Beschluss vom 28.10.2013 -
BVerwG 2 B 84.12ECLI:DE:BVerwG:2013:281013B2B84.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.10.2013 - 2 B 84.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:281013B2B84.12.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 84.12

  • VG Potsdam - 07.02.2012 - AZ: VG 18 K 2170/11.OB
  • OVG Berlin-Brandenburg - 16.08.2012 - AZ: OVG 83 D 1.12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Oktober 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. August 2012 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und des Verfahrensfehlers im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO, § 69 BDG liegen nicht vor.

2 Der Beklagte ist Ruhestandsbeamter; er stand als Polizeihauptmeister im Dienst der Klägerin. Im Disziplinarklageverfahren hat ihm das Verwaltungsgericht das Ruhegehalt aberkannt. Seine hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss als unzulässig verworfen, weil sie nicht fristgerecht begründet worden sei; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren.

3 Der Beklagte sieht die grundsätzliche Bedeutung und einen Gehörsverstoß darin, dass das Berufungsgericht unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Dezember 1987 - 4 AZR 540/87 - (juris) und ohne Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 21. Dezember 1995 - VII ZB 17/95 - <NJW 1996, 1350 ff.>) entschieden habe. Er habe seinen Wiedereinsetzungsantrag ausführlich, den Darlegungserfordernissen des Bundesgerichtshofs entsprechend, begründet. Es gebe zudem Anhaltspunkte für einen Verlust der Postsendung. Der verspätete Eingang seines Antrages auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mache zudem eine Entscheidung über ihn nicht entbehrlich.

4 Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 BDG) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Es fehlt bereits an der Formulierung einer Rechtsfrage. Im Übrigen lassen sich die allenfalls sinngemäß aufgeworfenen Fragen anhand des Gesetzes beantworten und sind auch bereits in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

5 Nach der Rechtsprechung (auch) des Bundesverwaltungsgerichts können Mängel der postalischen Beförderung, insbesondere ein Verlust auf dem Postweg, einem Beteiligten nicht zugerechnet werden, wenn er die Sendung den postalischen Bestimmungen entsprechend - also korrekt frankiert und adressiert - zu einem Zeitpunkt abgesandt hat, zu dem unter Berücksichtigung der üblichen Postlaufzeiten - innerhalb des Bundesgebiets spätestens innerhalb von drei Werktagen - mit einem rechtzeitigen Eingang bei dem Empfänger gerechnet werden darf (vgl. Urteile vom 20. Juni 2013 - BVerwG 4 C 2.12 - NVwZ 2013, 1288 ff. Rn. 8, vom 21. März 2013 - BVerwG 3 C 10.12 - juris Rn. 11 und vom 23. September 2010 - BVerwG 3 C 37.09 - BVerwGE 138, 21 = Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 45, jeweils Rn. 9, Beschlüsse 16. Januar 2012 - BVerwG 4 B 1.12 - juris Rn. 2, vom 9. November 2009 - BVerwG 7 B 10.09 - Buchholz 310 § 118 VwGO Nr. 5 Rn. 9 und vom 9. Januar 2008 - BVerwG 3 B 118.07 - juris Rn. 3). Insoweit genügt aber nicht die bloße Behauptung in einem Wiedereinsetzungsantrag, sondern es bedarf der Darlegung, wann, durch wen und wo der Brief bei der Post abgeliefert worden ist (zu diesem Erfordernis vgl. insbesondere Beschluss vom 9. Januar 2008 a.a.O.). Dies folgt aus § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO, der zudem verlangt, dass die Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen sind.

6 Das Berufungsgericht hat hiervon ausgehend ohne Rechtsverstoß - und damit auch ohne Verfahrensfehler - die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt; einer gesonderten Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag nach § 64 Abs. 1 Satz 3 BDG bedurfte es nicht mehr. Zwar hat der Beklagte in seinem Wiedereinsetzungsgesuch vorgetragen, der Verlängerungsantrag für die Berufungsbegründung sei am 23. April 2012 verfasst und am selben Tag zur Post gegeben worden, so dass er innerhalb von maximal drei Tagen und damit vor Ablauf der Begründungsfrist am 26. April 2012 bei Gericht hätte eingehen müssen. Dieser Vortrag war jedoch schon nicht hinreichend substantiiert, um eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen zu können. Es fehlte jede Darlegung, durch wen und wo der Brief mit dem Verlängerungsantrag bei der Post abgeliefert worden ist. Erst recht fehlte die nach § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO erforderliche Glaubhaftmachung (vgl. ebenso: Beschluss vom 9. Januar 2008 a.a.O.).

7 Abgesehen davon, dass es danach für die vom Beklagten mit der Beschwerde geltend gemachten Anhaltspunkte für einen Verlust der Postsendung nicht mehr ankommt, weil diese nicht glaubhaft gemacht sind, gehen seine Hinweise auch am Akteninhalt vorbei. Der Beklagte verweist auf die Anfrage eines anderen Verwaltungsgerichts auf Aktenübersendung, die weder ihm noch seinem Prozessbevollmächtigten vom Oberverwaltungsgericht mitgeteilt worden sei, so dass nicht ausgeschlossen sei, dass auch dieses Schreiben beim Oberverwaltungsgericht nicht eingegangen oder durch ein Versehen der Geschäftsstelle mit dem Schreiben der Bevollmächtigten des Beklagten vom 23. April 2012 irrtümlich an das anfragende Verwaltungsgericht gesandt worden sei. Tatsächlich ist aber ausweislich der Gerichtsakte vom Oberverwaltungsgericht zu keinem Zeitpunkt eine Weiterleitung dieser Anfrage des Verwaltungsgerichts an den Beklagten oder seinen Bevollmächtigten verfügt worden. Auch hat danach die Berichterstatterin zunächst mit dem anfragenden Gericht telefoniert und die Antwort des Beklagten auf den gerichtlichen Hinweis auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist abgewartet, bevor die vom Verwaltungsgericht angeforderten Beiakten an dieses übermittelt worden sind.

8 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 77 BDG. Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil die Gerichtskosten gesetzlich betragsgenau festgesetzt sind (§ 85 Abs. 12, § 78 Satz 1 BDG, Nr. 11 und 62 Gebührenverzeichnis zum BDG).