Beschluss vom 30.05.2002 -
BVerwG 8 B 66.02ECLI:DE:BVerwG:2002:300502B8B66.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.05.2002 - 8 B 66.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:300502B8B66.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 66.02

  • VG Frankfurt/Oder - 10.12.2001 - AZ: VG 5 K 2168/97

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Mai 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beigeladenen zu 2 und 3
  2. gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
  3. Die Beigeladenen zu 2 und 3 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der
  4. außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1, die diese selbst trägt.
  5. Der Wert des Streitgegenstandes wird für
  6. das Beschwerdeverfahren auf 135 594,60 €
  7. (entspricht 265 200 DM) festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ergibt keinen Grund dafür, die Revision zuzulassen.
1. Die Beschwerde zeigt mit Blick auf eine die Revision eröffnende Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) nur eine vermeintlich fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung von Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts auf, was insoweit nicht genügt. Eine Divergenz ist erst dann gegeben, wenn ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz einem in der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung dieses Gerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widerspricht. Abstrakte Rechtssätze in diesem Sinne, mit denen das Verwaltungsgericht von denen in der Beschwerdeschrift genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sein müsste, hat die Beschwerde jedoch nicht aufgezeigt. Sie behauptet im Wesentlichen lediglich die fehlerhafte Anwendung vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellter Rechtssätze, wobei sie überdies die dieser Anwendung zugrunde liegende Tatsachenwürdigung des Verwaltungsgerichts beiseite schiebt und sie durch eine eigene Würdigung ersetzt. Eine als fehlerhaft erkannte Anwendung eines vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatzes stellt aber keine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar (stRspr; vgl. Beschluss vom 10. Juli 1995 - BVerwG 9 B 18.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 264).
2. Auch der von der Beschwerde als Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Sind bei einer tatsächlichen Würdigung mehrere Folgerungen denkgesetzlich möglich, gehört es zu der dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO übertragenen Aufgabe, sich im Wege der Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Dabei sind die Grundsätze der Beweiswürdigung revisionsrechtlich dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deshalb grundsätzlich ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht bezeichnet werden. Eine Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz, die ausnahmsweise als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden könnte, liegt ersichtlich nicht vor. Ein Tatsachengericht hat nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen; es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr; vgl. Beschluss vom 8. Juli 1988 - BVerwG 4 B 100.88 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 34). Nach dem Sachverhalt darf denkgesetzlich ausschließlich eine einzige Folgerung möglich sein, die das Gericht aber nicht gezogen hat. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.
Das Verwaltungsgericht hat zunächst deutlich gemacht, aufgrund welcher Erkenntnisse es seine Überzeugung von einem vorgeschobenen Enteignungszweck gebildet hat. Es hat dargelegt, dass keine Enteignung wegen behaupteter Instandsetzungsmaßnahmen nötig gewesen sei, weil der vorhandene Kreditrahmen bei weitem noch nicht ausgeschöpft gewesen wäre, und im Übrigen aus diesem vorgegebenen Grund eine Enteignung des gesamten Grundstückes nicht erforderlich gewesen sei. Wenn das Gericht aus der Nachbarschaft des konspirativen Zwecken dienenden MfS-Objekts die Schlussfolgerung zieht, dass hierin der wahre Enteignungszweck zu suchen sei, ist dies nicht unlogisch. Die sodann im Rahmen abgewogener Erwägungen vorgenommene Wertung des Verwaltungsgerichts ist denkgesetzlich nicht ausgeschlossen, dass ein Verstoß gegen eine als Einzelweisung verstandene Auflage eines Bezirksbauamtes - für deren Unbeachtlichkeit nichts vorgebracht ist - einen Rechtsverstoß im Sinne von § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG darstellt.
3. Hinsichtlich des von der Beschwerde behaupteten Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) fehlt es an einer substantiierten Darlegung, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 13, 14, 71 Abs. 3 GKG.