Beschluss vom 29.04.2004 -
BVerwG 1 B 203.03ECLI:DE:BVerwG:2004:290404B1B203.03.0

Beschluss

BVerwG 1 B 203.03

  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 23.05.2003 - AZ: OVG 3 LB 9/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. April 2004
durch den Richter am Bundesverwaltungsgerichts Dr. M a l l m a n n ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k und den Richter am
Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. Mai 2003 wird verworfen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie legt die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht in einer Weise dar, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Die Beschwerde rügt als Verfahrensmangel eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Sie macht geltend, das Berufungsgericht hätte nicht trotz Ausbleibens des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zur Sache entscheiden dürfen. Die Prozessbevollmächtigte sei am Verhandlungstag, dem 23. Mai 2003, an einem grippalen Infekt erkrankt und habe die Geschäftsstelle des Gerichts hierüber informiert. Diese telefonische Mitteilung sei als Verlegungsantrag zu qualifizieren. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass die Prozessbevollmächtigte das Gericht mit Schreiben vom 26. Mai 2003 sinngemäß um Neuterminierung gebeten und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 23. Mai 2003 eingereicht habe.
Mit diesem Vorbringen ist eine Gehörsrüge nicht schlüssig erhoben. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann allerdings dann vorliegen, wenn das Gericht dem Antrag eines Beteiligten auf Terminsverlegung nicht entspricht, obwohl ein erheblicher Grund im Sinne des § 227 ZPO hierfür vorlag und dem Gericht unterbreitet worden ist (vgl. Beschluss vom 22. Mai 2001 - BVerwG 8 B 69.01 - Buchholz 303 § 227 ZPO Nr. 30 = NJW 2001, 2735 und Urteile vom 13. April 1999 - BVerwG 1 C 24.97 - Buchholz 310 § 82 VwGO = NJW 1999, 2608, jeweils m.w.N.). Die Beschwerde legt indes bereits nicht dar, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers überhaupt einen derartigen Verlegungsantrag gestellt hat oder an der Stellung eines solchen Antrags aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen gehindert war. Ausweislich des bei den Akten befindlichen Vermerks der Justizangestellten in der Geschäftsstelle hat die Prozessbevollmächtigte vor dem Verhandlungstermin lediglich mitgeteilt, "dass sie krank ist und nicht zum Termin erscheint". Dass die Prozessbevollmächtigte da-
rüber hinaus weitere Angaben gemacht und die Verlegung des Termins beantragt hätte, lässt sich auch dem Vorbringen der Beschwerde nicht entnehmen. Diese ist zwar der Ansicht, dass die telefonische Mitteilung von der Krankheit "unbedingt als Verlegungsantrag zu qualifizieren" gewesen sei, zeigt aber nicht auf, aus welchen Äußerungen im Laufe des Telefonats sich dies im Einzelnen ergeben haben soll. Von einem Rechtsanwalt ist aber auch in derartigen Situationen zu verlangen, dass er die erforderlichen prozessualen Anträge eindeutig formuliert. Die Mitteilung der Prozessbevollmächtigten des Klägers, sie könne den Termin wegen einer Erkrankung nicht wahrnehmen, die ohne weiteres als Entschuldigung und als Information verstanden werden kann, dass das Gericht nicht auf ihr Erscheinen zu warten brauche, reichte hierfür nicht aus. Abgesehen davon zeigt die Beschwerde auch nicht auf, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Berufungsgericht die geltend gemachte Erkrankung substantiiert - etwa durch Einreichung oder zumindest durch Ankündigung eines ärztlichen Attests - dargelegt hat, so dass dieses in der Lage war, die behauptete Verhandlungsunfähigkeit und damit das Vorliegen eines erheblichen Grundes im Sinne des § 227 ZPO selbst zu beurteilen (vgl. zu diesem Erfordernis Beschluss vom 22. Mai 2001 a.a.O.). Auch mit dem von der Beschwerde erwähnten, nach der Urteilsverkündung eingegangenen Schriftsatz vom 26. Mai 2003 ist im Übrigen kein derartiges ärztliches Attest, sondern lediglich eine - insoweit nicht aussagekräftige - Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht worden. Da der anwaltlich vertretene Kläger mithin nach den eigenen Angaben in der Beschwerdebegründung nicht alles seinerseits Erforderliche getan hat, um sich im Berufungsverfahren rechtliches Gehör zu verschaffen, kann er sich im Beschwerdeverfahren nicht mit Erfolg auf eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs berufen.
Auch die übrigen Ausführungen der Beschwerde führen nicht auf einen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO. Die Beschwerde greift damit die Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Iran wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung drohe, in der Art einer Berufungsbegründung an und stellt dem ihre eigene Beurteilung der Gefahrenlage gegenüber. Derartige Angriffe gegen die den Tatsachengerichten vorbehaltene Sachverhalts- und Beweiswürdigung rechtfertigen aber grundsätzlich - und so auch hier - nicht die Zulassung der Revision. Soweit dem Vorbringen in der Beschwerdebegründung (S. 4) eine Aufklärungsrüge zu entnehmen sein sollte, genügt es - abgesehen von der fehlenden Benennung des Zulassungsgrundes - nicht den Anforderungen an die Darlegung eines derartigen Verfahrensmangels. So zeigt die Beschwerde schon nicht ansatzweise auf, warum sich dem Gericht eine weitere Aufklärung hätte aufdrängen müssen, obwohl der anwaltlich vertretene Kläger trotz Kenntnis der vom Gericht in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel in keiner Weise darauf hingewirkt hat. Soweit die Beschwerde sich auf die "Studentenunruhen der letzten fünf Wochen" beruft, die auf eine Verschärfung der politischen Lage hindeuteten, sind diese nach dem Ergehen der Berufungsentscheidung eingetretenen Umstände ohnehin nicht geeignet, eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Berufungsgericht zu begründen. Ebenso wenig ist die im letzten Satz der Beschwerdebegründung angesprochene grundsätzliche Bedeutung im Hinblick darauf, "dass das Gericht seiner Entscheidung Lageberichte des Auswärtigen Amtes aus den Jahren 1999, 2000 und 2001 zugrunde legt", in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise aufgezeigt. Eine rechtsgrundsätzlich klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung, wie sie die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO voraussetzt, lässt sich den Ausführungen der Beschwerde nicht entnehmen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.