Beschluss vom 26.05.2004 -
BVerwG 1 B 236.03ECLI:DE:BVerwG:2004:260504B1B236.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.05.2004 - 1 B 236.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:260504B1B236.03.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 236.03

  • OVG des Landes Sachsen-Anhalt - 07.05.2003 - AZ: OVG A 3 S 566/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Mai 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht R i c h t e r und Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Der Antrag der Kläger, ihnen Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 7. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
  3. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Den Klägern kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden; denn die von ihnen beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die Beschwerde, die eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend macht, bleibt ohne Erfolg.
Die Beschwerde hält sinngemäß die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob die Weigerung von Syrien, Kurden, die 1962 im Zusammenhang mit einer Volkszählung de facto ausgebürgert worden sind, und ihre Nachkommen wieder einreisen zu lassen, wenn sie die syrische Staatsangehörigkeit nicht besitzen und Syrien illegal verlassen haben, auf asylerheblichen Gründen beruht. Unabhängig davon, ob sich diese Frage in einem Revisionsverfahren überhaupt stellen würde, bezeichnet die Beschwerde damit keine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts. Dies hat der Senat zu einer entsprechenden Rüge des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Beschluss vom 30. Mai 2002 im Verfahren BVerwG 1 B 13.02 im Einzelnen ausgeführt. Hierauf wird Bezug genommen.
Nichts anderes gilt, soweit die Beschwerde im vorliegenden Beschwerdeverfahren die Frage dahin präzisiert, es sei grundsätzlich zu klären, ob die Nachkommen eines (1962) Ausgebürgerten in eigenen asylrechtlich geschützten persönlichen Merkmalen betroffen seien. Die Beschwerde beanstandet im Wesentlichen, das Berufungsgericht habe den Zusammenhang zwischen Ausbürgerung und Verweigerung der Wiedereinreise nicht hinreichend berücksichtigt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits rechtsgrundsätzlich geklärt, unter welchen Voraussetzungen die Weigerung, Staatenlose wieder einreisen zu lassen, politische Verfolgung darstellt (vgl. insbesondere Urteile vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 75.95 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 181 und - BVerwG 9 C 3.95 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 180). Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht ausgegangen. Die Beschwerde legt nicht dar, inwieweit in diesem Zusammenhang anlässlich des Falles der Kläger zusätzlicher höchstrichterlicher Klärungsbedarf besteht. Sie legt ferner nicht dar, dass sich die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren stellen würde. So hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass die Vorfahren der Kläger ausgebürgert worden seien.
Entsprechendes gilt für die weitere von der Beschwerde als klärungsbedürftig bezeichnete Grundsatzfrage, ob eine asylrelevante Verfolgung auch dann vorliege, wenn die Verfolgung an das asylrelevante Merkmal Volkszugehörigkeit anknüpfe, jedoch nicht alle Mitglieder der Ethnie von eigener Verfolgung bedroht seien. Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren schon deshalb nicht stellen, weil sie von tatsächlichen Annahmen ausgeht, die vom Berufungsgericht so nicht festgestellt worden sind. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich ausgeführt, keine Anzeichen dafür erkennen zu können, dass Personen, die wie die Kläger kurdische Yeziden seien, wegen ihres Glaubens oder wegen ihrer kurdischen Volkszugehörigkeit an der Wiedereinreise gehindert würden (UA S. 21). Der Anknüpfungspunkt für die Restriktionen bei der Wiedereinreise sei vielmehr in der Staatenlosigkeit und dem (früheren) illegalen Aufenthalt in Syrien zu suchen (UA S. 22). Im Übrigen geht die Beschwerde nicht darauf ein, dass das Berufungsgericht - bei unterstellter Vorverfolgung - die Kläger auf eine zumutbare inländische Fluchtalternative in Syrien verwiesen hat (vgl. UA S. 32 ff.).
Soweit die Beschwerde schließlich Revisionszulassungsgründe im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung und deren gerichtlicher Überprüfung geltend macht, beruft sie sich zu Unrecht auf die Entscheidung des Senats vom 10. Juli 2003 - BVerwG 1 C 21.02 - (BVerwGE 118, 308 ff.). Die Annahme der Beschwerde, die Frage, wann eine Abschiebung "offensichtlich aussichtslos" sei, sei grundsätzlich klärungsbedürftig, geht fehl, weil sie als solche nicht in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsbedürftig wäre. Die Frage, wann die Androhung der Abschiebung in einen bestimmten Zielstaat ausnahmsweise aufgehoben werden darf, weil eine zwangsweise Abschiebung auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist - um die es auch im vorliegenden Fall geht -, ist durch die genannte Entscheidung des Senats geklärt. Danach können sich die Gerichte aufgrund der eindeutigen Regelung in § 50 Abs. 3 Satz 1 und § 55 Abs. 2 AuslG der Überprüfung einer vom Bundesamt verfügten Abschiebungsandrohung grundsätzlich auch dann nicht entziehen, wenn die tatsächliche Unmöglichkeit einer Abschiebung "offenkundig" erscheint. Der Vorwurf der Divergenz trifft ebenfalls nicht zu. So hat der Senat entgegen der Auffassung der Beschwerde in der genannten Entscheidung nicht dahin erkannt, dass die Zielstaatsbezeichnung Syrien in einer Abschiebungsandrohung des Bundesamtes rechtswidrig sei, wenn das Gericht davon ausgehe, dass Syrien einem Staatenlosen die Wiedereinreise verweigere. Da der Prozessbevollmächtigte der Kläger an dem fraglichen Verfahren beteiligt war, sieht der Senat davon ab, die Grundsätze seiner Entscheidung näher darzustellen und sieht auch im Übrigen von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 83 b Abs. 2 AsylVfG.