Beschluss vom 26.01.2008 -
BVerwG 8 B 106.07ECLI:DE:BVerwG:2008:260108B8B106.07.0

Beschluss

BVerwG 8 B 106.07

  • VG Frankfurt/Oder - 19.07.2007 - AZ: VG 4 K 2485/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Januar 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. Juli 2007 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 244 630 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2 1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

3 Die Kläger halten für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,
ob § 1 Abs. 3 VermG auch dann zur Anwendung kommt, wenn eine Enteignung nach § 10 des Verteidigungsgesetzes der DDR nur gegenüber einem Bürger der Bundesrepublik Deutschland und nicht zugleich gegenüber Bürgern der früheren DDR erfolgte, die Eigentümer der benachbarten Grundstücke waren.

4 Die Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Sie hat zur Voraussetzung, dass Bürger der ehemaligen DDR in einer vergleichbaren Situation nicht enteignet worden sind. Dahin gehende Feststellungen hat das Verwaltungsgericht weder im tatsächlichen noch im rechtlichen Bereich getroffen. Es hat vielmehr festgestellt, dass die anderen Grundstücke, die für die Observation benötigt worden seien, nicht im Eigentum von DDR-Bürgern gestanden hätten und anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Enteignungen auf der Grundlage von § 10 Verteidigungsgesetz der DDR zugunsten des Ministeriums für Staatssicherheit dargelegt, weshalb vorliegend der Schädigungstatbestand von § 1 Abs. 3 VermG nicht einschlägig ist. Die Observierung von Regimegegnern in der ehemaligen DDR sei als Verteidigungsmaßnahme verstanden worden, weil der Begriff „Verteidigungsinteressen“ weit verstanden worden sei. Dies verdeutlichten die beispielhaft aufgezählten Sachverhalte in § 28 der Verordnung über die Inanspruchnahme von Leistungen im Interesse der Verteidigung und des Schutzes der DDR - Leistungsverordnung - vom 16. August 1963, die nach § 36 dieser Verordnung auch zu einer Enteignung nach § 10 des Verteidigungsgesetzes berechtigten. Eine Einschränkung von Enteignungsmaßnahmen gegenüber Bürgern der ehemaligen DDR aufgrund der Gesetzeslage hat das Verwaltungsgericht gerade nicht gesehen.

5 2. Die Rüge der Divergenz greift nicht, § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Der Zulassungsgrund der Divergenz ist nur dann gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz widersprochen hat (stRspr, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26). Einen solchen Rechtssatzwiderspruch zeigt die Beschwerde nicht auf. Die Beschwerde beschränkt sich auf die Behauptung, das Verwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab - beispielhaft wird das Urteil vom 28. Juli 1994 (BVerwG 7 C 41.93 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 28) genannt -, wenn es ausführe, es käme nicht darauf an, ob der von der Staatssicherheit verfolgte Zweck auch ohne eine Enteignung hätte erreicht werden können. Damit übersehe das Verwaltungsgericht, dass eine Enteignung gerade dann ein Akt der Willkür sei, wenn der angestrebte Zweck auch ohne sie erreicht werden könne. In der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juli 1994 ging es weder um eine Enteignung zugunsten des Ministeriums für Staatssicherheit noch war das Bundesverwaltungsgericht mit der Frage befasst, ob eine Enteignung als willkürlich einzustufen ist, wenn der Zweck der Enteignung auch ohne sie hätte erreicht werden können.

6 3. Auch der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht hätte berücksichtigen müssen, dass mit der Enteignung durch die Staatssicherheit ausschließlich bezweckt werden sollte, Prof. Dr. H. psychisch zu zermürben, um ihn so zur Ausreise aus der DDR zu bewegen. Damit habe die „Stasi“ davon ausgehen müssen, dass sie das Grundstück nur vorübergehend brauche. Der Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) ist nicht verletzt. Das Verwaltungsgericht hat eine nur vorübergehende Inanspruchnahme in Erwägung gezogen, daraus aber keinen Klageerfolg ableiten können, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gegolten habe.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 52 GKG.

Beschluss vom 18.08.2011 -
BVerwG 8 B 73.11ECLI:DE:BVerwG:2011:180811B8B73.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.08.2011 - 8 B 73.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:180811B8B73.11.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 73.11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. August 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert, den Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Deiseroth und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerinnen gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2008 wird verworfen.
  2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rügeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge bleibt ohne Erfolg. Sie ist unzulässig; denn sie wurde zu spät eingelegt. Gemäß § 152a Abs. 2 Satz 2 VwGO kann die Rüge nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung nicht mehr erhoben werden. Der angefochtene Beschluss des Senats ist der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 5. Februar 2008 bekanntgegeben worden. Bei Einlegung der Anhörungsrüge am 11. August 2011 war seither deutlich mehr als ein Jahr verstrichen. Mit unzulänglicher oder verspäteter anwaltlicher Beratung kann eine Fristversäumung nicht entschuldigt werden. Andere Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich, sodass offen bleiben kann, ob in die versäumte Jahresfrist überhaupt Wiedereinsetzung gewährt werden könnte.

2 Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.