Beschluss vom 28.03.2006 -
BVerwG 1 WB 5.06ECLI:DE:BVerwG:2006:280306B1WB5.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.03.2006 - 1 WB 5.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:280306B1WB5.06.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 5.06

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz als Vorsitzende,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberfeldveterinär Dr.Linz und
Stabsunteroffizier Neteler
als ehrenamtliche Richter
am 28. März 2006 beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Der 1982 geborene Antragsteller war Soldat auf Zeit mit einer auf vier Jahre festgesetzten Dienstzeit, die mit Ablauf des 31. Dezember 2005 endete. Zum Stabsunteroffizier wurde er mit Wirkung vom 1. Januar 2004 ernannt. Vom 1. Januar 2003 bis zum Ende seiner Dienstzeit war er als Feldjägerunteroffizier bei der 5./F...Btl) ... in M. eingesetzt. Er gehörte der Ausbildungs- und Verwendungsreihe (AVR) 25303 an.

2 Am 6. Februar 2004 beantragte der Antragsteller die Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel des Truppendienstes. Der S1 F...Btl ... teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 1. März 2004 den Eingang seiner Bewerberakte am 24. Februar 2004 mit, wies auf die Unvollständigkeit der Bewerberakte hin und forderte vier nachzureichende Unterlagen an. Zugleich wurde dem Antragsteller unter Angabe einer Stellen-ID (1484-796) bekannt gegeben, dass seine Einplanung auf einem Feldwebel-Dienstposten bei der 5./F...Btl ... vorgesehen sei.

3 Am 4. Mai 2004 ging beim Zentrum für Nachwuchsgewinnung (ZNwG) Süd der vollständige Bewerbungsbogen des Antragstellers für die beantragte Laufbahnzulassung ein. Zu dem Antrag des Antragstellers hatten am 17. Februar 2004 sein nächster Disziplinarvorgesetzter und am 30. März 2004 sein nächsthöherer Vorgesetzter jeweils befürwortend Stellung genommen.

4 Unter Hinweis auf den am 1. Mai 2004 in Kraft getretenen Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung „Bestimmungen für die Durchführung der Eignungsfeststellungen/Einplanungen von Laufbahnwechslerinnen und Laufbahnwechslern aus der Truppe“ vom 15. April 2004 - PSZ/PM - Az. 16-20-00/130 - sandte das ZNwG Süd mit Schreiben vom 10. Mai 2004 die Personal- und Antragsunterlagen an den S 1 F...Btl ... mit der Aufforderung zurück, nunmehr sei für Bewerber eine Bewerbungssofortmeldung seitens der Dienststelle an die zuständige Stammdienststelle vorzulegen. Am 17. Mai 2004 wurde eine Bewerbungssofortmeldung für den Antragsteller erstellt und an die Stammdienststelle des Heeres (SDH) übersandt.

5 Am 6. Mai 2004 erließ das Bundesministerium der Verteidigung - Fü H I 2 - einen Erlass zur „Begrenzung der Weiterverpflichtungen bei gleichzeitigem Laufbahnwechsel aus den Laufbahnen der Fachunteroffiziere“, mit dem mit sofortiger Wirkung und bis auf weiteres Laufbahnwechsel aus den Laufbahnen der Fachunteroffiziere in eine Laufbahn der Feldwebel bei gleichzeitiger Weiterverpflichtung unter anderem nur noch in dem Ausnahmefall eines Wechsels in die Laufbahn der Feldwebel des Truppendienstes/AVR Spezialkräfte zulässig war. Demzufolge lehnte der Kommandeur (Kdr) F...Btl ... auf Vorschlag der SDH mit Bescheid vom 20. August 2004 den Zulassungsantrag des Antragstellers vom 6. Februar 2004 ab.

6 Am 27. Oktober 2004 erließ das Bundesministerium der Verteidigung - Fü H I 2 - eine Neufassung des Erlasses zur „Begrenzung der Weiterverpflichtungen bei gleichzeitigem Laufbahnwechsel aus den Laufbahnen der Fachunteroffiziere“ und ordnete an, dass bis auf weiteres Laufbahnwechsel nur noch zugelassen werden dürften unter anderem in die AVR Spezialkräfte in der Laufbahn der Feldwebel des Truppendienstes; für andere AVR könnten Ausnahmen im Einzelfall zugelassen werden, wenn die Besetzung eines Dienstpostens zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen bzw. anderer gesetzlicher Vorgaben geboten sei. Unter Hinweis auf diesen Erlass hob die SDH mit Bescheid vom 8. April 2005 den Bescheid vom 20. August 2004 auf, teilte dem Antragsteller jedoch zugleich mit, dass auch eine erneute Prüfung für ihn keine Einplanungsmöglichkeit ergeben habe. Sein Antrag auf Laufbahnwechsel werde daher abgelehnt.

7 Gegen diesen ihm am 30. Mai 2005 eröffneten Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 31. Mai 2005 Beschwerde ein. Er machte geltend, dass zwischen der Abgabe seines Antrages am 6. Februar 2004 und der ersten Ablehnung am 30. (richtig: 20.) August 2004 beinahe sieben Monate vergangen seien. Zwischen der ersten Ablehnung und der weiteren Ablehnung seien noch einmal neun Monate vergangen. In der ersten Ablehnung vom 30. (richtig: 20.) August 2004 sei auf eine Weisung vom 6. Mai 2004 Bezug genommen worden. Sein ursprünglich gestellter Antrag sei aber bereits im Februar 2004 abgegeben worden. Im Bereich des F...Btl ... gebe es mehrere ähnlich gelagerte Fälle, bei denen es zu Beschwerden gekommen sei. In einem Fall sei zu Gunsten des Soldaten entschieden worden und dieser habe in die Ausbildung zum Feldwebel eingesteuert werden können. Er selbst, der Antragsteller, habe sich keine Versäumnisse vorzuwerfen und alle erforderlichen Leistungen erbracht.

8 Die Beschwerde wies der Bundesminister der Verteidigung (BMVg) - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 6. Dezember 2005 zurück.

9 Den dagegen eingelegten Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 22. Dezember 2005 hat der BMVg - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 24. Januar 2006 dem Senat vorgelegt.

10 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Seine Bewerbungsunterlagen seien spätestens am 22. März 2004 vollständig gewesen. Die Weisungen des Bundesministeriums der Verteidigung vom 6. Mai bzw. vom 27. Oktober 2004, nunmehr in der Neufassung vom 27. Juli 2005, hätten zum Zeitpunkt der vollständigen Abgabe der Bewerbung noch nicht gegriffen. Die Ausführungen im Beschwerdebescheid bezüglich der Einschränkungen im Laufbahnwechsel seien richtig. Er wende sich jedoch dagegen, dass sein Antrag nicht zeitgemäß bearbeitet worden sei; dadurch habe er einen Nachteil erlitten. Er sei durch die verspätete Bearbeitung nunmehr unter diese Einschränkungen gefallen. Bei der Beurteilung des Antrages komme es entscheidungserheblich nicht auf den Bearbeitungszeitpunkt an; der Eingang des vollständigen Antrages sei maßgeblich.

11 Er beantragt,
den Bescheid der SDH vom 8. April 2005 in der Gestalt des Beschwerdebescheides des BMVg vom 6. Dezember 2005 aufzuheben und den BMVg zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, zur Laufbahn der Feldwebel des Truppendienstes zuzulassen.

12 Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

13 Der Antrag sei unzulässig, weil die Übernahme des Antragstellers in die Laufbahn der Feldwebel des Truppendienstes mit seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienstverhältnis am 31. Dezember 2005 nicht mehr möglich sei. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse habe der Antragsteller - trotz entsprechender schriftlicher Aufforderung vom 11. Januar 2006 - nicht dargelegt. Es fehle deshalb an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse für eine nunmehr vom Antragsteller begehrte Feststellung, die Ablehnung der Übernahme in die Laufbahn der Feldwebel des Truppendienstes sei rechtswidrig gewesen.

14 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des BMVg - PSZ I 7 - 961/05 - sowie die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

15 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.

16 Das Ausscheiden des Antragstellers aus dem Wehrdienstverhältnis steht der Fortführung des Verfahrens nach § 15 WBO nicht entgegen (ebenso: Beschlüsse vom 17. Januar 1974 - BVerwG 1 WB 89.72 - BVerwGE 46, 220 <225>, vom 22. Dezember 2004 - BVerwG 1 WB 41.03 - DokBer 2005, 239 und vom 24. Januar 2006 - BVerwG 1 WB 43.05 -).

17 Das vom Antragsteller mit seinem Antrag vom 22. Dezember 2005 verfolgte Rechtsschutzanliegen der Aufhebung der Bescheide der SDH vom 8. April 2005 und des BMVg vom 6. Dezember 2005 sowie der Verpflichtung des BMVg, ihn zur Laufbahn der Feldwebel des Truppendienstes zuzulassen, hat sich mit dem Ende der Dienstzeit des Antragstellers am 31. Dezember 2005 erledigt. Auf diesen Umstand hat der Antragsteller - trotz entsprechenden Hinweises des BMVg - nicht mit einer Umstellung des Verpflichtungsantrages zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO reagiert.

18 Selbst wenn sinngemäß dem Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 19. Januar 2006 ein solcher Antrag zu entnehmen wäre, bliebe dieser Fortsetzungsfeststellungsantrag ohne Erfolg.

19 Der Antragsteller hat insoweit das erforderliche Feststellungsinteresse nicht dargetan. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich das Fortsetzungsfeststellungsinteresse aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Zusätzlich kommt auch unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 14.03 - BVerwGE 119, 341 = NZWehrr 2004, 163 und - BVerwG 1 WB 24.03 - Buchholz 236.110 § 6 SLV 2002 Nr. 1, vom 22. Januar 2004 - BVerwG 1 WB 34.03 - jeweils m.w.N. und vom 24. Februar 2005 - BVerwG 1 WB 19.04 -).

20 Im Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 19. Januar 2006 hat der Antragsteller ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im dargelegten Sinne nicht ausgeführt. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass bei sachgerechter Bearbeitung des Antrags auf Übernahme in die angestrebte Laufbahn eine entsprechende Weiterverpflichtung mit der Folge erfolgt wäre, dass er, der Antragsteller, über den 31. Dezember 2005 hinaus im Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten verblieben wäre.

21 Dieses Vorbringen lässt einen der oben bezeichneten möglichen Gründe für ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht erkennen.

22 Von einer Belastung des Antragstellers mit Verfahrenskosten sieht der Senat ab, weil er die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 WBO nicht für gegeben erachtet.