Beschluss vom 28.01.2003 -
BVerwG 8 B 138.02ECLI:DE:BVerwG:2003:280103B8B138.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.01.2003 - 8 B 138.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:280103B8B138.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 138.02

  • VG Cottbus - 19.06.2002 - AZ: VG 1 K 261/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r , den Richter am Bundesverwaltungsgericht
K r a u ß und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht
Dr. von H e i m b u r g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 19. Juni 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beigeladene zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 bis 5, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 263 880 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchsrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde hält sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage, ob eine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG ausscheidet, wenn der Vermögenswert auch durch ein rechtmäßiges Alternativverhalten hätte erworben werden können.
Diese Frage lässt sich aufgrund der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - von der das Verwaltungsgericht ausdrücklich ausgeht, mit der sich die Beschwerde aber in keiner Weise auseinandersetzt - ohne weiteres verneinen:
Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 VermG will Vermögensverluste ausgleichen, die unter rechtsstaatlich nicht hinnehmbaren und deshalb wiedergutmachungsbedürftigen Voraussetzungen geschahen. Maßgeblich ist deshalb, ob die Umstände des konkreten Eigentumszugriffs zu missbilligen sind. Daher sind Erwägungen fehl am Platze, ob und inwieweit ein vergleichbarer Vermögensverlust durch andere Vorgänge ebenfalls eingetreten wäre. Demgemäß hat das Bundesverwaltungsgericht die Berücksichtigung eines hypothetischen Kausalverlaufs (Reserveursache) weder zu Lasten eines Geschädigten noch zu seinen Gunsten für zulässig gehalten (vgl. Urteil vom 28. April 1998 - BVerwG 7 C 28.97 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 152 S. 463 <465> m.w.N.).
Ist ein Vermögenswert veräußert worden, um einer ernstlich angedrohten Enteignung zu entgehen, so war dieser bevorstehende
Eigentumsverlust keine hypothetische, sondern die tatsächlich wirksam gewordene Ursache für den eingetretenen Erfolg des Eigentumsverlusts. Ob § 1 Abs. 3 VermG in solchen Fällen erfüllt ist, bemisst sich dann lediglich noch danach, ob die angedrohte Enteignung manipulativ gewesen wäre oder nicht. Dies stellt aber keine Berücksichtigung eines hypothetischen Kausalverlaufs dar (vgl. Urteil vom 28. April 1998 - BVerwG 7 C 28.97 - a.a.O., <S. 465 f.> m.w.N.).
Im vorliegenden Fall war keine - nicht manipulative - Enteignung angedroht worden. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Inanspruchnahme des Grundstücks nach dem Aufbaugesetz zu keinem Zeitpunkt geplant gewesen ist und im Zeitpunkt des Verkaufs nach den in der DDR geltenden Rechtsvorschriften auch nicht zulässig gewesen wäre (VG-Urteil, amtlicher Umdruck S. 9).
Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat die Rechtssache auch dann nicht, wenn man zugunsten der Beschwerde annimmt, sie halte auch für klärungsbedürftig die Frage, ob bei einer gegen DDR-Recht verstoßenden Bestellung eines Abwesenheitspflegers eine unlautere Machenschaft (§ 1 Abs. 3 VermG) ausscheidet, wenn der Fehler der Bestellung gemäß Art. 237 § 1 EGBGB heilbar ist.
Diese Frage lässt sich ebenfalls ohne weiteres verneinen. Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB gilt nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nämlich nicht für Sachverhalte, die einen Tatbestand des § 1 des Vermögensgesetzes erfüllen; hier gilt das Vermögensgesetz (Art. 237 § 1 Abs. 3 EGBGB).
Im Übrigen wendet sich die Beschwerde im Stile einer Berufungsbegründung gegen die inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils ohne einen Revisionszulassungsgrund
(§ 132 Abs. 2 VwGO) ausdrücklich oder sinngemäß prozessordnungsgemäß darzulegen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13 und 14 GKG.