Beschluss vom 24.02.2016 -
BVerwG 1 B 25.16ECLI:DE:BVerwG:2016:240216B1B25.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.02.2016 - 1 B 25.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:240216B1B25.16.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 25.16

  • VG Stuttgart - 27.07.2006 - AZ: VG A 1 K 10388/05
  • VGH Mannheim - 19.11.2015 - AZ: VGH A 12 S 1999/14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Februar 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Fricke und Dr. Rudolph
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. November 2015 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die allein auf einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg, da sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht.

2 Die Beschwerde macht geltend, das Berufungsgericht habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) und damit zugleich den "fachlich notwendigen Begründungszwang" verletzt, weil es sich in den Entscheidungsgründen nicht mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Urteil vom März 2001, dem im Mai 2001 von der Ausländerbehörde ausgesprochenen politischen Betätigungsverbot und dem weiteren Vortrag des Klägers im Widerrufsverfahren auseinandersetze. Mit diesem und dem weiteren Vorbringen wird eine Verletzung der dem Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs folgenden Verpflichtung des Gerichts, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise aufgezeigt. Damit geht auch die Rüge einer unzureichenden Urteilsbegründung ins Leere.

3 Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Ein Gericht ist nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Es darf sich auf die für seine Entscheidung leitenden Gründe beschränken. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen. Aus einem Schweigen der Urteilsgründe zu Einzelheiten des Prozessstoffes allein kann noch nicht der Schluss gezogen werden, das Gericht habe diese nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Falles ergibt, dass das Gericht seine Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung entscheidungserheblichen Vorbringens verletzt hat, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs vor (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216 f.> m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Beschwerde nicht.

4 Das Berufungsgericht hat in der von der Beschwerde angegriffenen Entscheidung im Einzelnen dargelegt, warum die Voraussetzungen für einen Widerruf der Flüchtlingsanerkennung vorliegen. Dabei ist es bei seiner Prognose von der der Flüchtlingsanerkennung zugrunde liegenden Einschätzung des Verwaltungsgerichts aus dem Jahre 2001 ausgegangen, wonach der unverfolgt ausgereiste Kläger seinerzeit wegen der von ihm in Deutschland als Informationssekretär der UNITA entwickelten exilpolitischen Aktivitäten bei einer Rückkehr nach Angola mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politischer Verfolgung zu rechnen hatte (UA S. 19). Den Wegfall dieser Verfolgungsgefahr hat es nicht allein mit den seit 2002 in Angola eingetretenen politischen Veränderungen und der seither verstrichenen Zeit von über 13 Jahren, sondern auch mit einer zwischenzeitlichen Veränderung in der individuellen Situation des Klägers begründet. Dieser werde bei Zugrundelegung seines Vorbringens im Widerrufsverfahren bereits seit längerem nicht mehr als exilpolitischer Aktivist für die Sache der UNITA angesehen und habe in der mündlichen Verhandlung auch nicht den Eindruck erweckt, nach einer Rückkehr nach Angola seine politischen Aktivitäten für die UNITA wieder aufzunehmen (UA S. 27 f.). Nach diesen Feststellungen erübrigten sich vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus auch weitere Ausführungen zum Vorbringen des Klägers, dass sein Name dem angolanischen Geheimdienst bekannt sei und er 2001 von der Ausländerbehörde mit einem politischen Betätigungsverbot belegt worden sei. Soweit die Beschwerde meint, das Berufungsgericht habe die Gesamtumstände nicht richtig gewürdigt, richtet sich dies in der Sache gegen die dem materiellen Recht zuzuordnende Bewertung der Verfolgungslage und vermag die von der Beschwerde gerügte Verfahrensfehlerhaftigkeit nicht zu begründen.

5 Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab.

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.