Beschluss vom 24.03.2017 -
BVerwG 2 B 53.16ECLI:DE:BVerwG:2017:240317B2B53.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.03.2017 - 2 B 53.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:240317B2B53.16.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 53.16

  • VG Leipzig - 25.02.2010 - AZ: VG 3 K 561/09
  • OVG Bautzen - 11.05.2016 - AZ: OVG 2 A 334/12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. März 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und Dr. Günther
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2016 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 777,14 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

2 1. Der Kläger begehrt von der Beklagten finanziellen Ausgleich für insgesamt 1.382 geleistete Überstunden. Er stand als Oberstarzt im Dienst der Beklagten. Ab dem 5. Dezember 2008 bis Ende März 2009 war er dienstunfähig erkrankt. Im Anschluss an die Erkrankung nahm er Erholungsurlaub bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des Monats Mai 2009.

3 Im September 2006 hatte der Kläger Dienstzeitausgleich für seit dem Jahr 2000 geleistete Überstunden beantragt. Der Antrag wurde abgelehnt. Das Verwaltungsgericht verpflichtete die Beklagte rechtskräftig, dem Kläger für die von ihm geleisteten Rufbereitschaftsdienste einen Dienstzeitausgleich im Umfang von 1.382 Stunden zu gewähren.

4 Den daraufhin im Februar 2009 gestellten Antrag des Klägers auf finanzielle Abgeltung des Dienstzeitausgleichs lehnte die Beklagte ab. Die hiergegen gerichtete Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass ein entsprechender Anspruch nicht aus der Verordnung über die Vergütung für Soldaten mit besonderer zeitlicher Belastung hergeleitet werden könne. Anspruchsvoraussetzung wäre danach, dass schon zum Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über den Anspruch auf Dienstzeitausgleich die Freistellung vom Dienst nicht hätte erfolgen können, was nicht der Fall gewesen sei. Auch eine entsprechende Anwendung der beamtenrechtlichen Regelung über Mehrarbeit komme nicht in Betracht. Danach setze die Vergütung von Mehrarbeit voraus, dass Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht gewährt werden könne, was beim Kläger ebenfalls nicht der Fall sei. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers könne weder aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn noch aus der Folgenbeseitigungspflicht oder dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitet werden. Die arbeitsrechtliche Vorstellung, dass für jede Arbeitsstunde Mehrarbeit eine Überstundenvergütung zu erfolgen habe, sei mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums nicht vereinbar. Schließlich liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor.

5 Das Oberverwaltungsgericht hat die von ihm zugelassene Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. Ergänzend hat es auch einen unionsrechtlichen Haftungsanspruch des Klägers verneint. Dessen Voraussetzungen seien nicht gegeben, weil danach nur diejenige rechtswidrige Zuvielarbeit auszugleichen sei, welche ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet worden ist. Die bis Juli 2006 geleistete streitgegenständliche Zuvielarbeit habe der Kläger aber erst im September 2006 geltend gemacht. Mit der ersten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sei nur festgestellt worden, dass er einen Anspruch auf Dienstzeitausgleich habe. Über den unionsrechtlichen Haftungsanspruch sei nicht entschieden worden.

6 2. Gemäß § 132 Abs. 2 VwGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Das Vorliegen eines oder mehrerer dieser Zulassungsgründe ist in der Beschwerde darzulegen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Auch wenn den Anforderungen an die Darlegung kein zu strenger, den Rechtsschutz letztlich unnötig erschwerender Maßstab zugrunde zu legen ist (BVerfG, Beschluss vom 8. März 2001 - 1 BvR 1653/99 - NVwZ 2001, 552 <552 f.>) muss die Beschwerde jedoch zumindest der Sache nach einen der genannten Zulassungsgründe bezeichnen und erläutern, inwieweit dessen Voraussetzungen nach ihrer Ansicht gegeben sind (BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <90 ff.> und vom 20. September 2012 - 5 B 47.12 - ZOV 2012, 368).

7 Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Es fehlt schon an der Bezeichnung eines Zulassungsgrundes. Auf einen solchen wird weder ausdrücklich noch der Sache nach hingewiesen. Die Beschwerde beschränkt sich vielmehr darauf, im Stile eines bereits zugelassenen Rechtsmittels ihren bereits in den Vorinstanzen eingenommenen Rechtsstandpunkt zu wiederholen und zu vertiefen, wonach ein finanzieller Ausgleichsanspruch jedenfalls deswegen gegeben sein müsse, weil das Verwaltungsgericht rechtskräftig die Verpflichtung zum Dienstzeitausgleich ausgesprochen habe. Damit ist kein Zulassungsgrund dargelegt.

8 Sollte die Beschwerde bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung dahingehend zu verstehen sein, dass sie - eine Formulierung aus dem Beschwerdetext aufgreifend - die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam hält, "ob der hier zuerkannte Freizeitausgleichsanspruch finanziell abgegolten werden muss, wenn er denn aus Gründen, die auch der Kläger nicht zu vertreten hat, nicht genommen werden kann", so genügt sie auch insoweit nicht den geschilderten Darlegungsvoraussetzungen. Das vom Berufungsgericht gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO in Bezug genommene verwaltungsgerichtliche Urteil hat sich mit zahlreichen denkbaren Anspruchsgrundlagen befasst und jeweils verneint, dass deren Voraussetzungen vorliegen. Die Beschwerde stellt die verwaltungsgerichtliche Argumentation nicht substantiiert in Frage und nennt auch ihrerseits keine von ihr für einschlägig gehaltene Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch. Ihrer Argumentation liegt vielmehr allein der Gedanke zugrunde, dass das vom Verwaltungsgericht ausführlich begründete Ergebnis nicht richtig sein könne. Auch der pauschale Verweis auf Parallelen im Arbeitsrecht und im Beamtenrecht genügt den Darlegungsanforderungen nicht.

9 Ohne dass dies einem konkreten Zulassungsgrund zuzuordnen wäre, sei zudem darauf hingewiesen, dass, anders als von der Beschwerde angenommen, die Rechtsprechung des Senats zum unionsrechtlichen Haftungsanspruch (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1) auch hier einschlägig ist, obwohl bereits rechtskräftig über den Dienstzeitausgleich entschieden worden ist. Denn die Entscheidung über den Dienstzeitausgleich betrifft allein den primärrechtlichen Anspruch. Der sekundärrechtliche Haftungsanspruch, der erst dann Anwendung finden kann, wenn wie hier der primärrechtliche Anspruch auf Dienstzeitausgleich nicht mehr realisiert werden kann, greift hingegen erst für Zeiträume, die nach einer Geltendmachung durch den Betroffenen liegen (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.). Das gilt unabhängig davon, ob der primärrechtliche Dienstzeitausgleichsanspruch schon feststeht oder noch streitbefangen ist, und wer die Unmöglichkeit der Realisierung des Freizeitausgleichs zu vertreten hat.

10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstands beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 3 GKG.