Beschluss vom 24.06.2002 -
BVerwG 8 B 94.02ECLI:DE:BVerwG:2002:240602B8B94.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.06.2002 - 8 B 94.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:240602B8B94.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 94.02

  • VG Potsdam - 07.03.2002 - AZ: VG 1 K 2546/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Juni 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
S a i l e r und K r a u ß
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 7. März 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 79 250,24 € festgesetzt.

Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Der Rechtssache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Beschwerde hält sinngemäß für klärungsbedürftig,
ob der Erwerb des Eigentums an einem Gebäude im Jahre 1986 durch Personen, die weder dem Kreis der Arbeiterfamilien noch der kinderreichen Familien angehörten, mit DDR-Recht in Einklang stand.
Diese aufgeworfene Frage eröffnet die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht, weil sie sich ausschließlich nach Maßgabe des irrevisiblen DDR-Rechts beantwortet und irrevisibles Recht einer Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu vermitteln vermag.
Nach Auffassung der Beschwerde soll hierfür entscheidend sein, ob § 2 Abs. 1 der Ersten Durchführungsbestimmung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime und Siedlungshäuser vom 11. Februar 1955 (GBl DDR I, 154) - der den Verkauf eines Eigenheimes "bevorzugt" an Mieter des fraglichen Objekts vorsieht - auch nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile und Gebäude für Erholungszwecke vom 19. Dezember 1973 (GBl DDR I, 578), das das zuvor geltende Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime und Siedlungshäuser vom 15. September 1954 (GBl DDR S. 784) ablöste und in § 1 Abs. 2 die Bevorzugung von Arbeiterfamilien und kinderreichen Familien vorsah, weiterhin anwendbar blieb.
Diese Frage stellt sich jedoch im vorliegenden Fall nicht, so dass unabhängig von der fehlenden Revisibilität auch aus diesem Grunde die Revision nicht zugelassen werden könnte. Die Beschwerde verkennt dabei nämlich die einschlägige Rechtslage in der DDR. Allerdings wird diese Fehleinschätzung durch einen entsprechenden Irrtum in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid - auf den sich das Verwaltungsgericht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO bezogen hat, ohne dies zu korrigieren - gefördert. Denn die Erste Durchführungsbestimmung vom 11. Februar 1955 war unstreitig bereits außer Kraft getreten, als der hier zu beurteilende Gebäudeverkauf abgewickelt wurde. Sie wurde nämlich durch § 12 der Fünften Durchführungsbestimmung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime und Siedlungshäuser vom 20. September 1968 außer Kraft gesetzt, die ihrerseits den Verkauf volkseigener Eigenheime in § 3 Abs. 1 - verschärfend - "nur" an Mieter des Objekts oder - insofern neu regelnd - an Personen gestattete, denen die Zuweisung für diesen Wohnraum erteilt worden war. Die Fünfte Durchführungsbestimmung vom 20. September 1968 wurde schließlich ihrerseits aufgehoben durch § 6 Abs. 2 des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile und Gebäude für Erholungszwecke vom 19. Dezember 1973 (GBl DDR I, 578), das seinerseits in § 1 Abs. 2 stattdessen (erstmals) die Verpflichtung festsetzte, unter anderem volkseigene Eigenheime "bevorzugt" Arbeiterfamilien und kinderreichen Familien zum Kauf anzubieten. Die zu diesem neuen Gesetz erlassene Durchführungsbestimmung vom 19. Dezember 1973 (GBl DDR I, 590) gestattete in § 2 Abs. 1 jedoch weiterhin den Verkauf volkseigener Eigenheime an "Bürger ..., die das Eigenheim zum Zeitpunkt des Verkaufes bewohnen oder denen von dem für die Wohnraumlenkung zuständigen Organ vor Abschluss des Kaufvertrages eine Zuweisung für diesen Wohnraum erteilt wird". Damit wird ersichtlich die zuletzt in der Fünften Durchführungsbestimmung vom 20. September 1968 zur alten Rechtslage vorgesehene Regelung inhaltlich auf einer neuen Rechtsgrundlage wieder aufgegriffen. Auf § 1 Abs. 2 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 11. Februar 1955 und deren weitere Anwendbarkeit kommt es danach für den vorliegenden Fall ersichtlich nicht mehr an.
Im Übrigen ist in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid - dessen Ausführungen sich das Verwaltungsgericht zu Eigen gemacht hat - unabhängig von der Frage des Rechtsverstoßes festgestellt worden, dass den Beigeladenen jedenfalls die für die Unredlichkeit des Erwerbs gemäß § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG erforderliche Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis nicht vorgeworfen werden kann. Zu dieser zweiten, selbständig tragenden Begründung macht die Beschwerde keine Revisionszulassungsgründe geltend; dies wäre jedoch bei Doppelbegründungen nach ständiger Rechtsprechung erforderlich gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.