Beschluss vom 28.05.2008 -
BVerwG 4 BN 48.07ECLI:DE:BVerwG:2008:280508B4BN48.07.0

Beschluss

BVerwG 4 BN 48.07

  • VGH Baden-Württemberg - 25.04.2007 - AZ: VGH 5 S 2243/05

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Mai 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und Dr. Bumke
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragsstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 25. April 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
  3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, jeweils einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 €, für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2 1. Die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) bleibt ohne Erfolg. Das Normenkontrollurteil weicht nicht vom Urteil des beschließenden Senats vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 – (BVerwGE 125, 116) ab.

3 Das Normenkontrollgericht vertritt die Ansicht, dass die Vorschrift des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG in der hier maßgebenden Fassung vom 25. März 2002 (BGBl I S. 1193) für die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 und 2 BNatSchG Geltung weiterhin beansprucht, soweit diese nicht gemeinschaftsrechtlich vorgegeben sind; die durch das Urteil des EuGH vom 10. Januar 2006 - C-98/03 - (NVwZ 2006, 319) veranlasste Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. auch Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166) betreffe nur gemeinschaftsrechtlich geschützte Tier- und Pflanzenarten und diese auch nur, soweit ein gemeinschaftsrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt sei (UA S. 49 ff.). Zu Unrecht meint die Beschwerde, diese Auffassung widerspreche dem Urteil des Senats vom 16. März 2006 a.a.O.

4 Nach § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG gelten die Verbote des § 42 Abs. 1 und 2 BNatSchG u.a. nicht für den Fall, dass die in Rede stehenden Handlungen bei der Ausführung eines nach § 19 BNatSchG zugelassenen Eingriffs vorgenommen werden, soweit hierbei Tiere, einschließlich ihrer Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten, oder Pflanzen der besonders geschützten Arten nicht absichtlich beeinträchtigt werden. Mit Blick auf das Merkmal der "nicht absichtlichen" Verwirklichung eines Verbotstatbestandes hat es der Senat in seinem Urteil vom 16. März 2006 (a.a.O. Rn. 558 ff.) als fraglich angesehen, ob die Ausnahmeregelung des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sei. Er hat die Unanwendbarkeit der Bestimmung für nicht absichtliche Beeinträchtigungen und damit die Verwirklichung eines Verbotstatbestandes (dort nach Nr. 3 des § 42 Abs. 1 BNatSchG) unterstellt und hat sodann die Voraussetzungen für eine Befreiung von dem Verbot nach § 62 Abs. 1 BNatSchG geprüft und bejaht. Die gemeinschaftsrechtlichen Bedenken hat der Senat unter Würdigung der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH daraus hergeleitet, dass § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG mit dem Absichtsmerkmal die Regelungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände und der Abweichungsmöglichkeiten in den Art. 12 und 16 der FFH-Richtlinie sowie in den Art. 5 und 9 der Vogelschutzrichtlinie nicht hinreichend beachten dürfte.

5 Abgesehen davon, dass der Senat die erörterte Frage nicht abschließend entschieden hat, trifft die Behauptung der Beschwerde nicht zu, die Ausführungen im Urteil vom 16. März 2006 (a.a.O., vgl. Rn. 554 bis 562) zum Absichtsmerkmal in § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG bezögen sich auf sämtliche von § 42 Abs. 1 und 2 BNatSchG erfassten Verbotshandlungen. Richtig ist vielmehr, dass sich das Urteil im Hinblick auf die etwa notwendig werdende Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 EG-Vertrag nur mit der allein entscheidungserheblichen Frage auseinander gesetzt hat, ob die in § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG geregelten Ausnahmen von der Geltung der Verbotstatbestände mit den Vorgaben des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzrechts vereinbar sind. Auch die von der Beschwerde hervorgehobene Rn. 562 befasst sich weder ausdrücklich noch sinngemäß mit der Problematik, welche Bedeutung die Vorschrift für Handlungsverbote hat, die sich nicht aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben. Das gilt Übrigens auch für das von der Beschwerde erwähnte Urteil des 9. Senats vom 21. Juni 2006 (a.a.O.).

6 2. Auch die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützten Grundsatzrügen bleiben erfolglos. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung.

7 2.1 Für den Fall, dass die in der Divergenzrüge behandelte Frage nach Ansicht des beschließenden Senats noch nicht in seinem Urteil vom 16. März 2006 entschieden sein sollte, wirft die Beschwerde sinngemäß die Frage auf, ob die Vorschrift des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG sowohl für die auf Gemeinschaftsrecht zurückgehenden wie auch für die nur national begründeten Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 und 2 BNatSchG einheitlich mit der Folge auszulegen ist, dass in beiden Fällen die Verbote auch für nicht absichtliche Beeinträchtigungen gelten. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt indes nicht in Betracht, weil die Frage auslaufendes Recht betrifft.

8 Die Vorschrift des § 43 Abs. 4 BNatSchG ist durch Art. 1 Nr. 8a des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) ersatzlos aufgehoben worden, vor allem im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtliche Problematik des Absichtsmerkmals (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks 16/5100, S. 12 f.). Eine inhaltsgleiche, die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf absichtliche Beeinträchtigungen beschränkende Bestimmung enthält das geänderte Gesetz nicht mehr (vgl. insbesondere § 42 Abs. 4 und 5 sowie § 43 Abs. 8 BNatSchG n.F.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Rechtsfragen bei auslaufendem Recht trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, da die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur eine für die Zukunft geltende Klärung herbeiführen soll (vgl. z.B. Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - und vom 27. Februar 1997 - BVerwG 5 B 155.96 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 und 15, jeweils m.w.N.). Anders kann es nur in solchen Fällen liegen, in denen die Rechtsfrage trotz der Rechtsänderung auch zukünftig für einen nicht überschaubaren Personenkreis oder jedenfalls für eine erhebliche Zahl von Altfällen bedeutsam bleibt. Dafür ist nichts ersichtlich. Die Beschwerde hat hierzu nach dem während des Beschwerdeverfahrens erfolgten Inkrafttreten der Rechtsänderungen ebenfalls nichts vorgetragen, auch nicht in dem durch Schriftsatz vom 18. April 2008 eingeleiteten Eilverfahren § 47 Abs. 6 VwGO (BVerwG 4 VR 1.08 ), obwohl sich dieser Schriftsatz nochmals mit den Erfolgsaussichten der Beschwerde befasst.

9 2.2 Grundsätzliche Bedeutung kommt auch nicht der Frage zu, ob "das Genehmigungserfordernis nach §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 10 Abs. 2 BauGB bei jeglicher Bekanntmachung eines Bebauungsplanes vor dem parallel geänderten Flächennutzungsplan unabhängig von den subjektiven Vorstellungen der planenden Gemeinde" besteht.

10 Die Frage nimmt Bezug auf den Umstand, dass der angegriffene Bebauungsplan einen Tag vor der maßgebenden 19. Änderung des Flächennutzungsplans wirksam geworden ist. Der Bebauungsplan wurde vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 10. Mai 2005 beschlossen und am 21. Juli 2005 öffentlich bekannt gemacht, während die im Parallelverfahren (§ 8 Abs. 3 BauGB) erarbeitete, von der zuständigen Verwaltungsgemeinschaft am 12. Mai 2005 beschlossene 19. Änderung des Flächennutzungsplans in zwei zur Verwaltungsgemeinschaft gehörenden Gemeinden am 21. Juli 2005, in einer weiteren Gemeinde erst am 22. Juli 2005 öffentlich bekannt gemacht wurde (UA S. 16 f.).

11 Die Frage lässt sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens unmittelbar aus dem Gesetz in dem vom Normenkontrollgericht entschiedenen Sinn beantworten. Bebauungspläne sind aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Das setzt voraus, dass bei Aufstellung eines Bebauungsplans entweder der Flächennutzungsplan bereits vorhanden ist oder aber - wie im vorliegenden Fall geschehen - gleichzeitig mit dem Bebauungsplan aufgestellt, geändert oder ergänzt wird (sog. Parallelverfahren, § 8 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Im Parallelverfahren aufgestellte Bebauungspläne müssen nur dann von der höheren Verwaltungsbehörde genehmigt werden, wenn sie zu der in § 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB geregelten Fallgestaltung zählen (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Danach kann der Bebauungsplan vor dem Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan auch aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird. Mit der für solche Bebauungspläne bestehenden Genehmigungspflicht wird sichergestellt, dass die höhere Verwaltungsbehörde ihre rechtsaufsichtlichen Befugnisse wenn schon nicht für den endgültigen, von ihr gemäß § 6 Abs. 1 BauGB zu genehmigenden Flächennutzungsplan, so doch wenigstens für den im Entwurfsstadium befindlichen Flächennutzungsplan wahrnehmen kann. Der Bebauungsplan übernimmt hier für den von ihm erfassten Teil des Gemeindegebiets der Sache nach eine Funktion, die sonst dem Flächennutzungsplan zukommt, nämlich die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung planerisch festzuschreiben (vgl. Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. Stand 2008, Rn. 10 zu § 10).

12 Angesichts dieses Gesetzeszwecks liegt auf der Hand, dass die Genehmigungspflicht des § 10 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB nicht eingreift, wenn der im Parallelverfahren aufgestellte Flächennutzungsplan zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des Bebauungsplans bereits von der höheren Verwaltungsbehörde genehmigt, aber mangels Bekanntmachung der Genehmigung (§ 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 BauGB) noch nicht wirksam geworden ist. Denn hier hat die Genehmigungsbehörde die ihr obliegende rechtsaufsichtliche Kontrolle bereits für den vom Planungsträger beschlossenen endgültigen Flächennutzungsplan ausgeübt. Für eine Prüfung auf der Grundlage eines nicht mehr vorhandenen bloßen Planentwurfs ist kein Raum mehr.

13 3. Die Revision ist schließlich auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Das angefochtene Urteil leidet nicht an den geltend gemachten Verfahrensfehlern.

14 3.1 Zu Unrecht wirft die Beschwerde dem Normenkontrollgericht vor, es sei in der Urteilsbegründung auf ein zentrales Vorbringen des Antragstellers nicht eingegangen und habe somit dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt.

15 Die Rüge bezieht sich auf die Kritik des Antragstellers an der dem Bebauungsplan zugrunde gelegten Verkehrsprognose des Planungsbüros K., die methodisch und sachlich unzulänglich sei. Mit diesen Einwänden habe sich die Urteilsbegründung nur hinsichtlich der Entlastungswirkung der Nordumfahrung für die Kernstadt und zwei weitere Stadtteile befasst, während die Angriffe gegen die Ermittlung der auf der Nordumfahrung zu erwartenden Belastung unberücksichtigt geblieben seien. Die Beschwerde verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Ausführungen unter Nr. 7 des im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten Schriftsatzes vom 1. Februar 2007 (S. 18/19) und die als Anlagen 1 und 5 vorgelegten fachtechnischen Stellungnahmen der BAU vom 21. Juli 2006 und 22. Dezember 2006. In dem genannten Schriftsatz hatte der Antragsteller einerseits gerügt, dass das von der Antragsgegnerin beauftragte Planungsbüro K. aufgrund unzutreffender Annahmen zur Entwicklung der Siedlungstätigkeit, des Bevölkerungszuwachses und des Straßenverkehrs unrealistisch hohe Verkehrszuwächse im Planungsbereich prognostiziert habe. Andererseits hatte der Antragsteller geltend gemacht, dass ausgehend von den Daten der Nullfall-Prognose des Planungsbüros K. bei fachgerechter, die gravierenden methodischen Mängel vermeidenden Umlegung dieses Verkehrs auf die Nordumfahrung drastisch höhere als die prognostizierten Belastungen zu erwarten wären.

16 Es trifft nicht zu, dass das Normenkontrollurteil sich mit dieser Problematik und den dazu vom Antragsteller vorgebrachten Einwänden nicht befasst hat. Auf den Seiten 56 bis 64 des Urteils setzt sich das Normenkontrollgericht vor dem Hintergrund der geäußerten Kritik eingehend mit den der Planung zugrunde gelegten, während des gerichtlichen Verfahrens ergänzten Gutachten des Planungsbüros K. auseinander. So befasst es sich etwa mit den vom Gutachter angestellten Verkehrserhebungen einschließlich der angewendeten Methoden (UA S. 56 bis 61), mit der Problematik der Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung und der zu erwartenden Verkehrszuwächse (UA S. 61 bis 63) sowie mit der Methodik der durchgeführten EDV-gestützten Verkehrsumlegung (UA S. 63/64). Dabei gelangt das Normenkontrollgericht zu dem Ergebnis, dass die Einwände des Antragstellers und des von ihm beauftragten Gutachters nicht durchgreifen, sondern die Antragsgegnerin ohne Rechtsverstoß die gutachtlichen Stellungnahmen des Planungsbüros K. der Planung zugrunde legen durfte. Entgegen der Behauptung des Antragstellers hat das Normenkontrollgericht nicht nur die Entlastungswirkung der Nordumfahrung in den Blick genommen, sondern es hat sich auch mit dem Einwand des Antragstellers auseinander gesetzt, dass die "geltend gemachten Mängel der Verkehrsuntersuchung(en)" zwangsläufig zu Fehlern auch bei der Lärmprognose führten und diesbezüglich auf seine Ausführungen zur Verwertbarkeit und Plausibilität der der Planung zugrunde gelegten Verkehrsprognose verwiesen (UA S. 66 f). Der Sache nach wurden damit in dem Urteil auch die im Laufe des Verfahrens erhobenen Einwände gegen die Prognose der Verkehrsbelastung auf der Nordumfahrung behandelt.

17 Gemessen daran kann keine Rede davon sein, dass zentrales Vorbringen des Antragstellers und des von ihm beauftragten Gutachters nicht berücksichtigt worden sei. Dass das Gericht der Kritik nicht gefolgt ist und die fraglichen Verkehrsgutachten des Planungsbüros K. in einer von der Beschwerde für falsch oder jedenfalls unzulänglich gehaltenen Weise sachlich gewürdigt hat, begründet ebenso wenig einen Gehörsverstoß wie der Umstand, dass die Urteilsgründe sich nicht mit jeder Einzelheit der vorgebrachten Einwände befassen. Derartige Mängel, wenn sie denn vorlägen, betreffen als tatsächliche Würdigung die Anwendung materiellen Rechts und nicht des Verfahrensrechts.

18 Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass die weiter von der Beschwerde erhobene Rüge, im Normenkontrollurteil seien unter Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht die für die richterliche Überzeugung leitend gewesenen Gründe angegeben, keinen Erfolg haben kann. Die Vorinstanz hat sich in nachvollziehbarer Weise mit den wesentlichen Argumenten auseinander gesetzt, die zwischen den Verfahrensbeteiligten mit Bezug auf die zu erwartende Verkehrsbelastung der Nordumfahrung umstritten waren. Auch insoweit kommt es nicht darauf an, ob der im Urteil vorgenommenen Würdigung des Sachverhalts und der vorliegenden gutachtlichen Äußerungen im Ergebnis zu folgen wäre oder nicht.

19 3.2 Schließlich hat das Normenkontrollgericht durch die Ablehnung des Hilfsbeweisantrags weder seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) noch seine Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) noch seine Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt.

20 Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat in der mündlichen Verhandlung fürsorglich beantragt, zum Beweis der Fehlerhaftigkeit der dem Satzungsbeschluss zugrunde gelegten Verkehrsgutachten ein gerichtliches Verkehrsgutachten einzuholen. Soweit die Beschwerde rügt, das Gericht habe den Beweisantrag fehlerhaft mit der Begründung abgelehnt, dieser betreffe eine Rechtsfrage, kann dahinstehen, wie diese Bemerkung im Urteil zu verstehen ist. Jedenfalls ist die Vorinstanz dem Beweisantrag mit der weiteren selbständig tragenden Begründung nicht gefolgt, angesichts der dargelegten Plausibilität der von der Antragsgegnerin herangezogenen Verkehrsgutachten bestehe keine Veranlassung, die prognostizierte Entlastungswirkung der geplanten Nordumfahrung über die Untersuchungen des Planungsbüros K. hinaus durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen (abermals) klären zu lassen (UA S. 65). Diese Begründung lässt einen Verfahrensverstoß nicht erkennen.

21 Wie auch die Beschwerde nicht verkennt, ist für die Frage, ob ein Tatsachengericht ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen hat, von folgenden Grundsätzen auszugehen: Aufgabe des Sachverständigen ist es, dem Gericht besondere Erfahrungssätze und Kenntnisse des jeweiligen Fachgebietes zu vermitteln und/oder aufgrund von besonderen Erfahrungssätzen oder Fachkenntnissen Schlussfolgerungen aus einem feststehenden Sachverhalt zu ziehen (Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41 f.>). Liegen bereits Gutachten oder Auskünfte vor, steht es nach § 98 VwGO, § 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts, ob es zusätzliche Auskünfte oder Sachverständigengutachten einholt (Urteil vom 23. Mai 1989 - BVerwG 7 C 2.87 - BVerwGE 82, 76 <90>, Beschluss vom 7. März 2003 - BVerwG 6 B 16.03 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 55). Das Tatsachengericht kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen stützen, die von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden (Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110 <127> und Beschluss vom 4. Dezember 1991 - BVerwG 2 B 135.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 238 S. 67). Das Gericht ist nur verpflichtet, ein weiteres Gutachten einzuholen, wenn sich ihm eine weitere Sachaufklärung aufdrängen musste; das ist insbesondere dann der Fall, wenn das vorliegende Gutachten unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen nicht überzeugend ist oder von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, ferner, wenn Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des eingeschalteten Gutachters besteht (stRspr).

22 Dass das Normenkontrollgericht den Hilfsbeweisantrag in diesem Sinne ermessensfehlerhaft abgelehnt hätte, ist nicht erkennbar. Es hat die im Planaufstellungsverfahren eingeholten und im gerichtlichen Verfahren ergänzten Verkehrsgutachten unter Einbeziehung der vom Antragsteller mit sachverständiger Hilfe geübten Kritik als plausibel gewürdigt und sich damit im Ergebnis dessen Einschätzungen angeschlossen. Die Beschwerde vermag nicht darzulegen, dass die gutachtlichen Stellungnahmen des Planungsbüros K. entgegen der Ansicht des Normenkontrollgerichts mit solchen Mängeln behaftet sind, dass ein gerichtliches Sachverständigengutachten erforderlich gewesen wäre, um diese Mängel zu beseitigen. Vielmehr setzt sie letztlich auch hier der Beweiswürdigung durch das Gericht ihre eigene davon abweichende Würdigung entgegen.

23 Soweit die Beschwerde einen Verfahrensfehler darin sieht, dass das Normenkontrollgericht bei der Ablehnung des Hilfsbeweisantrags entgegen den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen (z.B. im Urteil vom 10. November 1983 - BVerwG 3 C 56.82 - BVerwGE 68, 177 <182 f.>) nicht dargelegt habe, woher es seine eigene Sachkunde beziehe, unterliegt sie einem Missverständnis. Das Gericht hat den Beweisantrag nicht mit der Begründung abgelehnt, es verfüge über hinreichende eigene Sachkunde, um die mit der Verkehrsprognose verbundenen Probleme ohne sachverständige Unterstützung selbst beurteilen zu können. Vielmehr hat es sich darauf berufen, dass durch die bereits vorliegenden Verkehrsuntersuchungen genügend Stellungnahmen von sachverständiger Seite vorhanden seien, um die umstrittenen Fragen als geklärt ansehen zu können.

II

24 Da die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision unbegründet ist, muss auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO erfolglos bleiben.

25 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung der Streitwerte auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.