Verfahrensinformation

Der Kläger begehrt soziale Ausgleichsleistungen nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgsetz für eine in der DDR erlittene etwa zehnjährige Inhaftierung. Er hat in beiden Vorinstanzen mit seinem Antrag Erfolg gehabt. Dagegen wendet sich das beklagte Land mit der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision. Der damals 18-jährige Kläger war 1962 Angehöriger der NVA-Grenztruppen der DDR. Bei einem nächtlichen Streifengang erschoss er seinen Postenführer und floh in die Bundesrepublik Deutschland, wo ihn das Landgericht Schweinfurt zu einer neunjährigen Jugendfreiheitsstrafe wegen Mordes verurteilte, die der Kläger sechs Jahre verbüßte. Als er im Jahre 1978 unter Benutzung der Transitautobahn mit seiner Familie nach Berlin (West) reisen wollte, wurde er am Grenzkontrollpunkt Marienborn durch Organe der DDR festgenommen und durch ein Militärgericht der DDR im Hinblick auf die 1962 begangene Tat erneut wegen Mordes (nunmehr in Tateinheit mit Fahnenflucht in schwerem Fall) zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. 1988 wurde er aus der Haft entlassen und in das Bundesgebiet ausgewiesen. Nach der staatlichen Wiedervereinigung hob das Kammergericht hat seine Verurteilung in der DDR wegen Verstoßes gegen das Transitabkommen und damit zugleich das völkerrechtlich garantierte Grundrecht auf Freiheit als rechtsstaatswidrig auf. Soziale Ausgleichsleistungen für die Inhaftierung in der DDR wurden im behördlichen Verfahren unter Berufung auf Ausschließungsgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG versagt. Nach dieser Vorschrift werden soziale Ausgleichsleistungen nach dem StrRehaG nicht gewährt, wenn der Berechtigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegender Weise seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat. Nach den Instanzgerichten liegt kein Ausschlussgrund vor. Das Berufungsgericht hat das u.a. damit begründet, dass nur Taten zu Gunsten des Unrechtsregimes der DDR davon erfasst würden. Das Bundesverwaltungsgericht wird voraussichtlich zu klären haben, ob die Ausschließungsgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG hier zu berücksichtigen sind, ggf. ob sie einen so genannten Systembezug erfordern und schließlich welche Konsequenzen sich daraus ergeben, dass der Kläger wegen desselben Vorgangs zweimal verurteilt und inhaftiert wurde.


Verfahrensinformation

Der Kläger begehrt soziale Ausgleichsleistungen nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgsetz für eine in der DDR erlittene etwa zehnjährige Inhaftierung. Er hat in beiden Vorinstanzen mit seinem Antrag Erfolg gehabt. Dagegen wendet sich das beklagte Land mit der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision. Der damals 18-jährige Kläger war 1962 Angehöriger der NVA-Grenztruppen der DDR. Bei einem nächtlichen Streifengang erschoss er seinen Postenführer und floh in die Bundesrepublik Deutschland, wo ihn das Landgericht Schweinfurt zu einer neunjährigen Jugendfreiheitsstrafe wegen Mordes verurteilte, die der Kläger sechs Jahre verbüßte. Als er im Jahre 1978 unter Benutzung der Transitautobahn mit seiner Familie nach Berlin (West) reisen wollte, wurde er am Grenzkontrollpunkt Marienborn durch Organe der DDR festgenommen und durch ein Militärgericht der DDR im Hinblick auf die 1962 begangene Tat erneut wegen Mordes (nunmehr in Tateinheit mit Fahnenflucht in schwerem Fall) zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. 1988 wurde er aus der Haft entlassen und in das Bundesgebiet ausgewiesen. Nach der staatlichen Wiedervereinigung hob das Kammergericht hat seine Verurteilung in der DDR wegen Verstoßes gegen das Transitabkommen und damit zugleich das völkerrechtlich garantierte Grundrecht auf Freiheit als rechtsstaatswidrig auf. Soziale Ausgleichsleistungen für die Inhaftierung in der DDR wurden im behördlichen Verfahren unter Berufung auf Ausschließungsgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG versagt. Nach dieser Vorschrift werden soziale Ausgleichsleistungen nach dem StrRehaG nicht gewährt, wenn der Berechtigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegender Weise seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat. Nach den Instanzgerichten liegt kein Ausschlussgrund vor. Das Berufungsgericht hat das u.a. damit begründet, dass nur Taten zu Gunsten des Unrechtsregimes der DDR davon erfasst würden. Das Bundesverwaltungsgericht wird voraussichtlich zu klären haben, ob die Ausschließungsgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG hier zu berücksichtigen sind, ggf. ob sie einen so genannten Systembezug erfordern und schließlich welche Konsequenzen sich daraus ergeben, dass der Kläger wegen desselben Vorgangs zweimal verurteilt und inhaftiert wurde.


Pressemitteilung Nr. 39/2002 vom 24.10.2002

Erteilte Häftlingshilfebescheinigung rechtfertigt trotz Mordes Entschädigung für DDR-Haft

Im Entschädigungsverfahren nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz findet keine erneute Prüfung statt, ob der Berechtigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit verstoßen hat, wenn ihm zuvor eine bestandskräftige Bescheinigung nach dem Häftlingshilfegesetz erteilt worden ist. Das hat das Bundesverwaltungsgericht heute entschieden. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:


Der damals 18-jährige Kläger war 1962 Angehöriger der NVA-Grenztruppen der DDR. Bei einem nächtlichen Streifengang erschoss er seinen Postenführer und floh in die Bundesrepublik Deutschland. Das Landgericht Schweinfurt verurteilte ihn wegen Mordes zu einer neunjährigen Jugendfreiheitsstrafe, von der er 6 Jahre verbüßte. Als er im Jahre 1978 unter Benutzung der Transitautobahn nach Berlin (West) reisen wollte, wurde er am Grenzkontrollpunkt Marienborn durch Organe der DDR festgenommen und durch ein Militärgericht der DDR wegen der 1962 begangenen Tat erneut wegen Mordes (nunmehr in Tateinheit mit Fahnenflucht) zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. 1988 wurde er in das Bundesgebiet ausgewiesen. Dort erhielt er eine Bescheinigung als politisch Verfolgter im Sinne des Häftlingshilfegesetzes.


Die Weigerung, dem Kläger soziale Ausgleichsleistungen für die rechtswidrige Haft in der DDR zu gewähren, begründet das beklagte Land mit den Ausschlussgründen des § 16 Abs. 2 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG). Nach dieser Vorschrift werden soziale Ausgleichsleistungen nicht gewährt, wenn der Berechtigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegender Weise seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat.


Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgesprochen, dass § 16 Abs. 2 StrRehaG in Fällen dieser Art nicht anwendbar ist. Da die bestandskräftige Bescheinigung nach dem Häftlingshilfegesetz die Prüfung weitgehend identischer Ausschlussgründe voraussetzt, lässt das später ergangene Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz keine erneute Überprüfung zu. Auf die in der Vorinstanz aufgeworfenen Rechtsfragen zur Auslegung der Ausschlussgründe im Hinblick auf die Notwendigkeit des Bezugs zum Unrechtssystem der DDR oder den Einfluss des Grundsatzes des Verbots der Doppelbestrafung kommt es daher nicht an.


BVerwG 3 C 7.02 - Urteil vom 24.10.2002


Urteil vom 24.10.2002 -
BVerwG 3 C 7.02ECLI:DE:BVerwG:2002:241002U3C7.02.0

Leitsatz:

Dem Berechtigten aus einer bestandskräftigen Häftlingshilfebescheinigung gemäß § 10 Abs. 4 HHG können die sozialen Ausgleichsleistungen des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes nach § 25 Abs. 2, § 17 StrRehaG nicht unter Berufung auf die Ausschlussgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG versagt werden.

Urteil

BVerwG 3 C 7.02

  • VGH München - 30.05.2001 - AZ: VGH 12 B 97.685 -
  • Bayerischer VGH München - 30.05.2001 - AZ: VGH 12 B 97.685

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungs-
gericht Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter
am Bundesverwaltungsgericht van S c h e w i c k ,
Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i , K i m m e l
und Dr. B r u n n
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
  2. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
  3. 30. Mai 2001 wird zurückgewiesen.
  4. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

I


Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für eine in der DDR erlittene Freiheitsentziehung eine Kapitalentschädigung nach den Vorschriften des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes zusteht.
Der im Jahre 1944 geborene Kläger war seit August 1961 freiwilliger Soldat bei der Grenztruppe der Nationalen Volksarmee der früheren DDR. Am 19. Mai 1962 erschoss er während eines Streifengangs den Postenführer und floh nach Bayern, wo er am folgenden Tage festgenommen wurde. Das Landgericht Schweinfurt verurteilte ihn am 14. Dezember 1962 wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von neun Jahren, die er bis zu seiner bedingten Entlassung am 1. März 1968 verbüßte. Nach beanstandungsfrei verlaufener Bewährungszeit wurde ihm die Reststrafe mit Beschluss des Amtsgerichts Münchberg vom 3. März 1971 erlassen.
Als der Kläger am 18. Dezember 1978 mit seiner Familie über die Transitautobahn nach West-Berlin reisen wollte, wurde er am Grenzkontrollpunkt Marienborn von den Grenzsicherungsorganen der ehemaligen DDR verhaftet. Das Militärobergericht Berlin verurteilte ihn am 12. Juni 1979 wegen Mordes an dem Postenführer in Tateinheit mit Fahnenflucht in schwerem Fall zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe. Seine Berufung wurde vom Obersten Gericht der DDR mit Urteil vom 25. Juli 1979 zurückgewiesen. Am 15. Dezember 1988 wurde er entlassen und in das Bundesgebiet ausgewiesen.
Ende 1989 erhielt der Kläger auf seinen Antrag eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes (HHG) des Inhalts, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG und des § 9 Abs. 1 HHG vorlägen und Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 HHG nicht gegeben seien.
Nach dem In-Kraft-Treten des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes vom 29. Oktober 1992 beantragte der Kläger zudem seine Rehabilitierung. Mit Beschluss vom 30. Mai 1994 hob das Kammergericht die Entscheidung der Strafgerichte der DDR auf und erklärte sie wegen Verstoßes gegen das "Transitabkommen" und damit zugleich gegen das völkerrechtlich garantierte Grundrecht auf Freiheit für rechtsstaatswidrig und rehabilitierte den Kläger.
Den Antrag des Klägers, ihm für die in der Zeit von 1978 bis 1988 in der DDR verbüßte Haft eine Kapitalentschädigung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) zu gewähren, lehnte die Regierung von Unterfranken mit Bescheid vom 7. November 1994 ab. Zur Begründung verwies sie auf § 16 Abs. 2 StrRehaG, wonach Ausgleichsleistungen nicht gewährt würden, wenn der Berechtigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zu eigenem Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht habe und wegen dieser Delikte zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig vor Ort verurteilt worden sei. Die der Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Schweinfurt zugrunde liegende Straftat widerspreche in jeder Hinsicht der Menschlichkeit und dem Rechtsstaatsprinzip. Der Kläger habe danach seinen Anspruch auf staatliche Leistungen als Entschädigung auch für die spätere Haft in der DDR verwirkt.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren verfolgte der Kläger sein Ziel im Klageweg weiter. Mit Urteil vom 13. Januar 1997 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten, dem Kläger eine Kapitalentschädigung in Höhe von 36 300 DM nach Maßgabe der "Verordnung über die Gewährung der Kapitalentschädigung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz" vom 19. März 1993 zu gewähren. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Ausschließungsgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG seien im Rahmen der Leistungen nach § 25 Abs. 2 StrRehaG nicht zu prüfen. Im Übrigen seien sie auch nicht gegeben. Dazu sei erforderlich, dass das Opfer vorher oder nachher zugleich Täter des Systems gewesen sei. Das sei beim Kläger nicht der Fall.
Die Berufung des Beklagten hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 30. Mai 2001 zurückgewiesen und dem Kläger auf seine Anschlussberufung eine nach der neuen Rechtslage erhöhte Entschädigung in Höhe von 72 600 DM zuerkannt. Zwar seien die Ausschließungsgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG im Rahmen der Leistungsgewährung nach § 25 Abs. 2 StrRehaG zu prüfen, sie lägen jedoch nicht vor. Dies gelte zunächst für den Verstoß gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit. Richtig sei, dass der Kläger mit der Ermordung des Postenführers im Jahre 1962 gegen die Grundsätze der Menschlichkeit verstoßen habe. Als ungeschriebene Voraussetzung müsse jedoch hinzukommen, dass der Verstoß im Zusammenhang mit Tätigkeiten zugunsten des Unrechtssystems der DDR zu sehen sei, also in irgendeiner Weise der Verfolgung aus politischen Gründen gedient habe. Der von dem Kläger verübte Mord weise keinen derartigen Systembezug auf; er stehe nicht im Zusammenhang mit Tätigkeiten zugunsten des Unrechtsregimes der DDR. Dem Kläger sei auch kein Stellungsmissbrauch i.S. von § 16 Abs. 2 2. Alternative StrRehaG vorzuhalten. Stellungsmissbrauch setze voraus, dass Machtbefugnisse, die das Unrechtsregime verliehen habe, bewusst und gewollt dazu ausgeübt wurden, sich selbst zu bevorzugen oder anderen zu schaden. In diesem Sinne sei wiederum Systembezug erforderlich, woran es hier fehle. Der Kläger habe den Posten nicht in missbräuchlicher Ausübung seiner ihm als NVA-Soldat verliehenen Machtbefugnisse ermordet, sondern außerhalb dieser Funktion gleichsam "bei Gelegenheit".
Mit der vom Senat zugelassenen Revision wendet sich der Beklagte insbesondere gegen die Annahme des Berufungsgerichts, Verstöße gegen Grundsätze der Menschlichkeit erforderten einen Systembezug und der Ausschließungsgrund des Stellungsmissbrauchs liege beim Kläger nicht vor. Die Tatsache der Doppelverurteilung könne nicht die soziale Unwürdigkeit des Klägers für staatliche Ausgleichsleistungen aufheben. Die DDR-Urteile seien der Sache nach nicht zu beanstanden. Zu beanstanden sei lediglich die Ergreifung des Klägers unter Verstoß gegen das Transitabkommen, in der ein absolutes Verfahrenshindernis zu sehen gewesen sei.
Der Kläger verteidigt die zu seinen Gunsten ergangenen Urteile.

II


Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das angegriffene Berufungsurteil entspricht im Ergebnis der Rechtslage. Der geltend gemachte Entschädigungsanspruch für die zu Unrecht erlittene Haft des Klägers in der DDR ist berechtigt. Er scheitert nicht an den Ausschlussgründen des § 16 Abs. 2 StrRehaG. Entgegen der entscheidungstragenden Begründung des Berufungsgerichts folgt dies allerdings nicht aus einer Bewertung des Verhaltens des Klägers im Rahmen dieser Ausschlussnorm, sondern aus deren rechtlicher Unanwendbarkeit wegen der dem Kläger bereits 1989 erteilten Bescheinigung nach dem Häftlingshilfegesetz.
Zu Recht und von der Revision nicht beanstandet geht das Berufungsgericht von § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StrRehaG als der alleinigen Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte, auf die Häftlingshilfebescheinigung gestützte soziale Ausgleichsleistung (Haftentschädigung) aus. Inwieweit der Kläger unter Berufung auf den Rehabilitierungsbeschluss des Kammergerichts stattdessen Ausgleichsleistungen von der zuständigen Landesjustizverwaltung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG hätte beanspruchen können, spielt hier keine Rolle.
Der Kläger erfüllt als Inhaber einer Häftlingshilfebescheinigung alle in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 StrRehaG geforderten Voraussetzungen. Die Ausschlussgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG sind im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu prüfen.
Das Berufungsgericht hält demgegenüber die Vornahme der Prüfung der Ausschlussgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG in den Ausgleichsverfahren des 3. Abschnitts des StrRehaG generell für geboten. Nach seiner Ansicht kann von einem gesetzgeberischen Willen, die Inhaber der Häftlingsbescheinigung gegenüber den "Normal"-Berechtigten des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes zu privilegieren, nicht ausgegangen werden. Nach Überzeugung des erkennenden Senats steht eine solche Auslegung des § 25 Abs. 2 Satz 1 StrRehaG nicht im Einklang mit der diesbe-
züglichen Gesetzessystematik und der sich aus den Gesetzesmaterialien ergebenden Regelungsabsicht.
Während Absatz 1 des § 25 StrRehaG die Ausschlussgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG ausdrücklich in Bezug nimmt und ihre Prüfung verlangt, fehlt eine entsprechende Erwähnung in Absatz 2. Bereits dieser Unterschied deutet darauf hin, dass ein solcher Prüfungsauftrag im Anwendungsbereich des § 25 Abs. 2 StrRehaG nicht besteht. Der Senat sieht darin vor allem deshalb ein beredtes Schweigen des Gesetzgebers, weil § 25 Abs. 2 StrRehaG - anders als Abs. 1, der nur eine Zuständigkeitsregelung enthält - eine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellt, die den Kreis der Anspruchsberechtigten über § 16 Abs. 1 StrRehaG hinaus auf bestimmte, nicht zuvor rehabilitierte Personen erweitert. Handelt es sich aber um eine selbständige, den Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen vermittelnde Vorschrift, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese im Übrigen stillschweigend allen Voraussetzungen des auf die gerichtliche Rehabilitierung folgenden Ausgleichsanspruchs unterliegt. Gerade weil es sich bei § 25 Abs. 2 StrRehaG um einen Sonderfall handelt, der von ansonsten mit diesem Gesetz nicht befassten Behörden zu bearbeiten ist, hätte es nahe gelegen, die Prüfung der Ausschlussgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG zu erwähnen, wenn sie wirklich gewollt gewesen wäre.
Es kann auch keine Rede davon sein, dass der von § 25 Abs. 2 StrRehaG erfasste Personenkreis ohne diese Prüfung eine ungerechtfertigte Privilegierung erführe. Die Häftlingshilfebescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG, an die § 25 Abs. 2 StrRehaG anknüpft, setzt nämlich ihrerseits voraus, dass Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 HHG nicht vorliegen. Diese sind weitgehend mit denen des § 16 Abs. 2 StrRehaG identisch. Ein Bedürfnis für eine erneute Prüfung besteht deshalb nicht, zumal im Regelfall dieselbe Behörde für die Leistungsgewährung im Rahmen des § 25 Abs. 2 StrRehaG zuständig ist, die zuvor das Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 HHG verneint hatte.
Auch Sinn und Zweck des § 25 Abs. 2 StrRehaG bestätigen die Annahme, dass im Anwendungsbereich dieser Vorschrift keine Ausschlussgründe mehr zu prüfen sind. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 12/1608 S. 29) erfüllen die in § 25 Abs. 2 Satz 1 StrRehaG genannten Personen durchweg die Voraussetzungen des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, soweit ihnen eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG wegen der dort aufgeführten Ereignisse ausgestellt worden ist. Die von dieser Bestimmung erfassten Personen könnten daher ohne weiteres auch eine Rehabilitierungsentscheidung vor den ordentlichen Gerichten erwirken. In Hinblick auf ihr vielfach schon fortgeschrittenes Alter wollte ihnen der Gesetzgeber aber die bei einer solchen Vorgehensweise unvermeidbare Verzögerung ersparen, damit sie möglichst schnell in den Genuss der Ausgleichsleistung kommen. Diesem Ziel entspricht es, keine nochmalige Prüfung von Ausschlussgründen vorzunehmen.
Das angefochtene Urteil verstößt mit seiner gegenteiligen Annahme gegen Bundesrecht. Es erweist sich jedoch aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Sind nämlich die Ausschlussgründe des § 16 Abs. 2 StrRehaG vorliegend nicht mehr zu prüfen, so stehen dem Kläger, der die übrigen Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 StrRehaG erfüllt, die ihm vom Berufungsgericht zugesprochenen sozialen Ausgleichsleistungen zweifelsfrei zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.