Beschluss vom 26.05.2004 -
BVerwG 8 B 38.04ECLI:DE:BVerwG:2004:260504B8B38.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.05.2004 - 8 B 38.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:260504B8B38.04.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 38.04

  • VG Potsdam - 01.03.2004 - AZ: VG 15 K 1986/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Mai 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l , den Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 1. März 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 74 536,13 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Rechtssache kommt weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu noch liegt eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu den von der Beschwerde angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vor. Der weiter gerügte Verfahrensverstoß (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt.
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
a) Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,
ob nicht auch schon bei einem legalen Verzug aus der DDR nach Berlin-West im Jahre 1963 bei Erreichen des Rentenalters in jedem Fall der Anscheinsbeweis dafür spricht, dass eine ausreisebedingte Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden im Regelfall auf eine staatliche Nötigung und damit auf Machtmissbrauch zurückzuführen ist,
wäre in einem angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil das Verwaltungsgericht in dem Urteil die Möglichkeit einer solchen Vermutung unterstellt und weiter ausgeführt hat, im vorliegenden Fall sei die Vermutung jedenfalls nach den Regeln des Anscheinsbeweises erschüttert.
b) Die weiter von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Fragen
ob die ausschließlich einer bestimmten namentlich benannten Person, die zur Vertretung in allen Angelegenheiten bezüglich eines bestimmten in der DDR gelegenen Grundstückes berechtigt ist, erteilte notarielle Vollmacht auch die vormalige Kommunale Wohnungsverwaltung der ehemaligen DDR berechtigt und bevollmächtigt das benannte Grundstück 25 Jahre nach der Vollmachtserteilung entschädigungslos in Volkseigentum zu übernehmen und ob nicht hierdurch der Machtmissbrauch im Sinne einer schädigenden Maßnahme des § 1 VermG indiziert ist
und
ob die in einer Vollmachtsurkunde benannte Berufsbezeichnung des Vollmachtnehmers auch zwangsläufig den Schluss zulässt, dass er, der Vollmachtnehmer, in jedem Fall im Auftrag der Kommunalen Wohnungsverwaltung der ehemaligen DDR tätig wurde und dadurch diese berechtigt war, entschädigungslose Enteignungen 25 Jahre nach Vollmachtserteilung vorzunehmen
können nicht in einer verallgemeinerungsfähigen Weise beantwortet werden, sondern beantworten sich aufgrund der Auslegung des Sachverhaltes, insbesondere des Inhalts der erteilten Vollmachten im konkreten Einzelfall.
2. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) setzt voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz, der sich auf dieselbe Rechtsvorschrift bezieht, widersprochen hat (stRspr, vgl. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 <11>).
Die geltend gemachte Divergenz zu dem Urteil vom 29. April 1999 - BVerwG 7 C 13.98 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 3) liegt im dargelegten Sinne nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat - wie bereits ausgeführt - nicht der Annahme einer Vermutung für eine Nötigung eines Ausreisewilligen zur Aufgabe oder Veräußerung von Grundeigentum, wie sie der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegt, widersprochen, sondern vielmehr für den konkreten Einzelfall im Wege der Beweiswürdigung eine Erschütterung dieser Vermutung angenommen. Darin liegt aber kein Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Vielmehr liegt es gerade in der Natur eines Anscheinsbeweises, dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob die im Regelfall gerechtfertigte Vermutung im konkreten Fall erschüttert ist.
b) Hinsichtlich der weiter von der Beschwerde geltend gemachten Divergenz zum Beschluss vom 21. Oktober 1999 - BVerwG 7 B 109.99 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 5) lässt sich schon dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen, worin der abstrakte Rechtssatzwiderspruch liegen soll.
3. Der schließlich von der Beschwerde als Verfahrensfehler gerügte Verstoß gegen die Aufklärungspflicht des Verwaltungsgerichts (§ 86 Abs. 1 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt. Die Aufklärungsrüge setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundlegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen (Beschluss vom 18. Juni 1998 - BVerwG 8 B 56.98 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 154 S. 475). Dem genügt die Beschwerde nicht. Abgesehen davon, dass die Beschwerde keine konkreten Beweismittel bezeichnet, wird auch nicht dargetan, dass der anwaltlich vertretene Kläger förmliche Beweisanträge gestellt hätte. Stattdessen hat er auf mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht verzichtet. Warum sich dem Verwaltungsgericht dennoch die vermisste Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen, wird ebenfalls nicht dargetan.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf den §§ 13, 14 GKG.