Beschluss vom 25.07.2008 -
BVerwG 8 B 34.08ECLI:DE:BVerwG:2008:250708B8B34.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.07.2008 - 8 B 34.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:250708B8B34.08.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 34.08

  • VG Greifswald - 15.05.2007 - AZ: VG 2 A 1307/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Juli 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss vom 3. März 2008 - BVerwG 8 B 75.07 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Der Senat stellt klar, dass eine Anhörungsrüge kein Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses ist. Sie stellt vielmehr nur ein formelles Recht dar, das dann greift, wenn das Gericht wesentliches Vorbringen der Prozessbeteiligten in nicht ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen und sich mit diesem nicht in gebotener Weise auseinander gesetzt hat. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.

2 Das rechtliche Gehör des Klägers ist nicht verletzt worden. Der Kläger trägt nur Argumente vor, die nach seiner Auffassung angeblich vom Senat nicht hinreichend gewürdigt wurden und greift mit diesem Vortrag zugleich die einzelnen Erwägungen des Senats zum Nichtvorliegen der verschiedenen Nichtzulassungsgründe an. Damit versucht der Kläger im Grunde im Gewand einer Anhörungsrüge die rechtliche Würdigung des Senats als fehlerhaft anzugreifen und auf diese Weise eine erneute Überprüfung der erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde mit dem Ziel einer endgültigen Zulassung der Revision zu erreichen. Das ist aber nicht die Aufgabe des Instituts der Anhörungsrüge (vgl. Beschluss vom 1. April 2008 - BVerwG 9 A 12.08 - sowie Beschluss vom 21. April 2008 - BVerwG 9 VR 11.08 -).

3 Entgegen der Auffassung der Beschwerde hat sich der Senat mit dem gesamten klägerischen Vorbringen beschäftigt und die getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts zutreffend zugrunde gelegt.

4 Die Beschwerde übersieht, dass das Gebot des rechtlichen Gehörs es nur erfordert, dass das erkennende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht. Es verpflichtet das erkennende Gericht keineswegs, den Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch zu folgen. Zudem ist das erkennende Gericht ebenfalls nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Es ist deshalb vom Ansatz schon verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner in einer Beschwerdeschrift enthaltener Elemente in den Entscheidungsgründen zu schließen, das Gericht habe sich mit den darin enthaltenen Argumenten nicht befasst (vgl. Beschluss vom 17. August 2007 - BVerwG 8 C 5.07 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 4 und Beschluss vom 21. Juli 2005 - BVerwG 9 B 9.05 -).

5 Im Kern rügt der Kläger in seiner umfänglich abgefassten Anhörungsrüge, dass der Nichtzulassungsbeschluss des Senats darauf beruhe, dass der Senat letztlich davon ausgehe, das Verwaltungsgericht habe eine für den Senat bindende Sachverhaltsbewertung derart getroffen, dass es im vorliegenden Fall kein individuelles sowjetisches Enteignungsverbot gegeben habe, dass also keine individuellen Äußerungen von verantwortlichen Vertretern der sowjetischen Besatzungsmacht vorliegen, die sich gegen eine Enteignung der streitgegenständlichen Vermögenswerte ausgesprochen haben (vgl. S. 3 der Beschwerdeschrift). Entgegen der Annahme des Senats habe das Verwaltungsgericht ein sowjetisches Enteignungsverbot bezüglich der konkreten Fläche sachverhaltlich festgestellt (vgl. S. 6 der Beschwerdeschrift). Der Senat habe deshalb sowohl die Feststellungen des Verwaltungsgerichts über das Vorliegen einer Anordnung des Ortskommandanten („der Hof N. darf nicht enteignet werden“) als auch den entsprechenden Vortrag in der Nichtzulassungsbeschwerdeschrift im Verfahren BVerwG 8 B 75.07 nicht zur Kenntnis genommen und zu Unrecht angenommen, das Verwaltungsgericht habe das Vorliegen eines Enteignungsbeschlusses gar nicht festgestellt (vgl. S. 12 der Beschwerdeschrift).

6 Dieses Vorbringen steht weder mit den tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Mai 2007 noch mit dem Inhalt des Senatsbeschlusses vom 3. März 2008 - BVerwG 8 B 75.07 - in Einklang. Schon der Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils enthält keinerlei Feststellungen über das Vorliegen eines konkreten Enteignungsverbots der sowjetischen Besatzungsmacht. Auch den Entscheidungsgründen ist nicht zu entnehmen, dass das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines solchen Enteignungsverbotes tatsächlich festgestellt hat. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht auf S. 23 UA ausdrücklich ausgeführt, dass ein Enteignungsverbot im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht vorliegt („von einem solchen Verbot oder einer ausdrücklichen Missbilligung geht die Kammer im vorliegenden Fall nicht aus“). Das Verwaltungsgericht hat auf S. 24 UA dargelegt, dass der handschriftliche Vermerk auf dem Brief der Großmutter des Klägers nur ausweise, dass die Besatzungsmacht eine Überprüfung hinsichtlich des Gutes vorgenommen habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass es auf Grund der Grundstücksgröße unter 100 ha nicht der Aufteilung unterliege. Im Rahmen seiner Auslegung der Erklärung der Besatzungsmacht ist das Verwaltungsgericht ausdrücklich zu dem Schluss gelangt: „Der Vermerk bietet keinen Anhalt dafür, dass das Gut unabhängig von seiner Größe nicht enteignet werden soll.“ Auch auf S. 25 UA legt das Verwaltungsgericht weiterhin dar, dass auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass „Frau von H. in ihrem Schreiben an die Russische Ortskommandantur in B. auf ihre persönlichen Verhältnisse einging“, nicht auf ein personenbezogenes Enteignungsverbot geschlossen werden könne („auch wenn man mit dem Kläger eine entsprechende Aufforderung unterstellt“ <S. 25 UA>).

7 Die Ablehnung eines Enteignungsverbots ergibt sich zudem aus der Formulierung im dritten Absatz auf S. 25 UA: „Wenn es ein ausdrückliches auf den Hof bezogenes und unabhängig von der Frage, ob der Besitz zusammenzurechnen sei, bestehendes Verbot der Besatzungsmacht gegeben haben sollte, wäre es im Übrigen nicht zu erklären, weshalb weder die Großmutter des Klägers noch ihr Anwalt ihre Eingaben aus dem Herbst 1949 an sowjetische Stellen richteten oder jedenfalls darauf Bezug nahmen ...“ Diese Darlegung wäre unverständlich, wenn das Verwaltungsgericht von einem Enteignungsverbot ausgegangen wäre, wie offenbar die Beschwerde in ihrer Anhörungsrüge nunmehr meint.

8 Der Senat hat in seinem Beschluss vom 3. März 2008 - BVerwG 8 B 75.07 - damit das Fehlen von tatsächlichen Feststellungen über das Vorliegen eines Enteignungsverbots zutreffend zur Kenntnis genommen, so dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör ausscheidet. Soweit der Kläger mit seinen Angriffen gegen den Beschluss des Senats vom 3. März 2008 sein Vorbringen aus dem Verfahren zur Zulassung der Revision wiederholt, kann er mit einer Anhörungsrüge nicht durchdringen.

9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.