Beschluss vom 29.07.2009 -
BVerwG 5 B 87.08ECLI:DE:BVerwG:2009:290709B5B87.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.07.2009 - 5 B 87.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:290709B5B87.08.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 87.08

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 11.07.2008 - AZ: OVG 2 A 411/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Juli 2009
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen
beschlossen:

  1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. Juli 2008 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat mit einer Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) Erfolg. Sie rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt hat und die angefochtene Entscheidung hierauf beruhen kann. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat wegen dieses Verfahrensmangels von der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

2 Für die Frage des Vorliegens einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht ist von der materiellrechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts auszugehen. Danach ist für die Beurteilung, ob die Versagung des Aufnahmebescheides für die Klägerin eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG bedeuten würde, auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aufnahmebescheid abzustellen (vgl. BA S. 4). Dementsprechend ist es aus der Sicht des Berufungsgerichts entscheidungserheblich, ob der zweite Ehemann der Klägerin (Herr K.F.) deutscher Staatsangehöriger ist. Wie das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang festgestellt hat, findet sich in der von der Klägerin zum Beleg für ihren Vortrag, dieser sei deutscher Staatsangehöriger, vorgelegten Fotokopie einer beglaubigten Abschrift aus dem Familienbuch unter „7. Vermerk über die Staatsangehörigkeit der Ehegatten und Nachweis“ für den Ehemann der Klägerin, Herrn K.F., allein folgender Eintrag: „-/-“ (vgl. BA S. 5). Daraus ergibt sich zunächst, dass das Berufungsgericht dem vom Standesamt geführten Familienbuch zwar grundsätzlich eine Eignung zum Nachweis der behaupteten deutschen Staatsangehörigkeit des zweiten Ehemannes der Klägerin beimisst. Zugleich folgt aus dem tatrichterlich festgestellten Inhalt der vorgelegten Fotokopie, dass dem vom Standesamt geführten Familienbuch im konkreten Fall weder etwas für noch gegen die deutsche Staatsangehörigkeit des Ehemannes der Klägerin zu entnehmen ist. Vor dem Hintergrund seiner rechtlichen Annahmen konnte das Berufungsgericht daher im vorliegenden Fall eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht mit der Begründung ablehnen, „die Klägerin habe die in ihrer Sphäre liegenden Umstände weder durch Vorlage geeigneter Unterlagen belegt noch hinsichtlich der angeblichen deutschen Staatsangehörigkeit ihres nunmehrigen Ehemannes K.F. zumindest in irgendeiner Weise eine konkrete Beweisanregung vorgetragen“ (vgl. BA S. 6). Vielmehr hätte es sich dem Berufungsgericht aufdrängen müssen, die nach seinen Feststellungen bestehenden Unklarheiten in Bezug auf die nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserhebliche deutsche Staatsangehörigkeit des Ehemannes der Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 VwGO von Amts wegen aufzuklären und sich insoweit beispielsweise durch Einholung einer amtlichen Auskunft der zuständigen Behörde eine fundierte Gewissheit zu verschaffen. Dies wird das Berufungsgericht nunmehr nachzuholen haben, dessen Pflicht zur Amtsermittlung hier auch nicht durch das Verhalten der anwaltlich vertretenen Klägerin entfallen ist.

3 Auf die darüber hinaus erhobenen Verfahrensrügen kommt es demnach nicht an. Entsprechendes gilt hinsichtlich der weiterhin geltend gemachten Grundsatzrüge; die damit aufgeworfenen Fragen könnten sich nur entscheidungserheblich stellen, wenn die Sachverhaltsaufklärung des Berufungsgerichts ergibt, dass der zweite Ehemann der Klägerin nicht deutscher Staatsangehöriger ist.

4 Die Entscheidung zur Streitwertbemessung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG (Auffangwert, s.a. Nr. 49.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004, NVwZ 2004, 1327).