Beschluss vom 26.01.2006 -
BVerwG 1 B 135.05ECLI:DE:BVerwG:2006:260106B1B135.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.01.2006 - 1 B 135.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:260106B1B135.05.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 135.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Januar 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n
und Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Oktober 2005 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die Beschwerde ist unzulässig. Sie legt den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.

2 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

3 Die Beschwerde bezeichnet das "Verhältnis von § 73 Abs. 1 AsylVfG zur Genfer Flüchtlingskonvention bzw. zur Qualifikationsrichtlinie und deren Anwendung und ob es im Rahmen eines Widerrufs nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG darauf ankommt, ob in einem Herkunftsstaat eine stabile neue Schutzmacht oder sonstige Schutzmacht existiert, die vor befürchteten neuen Gefahren Schutz bieten können" als "obergerichtlich noch nicht geklärt". Sie verweist darauf, dass insoweit das OVG Schleswig mit Urteil vom 16. Juni 2004 - anders als das Berufungsgericht - die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen habe. Hätte das Berufungsgericht die benannte Qualifikationsrichtlinie bereits als Auslegungshilfe im Rahmen des Widerrufsverfahrens herangezogen, hätte es das erstinstanzliche Urteil nicht aufheben dürfen.

4 Damit und mit den weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung lässt sich die Zulassung der Revision nicht erreichen. Auch wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass sie mit den als obergerichtlich noch nicht geklärt bezeichneten Themen Grundsatzfragen im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO benennen wollte, fehlt es an notwendigen Ausführungen dazu, dass sich diese Fragen in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würden. Die Beschwerde legt schon nicht dar, wegen welcher "neuen" verfolgungsrelevanten Gefahren es auf die Frage ankommen könnte, ob "eine stabile neue Schutzmacht oder sonstige Schutzmacht existiert". Im Berufungsverfahren hat sich die Klägerin auf eine ihr als Christin drohende Gefahr berufen. Das Berufungsgericht ist aufgrund der Auswertung der ihm vorliegenden Auskünfte zu dem Ergebnis gekommen, dass der Klägerin weder von staatlichen, quasistaatlichen noch von nichtstaatlichen Akteuren im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. a bis c AufenthG die Gefahr einer asylerheblichen Verfolgung als Christin droht (UA S. 7 bis 11). Es wird aus dem Beschwerdevorbringen nicht ersichtlich, inwiefern sich die Frage einer stabilen Schutzmacht im Falle fehlender asylerheblicher Verfolgung stellen kann.

5 Im Übrigen ist die von der Beschwerde angesprochene Frage des Verhältnisses von § 73 Abs. 1 AsylVfG zu den einschlägigen Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. November 2005 geklärt (BVerwG 1 C 21.04 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE bestimmt). Dieses Urteil erging auf die in der Beschwerde zitierte Revision gegen das Urteil des OVG Schleswig vom 16. Juni 2004. Danach ist die Asyl- und Flüchtlingsanerkennung nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG insbesondere zu widerrufen, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht. § 73 Abs. 1 AsylVfG wird vom Bundesverwaltungsgericht als inhaltlich dem Art. 1 Abschnitt C Nr. 5 Satz 1 GFK entsprechend ausgelegt, der vorsieht, dass der Betroffene nach Wegfall der Umstände, auf Grund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.

6 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.