § 9 Abs. 1 BBodSchG bedurft, die ggf. durch Zwangsmaßnahmen gegenüber dem Eigentümer auch hätte durchgesetzt werden können. Dies führe aber nicht dazu, dass die Schutzfähigkeit des Trinkwasservorkommens nicht mehr gegeben wäre; denn Verunreinigungen des Grundwassers durch die mögliche Altlast seien nie vorgekommen. Auch handle es sich nicht um eine dauerhafte, sondern nur um eine zeitweilige abstrakte Gefährdung des Grundwassers, die durch bodenschutzrechtliche Maßnahmen in absehbarer Zeit beseitigt werden könne.

II

5 Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung( § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

6 Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:
Kann die Schutzwürdigkeit eines Wasservorkommens für die Trinkwasserversorgung, in dessen Einzugsgebiet an der Grenze zur geplanten engeren Schutzzone II eine Altlastenfläche ohne Schutz durch wirksame Grundwasserdeckschichten vorhanden ist, ohne Durchführung einer Gefährdungsabschätzung nach § 9 Abs. 1 BBodSchG bejaht werden?
Kann die Schutzwürdigkeit eines Wasservorkommens, in dessen Einzugsgebiet an der Grenze zur geplanten engeren Schutzzone II eine Altlastenfläche ohne Schutz durch wirksame Deckschichten vorhanden ist, ohne Klärung der Fragen, wann und wer zur Sanierung verpflichtet werden kann, bejaht werden?
Kann die Schutzwürdigkeit eines Wasservorkommens, in dessen Einzugsgebiet an der Grenze zur geplanten inneren Schutzzone II eine Altlastenfläche ohne Schutz durch wirksame Deckschichten vorhanden ist, ohne nähere Erkundung der Altlast alleine mit einer über fünf Jahre beanstandungsfreien Wasserqualität bejaht werden?

7 Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, weil sich auf sie keine verallgemeinerungsfähigen Antworten finden lassen, die über den Einzelfall hinausweisen und der Rechtssache dadurch grundsätzliche Bedeutung verleihen könnten. Inwieweit eine vorhandene Altlast und eine mit ihr einhergehende abstrakte Gefährdung des Trinkwasservorkommens dessen Schutzwürdigkeit und -fähigkeit ausschließen, kann nur anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles entschieden werden. So hat der Verwaltungsgerichtshof auch hier keine allgemeingültigen Aussagen im Sinne der von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Fragen getroffen, sondern trotz der Altlast eine Schutzwürdigkeit und -fähigkeit des Trinkwasservorkommens aufgrund im Einzelnen dargelegter Besonderheiten des Falles angenommen. Er ist dabei namentlich davon ausgegangen, dass die vorhandene Altlast das Trinkwasservorkommen noch nicht konkret gefährdet und diese nur abstrakte Gefährdung nicht auf Dauer besteht, sondern durch bodenschutzrechtliche Maßnahmen in absehbarer Zeit beseitigt werden kann.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs.3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.