Beschluss vom 26.09.2007 -
BVerwG 2 B 96.07ECLI:DE:BVerwG:2007:260907B2B96.07.0

Beschluss

BVerwG 2 B 96.07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. September 2007
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kugele und Dr. Heitz
sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss des Senats vom 18. Juli 2007 wird als unbegründet zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens der Anhörungsrüge.

Gründe

1 Die Rüge ist unbegründet. Der Beschluss vom 18. Juli 2007 - BVerwG 2 B 50.07 - verletzt nicht das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör. Nach Auffassung der Klägerin stellt dieser Beschluss insbesondere durch seine Ausführungen im letzten Absatz eine Überraschungsentscheidung dar. Der Senat habe die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts gebilligt, ohne dem tatsächlichen Parteiwillen Bedeutung beizumessen. Damit habe die Klägerin nicht rechnen können.

2 Die Beschwerde hatte unter Ziffer I. des Begründungsschriftsatzes vom 23. März 2007 im Hinblick auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Auslegung der Nebenabrede zum Arbeitsvertrag der Klägerin gerügt, dass das Berufungsgericht von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 2005 - BVerwG 2 B 94.04 -, vom 20. März 2003 - BVerwG 2 C 23.02 - und vom 12. Januar 1973 - BVerwG 7 C 3.71 - abgewichen sei.

3 Hierzu heißt es in dem Beschluss vom 18. Juli 2007 - BVerwG 2 B 50.07 -:
Die geltend gemachte Divergenz zum Urteil des Senats vom 20. März 2003 - BVerwG 2 C 23.02 - (Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 14) bestehe nicht, weil der Wortlaut als falsa demonstratio des übereinstimmend Gewollten seine Bedeutung für die Auslegung verloren habe. Der von der Beschwerde genannte Satz aus dem Urteil vom 20. März 2003 (a.a.O.) gelte nur für behördliche Äußerungen, bei denen wegen ihres unklaren Wortlauts ein eindeutiges, von beiden Vertragsparteien geteiltes Verständnis nicht zu ermitteln sei. Bei der Nebenabrede zum Arbeitsvertrag der Klägerin sei aber der Wortlaut, weil er eine falsa demonstratio des Gewollten sei, ohne jeden Belang für die Interpretation.

4 Der Rechtssatz aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Januar 1973 - BVerwG 7 C 3.71 - (BVerwGE 41, 305) betreffe eine „nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt missverständliche Willensäußerung der Verwaltung“, die von der Klägerin akzeptierte Nebenabrede sei aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht unklar.

5 In dem Beschluss des Senats vom 27. Januar 2005 - BVerwG 2 B 94.04 - (Buchholz 230 § 126 BRRG Nr. 22) habe der Aussage dazu, was zentraler Punkt der Nebenabrede sei, deren für den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO verbindliche, weil nicht mit Revisionsrügen angegriffene Auslegung durch das Berufungsgericht in seinem damaligen Urteil zugrunde gelegen. Wenn dieses Gericht in seinem Urteil die Nebenabrede anders auslege und dabei ein anderes Element als deren zentralen Punkt erkannt habe, vertrete es dadurch keine andere Rechtsauffassung als das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 27. Januar 2005 (a.a.O.).

6 Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass der Senat in dem Beschluss vom 18. Juli 2007 (a.a.O.) die Divergenzrügen der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen hat. Im Übrigen gibt die Anhörungsrüge dem Senat Anlass zu dem Hinweis, dass durch den die Nichtzulassungsbeschwerde ablehnenden Beschluss vom 18. Juli 2007 (a.a.O.) keine Sachentscheidung über das Klagebegehren getroffen worden ist. Auch wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, dass das Oberverwaltungsgericht in dem Berufungsurteil eine „Kehrtwendung“ vollzogen hat, so vermag dies für sich genommen keinen Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO zu begründen. Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gemäß §§ 132, 133 VwGO überprüft das Bundesverwaltungsgericht ausschließlich, ob innerhalb der Begründungsfrist ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO dargelegt worden ist. Aus dem Umstand, dass der Senat die Beschwerde ablehnt, kann nicht gefolgert werden, er habe sich die tragenden Erwägungen des Berufungsurteils zu eigen gemacht.

7 Dies gilt auch, soweit die Klägerin mit der Anhörungsrüge geltend macht, dass der tatsächliche Parteiwille hätte erfragt werden müssen. Die Beschwerde hatte unter Ziffer II. des Begründungsschriftsatzes vom 23. März 2007 einen Verfahrensfehler darin gesehen, dass das Oberverwaltungsgericht der Klägerin einen Parteiwillen unterstelle, ohne nachzuforschen, ob dieser überhaupt gegeben gewesen sei. Auch diesen Vortrag hat der Senat abgehandelt, d.h. in seine Erwägungen einbezogen:

8 Im Beschluss des Senats vom 18. Juli 2007 (a.a.O.) ist hierzu im Einzelnen ausgeführt, dass ein solcher Verfahrensfehler nicht gegeben ist. Das Berufungsgericht sei nicht gehalten gewesen, bei der Auslegung der Nebenabrede unter maßgebender Berücksichtigung des Willens und der Interessenlage der Beteiligten den Willen der Klägerin durch ihre Befragung zu ermitteln. Bei der Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen komme es auf den objektiven Erklärungswert an, also darauf, wie sich die Erklärung für den Empfänger nach Treu und Glauben darstelle. Das Vorbringen in der Anhörungsrüge gibt keinen Anlass zu einer anderen Sichtweise. Das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gibt keinen Anspruch auf eine bestimmte rechtliche Würdigung des jeweiligen Vorbringens.

9 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum GKG ergibt.