Beschluss vom 27.04.2005 -
BVerwG 2 AV 2.05ECLI:DE:BVerwG:2005:270405B2AV2.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.04.2005 - 2 AV 2.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:270405B2AV2.05.0]

Beschluss

BVerwG 2 AV 2.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. April 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht G r o e p p e r und Dr. B a y e r
beschlossen:

  1. 1. Der Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts S. , der Vorsitzende Richter am Oberverwaltungsgericht F. , die Richterinnen am Oberverwaltungsgericht S c. und ... V. , die Richter am Oberverwaltungsgericht R. und S p e. und der Richter am
  2. Verwaltungsgericht B. sind von der Ausübung des Amtes in diesem Verfahren ausgeschlossen.
  3. 2. Gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 VwGO wird für die Entscheidung über die Beschwerde des Antragsgegners das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt zum zuständigen Gericht erklärt.
  4. 3. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

I


Der Antragsteller und der Beigeladene bewerben sich um eine vom Antragsgegner ausgeschriebene Stelle eines Vorsitzenden Richters am Landessozialgericht. Im Rahmen eines vom Antragsteller eingeleiteten Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht G. dem Antragsgegner untersagt, die ausgeschriebene Stelle zu besetzen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.
Das zur Entscheidung über die Beschwerde berufene Oberverwaltungsgericht G. - 2. Senat - sieht sich an einer Sachentscheidung gehindert, weil mit Ausnahme der wegen Vorbefassung im Verwaltungsverfahren ohnehin kraft Gesetzes ausgeschlossenen Präsidentin des Oberverwaltungsgericht alle Mitglieder des Senats und alle weiteren Mitglieder des Gerichts in dienstlichen Äußerungen Umstände angezeigt hätten, aus denen Gründe für ihre Ablehnung als befangen abgeleitet werden könnten.

II


1. Für die Entscheidung über die Anzeigen der Richterinnen und Richter ist gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 3, § 48 ZPO das Bundesverwaltungsgericht als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht zuständig. Das zunächst gemäß § 45 Abs. 1 ZPO zuständige Oberverwaltungsgericht ist beschlussunfähig. Da alle dort tätigen Richterinnen und Richter Anzeigen abgegeben haben, die ihre Ablehnung nach § 42 ZPO rechtfertigen könnten, steht innerhalb des Oberverwaltungsgerichts kein Richter zur Verfügung, der zur Entscheidung berufen wäre.
Bei den dienstlichen Erklärungen handelt es sich um Selbstablehnungen im Sinne des § 48 ZPO. Danach ist von Amts wegen darüber zu entscheiden, ob ein Richter von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist, wenn er von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte. Der Richter ist nicht befugt, selbst über sein Ausscheiden aus dem Verfahren zu entscheiden. Es kommt aber auch nicht darauf an, dass der Richter sich selbst für befangen hält.
Die von den Mitgliedern des Oberverwaltungsgerichts G. angezeigten Umstände könnten aus der Sicht der Prozessbeteiligten Anlass zu der Besorgnis geben, dass über die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts G. vom 21. Februar 2005 nicht unparteiisch entschieden wird. Die dargelegten Beziehungen zwischen ihnen und dem Beigeladenen sind geeignet, bei einem objektiven und vernünftigen Prozessbeteiligten die Besorgnis entstehen zu lassen, der Richter könnte aus persönlichen Gründen an einer unvoreingenommenen Entscheidung gehindert sein. Alle Richter sind Kollegen des Beigeladenen und arbeiten mit ihm in zumindest einem der 12 Senate des Oberverwaltungsgerichts zusammen. Darüber hinaus sind mehrere der Richter (die Richter S., F. und ... V.) mit dem Beigeladenen befreundet oder freundschaftlich mit ihm verbunden. Die Richterin ... V. hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass sie als Dezernentin für Personalangelegenheiten innerhalb der Verwaltungsabteilung des Gerichts dienstlich auch für die Bewerbungsangelegenheit des Beigeladenen zuständig war. Der Richter Spe. gehört neben dem Beigeladenen dem für das öffentliche Dienstrecht zuständigen 2. Senat an und hat sich mit dem Beigeladenen - wenn auch nur kurz - über das Besetzungsverfahren unterhalten. Die Richterin Sc. gehört drei Senaten an, denen auch der Beigeladene angehört. Der Richter R. ist mit einer Anwältin verheiratet, die der Sozietät der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers als freie Mitarbeiterin angehört; sie gehört ebenfalls zu den vom Antragsteller bevollmächtigten Anwälten. Auch der dem Oberverwaltungsgericht nur zeitweise zugewiesene Richter am Verwaltungsgericht B. kann nicht als unbefangen angesehen werden, weil er mit dem Beigeladenen in mehreren Senaten zusammenarbeitet und dessen Votum bei der späteren Beurteilung des abgeordneten Richters eine Rolle spielen könnte. Außerdem hat er mitgeteilt, dass die Präsidentin seines Stammgerichts (Verwaltungsgericht G.) die Ehefrau des Beigeladenen ist.
2. Die weitere Entscheidung über die Bestimmung der Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg beruht auf § 53 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Da neben den genannten Richtern auch der Beigeladene selbst gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 41 Nr. 1 ZPO und die Präsidentin gemäß § 54 Abs. 2 VwGO von der Mitwirkung ausgeschlossen sind, ist das Oberverwaltungsgericht G. rechtlich an der Ausübung der Gerichtsbarkeit in diesem Beschwerdeverfahren gehindert. In diesem Falle ist ein anderes Gericht für zuständig zu erklären. Auch für diese Entscheidung ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).