Beschluss vom 27.08.2003 -
BVerwG 8 B 95.03ECLI:DE:BVerwG:2003:270803B8B95.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.08.2003 - 8 B 95.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:270803B8B95.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 95.03

  • VG Weimar - 26.03.2003 - AZ: VG 6 K 4233/99.We

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. August 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M ü l l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und G o l z e
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 26. März 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und in Abänderung des Streitwertbeschlusses der Vorinstanz für das Klageverfahren auf jeweils 106 600 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Beschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO liegen nicht vor.
Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Die zunächst von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage,
"ob eine Enteignung nach dem Baulandgesetz ohne konkret ins Werk gesetzte Beplanung des Grundstücks bereits den Vorwurf der Willkür begründet"
bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich nämlich bereits hinlänglich, dass nicht bereits eine "konkret ins Werk gesetzte Beplanung" den Vorwurf der Willkür begründet. Vielmehr sind Enteignungen nur dann als willkürlich oder manipulativ zu beurteilen und dem Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG zuzuordnen, wenn ein den gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich entsprechendes Vorhaben als Enteignungszweck nur vorgeschoben wurde, um in Wahrheit zu ganz anderen Zwecken das Eigentum an dem Vermögenswert zu erlangen, oder der wahrheitsgemäß angegebene Grund der Inanspruchnahme offenkundig von keiner Rechtsgrundlage gedeckt sein konnte (Urteil vom 3. September 1998 - BVerwG 7 C 26.97 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 160 m.w.N.; Urteil vom 11. Januar 2001 - BVerwG 7 C 2.00 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 22). Mit dieser Rechtsprechung setzt sich im Übrigen die Beschwerde auch nicht annähernd auseinander.
Die weiterhin gestellte Frage,
"ob eine Enteignung eines bebauten Grundstücks allein zur Aufstellung provisorischer Bauten wie 'transportabler Raumzellen' bereits als willkürlich anzusehen ist",
wird sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Die Beschwerde hat schon nicht deutlich gemacht, weshalb diese Frage gerade von fallübergreifendem Gewicht sein soll. Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht gar nicht festgestellt hat, dass es sich nur um eine provisorische Aufstellung dieser transportablen Raumzellen handelt. Setzt aber die vermeintlich klärungsbedürftige Frage voraus, das bestimmte, bisher vom Verwaltungsgericht nicht ermittelte Tatsachen erst noch festgestellt werden müssen, so kann eine Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden. Es kommt im Übrigen hinzu, dass aus dem Bericht der Stadt H. vom 16. Januar 1998 und den beigefügten Fotos vom streitbefangenen Grundstück hervorgeht, dass die "rückwärtige Bebauungslinie des Grundstücks durch den so genannten Raumzellenanbau" ersichtlich ist. Die Raumzellen befanden sich damit offenbar noch zu diesem Zeitpunkt auf dem streitbefangenen Grundstück.
Auch die Divergenzrüge der Klägerin greift nicht durch. Eine Divergenz setzt voraus, dass die angefochtene Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz enthält, der einen von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widerspricht. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Verwaltungsgericht hat sich vielmehr auf den Boden der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt und einen bloßen Rechtsanwendungsfehler unterhalb der Schwelle der Willkür i.S. des § 1 Abs. 3 VermG bejaht.
Auch die von der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Soweit die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt, so kann sie damit nicht durchdringen. Der Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung ist nur dann hinreichend begründet, wenn dieser Verfahrensmangel ordnungsgemäß bezeichnet wird. Das setzt voraus, dass dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliches Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für die Beschwerdeführerin günstigeren Entscheidung hätte führen können. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. In der mündlichen Verhandlung sind seitens der Klägerin keine entsprechenden Beweisanträge gestellt worden. Es musste sich dem Verwaltungsgericht auch nicht aufdrängen, dass der bauliche Zustand des auf dem einen der beiden Grundstücke abgerissenen Wohnhauses näher zu ermitteln war. Dagegen sprach schon die durch die staatliche Bauaufsicht eingeschätzte Bauzustandsstufe 4. Dass im Übrigen auf dem 514 m² großen Flurstück 28/1 eine Bebauung nicht ausgeschlossen war, liegt auf der Hand.
Soweit die Beschwerde einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO rügt, so übersieht sie schon, dass das Verwaltungsgericht sich auf S. 9 f. des Urteilsabdrucks mit der Argumentation der Klägerin, dass das Aufbaugesetz der DDR eine Enteignung zu betrieblichen Zwecken nicht zugelassen habe, auseinander gesetzt hat. Die Beschwerde übersieht im Übrigen, dass das Verwaltungsgericht sich im Wesentlichen darauf gestützt hat, dass kein grober oder offenkundiger Verstoß gegen die Enteignungsgrundsätze des Aufbaugesetzes vorlag, so dass von daher schon eine willkürliche Maßnahme i.S. des § 1 Abs. 3 VermG verneint worden ist. Im Übrigen bestehen keine Zweifel, dass die vom Verwaltungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und die von ihm gegebene Begründung für seine Überzeugung nach den Grundsätzen der Logik und unter Beachtung der Denk- und Erfahrungssätze erfolgt ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 14, 13, 25 Abs. 2 und 3 GKG.