Beschluss vom 25.06.2007 -
BVerwG 8 B 91.06ECLI:DE:BVerwG:2007:250607B8B91.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.06.2007 - 8 B 91.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:250607B8B91.06.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 91.06

  • VG Potsdam - 21.09.2006 - AZ: VG 1 K 2871/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Juni 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts
  2. Potsdam vom 21. September 2006 wird zurückgewiesen.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Gründe rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.

2 1. Die Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO greifen nicht durch.

3 a) Der Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht verletzt. Er bezieht sich auf die Bewertung von Tatsachen und Beweisergebnissen, d.h. auf die Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgebenden Umstände. Hieran gemessen begegnen die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Rechtzeitigkeit der Anmeldung im Sinne von § 30a VermG keinen Bedenken. Das Gericht hat ermittelt, dass sich aus Unterlagen, auf die sich die Anmeldung Nr. 3 der Beigeladenen u.a. bezogen hat, eine hinreichende Individualisierbarkeit des zurückbegehrten Vermögensgegenstandes ergibt. Dem ist auch die Klägerin mit ihrer Beschwerde nicht entgegengetreten. Dass die Konkretisierung erst nach Ablauf der Anmeldefrist erfolgte, ist von rechtlicher, nicht von tatsächlicher Bedeutung.

4 b) Gleiches gilt für den Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe aus dem Vergleich der Rechtsstellung des Verfügungsberechtigten und der des Grundpfandgläubigers falsche Schlüsse gezogen. Der Einwand der Unlogik wäre auch nur berechtigt, wenn beide Rechtspositionen zwingend gleich zu behandeln wären. Das jedoch vermag die Klägerin nicht darzulegen.

5 2. Die für rechtsgrundsätzlich im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gehaltenen Fragen bedürfen keiner Klärung in einem Revisionsverfahren.

6 a) Die Frage, ob
der Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren nach Erlass des Ausgangsbescheides, jedoch vor Erlass des Widerspruchsbescheides im Sinne von § 68 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu einer erstmaligen Beschwer eines Dritten im Sinne dieser Norm führt,
lässt sich bereits im vorliegenden Verfahren beantworten. Dies trifft jedenfalls auf die Sachverhaltskonstellation zu, die im Streitfalle gegeben ist. Danach ist die Klägerin nach dem Rubrum des angefochtenen Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2001 nicht am Vorverfahren beteiligt gewesen. Da sie durch den Zuschlag Eigentümerin des anmeldebelasteten Grundstücks geworden ist, droht ihr durch den Widerspruchsbescheid, der die Anordnung der Rückübertragung bestätigt, erstmalig als Dritte eine Schmälerung ihrer durch Zuschlag erlangten Rechtsposition.

7 b) Die Frage, ob
der Ersteigerer nach Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren Rechtsnachfolger im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO in Ansehung des rückübertragungsbelasteten, ersteigerten Grundstücks ist,
ist nicht erheblich; denn § 42 Abs. 2 VwGO regelt keine Rechtsnachfolge. An der Klagebefugnis des Ersteigerers besteht kein Zweifel.

8 c) Die Frage, ob
die Rückübertragung gemäß § 3b Abs. 4 VermG im Sinne dieser Norm unmöglich ist, wenn der Zuschlag trotz erfolgter Anmeldung vermeintlicher Restitutionsansprüche im Zwangsversteigerungsverfahren zur originären Eigentumsbegründung des Erwerbers einerseits führt und andererseits die Anwendbarkeit des § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG für Sachverhalte nicht anwendbar ist, die dadurch gekennzeichnet sind, dass getrenntes Gebäude- und Grundeigentum besteht,
würde sich im Revisionsverfahren nicht stellen. Die Rückübertragung ist jedenfalls möglich, weil der vorliegende Zuschlagsbeschluss gemäß § 91 Abs. 1 ZVG die Bedingung enthält, dass der Restitutionsanspruch fortbesteht.

9 d) Die Frage, ob
das Verwaltungsgericht an eine rechtlich unzutreffende Entscheidung eines Landgerichts im Verfahren nach dem ZVG gebunden ist, in dem es um den Anwendungsbereich sowie den Wirkungskreis des § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG ging,
ist im Hinblick auf die vorliegende Sachgestaltung ebenfalls nicht revisionseröffnend. Ist der Eigentumserwerb durch Zuschlag gemäß § 90 Abs. 1 ZVG rechtskräftig, ohne dass der Restitutionsanspruch nach § 91 Abs. 1 ZVG erloschen ist, bindet diese Rechtslage Gerichte und Behörden im Rahmen der Rechtskraft.

10 e) Die Frage, ob
die Verwaltungsgerichtsbarkeit unabhängig von einer Entscheidung der ordentlichen Gerichtsbarkeit über den Wirkungskreis und den Anwendungsbereich des § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG befugt ist, hiervon abweichend zu entscheiden,
würde sich im Revisionsverfahren nicht stellen, weil im vorliegenden Falle eine rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts vorliegt, der sich das Verwaltungsgericht ausdrücklich angeschlossen hat.

11 f) Auf die Frage, ob
§ 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG lediglich auf Sachverhalte anzuwenden ist, die dadurch gekennzeichnet sind, dass Gebäudeeigentum und Grundeigentum getrennt sind,
kommt es ebenfalls nicht an. Die Rechtslage im vorliegenden Fall wird durch den rechtskräftigen Zuschlagsbeschluss mit Bedingung bestimmt.

12 g) Die Fragen, ob
die im gerichtlichen Verfahren am 19. September sowie 20. September 2006 erstmalig vorgelegte Adressenliste in Abweichung der zuletzt vorgenommenen Konkretisierung am 11. November 1993 im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 2 VermG ausreicht, und
f) die von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 19. September sowie 20. September 2006 dem Gericht erstmals vorgelegten Auszüge aus einem Adressbuch von 1928 der Stadt Potsdam zu den Jahrgängen 1928, 1932, 1934, 1936, 1937 wertvolles Material zum Nachweis einer verfolgungsbedingten Schädigung als Bestimmungsmerkmal für die Zielführung der Konkretisierung im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 1 VermG darstellen,
betreffen den vorliegenden Einzelfall und sind von keiner darüber hinausgehenden allgemeinen Bedeutung.

13 3. Die Divergenzrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind unbegründet. Sie könnten nur erfolgreich sein, wenn ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz benannt worden wäre, mit dem die Vorinstanz einem in der bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz, der sich auf dieselbe Rechtsvorschrift bezieht, widersprochen hätte. Das legt die Klägerin nicht dar. Eine vermeintlich unrichtige Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im konkreten Falle ist keine Abweichung im Sinne eines abstrakten Rechtssatzwiderspruchs.

14 4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 47, 52 GKG.