Beschluss vom 26.09.2003 -
BVerwG 20 F 5.03ECLI:DE:BVerwG:2003:260903B20F5.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.09.2003 - 20 F 5.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:260903B20F5.03.0]

Beschluss

BVerwG 20 F 5.03

  • OVG Berlin-Brandenburg - 10.07.2002 - AZ: OVG 95 A 1.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts
für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO
am 26. September 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S i l b e r k u h l und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n und Dr. K u g e l e
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 10. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Zwischenverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für dieses Zwischenverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die nach § 99 Abs. 2 Satz 12 VwGO statthafte Beschwerde ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Weigerung der Senatsverwaltung für Inneres rechtmäßig ist, die Akten des Verfassungsschutzes, die Daten über eine Betätigung des Klägers für die PKK enthalten, im Verwaltungsrechtsstreit um die Einbürgerung des Klägers vorzulegen.
Die Verweigerung der Aktenvorlage durch die Senatsverwaltung für Inneres findet ihre Rechtsgrundlage in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Danach kann die oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Akten verweigern, wenn das Bekanntwerden ihres Inhalts dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen. Die Vorlage der Akten des Verfassungsschutzes, die Daten über eine Betätigung des Klägers für die PKK enthalten, würde Nachteile für das Land Berlin im Sinne der genannten Vorschrift zur Folge haben.
Wie der Senat im Beschluss vom 29. Juli 2002 - BVerwG 2 AV 1.02 - (BVerwGE 117, 8 <9>) im Anschluss an die Rechtsprechung zu § 99 VwGO a.F. ausgeführt hat, kann der Nachteil für das Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes u.a. darin bestehen, dass den Sicherheitsbehörden die Erfüllung ihrer Aufgaben einschließlich ihrer Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschwert oder Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen gefährdet werden. Die notwendige Geheimhaltung der Informationen, die Polizei- und Sicherheitsbehörden gewonnen haben, der Schutz ihrer Informationsquellen, ihrer Arbeitsweise und der Informanten zugesagten Vertraulichkeit berechtigen die oberste Aufsichtsbehörde zur Verweigerung der Aktenvorlage (BVerfGE 101, 106 <128>). Die Vorlage der den Kläger betreffenden Aktenstücke, in die er Einsicht zu nehmen wünscht, würde offenbar werden lassen, wie die Sicherheitsbehörden zu ihren Erkenntnissen gelangt sind. Diese Dokumente ermöglichten Rückschlüsse auf Informanten, technische und personelle Arbeitsweise und Kenntnisstand insbesondere des Berliner Verfassungsschutzes. Davon hat sich der beschließende Senat aufgrund einer Durchsicht der ihm nach § 99 Abs. 2 Satz 5 VwGO vorgelegten Akten überzeugt. Würden das Umfeld oder die Arbeitsweise derjenigen Personen bekannt, die die Informationen beschafft und zusammengetragen haben, könnte auf deren Identität geschlossen werden. Sie könnten dann nicht weiter eingesetzt werden; möglicherweise hätten sie auch Übergriffe derjenigen zu befürchten, die von ihnen ausgeforscht worden sind. Dadurch würde die weitere Überwachung der verbotenen PKK erschwert werden.
Die Geheimhaltungsbedürftigkeit erstreckt sich auf den gesamten Akteninhalt. Eine vom Kläger geforderte teilweise Offenlegung der Akten kommt nicht in Betracht. Um jeden Hinweis auf die personelle und technische Arbeitsweise des Verfassungsschutzes zu vermeiden, müssten die Akten in einem Umfang unkenntlich gemacht werden, der für den Kläger ohne jeglichen Informationswert wäre. Die so teilweise unkenntlich gemachten Aktenstücke würden dem Verwaltungsgericht auch nicht zur Sachaufklärung dienen.
Die Entscheidung der Senatsverwaltung für Inneres, die Vorlage der Unterlagen zu verweigern, stellt auch eine sachgerechte Ermessensausübung dar. Die Senatsverwaltung für Inneres ist, wie dies ihr Aktenvermerk vom 8. Juli 2002 und ihr Schriftsatz vom 28. Januar 2002 an das Verwaltungsgericht Berlin erkennen lassen, davon ausgegangen, dass das Interesse des Landes Berlin an der Geheimhaltung der Aktenstücke überwiegt. Damit liegt eine den Anforderungen an eine sachgerechte Ermessensentscheidung genügende, auch dem Ergebnis nach nicht zu beanstandende (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) Abwägung vor.
Die Kostenentscheidung für dieses selbständige Zwischenverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zwischenverfahren beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.