Urteil vom 30.11.2006 -
BVerwG 1 D 6.05ECLI:DE:BVerwG:2006:301106U1D6.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 30.11.2006 - 1 D 6.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:301106U1D6.05.0]

Urteil

BVerwG 1 D 6.05

  • VG Dresden - 22.11.2004 - AZ: VG D 10 K 4095/03

In dem Disziplinarverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 30. November 2006,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Heeren,
Zollamtsrätin Lange und
Zolloberinspektor Dorfhuber,
als ehrenamtliche Richter
sowie
Zolloberamtsrätin ...,
Zollamtsrat ... und
Regierungsrätin z.A. ...
als Vertreter der Einleitungsbehörde,
Rechtsanwältin ...,
als Verteidigerin
und
...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung der Einleitungsbehörde wird das Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 22. November 2004 aufgehoben.
  2. Dem Zollamtsrat a.D. ... wird das Ruhegehalt aberkannt.
  3. Er hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I

1 1. Mit Anschuldigungsschrift vom 24. September 2002 hat der Bundesdisziplinaranwalt dem ... Beamten, der während des Berufungsverfahrens in den Ruhestand getreten ist, vorgeworfen, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er
1. in den Anträgen auf Gewährung von Trennungsgeld vom 5. Mai 1997 und 4. Dezember 1997 sowie in 58 Anträgen auf Reisebeihilfe für eine Familienheimfahrt in der Zeit vom 5. Mai 1997 bis 31. Juli 1998 vorsätzlich falsche Angaben zu seinen Wohn- und Familienverhältnissen gemacht hat und dadurch 22 524,38 DM (11 516,53 €) an Trennungsgeld, Unterkunftskosten und Reisebeihilfen erhalten hat,
2. durch Abgabe eines inhaltlich unrichtigen Antrags auf Zuweisung einer zweckgebundenen Bundesmietwohnung vom 5. Dezember 1997 einen durchzuführenden Familienumzug nach D. vorgespiegelt hat,
3. eine falsche dienstliche Erklärung durch Vorspiegelung von Umzugshinderungsgründen im Antrag auf Widerruf der Zusage der Umzugskostenvergütung vom 26. November 1997 abgegeben hat,
4. eine Familienheimfahrt für den Zeitraum vom 24. Juli 1998 (Hinfahrt) bis 26. Juli 1998 (Rückfahrt) im Antrag auf Reisebeihilfe für eine Heimfahrt vom 27. Juli 1998 vorgetäuscht hat,
5. eine bewusst falsche dienstliche Erklärung gegenüber der Einleitungsbehörde im Schreiben vom 21. Juli 1998 abgegeben hat,
6. die Unterschrift der Zeugin M. in seinem Schreiben vom 5. September 1998 an den Präsidenten der Einleitungsbehörde gefälscht hat,
7. versucht hat, die Zeugin M. zu einem Meineid anzustiften und
8. vorsätzlich unrichtige Angaben im Antrag auf Umzugskosten vom 21. Juni 1999 machte und dadurch eine unberechtigte Zahlung von Umzugskosten in Höhe von 2 013,06 DM (1 029,26 €) erhielt.

2 2. Das Verwaltungsgericht ..., auf das die Sache vom früheren Bundesdisziplinargericht übergegangen war, hat mit Urteil vom 22. November 2004 das Verfahren eingestellt. Es hat den Vorwurf des Betruges hinsichtlich Trennungsgeld, Unterkunftskosten und Reisebeihilfen (Anschuldigungspunkt 1) nicht als erwiesen angesehen. Nach der Beweisaufnahme stehe nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest, dass im fraglichen Zeitraum die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen der Zeugin M. und dem Ruhestandsbeamten vollständig beendet gewesen sei und dieser die von ihm angegebenen Fahrten nach X. nicht (mehr) unternommen habe. Einziges unmittelbares Beweismittel für die Annahme der Anschuldigung, der Ruhestandsbeamte habe ab dem Bezug seiner möblierten 1-Zimmerwohnung in L. im August 1996 nicht mehr in ehelicher Gemeinschaft mit der Zeugin gelebt, sei neben den Einlassungen des Ruhestandsbeamten die beeidete Aussage seiner damaligen Ehefrau vor einem Richter im Untersuchungsverfahren gewesen. Zwar habe die Zeugin in der Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Durch die Anhörung des vernehmenden Richters sei die frühere Zeugenaussage jedoch verwertbar geworden. Dieser - den Ruhestandsbeamten belastenden - Aussage komme aber nur ein verminderter Beweiswert zu, da das Gericht nicht die Möglichkeit gehabt habe, durch eigenes Nachfragen die Angaben der Zeugin zu überprüfen und sich ein eigenes Bild von ihrer Person und ihrer Glaubwürdigkeit zu machen. Im Übrigen bestünden aufgrund der gesamten Beweisaufnahme, insbesondere der Zeugenaussagen K. und H., erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Zeugenaussage M., so dass eine Verurteilung des Ruhestandsbeamten insoweit ausscheide. Dieser habe aus seiner Sicht von einem Fortbestehen der Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau ausgehen können.

3 Die Vorwürfe in den Anschuldigungspunkten 2 bis 4 sowie 7 und 8 hat die Vorinstanz nach Würdigung der erhobenen Beweise ebenfalls nicht als erwiesen angesehen.

4 In den Anschuldigungspunkten 5 und 6 hat das Verwaltungsgericht vorsätzlich schuldhaft begangene Dienstpflichtverletzungen gemäß § 54 Satz 3 BBG angenommen. Den Vorwurf im Anschuldigungspunkt 6 hat die Vorinstanz allerdings nur teilweise für erwiesen gehalten. Soweit der Ruhestandsbeamte nach Anordnung der Vorermittlungen seinem Verteidigungsschreiben an die Einleitungsbehörde vom 5. September 1998 eine angeblich von seiner Ehefrau, der Zeugin M., unterschriebene Richtigkeitsbestätigung beigefügt habe, habe sich herausgestellt, dass die Unterschrift tatsächlich vom Ruhestandsbeamten stamme. Da nach dessen unwiderlegbarer Einlassung die Unterschriftsleistung jedoch im Einverständnis mit der Ehefrau erfolgt sei, liege keine Urkundenfälschung vor.

5 Das Verwaltungsgericht hat die festgestellte Handlungsweise des Ruhestandsbeamten in den Anschuldigungspunkten 5 und 6 als leichtes Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG gewertet. Die hierfür angemessene Geldbuße dürfe aber wegen Zeitablaufs nicht mehr verhängt werden, so dass das Disziplinarverfahren einzustellen sei.

6 3. Hiergegen hat die Einleitungsbehörde rechtzeitig Berufung eingelegt mit dem Antrag, dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt abzuerkennen. Zur Begründung legt sie im Einzelnen dar, dass das Verwaltungsgericht den Ruhestandsbeamten unter Verletzung formellen und materiellen Rechts von den Hauptvorwürfen freigestellt habe. In allen Anschuldigungspunkten - mit Ausnahme des Anschuldigungspunktes 5 - seien die Sachverhaltsfeststellungen und Beweiswürdigungen der Vorinstanz fehlerhaft. Das danach insgesamt vorliegende Dienstvergehen mache wegen seines Gewichts und mangels durchgreifender Milderungsgründe den Ausspruch der beantragten Disziplinarmaßnahme erforderlich.

II

7 Die zulässige Berufung der Einleitungsbehörde, die nach dem Wegfall der Behörde des Bundesdisziplinaranwalts am 1. Januar 2004 in dessen Rechtsstellung nach der Bundesdisziplinarordnung eingerückt ist (Urteil vom 20. Januar 2004 - BVerwG 1 D 33.02 - BVerwGE 120, 33), hat Erfolg und führt zur Aberkennung des Ruhegehalts.

8 Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d.h. auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (vgl. zum Übergangsrecht z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515).

9 Das Rechtsmittel ist unbeschränkt eingelegt. Der Senat hat deshalb den Sachverhalt selbst festzustellen und disziplinarrechtlich zu würdigen. Er hat allerdings den Verhandlungsstoff und damit den festzustellenden Sachverhalt auf die Anschuldigungspunkte 1 (Vorwurf des Trennungsgeldbetruges etc.) und 6 (Vorwurf der Urkundenfälschung) beschränkt. Für den Ausgang des Berufungsverfahrens kommt es weder im Hauptausspruch noch in den Nebenentscheidungen darauf an, ob die Vorwürfe in den übrigen Anschuldigungspunkten zu Recht erhoben worden sind oder nicht. Der zu den Anschuldigungspunkten 1 und 6 festzustellende Sachverhalt rechtfertigt für sich bereits die Entscheidung, dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt abzuerkennen und ihm keinen Unterhaltsbeitrag zu bewilligen. Bei dieser Verfahrensweise ist der Senat nicht an die Zustimmung der hierzu gehörten Verfahrensbeteiligten gebunden (dazu grundlegend Urteil vom 27. November 1996 - BVerwG 1 D 28.95 - BVerwGE 113, 32; speziell bei Disziplinarverfahren gegen Ruhestandsbeamte, z.B. Urteil vom 1. Juni 1999 - BVerwG 1 D 49.97 -).

10 1. Aufgrund der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel stellt sich der objektive Geschehensablauf in den Anschuldigungspunkten 1 und 6 im Wesentlichen wie folgt dar:

11 Anschuldigungspunkt 1 (Vorwurf des Betruges hinsichtlich Trennungsgeldes, Reisebeihilfen und Unterkunftskosten)

12 Anlässlich seiner Abordnung vom Hauptzollamt L. zur Einleitungsbehörde in D. am 5. Mai 1997 beantragte der damals aktive Beamte an jenem Tag bei seiner neuen Dienststelle formularmäßig die Gewährung von Trennungsgeld. Als bisherige Wohnungsanschrift gab er seine Familienwohnung in X. an. Weitere Angaben besagten, dass er im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Abordnung in häuslicher Gemeinschaft mit seinem Ehegatten lebe, aus Anlass der Personalmaßnahme seine Wohnung beibehalte und daher einen doppelten Haushalt führe. Ferner gab er an, dass er am Tage des Wirksamwerdens der Maßnahme auch das ausschließliche Verfügungsrecht über diese Wohnung mit Hausstand besitze und die Wohnung beibehalten werde. Er sei uneingeschränkt umzugswillig und auch nicht aus einem persönlichen Grund am Umzug gehindert. Schließlich versicherte er mit seiner Unterschrift, dass die gemachten Angaben richtig und vollständig seien und ihm bekannt sei, dass er verpflichtet sei, alle Änderungen unverzüglich anzuzeigen, die für die Gewährung des Trennungsgeldes von Bedeutung sein könnten (z.B. Änderung des Familienstandes, Auflösung des Hausstandes oder der häuslichen Gemeinschaft, Wohnortveränderung der Familie). Mit Bescheid vom 23. Juni 1997 wurde dem Ruhestandsbeamten für die Zeit vom 5. Mai 1997 bis 18. Mai 1997 ein tägliches Trennungsreisegeld von 46 DM und für die Zeit vom 19. Mai 1997 bis 5. August 1997 ein tägliches Trennungstagegeld von 18,23 DM gewährt. Darüber hinaus wurden dem Ruhestandsbeamten ab dem Zeitpunkt des Bezugs einer Wohnung in D. (14. Juni 1997) die notwendigen nachgewiesenen Unterkunftskosten erstattet. Im Bewilligungsbescheid wurde der Ruhestandsbeamte abermals darüber belehrt, dass er verpflichtet sei, jede Änderung in den für die Gewährung des Trennungsgeldes maßgebenden Verhältnissen (z.B. Änderung des Wohnsitzes) auf dem Dienstweg sofort anzuzeigen.

13 Tatsächlich war der Ruhestandsbeamte bereits am 1. August 1996 allein in eine von dem Zeugen B. unbefristet gemietete möblierte 1-Zimmerwohnung mit Küche und Dusche in L. gezogen; das Mietverhältnis endete am 31. Mai 1997. Vom 5. Mai 1997 bis 13. Juni 1997 war der Ruhestandsbeamte in D. amtlich unentgeltlich untergebracht. Am 14. Juni 1997 hatte er in D., G. Straße ..., eine ab 1. Juni 1997 angemietete, teilmöblierte und 50 m2 große 2-Zimmerwohnung nebst Küche, Bad, Flur und Balkon allein bezogen.

14 Nachdem die Abordnung um drei Monate verlängert worden war, stellte der Ruhestandsbeamte am 18. September 1997 einen Antrag auf Weiterbewilligung von Trennungsgeld. Auch wenn dieser Antrag im Anschuldigungssatz - wohl versehentlich - nicht erwähnt ist, ist er doch Gegenstand der Anschuldigung, wie sich der eindeutigen Anschuldigungsbegründung entnehmen lässt. Im Trennungsgeld-Antrag vom 18. September 1997 erklärte der Ruhestandsbeamte, dass alle in seinem Antrag vom 5. Mai 1997 gemachten Angaben auch heute noch zuträfen. Änderungen in den für die Gewährung der Vergütung maßgebenden Verhältnissen seien nicht eingetreten. Er erklärte zudem, dass er auf die Verpflichtung hingewiesen worden sei, jede Änderung in den für die Gewährung der Vergütung maßgebenden Verhältnissen, Überzahlungen usw., die infolge Unterlassung einer Anzeige von ihm zu vertreten seien, seiner Beschäftigungsstelle unaufgefordert und unverzüglich anzuzeigen (z.B. Änderungen in den Wohnungs- und Unterkunftsverhältnissen des Antragstellers und der Familie, Mieten einer Wohnung, Umzug). Abschließend versicherte der Ruhestandsbeamte pflichtgemäß, dass alle seine Angaben richtig und vollständig seien. Daraufhin wurde ihm mit Bescheid vom 13. Oktober 1997 Trennungsgeld für die Zeit vom 6. August 1997 bis 5. November 1997 in Höhe von täglich 18,23 DM zuzüglich der nachgewiesenen notwendigen Unterkunftskosten gewährt. Im Bescheid wurde der Ruhestandsbeamte erneut über die Verpflichtung belehrt, jede Änderung in den für die Gewährung des Trennungsgeldes maßgebenden Verhältnissen (z.B. Getrenntleben von Ehegatten) auf dem Dienstweg sofort anzuzeigen.

15 Nachdem der damals aktive Beamte zum 15. November 1997 unter Zusage der Umzugskostenvergütung an die Einleitungsbehörde in D. versetzt worden war, stellte er am 4. Dezember 1997 erneut einen Antrag auf Gewährung von Trennungsgeld, wobei er im Wesentlichen die gleichen Angaben wie im Antrag vom 5. Mai 1997 machte. Abweichend erklärte er jedoch, dass er nicht uneingeschränkt umzugswillig und aus einem zwingenden persönlichen Grund am Umzug gehindert sei; dabei verwies er auf sein Schreiben vom 26. November 1997 an die Einleitungsbehörde (Anschuldigungspunkt 3), in dem er insbesondere Umzugshinderungsgründe im Hinblick auf den Schulbesuch seiner beiden 11- und 13-jährigen Töchter geltend gemacht hatte. Schließlich versicherte der Ruhestandsbeamte abermals die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben und erklärte, dass ihm die Verpflichtung bekannt sei, alle Änderungen unverzüglich anzuzeigen, die für die Gewährung des Trennungsgeldes von Bedeutung sein könnten. Daraufhin wurde dem Ruhestandsbeamten mit Bescheid vom 10. Dezember 1997 für die Zeit vom 6. November 1997 bis 16. Juli 1998 Trennungsgeld in Höhe von täglich 18,23 DM zuzüglich der notwendigen Unterkunftskosten am Dienstort gewährt. Die Schulausbildung der Töchter wurde als Umzugshinderungsgrund anerkannt. Der Bescheid enthielt die gleiche Belehrung wie der Bescheid vom 13. Oktober 1997.

16 Im Zeitraum vom 2. Juni 1997 bis 27. Juli 1998 gab der Ruhestandsbeamte insgesamt 58 Anträge auf Reisebeihilfe für eine Heimfahrt ab, wobei er jeweils unter anderem erklärte, dass eine häusliche Gemeinschaft mit seinem Ehegatten vorliege. Die Anträge enthielten neben den Angaben zu den durchgeführten Heimfahrten die Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Für den Zeitraum vom 5. Mai 1997 bis 30. Juni 1998 wurden dem Ruhestandsbeamten daraufhin Trennungsgeld, Unterkunftskosten und - auf 54 Anträge hin - Reisebeihilfen in Höhe von insgesamt 22 524,38 DM (11 516,53 €) gewährt. Als die Einleitungsbehörde durch ein Auskunftsersuchen des Amtsgerichts ... - Familiengericht - am 10. Juni 1998 erstmals erfuhr, dass die Ehezeit des Ruhestandsbeamten nach § 1587 Abs. 2 BGB am 30. April 1998 beendet war - mit Schreiben vom 22. April 1998 hatte der Ruhestandsbeamte die Scheidung beantragt -, stellte sie die Bearbeitung der Trennungsgeldanträge für Juli 1998 ein.

17 Mit Bescheid vom 1. November 2001 hat die Einleitungsbehörde in D. ihre Bescheide vom 23. Juni 1997, 13. Oktober 1997 und vom 10. Dezember 1997 zurückgenommen und u.a. folgende Entscheidungen getroffen: Im Anschluss an die Dienstantrittsreise am 4. Mai 1997 werde dem damals aktiven Beamten Trennungsgeld gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 TGV a.F. für die Zeit vom 5. Mai bis 18. Mai 1997 in Höhe von täglich 46 DM und für die Zeit vom 19. Mai bis 31. Mai 1997 in Höhe von täglich 12,38 DM gewährt. Eine Gewährung von Trennungsgeld über den 31. Mai 1997 hinaus komme nicht in Betracht. Es werde festgestellt, dass bezüglich des Trennungsgeldes (einschließlich Reisebeihilfen und Unterkunftskosten) für den Zeitraum vom 1. Juni 1997 bis 30. Juni 1998 ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 22 370,20 DM (11 437,70 €) bestehe; insoweit werde die Aufrechnung gegen den laufenden Anspruch auf Dienstbezüge erklärt. Zur Begründung der Entscheidungen ist im Wesentlichen ausgeführt, im Disziplinarverfahren sei festgestellt worden, dass der Ruhestandsbeamte durch den Umzug in eine Wohnung in L. am 1. August 1996 die häusliche Gemeinschaft mit seiner Ehefrau beendet habe. Mit der Aufgabe der Wohnung in L. zum 31. Mai 1997 und der Anmietung der Wohnung in D., G. Straße ..., habe der Ruhestandsbeamte ab dem 1. Juni 1997 seinen Lebensmittelpunkt dauerhaft nach D. verlegt. Ein Anspruch auf Trennungsgeld bestehe seitdem nicht mehr. Von den im Mai 1997 abgerechneten vier Familienheimfahrten habe er nur zwei durchgeführt.

18 Über den vom Ruhestandsbeamten eingelegten Widerspruch gegen den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid ist noch nicht entschieden; das Widerspruchsverfahren ruht.

19 Anschuldigungspunkt 6 (Vorwurf der Urkundenfälschung)

20 Nachdem mit Verfügung vom 19. August 1998, dem Ruhestandsbeamten ausgehändigt am 31. August 1998, gegen diesen Vorermittlungen angeordnet worden waren, wandte dieser sich mit Schreiben vom 5. September 1998 unmittelbar an den Präsidenten der Einleitungsbehörde, um die gegen ihn erhobenen Vorwürfe auszuräumen und eine „gütliche Einigung“ zu erreichen. Dabei erklärte er unter anderem, seine Angaben in den Trennungsgeld-Anträgen, dass er mit seiner Ehefrau in „ehelicher Gemeinschaft“ lebe, seien wahrheitsgemäß. Seine Ehefrau werde die Richtigkeit der Angaben am Schluss des Schreibens mit ihrer Unterschrift bestätigen. Erst im April 1998 hätten er und seine Frau jeweils einen Scheidungsantrag gestellt. Um schneller geschieden zu werden, habe man ein Trennungsjahr vorgetäuscht. Bis auf die Urlaubszeit und zwei Wochenenden, an denen sein Sohn in D. zu Besuch gewesen sei, habe er jedes Wochenende bei seiner Familie in X. verbracht. Wenn sein Auto defekt gewesen sei, sei er mit einem privat geliehenen Pkw gefahren. Aufgrund der Gesamtumstände - seine Frau habe am Wochenende für ihn gekocht und gewaschen, sie hätten auch nur ein gemeinsames Konto gehabt - sei er davon ausgegangen, dass er noch in „ehelicher Gemeinschaft“ lebe und habe dies in den Antragsformularen auch so angekreuzt. Seine Erklärung hat der Ruhestandsbeamte mit schwarzer Schrift unterschrieben. Das Schreiben endet mit folgendem Absatz:
„Ich bestätige die Richtigkeit der Aussagen hinsichtlich der Familienheimfahrten, des Trennungsjahres, dass mein Ehemann manchmal mit einem anderen Auto nach X. kam und dass vor April 1998 von Scheidung keine Rede war. Über die Weiterführung der Ehe mache ich keine Aussagen, da dies von mehreren Umständen abhängt.“

21 Dieser Text ist in blauer Schrift mit „... M.“ unterschrieben.

22 2. Aufgrund der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel ist im Anschuldigungspunkt 1 erwiesen, dass der Ruhestandsbeamte durch objektiv unwahre Angaben - und zu deren Verdeckung durch Begehung einer Urkundenfälschung (Anschuldigungspunkt 6) - wiederholt vorsätzlich gegen § 54 Satz 2 und 3 BBG verstoßen und sich dadurch unberechtigt Trennungsgeld, Reisebeihilfen und Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 22 370,20 DM (11 437,70 €) verschafft hat (Betrug zum Nachteil des Dienstherrn). Eigennützig betrügerisches Verhalten ist nach Anschuldigungstenor und Anschuldigungsbegründung auch Gegenstand der Anschuldigung (vgl. zur Auslegung der Anschuldigungsschrift und zur Ermittlung des Anschuldigungswillens z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515).

23 a) Mit dem zu Anschuldigungspunkt 1 angeschuldigten Verhalten hat der Ruhestandsbeamte schuldhaft seine Wahrheitspflicht (§ 54 Satz 3 BBG) und seine Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung (§ 54 Satz 2 BBG i.V.m. § 263 StGB) verletzt, indem er sich vorsätzlich durch wahrheitswidrige Angaben in dienstlichen Angelegenheiten rechtswidrig Vermögensvorteile verschafft und dadurch bei seinem Dienstherrn einen entsprechenden Vermögensschaden herbeigeführt hat. Ihm standen keine Ansprüche auf die Geldbeträge zu, die ihm aufgrund der Angaben in seinen Anträgen ausbezahlt worden sind (vgl. Urteil vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris; zu § 263 StGB vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1982 - 1 StR 476/82 - NJW 1983, 2646).

24 aa) Soweit dem Ruhestandsbeamten für die Zeit vom 5. Mai 1997 bis 18. Mai 1997 antragsgemäß Trennungsreisegeld gemäß § 3 Abs. 1 TGV i.d.F. vom 15. Dezember 1996, BGBl I S. 1970, in Höhe von täglich 46 DM gewährt worden ist, beruhte diese Leistung allerdings nicht auf objektiv unwahren Angaben; ein pflichtwidriges Verhalten ist insoweit nicht nachweisbar. Der genannten Vorschrift zufolge erhält der „Berechtigte“ nach beendeter Dienstantrittsreise Trennungsreisegeld, wenn er nicht täglich zum Wohnort zurückkehrt und ihm die tägliche Rückkehr nicht zuzumuten ist. Diese Voraussetzungen lagen bei dem Ruhestandsbeamten nach seiner Abordnung von L. nach D. - er war insoweit Berechtigter im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 6 TGV a.F. - vor. Dabei kann offen bleiben, ob auf den Wohnort X. oder L. abzustellen ist. Auf jeden Fall schied eine tägliche Rückkehr aus. Auf die sonstigen Wohn- und Familienverhältnisse kam es nach den genannten Vorschriften nicht an. Im Rücknahmebescheid vom 1. November 2001 ist deshalb dem Ruhestandsbeamten auch zu Recht (erneut) für die Zeit vom 5. Mai 1997 bis 18. Mai 1997 Trennungsgeld in Höhe von täglich 46 DM bewilligt worden.

25 bb) Etwas anderes ergibt sich jedoch im Hinblick auf das beantragte und gewährte Trennungstagegeld für die Zeit ab dem 19. Mai 1997 in Höhe von täglich 18,23 DM. Ein entsprechender Anspruch setzte gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a TGV a.F. dem Grunde nach voraus, dass der Ruhestandsbeamte als Berechtigter im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 6 (Abordnung) und Nr. 1 (Versetzung) TGV a.F. damals mit seiner Ehefrau in häuslicher Gemeinschaft lebte, die Wohnung beibehielt und lediglich einen zweiten, davon getrennten Haushalt führte. Diese Voraussetzungen waren spätestens ab 19. Mai 1997 nicht erfüllt, weil ein „Leben in häuslicher Gemeinschaft mit dem Ehegatten“ zu diesem Zeitpunkt nicht mehr stattfand.

26 Eine umzugskostenrechtliche Legaldefinition des Begriffs „häusliche Gemeinschaft“ findet sich in § 1 Abs. 3 BUKG. Danach setzt eine häusliche Gemeinschaft ein „Zusammenleben in gemeinsamer Wohnung oder in enger Betreuungsgemeinschaft in demselben Haus“ voraus. Eine vorübergehende oder intermittierende häusliche Abwesenheit (z.B. wegen Abordnung, Versetzung und Wohnungsmangel am neuen Dienstort, Internats- oder Studienaufenthalt, Grundwehrdienst, Krankenhausbehandlung oder wegen in gegenseitigem Einvernehmen vereinbarter abweichender Lebensgestaltung) ist allerdings grundsätzlich unschädlich; sie unterbricht eine bestehende häusliche Gemeinschaft in der Regel nicht (vgl. dazu näher Urteil vom 27. April 2004 - BVerwG 2 WD 4.04 - BVerwGE 120, 350 <357 ff.> m.w.N.).

27 Ob bei Eheleuten trotz räumlicher Trennung eine häusliche Gemeinschaft fortbesteht, beurteilt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (vgl. Beschluss vom 25. Februar 1974 - BVerwG 6 B 77.73 - Buchholz 238.90 Reise- und Umzugskosten Nr. 52; VGH Mannheim, Urteil vom 29. Oktober 1968 - IV 643/66 - ZBR 1970, 64 <65>). Neben äußeren objektiven Anhaltspunkten ist insbesondere der nach außen erkennbare Wille der Beteiligten, eine häusliche Gemeinschaft fortzusetzen oder zu beenden, maßgebend. Davon ist bereits der frühere Beamtensenat des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 10. Dezember 1965 - BVerwG 6 C 35.64 - BVerwGE 23, 52 <54 f.>) bei der Auslegung des Begriffs der häuslichen Gemeinschaft im damaligen § 122 Abs. 1 BBG ausgegangen, wobei er u.a. auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum damaligen § 48 Abs. 1 EheG zurückgriff, die zum Getrenntleben den klar erkennbaren Willen mindestens eines Ehegatten forderte, die häusliche Gemeinschaft nicht mehr fortzusetzen. Der in § 1 BUKG übernommene Begriff „häusliche Gemeinschaft“ ist nach der amtlichen Begründung zu § 1 Abs. 2 BUKG (F. 1973) aus Gründen der Einheitlichkeit derselbe wie im damaligen § 122 Abs. 1 BBG (BTDrucks IV/1441 S. 10). Die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft unterbricht trennungsgeldrechtlich den Ursachenzusammenhang zwischen Abordnung/Versetzung und getrennter Haushaltsführung. Dies rechtfertigt es, einem Beamten den Ausgleich der Mehrkosten für getrennte Haushaltsführung von diesem Zeitpunkt an zu versagen.

28 Aufgrund der Gesamtwürdigung der in der Hauptverhandlung festgestellten objektiven und subjektiven Umstände (Teilgeständnisse und Indiztatsachen) ist der Senat der Überzeugung, dass der Ruhestandsbeamte im hier maßgeblichen Anschuldigungszeitraum von Anfang Mai 1997 bis Juli 1998 nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft mit seiner damaligen Ehefrau, der Zeugin M., gelebt hat. Seine gegenteiligen Angaben in seinen Anträgen waren objektiv unwahr. Unberücksichtigt lässt der Senat dabei die Aussage der Zeugin M. vor dem Amtsrichter F. im Untersuchungsverfahren. Da die Zeugin in der Hauptverhandlung vor dem Senat als frühere Ehefrau des beschuldigten Ruhestandsbeamten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 25 BDO, § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO Gebrauch gemacht und einer Verwertung ihrer früheren, im Disziplinarverfahren gemachten Aussagen ausdrücklich widersprochen hat, scheidet deren Berücksichtigung aus (vgl. § 25 BDO, § 252 StPO). Die Aussage der Zeugin vor dem Amtsrichter kann auch nicht durch die Aussage des vor dem Verwaltungsgericht am 22. Oktober 2004 angehörten Richters F. ersetzt werden. Verwertet werden darf nur das, was der vernehmende Richter aus eigener Erinnerung über den Inhalt der Zeugenaussage bekundet, nicht der Inhalt der Vernehmungsniederschriften selbst (BGH, Urteil vom 2. April 1958 - 2 StR 96/58 - BGHSt 11, 338 <340 f.>). Amtsrichter F. hatte so gut wie keine Erinnerung mehr an die Zeugin und deren Aussagen. Dem erstinstanzlichen Protokoll vom 22. Oktober 2004 zufolge hat er auch keine verwertbaren Aussagen zur Sache gemacht. Da inzwischen weitere zwei Jahre vergangen sind, hat der Senat davon abgesehen, Richter F. von Gerichts wegen erneut als Zeugen anzuhören.

29 Die objektive Unwahrheit seiner diesbezüglichen Angaben hat der Ruhestandsbeamte für den letzten Zeitraum ab Stellung seines Scheidungsantrags (22. April 1998) inzwischen in rein verbal abgeschwächter Form teils selbst und im Übrigen durch Erklärungen seiner Verteidigerin eingeräumt. Ab diesem Zeitpunkt, so seine eigene Einlassung vom 13. November 2000, könne man darüber streiten, ob noch ein gemeinsamer Haushalt vorgelegen habe. Zuvor hatte seine Verteidigerin bereits im Schreiben vom 18. Mai 2000 mitgeteilt, die zuviel gezahlten Gelder ab April 1998 würden selbstverständlich erstattet. Mit Stellung des Scheidungsantrags, der im April 1999 zur rechtskräftigen Scheidung geführt hat, ist auch für Außenstehende erkennbar geworden, dass der Ruhestandsbeamte, der in D. bereits am 14. Juni 1997 ohne seine Familie unbefristet eine Zwei-Zimmer-Wohnung bezogen hatte, nicht mehr gewillt war, eine angeblich noch bestehende häusliche Gemeinschaft mit seiner in X. wohnenden Ehefrau fortzusetzen.

30 Zur Überzeugung des Senats steht darüber hinaus aber fest, dass bereits zu Beginn des Anschuldigungszeitraums (Anfang Mai 1997) eine häusliche Gemeinschaft des Ruhestandsbeamten mit seiner Ehefrau nicht mehr bestand. Hauptindiz dafür ist der Umstand, dass die Eheleute seit August 1996 willentlich und auf Dauer getrennt lebten. Der Ruhestandsbeamte war damals - noch während seiner Diensttätigkeit im Bereich des Hauptzollamts L. - wegen einer tiefgreifenden - und wie sich zeigte - unüberbrückbaren Ehekrise aus der Familienwohnung in X. ausgezogen und unbefristet in die möblierte Wohnung in L. eingezogen. Durch den Umzug in diese Wohnung und deren Beibehaltung bis Ende Mai 1997 hat der Ruhestandsbeamte zu erkennen gegeben, die häusliche Gemeinschaft mit seinem Ehegatten nicht mehr fortsetzen zu wollen. Wie sich aus der Niederschrift über die in anwaltlichem Beistand erfolgte Anhörung des Ruhestandsbeamten vom 13. November 2000 ergibt, spielte in der ehelichen Krise, die im August 1996 zum Auszug führte, eine wesentliche Rolle auch der Umstand, dass die damalige Ehefrau „Bedenken“ gegen den Wohnsitzwechsel ... entwickelte, was den Beamten nicht davon abhielt, die Versetzung nach D. weiterhin zu betreiben. So stellte sich der Auszug als erzwungene Vorentscheidung für den alleinigen Umzug nach D. und gegen die Weiterführung der angeschlagenen Ehe dar. Das Beibehalten der unvereinbaren Positionen bis zum Zeitpunkt der Abordnung und das ab August 1996 festzustellende Ausbleiben jeglicher weiteren Versuche, einen gemeinsamen Umzug anzubahnen (z.B. durch Besuche in D., Erkundigungen über einen Schulwechsel usw.), zeigen, dass mit dem Wegzug des Ruhestandsbeamten aus seiner Wohnung in L. die Bemühungen um eine Fortführung der Ehe und eine Wiederherstellung der gemeinsamen Haushaltsführung seitens des Ruhestandsbeamten aufgegeben worden waren. Dass er ein Jahr später seine Ehefrau mit seinem Scheidungsbegehren konfrontierte, war nichts anderes als der logische Abschluss des vorherigen Verhaltens, mit dem er die Voraussetzungen für die nachfolgende Scheidung geschaffen hatte.

31 Die Behauptung des Ruhestandsbeamten, vor der Abordnung, nämlich im Februar 1997, aus der L. Wohnung wieder ausgezogen und in die Familienwohnung zurückgekehrt zu sein, hält der Senat für widerlegt. Er folgt den glaubhaften und insoweit übereinstimmenden - gegenteiligen - Aussagen des Wohnungsvermieters B. im Untersuchungsverfahren und vor dem Verwaltungsgericht. Dieser hat als Zeuge wiederholt bekundet, er sei sich 100%ig sicher, dass der Ruhestandsbeamte nicht schon im Februar, sondern erst in der zweiten Hälfte des Monats Mai 1997 aus der Wohnung ausgezogen sei. Der Zeuge B. hat zudem wiederholt glaubhaft bestätigt, dass der Ruhestandsbeamte die Wohnung regelmäßig die ganze Woche über benutzt habe; er, der Zeuge, habe den Ruhestandsbeamten auch ab und zu samstags beim Einkaufen getroffen. Es wäre ihm aufgefallen, wenn der Ruhestandsbeamte die Wohnung nach Februar 1997 nicht mehr genutzt hätte. Diese Aussagen des Zeugen sind glaubhaft. Denn die Wohnung des Ruhestandsbeamten befand sich im Wohnhaus des Zeugen. Wäre sie über einen derart langen Zeitraum nicht genutzt worden, hätte das dem Zeugen auffallen müssen. Dieser Teil der Aussagen steht auch im Einklang mit den weiteren glaubhaften Äußerungen des Zeugen, die Wohnungskündigung zum 31. Mai 1997 habe im Zusammenhang mit der Abordnung des Ruhestandsbeamten nach D. gestanden, die der Ruhestandsbeamte schon vorher angekündigt und abgewartet habe, ohne die Wohnung zeitgerecht zu kündigen. Der Zeuge kannte sogar die neue Wohnadresse des Ruhestandsbeamten in D. Diese Adresse musste er vom Ruhestandsbeamten erfahren haben. Auch wenn diese Mitteilung nur zu Abwicklungszwecken erfolgt sein sollte, hätte dies wenig Sinn gemacht, wenn der Ruhestandsbeamte tatsächlich seinen Hauptwohnsitz im Familienheim behalten und für jedes Wochenende eine Familienheimfahrt mit regelmäßigem Aufenthalt in einem gemeinsamen Haushalt der Eheleute geplant gehabt hätte. Dann hätte es eindeutig näher gelegen, die Adresse im benachbarten X. anzugeben.

32 Zwar hat der Ruhestandsbeamte in der Hauptverhandlung vor dem Senat erstmals behauptet, die Wohnungskündigung habe nicht im Zusammenhang mit seinem bevorstehenden Umzug nach D. gestanden, sondern sei wegen der Rückkehr in die Familienwohnung erfolgt. Diese Einlassung hält der Senat aber im Hinblick auf die Gesamtumstände nicht für glaubhaft. Es handelt sich um eine nicht allein durch die Aussage des Zeugen B. widerlegte Schutzbehauptung. Eine solche Rückkehr ist vor der Abordnung nach D. nicht erfolgt - und auch nicht später.

33 Dass eine häusliche Gemeinschaft des ab Mai 1997 in D. lebenden und arbeitenden Ruhestandsbeamten mit seiner Ehefrau seit August 1996 nicht mehr bestand, d.h. der Ruhestandsbeamte in seine Familienwohnung in X. zwischenzeitlich nicht mehr zurückgekehrt war, ergibt sich nicht zuletzt auch aus den übereinstimmenden zeitnahen Angaben des Ruhestandsbeamten und seiner Ehefrau von April 1998 sowie Februar und April 1999 im Scheidungsverfahren. Der Ruhestandsbeamte hat angegeben, er sei im August 1996 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Seitdem lebten sie getrennt und hätten sich auseinandergelebt. Seit 5. Mai 1997 (Abordnung) wohne er auf Dauer in D. Die Zeugin M. hat im Scheidungsverfahren die Richtigkeit dieser Angaben bestätigt. Im Verfahren um das Sorgerecht für die beiden Töchter wird der Trennungszeitpunkt August 1996 wiederholt.

34 Die gegenteiligen Einlassungen des Ruhestandsbeamten, um schnellstmöglich geschieden zu werden, habe er mit seiner Frau vereinbart gehabt, dem Gericht ein Trennungsjahr vorzuspiegeln und er habe deshalb gegenüber dem Familiengericht durch seinen gutgläubigen Rechtsanwalt falsch vortragen lassen, sind wiederum nicht glaubhaft; es handelt sich auch insoweit um Schutzbehauptungen. Der Ruhestandsbeamte hat anfänglich u.a. wahrheitswidrig ausgesagt, er habe die Adresse eines Freundes angegeben, um einen Auszug aus der Familienwohnung dorthin vorzuspiegeln. Das Datum 1. August 1996 habe er deshalb genannt, weil er von da an den Nachweis eines getrennten Zimmers gehabt habe. Später hat er seinen Auszug aus der Familienwohnung in abgewandelter Form, aber ebenfalls wahrheitswidrig dahin zu bagatellisieren versucht, er habe im August 1996 lediglich eine Schlafgelegenheit bei einem Bekannten gesucht, die er für 100 DM im Monat inklusive Nebenkosten maximal drei Tage in der Woche in Anspruch genommen habe. Der Vermieter B. war jedoch weder ein Freund noch ein Bekannter des Ruhestandsbeamten. Es handelte sich auch nicht nur um eine Schlafgelegenheit, sondern um eine vollwertige kleine Wohnung mit einem Zimmer, Küche und Duschbad, deren Mietzins insgesamt 500 DM betrug. Der finanzielle Aufwand für diese Wohnung war ersichtlich nur mit Mühe aufzubringen. Der Ruhestandsbeamte musste Nebentätigkeiten als Helfer bei Inventuren nachgehen; die Ehefrau betätigte sich für ca. ein halbes Jahr als Aushilfskellnerin, um das Nötige hinzuzuverdienen. Während dieser Arbeitszeiten der Ehefrau wiederum musste der Ruhestandsbeamte die Kinder einhüten. Bei dieser Sachlage ist dem Ruhestandsbeamten nicht abzunehmen, dass er vorübergehend die wahre Miethöhe vergessen hätte. Dem erheblichen finanziellen Aufwand musste vielmehr ein entsprechend dringliches Bedürfnis nach Trennung entsprechen, so wie es sich dann im Scheidungsverfahren realisiert hat. Der Ruhestandsbeamte hat gegen Ende selbst ausdrücklich eingeräumt, zur Anmietung der Wohnung nicht wahrheitsgemäß ausgesagt zu haben. Die unwahre Darstellung kann nur den Zweck gehabt haben, die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft zu vertuschen. Für die Richtigkeit der Erklärungen im Scheidungsverfahren zum Zeitraum des Getrenntlebens spricht ferner der Umstand, dass der Ruhestandsbeamte die - angeblich falschen - Angaben bis zur Rechtskraft der Scheidung im April 1999 nicht berichtigt hat. Umgekehrt werden sie in wesentlicher Beziehung durch den Bericht des Jugendamtes L. vom 31. Juli 1998 bestätigt.

35 Letztlich hält der Senat die Richtigkeit der Behauptung des Ruhestandsbeamten zum angeblich vorgespiegelten Trennungsjahr auch deshalb nicht für erwiesen, weil der Ruhestandsbeamte bei seinem Schreiben vom 5. September 1998 an den Präsidenten der Einleitungsbehörde eine Urkundenfälschung begangen hat - Vorwurf im Anschuldigungspunkt 6 -, als er mit der von ihm nachgemachten Unterschrift seiner Frau „die Richtigkeit der Aussagen hinsichtlich der Familienheimfahrten, des Trennungsjahres ...“ bestätigt hat; diese Fälschung hat er offensichtlich deshalb begangen, weil er die unwahren Behauptungen in diesem Schreiben nicht anders belegen konnte. Dies waren die unwahren Behauptungen, erst nach einem Vorfall im April 1998 hätten er und seine Frau von Scheidung gesprochen und jeweils einen Antrag auf Scheidung gestellt; eine Trennung hätten sie unter Angabe der Adresse eines Freundes nur vorgetäuscht; möglicherweise aber zögen sie ihre Scheidungsanträge zurück; er fahre jedes Wochenende nach X. und wohne dann in dem gemeinsamen Haus; seine Frau koche dann auch für ihn und wasche die mitgebrachte Wäsche. Vom gemeinsamen Scheidungsantrag über die Angabe der Adresse eines angeblichen Freundes bis zum Wäschewaschen für die Zeit nach dem Scheidungsantrag hat der Ruhestandsbeamte inzwischen die Unwahrheit dieses Vorbringens im Wesentlichen selbst eingeräumt. Der Ruhestandsbeamte hat im Laufe des Verfahrens wiederholt zugegeben, dass die angebliche Unterschrift seiner Frau von ihm selbst stammt. Dadurch, dass der Ruhestandsbeamte die angebliche Richtigkeitsbestätigung seiner Ehefrau ohne deren Einverständnis mit deren Unterschrift versehen und die Erklärung dann zur Entkräftung der disziplinarischen Vorwürfe dem Präsidenten der Einleitungsbehörde vorgelegt hat, hat er zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde hergestellt und von dieser Gebrauch gemacht (§ 267 Abs. 1 StGB). Zu dieser Unterschriftsleistung war der Ruhestandsbeamte von seiner Frau nicht ermächtigt. Er ist auch nicht etwa irrtümlich davon ausgegangen, hierzu ermächtigt zu sein. Dies steht für den Senat aufgrund folgender Umstände fest:

36 Schon das Aussageverhalten des Ruhestandsbeamten spricht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Einlassungen, er habe im Einverständnis mit seiner Frau gehandelt. Bereits zu Beginn der Vorermittlungen hatte er die Unwahrheit gesagt. Er hatte auf die Frage: „Ist das die Unterschrift Ihrer Frau?“ mit „natürlich“ geantwortet. Als ihm anschließend entgegengehalten wurde: „Die Unterschrift ist offensichtlich gefälscht, haben Sie die Fälschung begangen?“, hat der Ruhestandsbeamte geantwortet:
„Ja, ich hatte ihr die Erklärung am Telefon vorgelesen und sie war damit einverstanden und deshalb habe ich sie selbst unterschrieben.“

37 Mit „damit einverstanden“ war ersichtlich nur der Inhalt des angeblich Vorgelesenen gemeint, nicht aber die Unterschriftsleistung mit dem Namen der Ehefrau. Damit stimmt überein, wie das anschließende Verhalten des Ruhestandsbeamten im Anhörungsprotokoll geschildert wird. Dort ist vermerkt, dass der Ruhestandsbeamte um Abbruch der Anhörung bat, um einen Anwalt konsultieren zu können. Der Ruhestandsbeamte war in diesem Moment „sehr nervös und sichtlich erschüttert“, wie es im „Wesentlichen Ergebnis der Vorermittlungen“ unwidersprochen heißt. Wenn die Unterschriftsleistung als Richtigkeitsbestätigung tatsächlich mit Wissen und Wollen der Ehefrau abgegeben worden wäre, hätte es nahegelegen, dass der Ruhestandsbeamte dies von Anfang an eingeräumt hätte. Dies hat er jedoch nicht getan, offenbar weil er diese Version selbst nicht für glaubhaft hielt. Das erklärt den insgesamt wechselnden, d.h. widersprüchlichen und damit nicht glaubhaften Inhalt der Einlassungen des Ruhestandsbeamten zum Zustandekommen der angeblichen Richtigkeitsbestätigung und spricht zusätzlich gegen deren Wahrheitsgehalt. Im Untersuchungsverfahren hatte der Ruhestandsbeamte zunächst erklärt:
„Ich habe zuvor mit meiner Frau telefonisch abgesprochen, dass ich auf dem Schreiben besagten Vermerk anbringe und mit ihrem Namen zeichnen werde. Meine Ehefrau war hiermit auch einverstanden. Ich habe ihr zu keinem Zeitpunkt einen Vermögensvorteil versprochen.
Das Schreiben an den Herrn Präsidenten hatte ich bereits in X. vorformuliert.
Ich wollte jedoch meine Frau dieses Schreiben nicht unterschreiben lassen, da es nicht mit Schreibmaschine geschrieben gewesen wäre.“

38 In seiner anschließenden schriftlichen Stellungnahme gab der Ruhestandsbeamte an:
„Wir haben das Schreiben gemeinsam aufgesetzt und meine Frau war einverstanden. Ich habe das Schreiben in D. abgeschrieben und mit ihrer Zusage unterschrieben.“

39 In der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Ruhestandsbeamte ausgesagt:
„Das war seinerzeit so, dass wir das zuhause besprochen und ins Unreine geschrieben hatten, ich hatte es dann in D. abgeschrieben und zunächst vor, es meine Ehefrau noch nachträglich unterschreiben zu lassen. Sie erklärte dann allerdings, dass ich das mal selber machen solle und sie dazu stehe. Heute kann ich nur sagen, dass ich nicht stolz darauf bin, das so gemacht zu haben. Es war einfach dumm von mir. Mein Beweggrund war, dass man meine vorformulierte Erklärung mit meiner Handschrift schlecht lesen konnte und ich das Ganze halt sauber haben wollte.“

40 In der Hauptverhandlung vor dem Senat, d.h. mehr als acht Jahre nach dem Zustandekommen des Schreibens vom 5. September 1998, hat sich der Ruhestandsbeamte letztlich im Wesentlichen dahin eingelassen, sie hätten den Text des Schreibens am Wochenende in X. zusammen aufgesetzt. Wegen seiner Handschrift sei beabsichtigt gewesen, dass er den Text auf dem Dienstcomputer ins Reine schreibe und seine Frau ihn dann am nächsten Wochenende unterschreibe. Da er bei der Reinschrift sprachliche Änderungen vorgenommen habe, habe er den Text seiner Frau noch einmal am Telefon vorgelesen. Seine „pedantische Art“ habe sie dabei so genervt, dass sie am Ende gesagt habe: „Dann unterschreibe doch gleich mit meinem Namen.“

41 Auf diese Weise hat der Ruhestandsbeamte seine früheren Aussagen erneut modifiziert, ohne damit zu überzeugen. In der Aussage vor dem Verwaltungsgericht hatte er noch (abweichend von früheren Aussagen) zu dem angeblichen Telefongespräch geschwiegen. Damit wollte der Ruhestandsbeamte ersichtlich eine Schwäche seiner vorherigen Einlassungen vermeiden: Wenn der Text gemeinsam verfasst oder in X. geschrieben und von daher der Ehefrau bekannt war, gab es keinen Grund, ihr das ins Reine Geschriebene noch einmal vorzulesen. Es konnte diesen umso weniger geben, als nach allen Darstellungen ursprünglich vorgesehen war, den Text von der Ehefrau selbst unterschreiben zu lassen - was bei den angeblich wöchentlichen Familienheimfahrten nur wenige Tage später möglich gewesen wäre. Unwesentliche sprachliche Änderungen, wie sie zuletzt vor dem Senat behauptet worden sind, vermögen einen derartigen Grund ebenfalls nicht zu liefern.

42 Der Ruhestandsbeamte kann im Übrigen bei der Unterschriftsleistung auch nicht etwa irrtümlich davon ausgegangen sein, die Richtigkeitsbestätigung mit dem Namen seiner Frau zeichnen zu dürfen, weil diese ihm Vollmacht erteilt habe. Ihm musste klar gewesen sein, dass es bei einer derartigen - einer schriftlichen Zeugenaussage gleichkommenden - Erklärung eine Stellvertretung sinnvoll nicht geben kann. Die Erklärung konnte allenfalls durch eine authentische Unterschrift als antizipiertes Ergebnis einer Zeugenvernehmung im Sinne des Ruhestandsbeamten etwas bewirken. Dafür, dass dem Ruhestandsbeamten diese Zusammenhänge klar waren, sprechen die unterschiedlichen Farben der Unterschriften und die voneinander deutlich abweichenden Schriftzüge. Wenn die Äußerung des Ruhestandsbeamten vom 5. September 1998 und die angebliche Richtigkeitsbestätigung der Ehefrau in D. gleichzeitig geschrieben worden sind - wie behauptet -, hätte es nahegelegen, dass der Ruhestandsbeamte, wenn er auf die Tatsache und die Sinnhaftigkeit einer Ermächtigung zur Stellvertretung vertraut hätte, in beiden Fällen mit demselben Stift und einheitlichem Schriftbild unterzeichnet; dies hat er gerade nicht getan. Da es für die Überzeugungsbildung des Präsidenten der Einleitungsbehörde und damit für die Entlastungsfunktion des Schreibens auch aus der Sicht des Ruhestandsbeamten entsprechend auf die bestätigende Unterschrift der Ehefrau ankommen musste, hat er unterschiedliche Stifte und Schriftbilder verwendet, um eine persönliche Erklärung der Ehefrau und deren eigenhändige Unterschrift vorzutäuschen.

43 Die als regelmäßig behaupteten „Heimfahrten“ nach X. und/oder nach L. und Umgebung stehen, soweit sie erwiesen sind, in keinem Zusammenhang mit einer angeblich fortbestehenden häuslichen Gemeinschaft. Das steht zur Überzeugung des Senats nach den Gesamtumständen, soweit sie erwiesen sind, fest.

44 Zur Stützung seiner Ansicht, trotz räumlicher Trennung die häusliche Gemeinschaft mit seiner Ehefrau (und seinen Kindern) aufrechterhalten zu haben, hat der Ruhestandsbeamte immer wieder behauptet, entsprechend seinen insgesamt 58 Anträgen auf Reisebeihilfe für Heimfahrten ab Mai 1997 an den Wochenenden mit einem Pkw von D. nach X. gefahren zu sein, soweit er nicht Urlaub gehabt oder sein Sohn (aus erster Ehe) ihn besucht habe. Wegen ehelicher Streitigkeiten habe er allerdings gelegentlich bei seiner Schwester (Zeugin K.) oder bei seinem Freund (Zeuge H.) übernachtet.

45 Schon rein zahlenmäßig sind „Heimfahrten“ dieses Umfangs jedoch nicht erwiesen. Dies ergibt sich zunächst aus den Zeugenaussagen H. und K. Der Zeuge H. (ehemaliger Kollege und Freund des Ruhestandsbeamten, wohnhaft in L.) hat vor dem Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgesagt, der Ruhestandsbeamte habe ab Mai 1997 über ca. ein Jahr etwa zweimal im Monat eine Nacht bei ihm auf der Couch geschlafen. Was der Ruhestandsbeamte tagsüber gemacht habe, entziehe sich seiner Kenntnis. Er vermute aber, dass dieser bei seiner Familie gewesen sei. Nach der Beurteilung der Ehesituation des Ruhestandsbeamten gehe er, der Zeuge, nicht davon aus, dass der Ruhestandsbeamte an den jeweiligen Wochenenden sonst bei seiner Familie übernachtet habe; genau wisse er es jedoch nicht. Der Ruhestandsbeamte habe sich ihm gegenüber dazu auch nicht geäußert. Die Zeugin K. (Schwester des Ruhestandsbeamten, wohnhaft im Landkreis L.) hat vor dem Verwaltungsgericht im Wesentlichen angegeben, sie habe zu ihrem Bruder keinen großen Kontakt gehabt. Vor seinem Weggang nach D. habe er ihr erzählt, dass er wöchentlich heimfahren wolle. Nach einiger Zeit sei er dann abends aufgetaucht und habe mitgeteilt, dass er zu einem Arbeitskollegen fahren wolle. Sie habe ihm auch ein Übernachtungsangebot gemacht. Er sei immer mal gekommen, aber nicht jede Woche.

46 Dafür, dass der Ruhestandsbeamte nicht alle von ihm angegebenen Fahrten als „Heimfahrten“ zu seiner Familie durchgeführt hat, sprechen weitere Umstände. So hat der Ruhestandsbeamte bei seinem Schreiben vom 5. September 1998 an den Präsidenten der Einleitungsbehörde - wie erwähnt - eine Urkundenfälschung begangen, als er mit der von ihm nachgemachten Unterschrift seiner Frau „die Richtigkeit der Aussagen hinsichtlich der Familienheimfahrten ...“ bestätigte. Damit wird die Glaubhaftigkeit der Aussagen bezüglich der regelmäßigen Familienheimfahrten erheblich erschüttert. Dies gilt auch im Hinblick auf das Schreiben des Ruhestandsbeamten vom 21. Juli 1998 an die Einleitungsbehörde (Anschuldigungspunkt 5), in dem der Ruhestandsbeamte u.a. angegeben hat, jedes Wochenende im Kreise seiner „(noch) Familie“ (um deren Fortbestand er ringe) in X. zu verbringen; zugleich hat er - um glaubhaft zu machen, dass er an der Gemeinsamkeit festhalten wolle - die dienstliche Erklärung abgegeben, seine Ehefrau habe die Scheidung eingereicht. Letztere Angabe war nachweislich falsch. Er selbst war es, der die Scheidung einreichte, nachdem er zuvor seiner Frau gesagt hatte, dass es keinen Sinn mehr habe zusammenzuleben. Schließlich hat der Ruhestandsbeamte gegenüber dem Vorermittlungsführer ... außerhalb des Protokolls eingeräumt, dass er nicht so häufig, wie er in seinen Reisekostenanträgen angegeben habe, nach X. gefahren sei; die Wahrheit liege in der Mitte. Die späteren Versuche des Ruhestandsbeamten, seine Aussage zu erläutern und zu relativieren, sind nicht überzeugend. In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat er sich dahin eingelassen, er könne sich seine Äußerung nur so erklären, dass er sich im Stillen gedacht habe, wegen der Übernachtungen bei dem Zeugen H. und bei seiner Schwester stünden ihm möglicherweise keine Reisekosten zu; er sei aber in erster Linie zu seiner Familie gefahren und habe die anderen Besuche nebenher gemacht; dies überzeugt nicht.

47 Selbst wenn aufgrund der Zeugenaussagen H. und K. dem Ruhestandsbeamten nicht widerlegt werden kann, ab Mai 1997 gelegentlich, vielleicht sogar jedes zweite Wochenende, von D. aus in den Raum L. gefahren zu sein, ist dies ein nur schwaches Indiz dafür, dass damals noch eine häusliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten bestand, die durch „Heimfahrten“ gepflegt worden ist. Es wird durch die Gesamtumstände widerlegt. Denn schwerer noch als die quantitativen Gesichtspunkte wiegt der Umstand, dass die Zeugen K. und H., obwohl sie dem Ruhestandsbeamten am nächsten standen, eine positive Kenntnis davon, dass Familienbesuche stattgefunden haben sollen, nicht zu bekunden vermochten. Wenn der Ruhestandsbeamte an jedem dieser Wochenenden, an denen er bei einem der beiden Zeugen nächtigte, auch bei seiner Familie gewesen wäre, hätte sich das den Zeugen mitteilen müssen. Gerade die Aussage des Zeugen H., er könne sich nicht vorstellen, dass der Ruhestandsbeamte bei seiner Familie übernachtet habe, spricht für ein Getrenntleben der Eheleute. Die „Heimfahrten“ mögen der Erledigung dringender Angelegenheiten, u.a. der Pflege und Verwaltung des Hauses und des zugehörigen Gartens in X. gedient haben. In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat der Ruhestandsbeamte u.a. angegeben, er habe am Haus Reparaturen durchgeführt und den Garten gemacht. Auch mag der Beamte sich bemüht haben, den Kontakt zu den beiden Töchtern aufrechtzuerhalten. Ihm stand schließlich ein Besuchs- und Umgangsrecht zu. Das alles macht aber noch keine Fortsetzung oder Wiederherstellung einer vom Willen zur Aufrechterhaltung der Ehe getragenen häuslichen Gemeinschaft aus.

48 Auch sonst war der notwendige Wille der Beteiligten zur eventuellen Fortsetzung einer häuslichen Gemeinschaft nach Außen nicht mehr erkennbar. Mangels eines Rückkehrwillens des in D. lebenden Ruhestandsbeamten hätten Ehefrau (und Kinder) bereit sein müssen, alsbald nach D. umzuziehen. Dafür gab es jedoch keine erkennbaren Anhaltspunkte. Wie schon dargelegt, war das Gegenteil der Fall. Zwar hat der Ruhestandsbeamte bis zuletzt gegenüber seiner Dienststelle eine Umzugsbereitschaft seiner Ehefrau und Kinder vorgespiegelt, etwa mit den Ausführungen in seinem Schreiben vom 26. November 1997 (Anschuldigungspunkt 3) bezüglich der angeblich besonders gestalteten Schulausbildung der Töchter als Umzugshinderungsgrund.

49 Später hat der Ruhestandsbeamte mit Schreiben vom 15. Juli 1998 bei seiner Dienststelle beantragt, die Zusage der Umzugskostenvergütung zu widerrufen und ihm das Trennungsgeld bis zur endgültigen Regelung weiter zu gewähren. Der Antrag wurde wie folgt begründet:
„Da die ...-Abteilung ... in den nächsten Monaten ... umgesiedelt wird, ist es aus sozialen Gesichtspunkten nicht zu vertreten, dass ich mit meiner Familie zuerst nach D. und anschließend nochmals nach Y. umziehen muss.
Diese beiden Umzüge hätten zur Folge, dass meine beiden Töchter innerhalb dieser Umsiedlungsphase zweimal die Schule (Realschule in X. und D.) wechseln müssen. Es ist dadurch, nach Auffassung der Lehrer, mit einem Leistungsabfall zu rechnen.
Auch meine Ehefrau, welche berufstätig ist, würde für die relativ kurze Aufenthaltszeit in D. keine befriedigende Arbeit finden.“

50 Die vom Ruhestandsbeamten behauptete Rücksprache mit dem Rektor der Schule und den Klassenlehrern hat nach Auskunft der Schulen nicht stattgefunden. Nachdem sich dies herausgestellt hatte, berief sich der Ruhestandsbeamte darauf, dass ihm jedenfalls seine Frau von entsprechenden Auskünften über angebliche Hindernisse für eine reibungslose Fortsetzung des schulischen Ausbildungsgangs berichtet habe. All diese Einlassungen sind jedoch zur Überzeugung des Senats widerlegt. Wie weitere Auskünfte der Schulbehörden ... gezeigt haben, bestanden derartige Kompatibilitätsprobleme nicht im Geringsten. Daraus kann nur geschlossen werden, dass der Ruhestandsbeamte selbst keinerlei Erkundigungen über die Schulverhältnisse ... angestellt hatte, was gegen sein Interesse an einem Umzug der Familie ... spricht. Hatte ihn seine Ehefrau in der Schulfrage angelogen, so dokumentierte dies gegebenenfalls unmissverständlich den auch ihrerseits nicht bestehenden Umzugswillen. Hat hingegen der Ruhestandsbeamte auch die angeblichen Auskünfte seiner Ehefrau als Schutzbehauptungen frei erfunden, so zeigt dies, dass aus der Sicht des Ruhestandsbeamten trotz seiner unbedingten Versetzungswilligkeit ein Nachzug seiner Frau mit den Kindern nicht in Betracht kam - sei es, weil er selbst dies nicht wollte, sei es, weil er wusste, dass seine Frau sich dem strikt versperrt hatte. Letzteres trifft nach den Gesamtumständen auf jeden Fall zu.

51 In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat der Ruhestandsbeamte - wenn auch nicht ohne Widersprüche (vgl. S. 5 und 10 der Niederschrift) - eingeräumt, dass seine Frau ab November 1997 zunächst Zweifel geäußert habe und dann entschiedener dagegen gewesen sei, nach D. umzuziehen. Nach seinen Angaben in der Anhörung vom 13. November 2000 muss sich dies schon gut ein Jahr eher so abgespielt haben. Im Übrigen lief zum Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom 15. Juli 1998 bereits seit drei Monaten auf Antrag des Ruhestandsbeamten das Scheidungsverfahren, nachdem er zuvor seiner Frau erklärt hatte, dass es keinen Sinn mehr habe, zusammenzuleben.

52 cc) Steht nach alledem fest, dass der Ruhestandsbeamte hinsichtlich des Trennungstagegelds objektiv unwahre Angaben zu den Bewilligungsvoraussetzungen „Leben in häuslicher Gemeinschaft mit dem Ehegatten“ gemacht hat und damit - weil die entsprechenden Voraussetzungen nicht vorlagen - nicht Berechtigter im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a TGV a.F. war, hatten diese objektiv wahrheitswidrigen Angaben auch zur Folge, dass dem Ruhestandsbeamten Ansprüche auf Reisebeihilfen für Heimfahrten ab dem 1. Juni 1997 nicht mehr zustanden. Insoweit sind dem Ruhestandsbeamten daher ebenfalls rechtswidrige Vermögensvorteile zugeflossen. Ansprüche auf die beantragten und gewährten Reisebeihilfen für Heimfahrten (§ 5a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 TGV a.F.) für den Zeitraum vom 5. Mai 1997 bis 31. Juli 1998 setzten neben einer Abordnung oder Versetzung ... dem Grunde nach voraus, dass der Ruhestandsbeamte „Berechtigter nach § 3 TGV a.F.“ war. Das war hier nur bis zum 31. Mai 1997 der Fall, und zwar hinsichtlich des Zeitraums bis 18. Mai 1997 - wie dargelegt - gemäß § 3 Abs. 1 TGV a.F. (Trennungsreisegeld). Für den Zeitraum vom 19. Mai bis 31. Mai 1997 stand dem Ruhestandsbeamten im Hinblick auf seine noch gemietete Wohnung in L. Trennungsgeld gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 TGV a.F. zu. Ob der Ruhestandsbeamte für den Zeitraum ab 1. Juni 1997 auch deshalb keine Ansprüche nach § 5a TGV a.F. hatte, weil er nicht durchgeführte „Heimfahrten“ abgerechnet hatte, kann offenbleiben.

53 dd) Die objektiv unwahren Angaben bezüglich des Lebens in häuslicher Gemeinschaft mit dem Ehegatten führten schließlich auch dazu, dass sich der Ruhestandsbeamte hinsichtlich der Unterkunftskosten rechtswidrige Vermögensvorteile verschafft hatte, weil ihm ein entsprechender Anspruch nicht zustand. Mit der Gewährung des beantragten Trennungsgeldes waren dem Ruhestandsbeamten ab dem 14. Juni 1997 - vom 5. Mai bis 13. Juni 1997 war der Ruhestandsbeamte in D. amtlich unentgeltlich untergebracht - noch zusätzlich die notwendigen nachgewiesenen Unterkunftskosten gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1a TGV a.F. i.V.m. § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 2 BRKG in der Fassung vom 20. Dezember 1996, BGBl I S. 2049, 2079, gewährt worden. Da aber im Hinblick auf die Wohnung in L. bereits ab 1. Juni 1997 ein Trennungsgeld-Anspruch entfallen war, ist am 14. Juni 1997 ein Anspruch auf Gewährung von Übernachtungsgeld nicht entstanden.

54 Hat der Ruhestandsbeamte nach alledem durch die objektiv unwahren Angaben im Anschuldigungspunkt 1 den objektiven Tatbestand des § 54 Satz 2 und 3 BBG erfüllt, so stellen diese Pflichtverletzungen ein schuldhaft begangenes Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG) im Sinne der Anschuldigung dar, weil der Ruhestandsbeamte mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Ruhestandsbeamte nicht nur versehentlich (fahrlässig) falsche, sondern bewusst und gewollt objektiv unwahre Angaben gemacht hat und dabei mit dem Eintritt des Handlungserfolgs (ungerechtfertigte Bereicherung, zugleich Vermögensschaden des Dienstherrn) in dem Sinne einverstanden war, dass er ihn billigend in Kauf nahm.

55 Der Ruhestandsbeamte war wiederholt über die Notwendigkeit richtiger und vollständiger Angaben in seinen Leistungsanträgen belehrt worden. Er kannte seine Verpflichtung, wahrheitsgemäße Angaben zu machen und leistungsrelevante Änderungen in seinen persönlichen und familiären Verhältnissen, die für die Gewährung des Trennungsgelds etc. von Bedeutung sein könnten (z.B. Auflösung der häuslichen Gemeinschaft, Getrenntleben der Ehegatten), von sich aus unverzüglich anzuzeigen. Die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben sowie die Kenntnis seiner Anzeigepflicht hatte er wiederholt unterschriftlich bestätigt. Aufgrund seiner dienstlichen Ausbildung und seines beamtenrechtlichen Status (Aufstieg zum Beamten des gehobenen Dienstes im Spitzenamt der Besoldungsgruppe A 12 zum 1. Januar 1998) wusste er auch, dass bei Eheleuten das Leben in „häuslicher Gemeinschaft“ mehr voraussetzte, als den formalen Bestand einer Ehe. Einer Belehrung über den unbestimmten Rechtsbegriff „häusliche Gemeinschaft“ bedurfte es deshalb nicht. Im Übrigen hat der Ruhestandsbeamte auch zu einzelnen Hilfsmerkmalen des Begriffs „Leben in häuslicher Gemeinschaft“ wiederholt - selbst noch im laufenden Disziplinarverfahren - bewusst unwahre Angaben gemacht, die erkennen lassen, dass ihm klar war, worum im Wesentlichen es ging.

56 Anhaltspunkte dafür, dass sich der Ruhestandsbeamte über die Bedeutung des Begriffs geirrt haben könnte, werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Der Ruhestandsbeamte hat - wie dargelegt - nachträglich selbst konkludent eingeräumt, dass (spätestens) mit Einreichung des Scheidungsantrags eine häusliche Gemeinschaft (wohl) nicht mehr bestand. Die Bedeutung seiner Angaben war ihm daher bewusst. Wenn er in seinem Schreiben vom 5. September 1998 an den Präsidenten der Einleitungsbehörde gleichwohl behauptet, die tatsächlichen Verhältnisse hätten ihn dazu bewogen, auf seinen Anträgen das Feld in „ehelicher Gemeinschaft“ lebend anzukreuzen, so handelt es sich insoweit nur um eine Schutzbehauptung. Es kann dem Ruhestandsbeamten nicht abgenommen werden, er habe in seinen wiederholten Anträgen zum Trennungsgeld etc., in denen es gerade um die Frage der doppelten, aber getrennten Haushaltsführung bei Eheleuten ging, über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr den Begriff der „häuslichen Gemeinschaft“ nur als einen solchen einer „ehelichen Gemeinschaft“ verstanden bzw. die Umstände des vorherigen Auszuges mit eigener Wohnungnahme in L., des Widerstandes der Ehefrau gegen den Umzug ... und sogar den von ihm eingereichten Scheidungsantrag für belanglos gehalten.

57 Die Einlassung des Ruhestandsbeamten durch seine damalige Verteidigerin, er habe bei Einreichung des Scheidungsantrags (22. April 1998) die gesetzlichen Voraussetzungen der Trennungsgeld-Gewährung nicht überprüft und eine entsprechende Mitteilung an den Dienstherrn „vergessen“, spricht schon vordergründig gegen einen Irrtum des Ruhestandsbeamten über den Inhalt des Begriffs „häusliche Gemeinschaft“. Die Einlassung, dieses vergessen zu haben, ist aber bei näherer Betrachtung auch nicht glaubhaft. Es handelt sich insoweit ebenfalls um eine Schutzbehauptung. Denn in seinem zeitnah zum Scheidungsantrag vom 22. April 1998 gestellten Antrag vom 29. April 1998 auf Reisebeihilfe für eine angebliche Familienheimfahrt (verbunden mit Urlaub) nach X. (Hinreise am 10. April 1998, Rückreise am 28. April 1998) hat der Ruhestandsbeamte ausdrücklich angekreuzt: „Häusliche Gemeinschaft mit Ehegatten liegt vor“; zugleich hat er die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben pflichtgemäß versichert. Diese Angaben des ansonsten als pedantisch geltenden Ruhestandsbeamten deuten darauf hin, dass er sich einerseits über Inhalt und Bedeutung des Begriffs „häusliche Gemeinschaft“ im Klaren war und andererseits bewusst von einer Mitteilung der Einreichung seines Scheidungsantrags abgesehen hat.

58 b) Im Anschuldigungspunkt 6 (Vorwurf der Urkundenfälschung) ist erwiesen, dass der Ruhestandsbeamte vorsätzlich gegen § 54 Satz 3 BBG verstoßen hat. Indem er die angebliche Richtigkeitsbestätigung seiner Ehefrau vom 5. September 1998 ohne deren Einverständnis mit deren Unterschrift versehen und die Erklärung dann zur Entkräftung der disziplinarischen Vorwürfe unmittelbar dem Präsidenten der Einleitungsbehörde zugeleitet hat, hat er sich einer Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht; insoweit - auch dazu, dass sich der Ruhestandsbeamte zur Tatzeit nicht etwa irrtümlich als zur Unterzeichnung mit dem Namen der Ehefrau befugt angesehen hat - wird auf die entsprechenden Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung zu Anschuldigungspunkt 1 verwiesen. Das strafbare Verhalten stellt zugleich eine vorsätzliche Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG) dar.

59 3. Durch das festgestellte betrügerische Verhalten zum Nachteil des Dienstherrn im Anschuldigungspunkt 1 und die Urkundenfälschung im Anschuldigungspunkt 6 hat der Ruhestandsbeamte ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 54 Satz 2 und 3 BBG) begangen, das schwer wiegt und zur Aberkennung des Ruhegehalts führt.

60 a) Die angemessene Disziplinarmaßnahme richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens, dem Persönlichkeitsbild des Beamten sowie der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (vgl. nunmehr § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Eine Aberkennung des Ruhegehalts wegen eines während des aktiven Dienstes begangenen Dienstvergehens setzt voraus, dass der Ruhestandsbeamte als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen (vgl. nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist dann auszusprechen, wenn der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (vgl. nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG, der auch in sog. Altverfahren zu berücksichtigen ist, vgl. Urteil vom 6. Juli 2006 - BVerwG 1 D 7.05 - juris Rn. 127). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach den objektiven und subjektiven Handlungsmerkmalen der Verfehlung, den besonderen Umständen der Tatbegehung und den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <259>).

61 Aufgrund des betrügerischen Verhaltens zum Nachteil des Dienstherrn im Anschuldigungspunkt 1 ist dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt abzuerkennen, wenn Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Ruhestandsbeamte habe als aktiver Beamter das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zum Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlungen im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen stehen. Aus der Senatsrechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem betrügerisch verursachten Gesamtschaden von deutlich mehr als 10 000 DM bzw. 5 000 € die Entfernung aus dem Dienst bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann (vgl. Urteil vom 20. September 2006 - BVerwG 1 D 8.05 - juris Rn. 86 m.w.N.).

62 b) Ein solcher Fall, der zur Aberkennung des Ruhegehalts führt, ist hier gegeben.

63 Das Gewicht des Dienstvergehens wird bestimmt durch den hohen Gesamtschaden zum Nachteil des Dienstherrn von über 22 000 DM (über 11 000 €) sowie durch die Vielzahl und Dauer des betrügerischen Verhaltens (Anschuldigungspunkt 1). Es handelte sich um drei Trennungsgeld-Anträge sowie um 58 Anträge auf Reisebeihilfen für Heimfahrten in einem Zeitraum von etwa 15 Monaten. Hinzu kommt als weitere Verfehlung von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht die Urkundenfälschung zur Verdeckung der Taten (Anschuldigungspunkt 6).

64 Zugunsten des Ruhestandsbeamten ist lediglich seine lange und im Übrigen unbeanstandete Dienstzeit sowie die Tatsache zu berücksichtigen, dass er auch strafrechtlich nicht vorbelastet ist. Da der Rückforderungsbescheid noch im Streit ist, ist eine Schadenswiedergutmachung bisher nicht erfolgt. Die lange Verfahrensdauer - bereits im August 1998 wurden die disziplinarischen Vorermittlungen eingeleitet - wäre nur dann mildernd zu berücksichtigen, wenn es um den Ausspruch einer Maßnahme unterhalb der Aberkennung des Ruhegehalts ginge (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl 2006, 1372; BVerwG, Senatsurteil vom 8. März 2005 - BVerwG 1 D 15.04 - juris Rn. 47 m.w.N.). Besondere Milderungsgründe für sein Fehlverhalten hat der Ruhestandsbeamte nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass der Ruhestandsbeamte teilweise nur mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Denn spätestens mit der Urkundenfälschung hat er sich die Früchte seines früheren Handelns nunmehr in vollem Bewusstsein ihrer Unrechtmäßigkeit erhalten wollen.

65 Bei der gebotenen Gesamtwürdigung des - beschränkt - festgestellten Dienstvergehens des Ruhestandsbeamten und der dafür erforderlichen Abwägung aller be- und entlastenden Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Schwere der vorsätzlich begangenen innerdienstlichen Pflichtverletzungen sowie des Fehlens durchgreifender Milderungsgründe, wäre bei einem aktiven Beamten der Eintritt eines endgültigen Vertrauensverlustes festzustellen. Die Aberkennung des Ruhegehalts ist danach bei einem Ruhestandsbeamten die erforderliche und angemessene Reaktion; diese ist auch im Übrigen nicht unverhältnismäßig (vgl. dazu Beschluss vom 17. Mai 2006 - BVerwG 2 B 15.06 - IÖD 2006, 197 m.w.N.).

66 4. Einen Unterhaltsbeitrag gemäß § 77 Abs. 1 BDO konnte der Senat dem Ruhestandsbeamten nicht bewilligen. Zwar ist er einer solchen Unterstützung nicht unwürdig. Er ist jedoch mit Blick auf das Einkommen seiner (jetzigen) berufstätigen Ehefrau und die Vermögensverhältnisse der Eheleute derzeit, d.h. vorhersehbar bis zum Wirksamwerden der Nachversicherung, nicht bedürftig.

67 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 ff. BDO.