Beschluss vom 29.12.2003 -
BVerwG 5 B 230.02ECLI:DE:BVerwG:2003:291203B5B230.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.12.2003 - 5 B 230.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:291203B5B230.02.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 230.02

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 24.05.2002 - AZ: OVG 2 A 233/95

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht D r. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 16 000 € festgesetzt.

Die auf Zulassung der Revision gerichtete und auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist nicht begründet.
In der den vorliegenden Rechtsstreit in der Hauptsache betreffenden Revisionsentscheidung vom 29. März 2001 - BVerwG 5 C 15.00 - (Buchholz 412.3 § 5 BVFG Nr. 3) hat das Bundesverwaltungsgericht die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts, die das Berufungsgericht bindet (§ 144 Abs. 6 VwGO), gelangte zu folgendem Ergebnis: "Sollte der Kläger zu 1 tatsächlich nur die Funktion 'Staatsanwalt-Kriminalist' ausgeübt haben, war das eine allgemeine staatliche Funktion, der keine spezifische Bedeutung für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems zukam." An diese Beurteilung wäre auch das Revisionsgericht in einem erneuten Revisionsverfahren gebunden (GmS-OGB BVerwGE 41, 363 <367>; BVerwGE 87, 154).
Unabhängig davon kann die Revision nicht zugelassen werden, weil die von der Beklagten als klärungsbedürftig angeführte Frage, "aus welchem bzw. wessen Blickwinkel die Bedeutsamkeit einer Funktion zu bewerten ist", keiner Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, "dass sich die Frage, welche Funktionen i.S. des § 5 Nr. 2 Buchstabe b BVFG gewöhnlich als bedeutsam galten, nach den zur Zeit des kommunistischen Herrschaftssystems herrschenden politischen und rechtlichen Auffassungen im Aussiedlungsgebiet beantwortet" (BVerwGE 114, 116 <119>). Da das Gesetz für die Geltung als bedeutsam im Sinne des § 5 Nr. 2 Buchstabe b BVFG keinen bestimmten Meinungsträger benennt, ist auf den objektiven Betrachter zur Zeit des kommunistischen Herrschaftssystems im Aussiedlungsgebiet abzustellen. Diese Feststellung obliegt im Streitfall den Gerichten.
Das sieht die Beklagte im Ansatz wohl ebenso. Zu Unrecht hält sie aber die "gewöhnliche Meinung", "den äußeren Ruf, den jemand hat" oder die Meinung des "'Jedermann' auf der Straße" mit einer Einschätzung "unabhängig von der konkreten Funktion", sondern allgemein bezogen auf die Staatsanwaltschaft beziehungsweise die "Amtsperson" Staatsanwalt oder Staatsanwalt-Kriminalist für maßgeblich. Dabei verkennt sie zum einen, dass § 5 Nr. 2 Buchstabe b BVFG nicht allgemein auf die Aufgabe einer staatlichen Einrichtung, hier der Staatsanwaltschaft, sondern auf die konkret ausgeübte Funktion abstellt (BVerwG, Urteil vom 29. März 2001, a.a.O.), und zum anderen, dass die Beurteilung, ob eine ausgeübte Funktion für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems gewöhnlich als bedeutsam galt, die Kenntnis dieser Funktion voraussetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.