Beschluss vom 27.04.2005 -
BVerwG 6 BN 6.04ECLI:DE:BVerwG:2005:270405B6BN6.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.04.2005 - 6 BN 6.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:270405B6BN6.04.0]

Beschluss

BVerwG 6 BN 6.04

  • OVG Mecklenburg-Vorpommern - 14.04.2004 - AZ: OVG 4 K 29/00

In der Normenkontrollsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. April 2005
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a h n , Dr. G r a u l i c h
und V o r m e i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. April 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragsteller zu 1 und 2 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Die allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das betrifft die Frage, ob ein "Wesenstest" auch bei weitester Auslegung als Gefahrermittlungsmaßnahme ausgelegt werden könne ebenso (1.) wie diejenige, ob es für die Annahme einer Gefahrerforschung ausreiche, wenn eine Maßnahme sich neben einem anderen Zweck auch als Gefahrerforschung darstelle (2.). Die Darlegung des Zulassungsgrundes der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. BVerwGE 13, 90 <91 f.>). An dieser Darlegung durch die Beschwerdeführer fehlt es.
1. Die Beschwerde bringt vor, der im Berufungsurteil verwandte Begriff der Gefahrerforschungsmaßnahme habe grundsätzliche Bedeutung für das gesamte Verwaltungsrecht. Insbesondere sei eine klare Entscheidung unabdingbar, welche Qualität an eine Gefahrermittlungsregelung zu stellen sei. Es sei zunächst die Frage zu stellen, ob ein "Wesenstest" auch bei weitester Auslegung überhaupt als Gefahrermittlungsmaßnahme ausgelegt werden könne.
Die Beschwerde bleibt insoweit ohne Erfolg, weil nicht dargetan worden ist, welche zum Bundesrecht gehörende Rechtsfrage damit angesprochen sein könnte. Die Auslegung der vorliegend entscheidungserheblichen Hundehalterverordnung betrifft nämlich unmittelbar Fragen des Landesrechts von Mecklenburg-Vorpommern. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und/oder Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. Beschluss vom 15. Dezember 1989 - BVerwG 7 B 177.89 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277; Beschluss vom 1. September 1992 - BVerwG 11 B 24.92 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 171). Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (vgl. Beschluss vom 19. Juli 1995 - BVerwG 6 NB 1.95 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104). Daran fehlt es.
In seinem im vorliegenden Rechtsstreit ergangenen Urteil vom 18. Dezember 2002 - BVerwG 6 CN 4.01 - hat das Bundesverwaltungsgericht die Hundehalterverordnung am bundesverfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz überprüft, denn eine unmittelbare Prüfung von Landesrecht ist dem Revisionsgericht verwehrt. In dem Urteil ist begründet worden, dass die angegriffene Bestimmung des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HundehVO M-V nicht wegen Fehlens einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für nichtig zu erklären war, weil es nicht als ausgeschlossen erschien, dass die Rasseliste in § 2 Abs. 3 Satz 1 HundehVO M-V vom Oberverwaltungsgericht unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen des Senats sowie in Anbetracht der den Hundehaltern in § 2 Abs. 3 Satz 2 HundehVO M-V eingeräumten Möglichkeit, die Eigenschaft ihres Hundes als gefährlicher Hund zu widerlegen, abweichend von seinem bisher geäußerten Normverständnis nicht als eine Regelung zur Gefahrenabwehr, sondern als eine Regelung zur Gefahrerforschung ausgelegt werden und dass sie als solche Bestand haben könne. Das Oberverwaltungsgericht hat die Vorschrift im Sinne eines Gefahrerforschungsprogramms ausgelegt.
Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass und warum sich dabei noch ungeklärte Fragen des Bundesrechts stellen.
2. Darüber hinaus ist nach Ansicht der Beschwerde die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob es für die Annahme einer Gefahrerforschung ausreiche, wenn eine Maßnahme sich neben einem anderen Zweck auch als Gefahrerforschung darstelle, insbesondere wenn sich der Hauptzweck offensichtlich nach der Intention des Gesetzgebers restriktiv darstelle. Das Oberverwaltungsgericht führe in seinem Urteil aus, dass es sich vorliegend um eine quasi umgekehrte Gefahrermittlungsregelung handele. Ein solcher Begriff sei jedoch dem Verwaltungsrecht fremd. Offenbar habe das Gericht hierbei übersehen, dass Ermittlung und Erforschung bereits vom Wortlaut her dem Beweis einer Tatsache dienten. Eine Maßnahme, die eine Tatsache als gegeben ansehe - so im Falle der Hundehalterverordnung - gehe zunächst von einer Gefahr aus, ohne zuvor zu ermitteln oder zu erforschen. Auch dieses Vorbringen zeigt keine noch zu klärende Problematik des revisiblen Rechts auf.
3. Auch mit einem behaupteten Verstoß gegen "formelles und materielles Recht" kann ein Revisionszulassungsgrund nicht dargelegt werden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.  2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. § 173 VwGO, § 5 ZPO in entsprechender Anwendung.