Beschluss vom 29.08.2006 -
BVerwG 10 B 47.06ECLI:DE:BVerwG:2006:290806B10B47.06.0

Beschluss

BVerwG 10 B 47.06

  • OVG Rheinland-Pfalz - 02.05.2006 - AZ: OVG 9 C 11453/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. August 2006
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und Dr. Nolte
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Flurbereinigungsgericht für Rheinland-Pfalz und das Saarland) vom 2. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) und des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (Verfahrensmangel) i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Als grundsätzlich bedeutsam wirft die Beschwerde sinngemäß die Frage auf,
ob die Anordnung eines Flurbereinigungsverfahrens gesteigerten Voraussetzungen unterliegt, wenn die weit überwiegende Anzahl aller Betroffenen gegen dieses Flurbereinigungsverfahren ist, keine ausdrücklichen Befürworter existieren und dennoch dieses Verfahren gegen den Willen der weit überwiegenden Mehrzahl aller Betroffenen mit einem erheblichen Kostenaufwand durchgesetzt werden soll.

3 Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, denn sie ist, soweit ihr ein verallgemeinerungsfähiger Gehalt zukommt, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt. Danach ist bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 4 FlurbG für die Anordnung der Flurbereinigung erfüllt sind, auf das objektive Interesse an einer Verbesserung der Agrarstruktur und der Arbeitsgrundlagen der Betriebe für die überwiegende Fläche des Gesamtgebietes abzustellen. Insoweit ist nicht die subjektive Meinung Einzelner, sondern das wohlverstandene Interesse der Beteiligten maßgeblich, sodass die Flurbereinigung selbst gegen den Willen der überwiegenden Anzahl der Teilnehmer zulässig sein kann (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 26. März 1974 - BVerwG 5 B 14.72 - BVerwGE 45, 112, 115 f. m.w.N. = Buchholz 424.01 § 1 FlurbG Nr. 4 S. 6 f.). Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht auch zutreffend ausgegangen. Weiteren Klärungsbedarf für ein Revisionsverfahren zeigt die Beschwerde schon deswegen nicht auf, weil ihr als Grundsatzrüge geltend gemachtes Anliegen von tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, die das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Grundsätzliche Bedeutung kann jedoch nur solchen Fragen zukommen, die sich in einem Revisionsverfahren stellen würden. Daran fehlt es, wenn die Vorinstanz Tatsachen, die vorliegen müssten, damit sich die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochene Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren stellen würde, nicht festgestellt hat (vgl. etwa Beschluss vom 30. Juni 1992 - BVerwG 5 B 99.92 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 309 S. 43). Das ist hier der Fall, weil die Beschwerde unterstellt, die weit überwiegende Anzahl aller Betroffenen sei gegen das Flurbereinigungsverfahren und es existierten keine ausdrücklichen Befürworter. Solche Feststellungen hat das Oberverwaltungsgericht jedoch nicht getroffen. Es ist vielmehr davon ausgegangen, die Annahme des Klägers, die Mehrheit der Betroffenen sei gegen eine Flurbereinigung, sei nicht belegt (UA S. 13). Darüber hinaus hat es festgestellt, dass die Eigentümer der weit überwiegenden Flächen des Verfahrensgebietes nicht als Gegner der Flurbereinigung erkennbar seien (UA S. 14).

4 Dass diese und andere tatsächliche Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auf Verfahrensmängeln beruhen, macht die Beschwerde nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines solchen Zulassungsgrundes entsprechenden Weise geltend. Denn dazu ist es unter anderem erforderlich, dass der Verfahrensmangel in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. hierzu Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26). Solche Ausführungen enthält die Beschwerde nicht. Soweit sie kritisiert, das Oberverwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer Zustimmung von Betroffenen und Gemeinde zur Flurbereinigung ausgegangen und habe die Tendenz zur Stilllegung von Flächen, den Rückgang der Bedeutung der Landwirtschaft insgesamt, das Problem der Aufbringung öffentlicher Mittel zu Zeiten leerer Kassen und den mangelnden Erfolg der Flurbereinigung in Nachbarorten verkannt, wendet sie sich in der Art einer Berufungsbegründung gegen - angebliche - Mängel in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts, die revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen sind und einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen können (vgl. Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f.). Anhaltspunkte für das Vorliegen des möglichen Ausnahmefalles einer gegen Denkgesetze verstoßenden oder sonst von Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung sind weder dargelegt noch erkennbar.

5 Soweit die Beschwerde schließlich meint, dass bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens auch die Wahl der Teilnehmergemeinschaft hätte zurückgestellt werden müssen, lässt dieses Vorbringen einen Bezug zu den in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründen schon im Ansatz nicht erkennen.

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.