Beschluss vom 25.01.2016 -
BVerwG 4 B 46.15ECLI:DE:BVerwG:2016:250116B4B46.15.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.01.2016 - 4 B 46.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:250116B4B46.15.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 46.15

  • VG Freiburg - 30.07.2014 - AZ: 2 K 1512/12
  • VGH Mannheim - 04.08.2015 - AZ: VGH 3 S 275/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Januar 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Decker
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. August 2015 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens unter zwei Gesichtspunkten verneint. Zum einen diene das geplante Wohnhaus mit Altenteil nicht dem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb des Klägers i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (UA S. 9). Zum anderen könne mit Blick auf die vom Kläger vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen für die letzten fünf Betriebsjahre nicht davon ausgegangen werden, dass sein Betrieb auf Dauer als lebensfähig anzusehen sei (UA S. 13). Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2015 - 4 B 53.15 - Rn. 2 m.w.N.). Denn ist nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben, dann kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (BVerwG, Beschluss vom 9. September 2009 - 4 BN 4.09 - ZfBR 2010, 67 = juris Rn. 5). Angesichts des auf mehrere, selbstständig tragende Begründungsstränge gestützten Urteils setzt der Erfolg der vorliegenden Beschwerde voraus, dass jeder dieser Begründungsteile für sich die Zulassung der Revision rechtfertigt. Das ist nicht der Fall. Jedenfalls in Bezug auf die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, das Vorhaben des Klägers diene keinem landwirtschaftlichen Betrieb i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sind Zulassungsgründe nicht gegeben.

3 1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Der Kläger legt nicht dar, dass die angefochtene Entscheidung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 1991 - 4 C 2.89 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 272) oder von dessen Beschluss vom 10. März 1993 - 4 B 254.92 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 284) abweicht.

4 Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vor-instanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz u.a. des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 14). § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt dabei, dass der Tatbestand der Divergenz nicht nur durch die Angabe der höchstrichterlichen Entscheidung, von der abgewichen worden sein soll, sondern auch durch Gegenüberstellung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze dargelegt wird. Daran fehlt es hier, denn der Kläger legt nicht dar, mit welchem abstrakten Rechtssatz der angegriffenen Entscheidung der Verwaltungsgerichtshof den zitierten Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts widersprochen haben soll, sondern wirft dem Verwaltungsgerichtshof vor, dieser habe bei Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelnen zitierte Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts rechtsfehlerhaft angewandt bzw. aus ihnen nicht die rechtlichen Folgerungen gezogen, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten seien. Damit wird der Tatbestand der Divergenz jedoch nicht aufgezeigt (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 und vom 23. Oktober 2012 - 4 BN 35.12 - juris Rn. 7).

5 2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die geltend gemachte Aufklärungsrüge genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

6 Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachaufklärung grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 4 B 20.12 - BRS 79 Nr. 73 Rn. 6). Der Beweisantrag ist förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 4 B 20.12 - BRS 79 Nr. 73 Rn. 6 m.w.N.). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltschaftlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 - 8 C 10.84 - BVerwGE 74, 222 <223 f.> = Buchholz 448.0 § 17 WPflG Nr. 7 S. 8 f.; Beschluss vom 10. Oktober 2001 - 9 BN 2.01 -Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 10 f.). Eines förmlichen Beweisantrages bedarf es allerdings dann nicht, wenn sich dem Tatsachengericht eine weitere Sachaufklärung aufdrängen musste. Maßgeblich ist dabei der materiell-rechtliche Standpunkt des Tatsachengerichts, auch wenn dieser rechtlichen Bedenken begegnen sollte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998- 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>).

7 Der anwaltlich vertretene Kläger wirft dem Verwaltungsgerichtshof vor, nicht ermittelt zu haben, ob eine zwei- bis dreimalige tägliche Präsenz des Klägers im Stall ausreicht, um den Haltungserfolg nicht zu gefährden. Durch die Einvernahme des betreuenden Tierarztes bzw. die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte ohne weiteres aufgeklärt werden können, dass der Umfang der unerlässlichen und für den Betriebserfolg maßgeblichen Betreuung über die zwei- bis dreimalige tägliche Präsenz im Stall hinausgehe, diese keiner Regelmäßigkeit unterliege und daher das Wohnen in unmittelbarer Nähe des Stalles dem Betrieb diene und ohne das Wohnhaus die geplante Erweiterung der Tierhaltung wegen der zusätzlichen Betreuungsleistungen nicht oder nur unter erheblichem, zusätzlichem Aufwand umgesetzt werden könne. Dass er einen hierauf gerichteten Beweisantrag gestellt hat, trägt er nicht vor. Ferner legt der Kläger nicht dar, dass sich dem Tatsachengericht, ausgehend von seiner für die Behandlung der Aufklärungsrüge maßgeblichen Rechtsauffassung, auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Das Vorliegen eines Verfahrensfehlers ist damit nicht schlüssig dargetan.

8 3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.