Beschluss vom 29.01.2008 -
BVerwG 1 WB 21.07ECLI:DE:BVerwG:2008:290108B1WB21.07.0

Leitsätze:

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Es stellt keine Verkennung des Begriffs der erforderlichen uneingeschränkten Eignung dar, wenn von einem künftigen Vorgesetzten erwartet wird, dass er kontinuierlich einem hohen charakterlichen Leistungsstandard entspricht.

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  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.01.2008 - 1 WB 21.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:290108B1WB21.07.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 21.07

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Fischer und
den ehrenamtlichen Richter Hauptgefreiten Welzel
am 29. Januar 2008 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der 1986 geborene Antragsteller wendet sich gegen die Entscheidung der Division ... in der Gestalt der dazu ergangenen Beschwerdebescheide des Befehlshabers des Heeres...kommandos und des Inspekteurs des Heeres, ihn wegen fehlender Eignung zum (Fach-)Unteroffizier in die Laufbahn der Mannschaften zurückzuführen. Er war Soldat auf Zeit, dessen auf drei Jahre, acht Monate und 15 Tage festgesetzte Dienstzeit am 15. September 2007 geendet hat. Zum Stabsgefreiten war er am 19. Januar 2007 ernannt worden. Zuletzt wurde er bei der Luft...kompanie ... in R. verwendet.

2 Der Stellvertretende Kommandeur der Division ... hatte den Antragsteller mit Verfügung vom 12. September 2005 als Anwärter für die Laufbahngruppe der Unteroffiziere zugelassen. Im Zuge der Ausbildung zum Unteroffizier Allgemeiner Fachdienst war für den Antragsteller vom 7. bis 31. März 2006 die Teilnahme am Unteroffizierlehrgang Teil 1 und vom 4. April 2006 bis zum 2. Januar 2008 die Ausbildung im Rahmen der zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung (ZAW) zum Fachinformatiker vorgesehen.

3 Am 19. Oktober 2005 meldete Oberfeldwebel W. dem Kompaniechef der Luft...kompanie ..., während des Schießens der Erkundungsgruppe mit der Maschinenpistole am 18. Oktober 2005 sei der Antragsteller mehrmals durch negatives Verhalten aufgefallen. Er habe sich nicht in der Lage gezeigt, anfallende Arbeiten selbstständig zu erkennen und aus eigenem Antrieb mit anzupacken. Während des Umbaus der Schießbahn von einer Schießübung zur anderen habe man ihm notwendige Arbeiten, die jedoch offensichtlich waren, stets befehlen müssen, weil der Antragsteller oftmals mit Händen in der Hosentasche dagestanden und seinen Kameraden und dem Leitungspersonal tatenlos zugesehen habe. Als bei der Schießübung MP-S-4 ausdrücklich Feuerstöße befohlen worden seien, habe er stattdessen Einzelfeuer geschossen. Auf Fragen des Leitenden habe er geantwortet, er habe das so gelernt. Bei der Verpflegung aller Soldaten der Schießenden Abteilung habe sich der Antragsteller zur Cafeteria der Schießbahn abmelden müssen, weil er sein Essbesteck auf der Stube vergessen hatte, obwohl die notwendige Ausrüstung für den Schießtag am Vorabend durch den Leitenden befohlen worden war. Im persönlichen Umgang sei oftmals auffällig, dass der Antragsteller Spaß daran habe, „Vorgesetzten mit aller Gewalt zur Last zu fallen“.

4 Am 1. Februar 2006 meldete Oberstabsfeldwebel Wi. dem Kompaniechef, der Antragsteller habe am 17. Januar 2006 den Befehl des Stabsunteroffiziers H., einen Karton in den Materialkeller der Teileinheit einzulagern, nicht befolgt und als Entschuldigung geäußert, er habe dies vergessen. Zugleich meldete Oberstabsfeldwebel Wi., er habe am 23. Januar 2006 dem Antragsteller und zwei weiteren Soldaten befohlen, ihre Ausrüstung für die am 30. Januar 2006 beginnende Unteroffizier-Vorausbildung der Kompanie gemäß Verpackungsplan zu verpacken und die geforderten Taschenkarten für die Ausbildung zu empfangen. Bei der Überprüfung der Ausrüstung am 30. Januar 2006 sei beim Antragsteller das Fehlen einer Taschenkarte und des Klappspatens mit Tasche festgestellt worden. Auf die fehlenden Ausrüstungsgegenstände angesprochen habe der Antragsteller geäußert, der Empfang von Taschenkarten sei ihm nicht befohlen worden und der Spaten mit Tasche habe ihm schon länger gefehlt. Oberstabsfeldwebel Wi. führte ferner aus, allgemein wirke der Antragsteller in der Ausbildung und im täglichen Dienstbetrieb teilnahmslos und unmotiviert; Befehle bzw. Aufträge befolge er erst nach Diskussion und Widerspruch leichtfertig oder gar nicht.

5 Oberfeldwebel W., der Ausbildungsleiter der Unteroffizieranwärter-Förderausbildung, meldete im Übrigen ergänzend, der Antragsteller habe am 30. Januar 2006 den Eingangstest nach 27 Minuten abgebrochen und als Testergebnis nur elf von 122 möglichen Punkten erreicht. Dieser Test habe zur Feststellung von „Abholpunkten“ für die Ausbildung gedient. Der Antragsteller habe die maßgeblichen Ausbildungsunterlagen bereits am 20. September 2005 gegen Unterschrift erhalten. Am 31. Januar 2006 habe der Antragsteller in einer Bemerkung gegenüber Kameraden erklärt, „dass es nicht sein kann, dass man bis abends Dienst hat, dann lernen soll und am nächsten Tag fit sein soll“. Den Befehl vom 31. Januar 2006, zum Antreten am 1. Februar 2006 die Zeltbahn und das MPG G 36 (zur Waffenkammer) mitzuführen, habe der Antragsteller nicht befolgt.

6 Die in den beiden zuletzt genannten Meldungen enthaltenen Sachverhalte machte der Kompaniechef dem Antragsteller in einem Anhörungsvermerk vom 15. Februar 2006 bekannt und teilte ihm mit, er beabsichtige, den Antragsteller nicht am Unteroffizierlehrgang Teil 1 teilnehmen zu lassen. Aufgrund des gezeigten Leistungsbildes und seines Verhaltens sei der Antragsteller zurzeit für eine Laufbahn der Unteroffiziere nicht geeignet; nach Bewährung und deutlicher Leistungssteigerung werde erneut ein Lehrgang für ihn angefordert. Zu diesem Anhörungsvermerk nahm der Antragsteller mit einem (offensichtlich fehlerhaft) auf den 24. Oktober 2005 datierten Schreiben Stellung.

7 Am 14. Februar 2006 verhängte der Kompaniechef der Luft...kompanie ... gegen den Antragsteller einen Strengen Verweis, weil dieser sich am 2. Februar 2006 um 10.10 Uhr im Feldanzug im Sanitätsbereich zur Behandlung vorgestellt habe, obwohl ihm durch seinen Ausbildungsleiter befohlen worden war, sich im Sportanzug vorzustellen.

8 Im einem weiteren Anhörungsvermerk vom 30. März 2006 teilte der Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers und Kompaniechef ihm mit, aufgrund seiner gezeigten unzureichenden Leistung werde er beantragen, ihn in die Laufbahn der Mannschaften zurückzuführen. Zur Begründung führte er aus:
„Im Anhörungsvermerk vom 15.02.06 wurde Ihnen eröffnet, dass Sie nur nach deutlicher Steigerung Ihres Verhaltens und Ihres Leistungsstandes in der Laufbahn der Unteroffiziere gefördert werden. Ihrer Stellungnahme zum Anhörungsvermerk vom 15.02.06, in welchem Sie Engagement und bessere Leistungen versprochen haben, haben Sie keine Taten folgen lassen.
Nachdem Sie gesundheitsbedingt nur in Abschnitten an der im Januar bis Februar 2006 durchgeführten UA-Förderausbildung teilnehmen konnten, wurden Sie im Zeitraum 13. bis 16.03.06 in Einzelunterrichten ausgebildet. Die Ergebnisse waren mangelhaft bis durchschnittlich, obwohl keinerlei für Sie neuer Ausbildungsstoff vermittelt wurde. Sie fielen durch Gleichgültigkeit und Unwillen wiederholt auf. So waren Sie nach den nur für Sie durchgeführten Unterrichten nicht in der Lage, die ausgebildeten Handwaffen der Kp mit Baugruppen und technischen Daten korrekt zu benennen, obwohl Sie im Januar 2006 bereits mehrfach auf Lücken in diesem Bereich hingewiesen wurden.
Die Ergebnisse der schriftlichen Leistungsnachweise in Ihnen bekannten Ausbildungsgebieten waren mangelhaft bis durchschnittlich, obwohl Ihnen die Lernunterlagen ‚UA’ bereits am 20.09.05 ausgehändigt wurden. Erschwerend kommt hinzu, dass Sie durch mich persönlich in einem Anhörungsvermerk vom 15.02.06 genau auf diese Lücken hingewiesen wurden.
Ich kann bei Ihnen keinerlei Willen erkennen, Ihre Leistungen zu steigern, da Sie nicht gewillt sind, sich selbst in den grundlegendsten Fächern weiterzubilden, um wenigstens ausreichende Leistungen zu erbringen.
Sie lassen sich in den Ausbildungen ‚gehen’ und geben damit ein negatives Beispiel für die Soldaten der Kompanie, obwohl Sie als UA jedem anderem Mannschaftsdienstgrad ein Vorbild sein sollten.
Charakterlich entsprechen Sie nicht im mindesten den Forderungen an einen Unteroffizier.“

9 Zu diesem Anhörungsvermerk nahm der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 7. April 2006 Stellung und beantragte mit Schreiben vom 3. Mai 2006 die Anhörung der Vertrauensperson.

10 Die Vertrauensperson äußerte sich am 9. Mai 2006 unter anderem wie folgt:
„Ich habe mich mit den Unterlagen des HGUA Sch. intensiv vertraut gemacht und mich mit ihm und seinem Ausbilder, Hauptfeldwebel W., persönlich über den Sachstand unterhalten. Aufgrund der Aussagen des Soldaten und seiner Ausbilder bin ich der Meinung, dass er den Anforderungen eines Uffz nicht gerecht werden wird! Auch im Hinblick auf die Rolle eines Vorgesetzten, welche er dann zu erfüllen hätte, wäre es nicht sinnvoll, ihn einzusetzen, da mit der nötigen Kompetenz nicht zu rechnen ist.
Es wäre zu überlegen, ihn in der Dienstgradgruppe der Mannschaften weiter einzusetzen und ihm die Möglichkeit zu geben, aufgrund guter Leistungen seine Dienstzeit zu verlängern.“

11 Da diese Anhörung der Vertrauensperson auf einem Formular zur Anhörung zu einer beabsichtigten Disziplinarmaßnahme erfolgte, erklärte die Vertrauensperson am 24. Juli 2006 ergänzend folgendes:
„Zum Zeitpunkt meiner Anhörung war mir bewusst, dass es sich bei dem Sachverhalt nicht um ein Dienstvergehen handelt, sondern um eine Rückstufung in die Laufbahn der Mannschaften.“

12 Dem Antrag des Kompaniechefs der Luft...kompanie ... vom 10. Mai 2006 auf Rückführung des Antragstellers in die Laufbahn der Mannschaften gab der Kommandeur der Division ... mit Bescheid vom 7. Juni 2006 statt. Zur Begründung nahm er auf den Inhalt des Anhörungsvermerks vom 15. Februar 2006, auf die fehlende Steigerung der Leistungen des Antragstellers in den Einzelunterrichten und auf den Strengen Verweis vom 14. Februar 2006 Bezug. Er stellte fest, dass der Antragsteller die charakterlichen Anforderungen, die an einen Unteroffizier im Bereich der Division ... gestellt würden, derzeit nicht erfülle.

13 Die Beschwerde des Antragstellers vom 14. Juni 2006 wies der Befehlshaber des Heeresführungskommandos mit Beschwerdebescheid vom 27. September 2006 zurück. Unter Hinweis auf eine Disziplinarbuße vom 26. April 2004 sowie auf den Strengen Verweis vom 14. Februar 2006, ferner auf die Meldungen des Hauptfeldwebel W. und des Oberstabsfeldwebel Wi. stellte er fest, der Antragsteller sei weder charakterlich noch von seinen fachlichen Fähigkeiten für die Unteroffizierlaufbahn geeignet.

14 Die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 12. Oktober 2006 wies der Inspekteur des Heeres mit Beschwerdebescheid vom 19. März 2007 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Rückführung des Antragstellers sei zu Recht erfolgt, weil dieser charakterlich ungeeignet erscheine, auch nur allgemeine Vorgesetztenaufgaben wahrzunehmen. Über einen Zeitraum von sechs Monaten von Oktober 2005 bis März 2006 sei er wiederholt derart negativ aufgefallen, dass seine Vorgesetzten hierüber dem nächsten Disziplinarvorgesetzten Meldung erstattet hätten. Die einzelnen Vorkommnisse, die von bloßen Nachlässigkeiten bis hin zu disziplinar geahndeten Dienstpflichtverletzungen reichten, stellten jedes für sich genommen die charakterliche Eignung des Antragstellers für die Unteroffizier-Fachdienstlaufbahn noch nicht in Frage; in ihrer Summe ließen sie jedoch erkennen, dass der Antragsteller zumindest derzeit durchgreifende Schwierigkeiten habe, sich in die militärische Gemeinschaft und damit auch in die militärische Hierarchie einzufügen. Im Übrigen zeige er nicht die Leistungsbereitschaft, die von einem Fachunteroffizier zu erwarten sei, der wie alle Vorgesetzten nach dem Soldatengesetz verpflichtet sei, in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben. Damit offenbare der Antragsteller charakterliche Mängel, die ihn derzeit als für die Unteroffizier-Fachdienstlaufbahn ungeeignet erscheinen ließen. Dieser Feststellung stehe die Äußerung des Zentrums für Nachwuchsgewinnung Ost über die Eignung zur Unteroffizierlaufbahn Fachdienst vom 19. Januar 2005 nicht entgegen. Zwischen dieser Eignungsaussage und der Entscheidung des Kommandeurs der Division ... liege ein Zeitraum von 18 Monaten, in dem ein junger Soldat sich durchaus zum Positiven, aber auch zum Negativen entwickeln könne.

15 Gegen diesen ihm am 22. März 2007 eröffneten Bescheid richtet sich der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 5. April 2007, den der Inspekteur des Heeres mit seiner Stellungnahme vom 11. Mai 2007 dem Senat vorgelegt hat.

16 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgingen. Entgegen dem Vorwurf, er habe seinen Kameraden beim Umbau der Schießbahn mit Händen in den Hosentaschen zugesehen, sei er diesem Befehl sehr wohl nachgegangen. Bei seiner Meldung zum Einzelfeuer habe er betont, in seiner alten Einheit gelernt zu haben, dass Feuerstöße so kurz wie möglich sein müssten, um die Zielgenauigkeit und die damit verbundene Treffgenauigkeit bestmöglich zu wahren. Der Vorwurf, sein Essbesteck vergessen zu haben, sei hingegen wahr. Hinsichtlich des Auftrags des Stabsunteroffiziers H. ein Stück Pappe in den Keller zu bringen, habe es keinen konkreten Befehl gegeben; deshalb habe er nicht mehr an dieses „Stück Pappe hinter dem Spind“ gedacht. Die Aussage, ihm habe als einzigem der Klappspaten gefehlt, sei unwahr. Zu Beginn der Förderausbildung sei er einer der wenigen gewesen, die bereits zwei Taschenkarten empfangen hätten. Die dritte Taschenkarte habe kein Teilnehmer gehabt. Es sei eine Liste herumgegeben worden, in der alle Kameraden hätten eintragen sollen, welche Taschenkarten der jeweiligen Person fehlten. Kurze Zeit später hätten alle Teilnehmer die fehlenden Taschenkarten, unter anderem die Taschenkarte „Fernmeldedienst aller Truppen Nr. 9“ empfangen. Er könne nicht verstehen, wieso eine solche Meldung über ihn gemacht worden sei. „In diesem Fall Taschenkarten“ benenne er als Zeugen den Stabsunteroffizier P.

17 Im Zeitpunkt des Eingangstests zu Beginn der Förderausbildung habe er der Aufsicht gemeldet, dass es ihm nicht gut gehe und ihm schwindelig sei. Deshalb habe er den Test nach nur wenigen Minuten aufgrund seines Befindens beendet. Ein Test wenige Tage später habe ein besseres Ergebnis gezeigt. Seinem nächsten Disziplinarvorgesetzten habe er eine deutliche Leistungssteigerung versprochen. Deswegen habe er sich für freiwillige Aufgaben gemeldet. Am Ende der Waffenausbildung habe er vor den Augen des Kompaniechefs die sogenannte „Waffenkiste“ (Zusammensetzen von MP 2 A 1, MG 3, P 8 und G 36 auf Zeit) absolviert. Der Chef habe wörtlich gesagt „Ja, Kamerad Sch., das war gar nicht schlecht, ich sehe, dass die zusätzliche Ausbildung etwas gebracht hat, machen Sie weiter so“. Beim Orientierungsmarsch auf Einzelkämpferebene habe er bei Schnee und schwierigsten Bodenbedingungen vollste Leistung gezeigt und von Seiten eines Oberleutnants großes Lob erhalten. Deshalb könne er für Vorgesetztenaufgaben charakterlich nicht ungeeignet sein.

18 Nach seinem Dienstzeitende bereite er einen Schadenersatzprozess vor. Schadenersatzansprüche wegen der eingetretenen Einkommenseinbußen aufgrund der Rückführung und der dadurch bedingten Nichtverlängerung der Dienstzeit könne er nur nach Feststellung der Rechtswidrigkeit der ergangenen Bescheide durchsetzen.

19 Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid der Division ... vom 7. Juni 2006 und die Beschwerdebescheide des Befehlshabers des Heeresführungskommandos vom 27. September 2006 sowie des Inspekteurs des Heeres vom 19. März 2007 rechtswidrig sind.

20 Der Inspekteur des Heeres beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

21 Der Antragsteller erscheine als charakterlich ungeeignet für die UnteroffizierFachdienstlaufbahn. Ob ein Laufbahnanwärter geeignet sei oder nicht, bestimme sich nach den militärischen Anforderungen an die jeweilige Laufbahn, hier der Unteroffiziere des allgemeinen Fachdienstes. Fachunteroffiziere seien als Spezialisten grundsätzlich frei von militärischer Führungsverantwortung; sie nähmen jedoch allgemeine Vorgesetztenaufgaben wahr und müssten daher zur Übernahme solcher eingeschränkter Führungsaufgaben befähigt sein. Über diesen Maßstab gehe der Ausgangsbescheid zwar offensichtlich hinaus, weil er den Antragsteller an den „Anforderungen, die an einen Unteroffizier der D... gestellt werden“, gemessen habe. Gleichwohl sei die Rückführung des Antragstellers im Ergebnis zu Recht erfolgt. Insoweit nimmt der Inspekteur des Heeres ergänzend auf den Inhalt seines Beschwerdebescheides vom 19. März 2007 Bezug.

22 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministeriums der Verteidigung/Inspekteurs des Heeres - FüH/RB - ... (zwei Bände) sowie die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

23 Der Antrag ist zulässig.

24 Bei der Entscheidung über die Rückführung eines Soldaten in seine frühere Laufbahn handelt es sich nicht um eine Statusentscheidung, sondern um eine Verwendungsentscheidung im militärischen Über- und Unterordnungsverhältnis und damit um eine truppendienstliche Maßnahme. Für einen dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist die Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte und hier des Bundesverwaltungsgerichts - Wehrdienstsenate - gegeben (§ 21 Abs. 1 und 2 Satz 1, § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 WBO; Beschlüsse vom 24. Juni 1997 - BVerwG 1 WB 117.96 - m.w.N., vom 6. April 2005 - BVerwG 1 WB 53.04 - Buchholz 236.110 § 6 SLV 2002 Nr. 3 und vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 35.06 -).

25 Das Ausscheiden des Antragstellers aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit steht im Übrigen der Fortführung des Verfahrens nicht entgegen (§ 15 WBO).

26 Allerdings hat sich sein ursprüngliches Rechtsschutzbegehren, den Bescheid der Division ... vom 7. Juni 2006 sowie die im Antrag genannten Beschwerdebescheide aufheben zu lassen, mit seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr am 15. September 2007 erledigt.

27 Diesem Umstand hat der Antragsteller in verfahrensrechtlicher Hinsicht dadurch Rechnung getragen, dass er nach der auch im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO - im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. Januar 2008 - zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag übergegangen ist (vgl. hierzu Beschluss vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 WB 15.01 - Buchholz 442.40 § 30 LuftVG Nr. 6 = NZWehrr 2001, 165 m.w.N.).

28 Das insoweit erforderliche besondere Feststellungsinteresse hat er hinreichend dargetan. Dieses kann sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Zusätzlich kommt auch unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (vgl. z.B. Beschluss vom 8. August 2007 - BVerwG 1 WB 18.07 - m.w.N.).

29 Der Antragsteller hat mit seinem Hinweis auf die Absicht, einen Schadenersatzanspruch gegen den Dienstherrn geltend zu machen, ein ausreichendes Feststellungsinteresse dargelegt. Er hat sich insoweit auf eingetretene Einkommenseinbußen aufgrund der Rückführung und auf die dadurch bedingte Nichtverlängerung seiner Dienstzeit berufen. Für die Entscheidung über das Feststellungsbegehren besteht weiterhin ein Feststellungsinteresse des Antragstellers, weil das Ende seiner Dienstzeit als erledigendes Ereignis erst nach Rechtshängigkeit seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung (25. Mai 2007) eingetreten ist. Lediglich in Fällen, in denen die Erledigung der Hauptsache bereits vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten ist, hat das für die (beabsichtigte) Schadenersatzklage zuständige allgemeine Verwaltungsgericht oder Zivilgericht über sämtliche den geltend gemachten Anspruch betreffenden Rechtsfragen in eigener Zuständigkeit zu befinden; bei dieser Sachlage fehlt für die Inanspruchnahme wehrdienstgerichtlichen Rechtsschutzes das notwendige Feststellungsinteresse (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 8. Mai 2001 a.a.O., vom 22. Juni 2005 - BVerwG 1 WB 1.05 - und vom 8. August 2007 a.a.O.).

30 Der danach zulässige Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet.

31 Der Bescheid des Kommandeurs der Division ... vom 7. Juni 2006 ist in der Gestalt, die er durch den Beschwerdebescheid des Inspekteurs des Heeres vom 19. März 2007 gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in entsprechender Anwendung), rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

32 Nach § 55 Abs. 4 Satz 2 SG soll ein Unteroffizieranwärter, der sich nicht zum Unteroffizier eignen wird, unbeschadet des § 55 Abs. 4 Satz 1 SG entlassen werden; ist er zuvor in einer anderen Laufbahn verwendet worden, soll er nach § 55 Abs. 4 Satz 3 SG nicht entlassen, sondern in diese (frühere Laufbahn) zurückgeführt werden, soweit er noch einen dieser Laufbahn entsprechenden Dienstgrad führt. Korrespondierend hierzu sieht § 6 Abs. 5 Satz 2 SLV die Rückführung von Unteroffizieranwärterinnern und Unteroffizieranwärtern, die als Mannschaften zu einer Laufbahn der Fachunteroffiziere zugelassen worden sind, in ihre bisherige Laufbahn vor, wenn sich herausstellt, dass sie sich nicht zum Unteroffizier eignen.

33 Die Voraussetzungen für eine Rückführungsentscheidung nach diesen Normen lagen im Fall des Antragstellers vor.

34 Er war aufgrund der Zulassungsentscheidung des Stellvertretenden Kommandeurs der Division ... vom 12. September 2005 Unteroffizieranwärter im Sinne der vorbezeichneten Vorschriften.

35 Der Kommandeur der Division ..., der die Verfügung vom 7. Juni 2006 unterzeichnet hat, war für die Rückführungsentscheidung zuständig (vgl. Nr. 421 ZDv 20/7 i.V.m. Art. 3 Nr. 1 Buchst. c ZDv 14/5 Teil B 125 in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung). Seine Einschätzung, dass sich der Antragsteller nicht zum Unteroffizier (des Fachdienstes) eignet, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

36 Bei der Prüfung der Frage, ob die Eignung eines Soldaten zum Unteroffizier im Sinne des § 55 Abs. 4 Satz 2 und 3 SG sowie des § 6 Abs. 5 Satz 2 SLV zu verneinen ist, steht der zuständigen Stelle ein Beurteilungsspielraum zu. Da die Feststellung der Eignung eines Soldaten für eine bestimmte Laufbahn in erster Linie von besonderen Anforderungen des militärischen Dienstes abhängt, können nur die zuständigen Vorgesetzten sachverständig und zuverlässig beurteilen, ob der jeweilige Antragsteller diesen Anforderungen entspricht. Diese Beurteilung stellt einen Akt wertender Erkenntnis der zuständigen Vorgesetzten bzw. der zuständigen Stelle dar; die gerichtliche Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit hat sich darauf zu beschränken, ob die zuständige Stelle den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Dagegen können fachliche Erwägungen, die zur Feststellung der Eignung oder auch der Nichteignung geführt haben, nicht Gegenstand gerichtlicher Überprüfung sein (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 35.06 - m.w.N.).

37 Für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit ein Soldat die für eine Laufbahn zu stellenden Anforderungen erfüllt bzw. erfüllen wird, sind neben der fachlichen Qualifikation des Soldaten auch seine persönlichen, d.h. charakterlichen, geistigen und körperlichen Eigenschaften maßgebend (Beschluss vom 6. Juni 2007 a.a.O. m.w.N.).

38 Der Kommandeur der Division ... und der Inspekteur des Heeres sind in den angefochtenen Entscheidungen nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.

39 Der Antragsteller hat - wie in den genannten Bescheiden ausgeführt - am 14. Februar 2006 einen Strengen Verweis wegen Nichtausführung eines Befehls erhalten. Zu den im Anhörungsvermerk vom 15. Februar 2006 dargestellten Sachverhalten hat er sich in einer (offensichtlich fehlerhaft) auf den 24. Oktober 2005 datierten Erklärung geäußert und die Nichtbefolgung von Aufträgen bzw. Befehlen am 17. Januar, am 23. Januar und am 31. Januar 2006 im Ergebnis eingeräumt. Insoweit hat er dargelegt, er sehe von sich aus ein, dass er dem Auftrag (zur Beseitigung des Pappkartons) in der Mittagspause oder nach Dienst hätte nachgehen können. Er hat ferner erklärt einzusehen, dass er einen Weg hätte finden müssen, seinen Ausbildungsleiter nach der richtigen Nummer der dritten Taschenkarte zu fragen und sich hinsichtlich des Befehls zum Mitführen der Zeltbahn und des MPG nach den gegebenen Befehlen zu erkundigen.

40 Die erstmals im Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 5. April 2007 enthaltene Behauptung, die Aussage, ihm als einzigem habe der Klappspaten gefehlt, sei unwahr, ist nicht in der erforderlichen Weise substantiiert und überdies nicht glaubhaft. Oberstabsfeldwebel Wi. hat in seiner Meldung vom 1. Februar 2006 ausdrücklich festgestellt, dass bei der Überprüfung der Ausrüstung am 30. Januar (nur) beim Antragsteller das Fehlen des Klappspatens mit Tasche festgestellt worden sei; die beiden anderen mit dem Befehl vom 23. Januar 2006 angesprochenen Soldaten waren mit vollständiger Ausrüstung versehen. Der Beweisanregung des Antragstellers im Antragsschriftsatz vom 5. April 2007, den Stabsunteroffizier P. zu „diesem Fall Taschenkarten“ als Zeugen zu vernehmen, ist nicht nachzugehen. Insoweit handelt es sich um einen Beweisermittlungsantrag, der nicht zur förmlichen Beweiserhebung zwingt, weil der Antragsteller darauf verzichtet hat, ein konkretes Beweisthema zu benennen. Hätte er die nachträgliche Verteilung fehlender Taschenkarten durch andere Soldaten substantiiert als Beweisthema formuliert, wäre diese angeregte Beweiserhebung für die Entscheidung des Senats im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO (i.V.m. § 18 Abs. 2 Satz 2 und § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO i.w.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO) unerheblich, denn der Befehl vom 23. Januar 2006 bezog sich auf den Empfang aller „geforderten“ Taschenkarten, sodass es Sache des Antragstellers war, sich persönlich bis zum Beginn der Ausbildung und der Überprüfung der Ausrüstung am 30. Januar 2006 nach der geforderten Nummer (9) der Taschenkarte „Fernmeldedienst aller Truppen“ zu erkundigen. Das Unterlassen dieser Klärung und der Vervollständigung seiner Ausrüstung durch ihn selbst war wesentlicher Inhalt des Vorwurfs in der Meldung. Dementsprechend hat der Antragsteller in seiner Stellungnahme zum Anhörungsvermerk vom 15. Februar 2006 ausdrücklich eingeräumt, dass er einen Weg hätte finden müssen, sich (rechtzeitig) nach der richtigen Nummer der geforderten Taschenkarte zu erkundigen.

41 Auch hinsichtlich des Testergebnisses von lediglich elf von 122 möglichen Punkten im Eingangstest am 30. Januar 2006 gehen die angefochtenen Bescheide von einem zutreffenden Sachverhalt aus. Das Vorbringen des Antragstellers, dieses Ergebnis beruhe auf gesundheitlichen Beeinträchtigungen, hat er nicht zeitnah zum Testergebnis aktenkundig geltend gemacht. Die Durchführung des Tests und speziell das Testergebnis hat er nicht angefochten. Erstmals mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. April 2006 hat er insoweit eine gesundheitliche Beeinträchtigung behauptet, ohne diese im Einzelnen zu belegen. Gesundheitliche Prüfungsbeeinträchtigungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unmittelbar vor oder spätestens direkt nach einer Prüfung bei der zuständigen Stelle geltend zu machen (Beschluss vom 10. April 1991 - BVerwG 1 WB 144.90 -; vgl. auch Beschluss vom 3. Januar 1994 - BVerwG 6 B 57.93 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 327).

42 Sowohl in seiner Stellungnahme zum Anhörungsvermerk vom 15. Februar 2006 als auch im Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Antragsteller im Übrigen eingeräumt, den Befehl „verpasst“ zu haben, seine Zeltbahn in der Pause beim Aufbauteam der Waffenausbildung abzugeben und das Manöverpatronengerät mitzuführen.

43 Im Hinblick auf den Inhalt der Meldung des Oberfeldwebels W. vom 19. Oktober 2005 geht der Beschwerdebescheid des Inspekteurs des Heeres ebenfalls nicht von einem unrichtigen Sachverhalt aus. Oberfeldwebel W. hatte gemeldet, dass der Antragsteller „während des Umbaus der Schießbahn von einer Schießübung zur anderen“ ... „oftmals mit den Händen in der Hosentasche dastand und seinen Kameraden und dem Leitungspersonal tatenlos zusah“. Diese - auf dauerhaftes Verhalten des Antragstellers bezogene - Aussage hat der Antragsteller mit seinem Vorbringen im Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht widerlegt. Er erklärt dort (ohne förmlichen Beweisantritt) lediglich, er sei „dem (welchem?) Befehl sehr wohl nachgegangen“ und habe mit einem Hubwagen Schießbahnteile von der Schießbahn zum Lagerraum transportiert. Dies ist hingegen nicht Inhalt des Vorhalts des Oberfeldwebels W.

44 Auch den Vorwurf, bei Schießübungen Einzelfeuer geschossen zu haben, wo ausdrücklich Feuerstöße befohlen waren, hat der Antragsteller im Ergebnis eingeräumt und sich zur Erklärung nur auf eine anderweitige Ausbildung bezogen. Die diesbezügliche Feststellung des Inspekteurs des Heeres erweist sich insbesondere deshalb als richtig erfasster Sachverhalt, weil Oberfeldwebel W. in seiner Meldung vom 19. Oktober 2005 ergänzend betont, dass sich der Antragsteller beim wiederholten Schießen dieser Übung in der Lage gezeigt habe, Feuerstöße zu schießen. Dem ist der Antragsteller nicht entgegengetreten. Den Vorwurf, sein Essbesteck vergessen zu haben, hat der Antragsteller ausdrücklich eingeräumt.

45 Bei der angefochtenen Rückführungsentscheidung ist der Begriff der Eignung nicht verkannt worden. Zwar hat die Division ... im angefochtenen Ausgangsbescheid (nur) die Eignung des Antragstellers für einen Unteroffizier „im Bereich der Division ...“ in den Mittelpunkt gestellt. In den beiden Beschwerdebescheiden ist diese Einschränkung jedoch korrigiert und zutreffend auf die Gesamteignung des Antragstellers für die Unteroffizierlaufbahn abgestellt worden. Zum Begriff der Eignung hat sich der Inspekteur des Heeres ohne Verkennung des Eignungsbegriffs an der „Neuordnung der Laufbahnen im Heer“ (Stand 7. September 2006) orientiert und dort die Nr. 3 „Fachunteroffizierlaufbahnen“ dahin ausgewertet, dass auch Fachunteroffiziere allgemeine Vorgesetztenaufgaben wahrzunehmen haben (beispielsweise aufgrund ihres Dienstgrades) und deshalb bei der Einstellung oder Übernahme in die Laufbahn auf ihre dementsprechende Eignung zu prüfen und in der Ausbildung daraufhin vorzubereiten sind. Entscheidendes Gewicht hat der Inspekteur des Heeres dabei auf die Anzahl und die Dauer der Versäumnisse und (disziplinar geahndeten) Dienstpflichtverletzungen des Antragstellers über einen Zeitraum von sechs Monaten von Oktober 2005 bis März 2006 gelegt. Es stellt keine Verkennung des Begriffs der erforderlichen uneingeschränkten charakterlichen Eignung dar, wenn von einem künftigen Vorgesetzten erwartet wird, dass er kontinuierlich einem hohen charakterlichen (und fachlichen) Leistungsstandard entspricht und insbesondere fortlaufend Eigeninitiative, persönliche Einsatzbereitschaft, Zuverlässigkeit und Engagement im Dienst beweist. Die Einschätzung des Inspekteurs des Heeres, das Verhalten des Antragstellers von Oktober 2005 bis März 2006 in der in den Meldungen geschilderten Ausprägung sei mit dem Charakterbild eines (künftigen) Unteroffiziers des allgemeinen Fachdienstes nicht in Einklang zu bringen, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Denn § 10 Abs. 1 SG sieht ausdrücklich vor, dass von einem Vorgesetzten erwartet werden muss, dass er in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel gibt. Angesichts des mehrfach vom Antragsteller gezeigten erheblichen Fehlverhaltens konnte für ihn keine günstige Prognose seiner Eignung gestellt werden. Deshalb ist auch unerheblich, ob der Antragsteller an einzelnen Tagen aus seiner Sicht bessere Leistungen erbracht hat. Eine punktuelle Leistungssteigerung, wie sie im Antrag auf gerichtliche Entscheidung behauptet wird, vermag den negativen Eindruck über sechs Monate hinweg nicht grundsätzlich in Frage zu stellten.

46 Überdies fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass bei der Entscheidung über die Rückführung des Antragstellers allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sein könnten. Der Antragsteller ist zu der Rückführungsentscheidung durch den Anhörungsvermerk vom 30. März 2006 angehört worden. Auch die Vertrauensperson ist am 9. Mai 2006 in der Sache zu der beabsichtigten Rückführung angehört worden. Dass diese Anhörung offenbar versehentlich auf einem Formular zur Anhörung zu Disziplinarverfahren erfolgte, stand der Verwertung der Äußerung der Vertrauensperson nicht entgegen, zumal diese am 24. Juli 2006 präzisierend erklärt hat, ihr sei bei ihrer Äußerung bewusst gewesen, sich zu einer Rückführungsentscheidung zu erklären.

47 Die Rückführungsentscheidung ist ferner unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Aus dem Wortlaut des § 55 Abs. 4 Satz 3 SG (i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 2 SLV) ergibt sich, dass im Falle einer negativen Eignungsprognose die Rückführung eines Unteroffizieranwärters in seine frühere Laufbahn als Regelfall („Soll“) vorgegeben ist. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann davon abgesehen werden (Beschlüsse vom 24. August 2005 - BVerwG 1 WDS-VR 3.05 - und vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 35.06 -). Das „Soll“ ist damit in der Regel als „Muss“ zu interpretieren; davon geht auch der Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 2 SLV aus. Lediglich bei einer atypischen Sachlage verbleibt es bei der sonst vorgesehenen Entlassung des Unteroffizieranwärters. Besondere Umstände in diesem Sinne sind hier weder ersichtlich noch substantiiert geltend gemacht.