Beschluss vom 23.11.2011 -
BVerwG 4 BN 11.11ECLI:DE:BVerwG:2011:231111B4BN11.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.11.2011 - 4 BN 11.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:231111B4BN11.11.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 11.11

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 30.11.2010 - AZ: OVG 2 D 138/08.NE

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. November 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Jannasch
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. November 2010 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Divergenzrüge genügt nicht den Darlegungsanforderungen.

3 Eine die Revision eröffnende Abweichung läge nur vor, wenn das Oberverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen wäre (stRspr). Dieser Zulassungsgrund muss in der Beschwerdeschrift nicht nur durch Angabe der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, von der das Oberverwaltungsgericht abgewichen sein soll, sondern auch durch Darlegung der als solche miteinander in unmittelbarem Widerspruch stehenden, entscheidungstragenden Rechtssätze bezeichnet werden. Dem wird die Beschwerde nicht gerecht.

4 Sie zeigt weder einen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz auf, von dem das Oberverwaltungsgericht abgewichen sein soll, noch erläutert sie, mit welchem Rechtssatz das Oberverwaltungsgericht divergiert haben soll. Sie verweist vielmehr lediglich darauf, dass der entscheidende Senat des Oberverwaltungsgerichts in einer Frage, die überdies eine Tatsachenfrage, nämlich das Vorkommen einer bestimmten Einzelhandelsnutzung in der sozialen und ökonomischen Realität, darstellt, zu einem anderen Ergebnis gelangt als ein anderer Senat dieses Oberverwaltungsgerichts. Auch der Hinweis, dass dieser andere Senat in seiner Entscheidung auf Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts Bezug nimmt, vermag eine Divergenz im oben ausgeführten Sinn nicht darzulegen.

5 2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

6 Die Beschwerde macht als Verfahrensfehler geltend, das Gericht habe den Sachverhalt „aktenwidrig“ festgestellt. Diese Verfahrensrüge erfordert die schlüssig vorgetragene Behauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt bestehe ein Widerspruch. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass es keiner weiteren Beweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhalts bedarf; der Widerspruch muss also „zweifelsfrei“ sein. Die Verfahrensrüge der „Aktenwidrigkeit“ verlangt eine genaue Darstellung des Verstoßes, und zwar durch konkrete Angaben von Textstellen aus den vorinstanzlichen Verfahren, aus denen sich der Widerspruch ergeben soll. Diese Voraussetzungen sind erforderlich, da mit einer Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung ein Verfahrensmangel nicht dargelegt wird (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. November 1999 - BVerwG 4 BN 41.99 - <insoweit nicht veröffentlicht in UPR 2000, 226> und vom 4. Juli 2001 - BVerwG 4 B 51.01 -).

7 Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Die Beschwerde wendet sich nach Wiedergabe des Inhalts des Gutachtens der BBE Unternehmensberatung von Juni 2005 (Beiakte 2) unter II. d) zunächst gegen die Aussage des Oberverwaltungsgerichts, da der im Bebauungsplan festgesetzte Einzelhandelsausschluss nicht nur dem Schutz eines zentralen Versorgungsbereichs vor schädlichen Auswirkungen, sondern zumindest gleichrangig auch der Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs, also seiner Entwicklung dienen solle, sei die Ermittlungstiefe herabgesetzt (UA S. 17/18). Hierbei handelt es sich um eine rechtliche Schlussfolgerung, die mit der Rüge der Aktenwidrigkeit ohnehin nicht angegriffen werden kann. Soweit mit der Rüge die tatsächliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts in Frage gestellt werden soll, die Antragsgegnerin habe mit ihrem Bebauungsplan die beiden genannten Ziele - Erhaltung und Entwicklung - verfolgt, greift sie ebenfalls nicht durch. Hierzu verweist das Oberverwaltungsgericht auf die Planbegründung und die maßgebliche Verwaltungsvorlage (UA S. 4). Dem stellt die Beschwerde lediglich ihre abweichende Würdigung der beiden Gutachten der BBE Unternehmensberatung entgegen. Damit kann der Verfahrensrüge nicht zum Erfolg verholfen werden.

8 Der Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, der räumliche Zuschnitt des zentralen Versorgungsbereichs durch die Antragsgegnerin sei auch insoweit nicht unstimmig, als er bestimmte Standorte einbeziehe (UA S. 21), stellt die Beschwerde ebenfalls nur ihre eigene Würdigung entgegen (II. e).

9 Unter II. f) beanstandet die Beschwerde den Befund des Gerichts, das Einzelhandelskonzept (der Antragsgegnerin) nehme die Ortsteile ausdrücklich von seiner Einzelhandelssteuerung aus, als dezidiert falsch. Die diesem Befund zugrunde liegende Feststellung, in dem Konzept heiße es, dass das Grundversorgungsangebot innerhalb der Ortsteile von den geplanten Einzelhandelsausschlüssen nicht betroffen sei, greift die Beschwerde indes nicht als aktenwidrig an. Die Feststellung trägt die von der Beschwerde kritisierte Aussage des Gerichts unabhängig davon, ob sich das Einzelhandelskonzept - was die Beschwerde bestreitet - sogar der Förderung des Lebensmitteleinzelhandels in den Ortsteilen verschrieben hat.

10 Die Beschwerde trägt ferner vor (II. g), soweit das Gericht erläutere, die Grundversorgung sei in dem Einzelhandelskonzept (der Antragsgegnerin) flächendeckend geregelt und geordnet, sei das falsch (Beschwerde S. 11). Es fehlt jedoch bereits der Beleg für die dem Gericht unterstellte Aussage. Ein derartiger detaillierter Beleg ist vorliegend aber in besonderer Weise erforderlich, da das Urteil die Aussagen enthält: „Das Grundversorgungsangebot innerhalb der Ortsteile sei von den geplanten Regelungen nicht betroffen“ (UA S. 5) und „Das Einzelhandelskonzept vom 18. Oktober 2007 nimmt die Ortsteile ausdrücklich von seiner Einzelhandelssteuerung aus“ (UA S. 23). Eine Aktenwidrigkeit ist daher auch in diesem Zusammenhang nicht dargelegt.

11 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

12 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.