Beschluss vom 23.09.2004 -
BVerwG 3 B 44.04ECLI:DE:BVerwG:2004:230904B3B44.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.09.2004 - 3 B 44.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:230904B3B44.04.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 44.04

  • VG Dresden - 24.02.2004 - AZ: VG 11 K 2338/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. September 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
van S c h e w i c k und Dr. D e t t e
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Der geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.
Die Klägerin begehrt die Rehabilitierung nach den Regelungen des Beruflichen bzw. Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG bzw. VwRehaG). Sie sei, obgleich sie die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule (POS) als Klassenbeste abgeschlossen habe, nicht zur erweiterten allgemeinbildende polytechnische Oberschule (EOS) zugelassen worden, da sie nicht an der Jugendweihe teilgenommen habe.
Die Verfahrensrüge ist nicht berechtigt.
Die Beschwerde wirft dem Verwaltungsgericht vor, gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör und faires Verfahren (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 1 und 2 VwGO) sowie gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen zu haben. Das Verwaltungsgericht Dresden habe ohne mündliche Verhandlung entschieden. Hierin sei eine Verletzung rechtlichen Gehörs zu sehen, "da das Gericht im Hinblick auf seine Pflicht zur Sachaufklärung verpflichtet gewesen wäre, den Vater der Beschwerdeführerin dahingehend anzuhören, inwieweit von ihm die Aufnahme der Beschwerdeführerin im Gespräch mit dem Direktor begehrt wurde. Dadurch bedingt, dass das Gericht eine solche Anhörung unterlassen hat, ist eine Verletzung rechtlichen Gehörs zu sehen. Hätte das Gericht den Vater angehört, so hätte dieser den Vortrag der Beschwerdeführerin bestätigen können, wodurch nachgewiesen worden wäre, dass der entsprechende Antrag gestellt worden ist."
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, einen Verfahrensfehler zu bezeichnen, wie es § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt. Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann "bezeichnet", wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. Beschluss vom 10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 -
Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5; Wereuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971, Rn. 222 m.w.N.). Er setzt voraus, dass die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtigkeit unterstellt, die Mängel ergeben (Beschluss vom 18. März 1982 - BVerwG 9 CB 1076.81 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 35).
Ausgehend hiervon ist der Beschwerdevortrag nicht geeignet, einen Gehörsverstoß darzutun, denn er stellt den Prozessverlauf in einem entscheidenden Punkt unrichtig dar. Im Gegensatz zu der Behauptung der Beschwerde hat sehr wohl eine mündliche Verhandlung stattgefunden und zwar am 10. Juni 2003. Ausweislich des Protokolls wurde die Sache in dieser Sitzung tatsächlich und rechtlich erörtert. Anschließend erklärten die Beteiligten sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne (weitere) mündliche Verhandlung einverstanden. Sodann sagte die Beklagte zu, noch ein einschlägiges Urteil und die Kopie der Vorschriften über die Zulassung zur EOS zu übersenden. Der Vorsitzende wies daraufhin noch ausdrücklich darauf hin, dass die Klägerin eine Kopie dieser Unterlagen und Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten würde. So wurde dann auch verfahren und die Klägerin nahm dazu mit Schriftsatz vom 19. Juli 2003 Stellung. Die Entscheidung des Gerichts ohne (weitere) mündliche Verhandlung war nach § 101 Abs. 2 VwGO zulässig. Auch im Übrigen fehlen jegliche Anhaltspunkte, dass das Gericht dem Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör und faires Verfahren (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 1 und 2 VwGO) nicht genüge getan hätte.
Die hinreichende Bezeichnung einer Aufklärungsrüge setzt, soweit kein förmlicher Beweisantrag gestellt war, die Darlegung voraus, dass und warum sich dem Tatsachengericht die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen (Beschluss vom 18. Juni 1998 - BVerwG 8 B 56.98 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 154). Daran fehlt es, zumal das Gericht den in der Beschwerde wiederholten Vortrag bezüglich des Gesprächs des Vaters der Klägerin mit dem Direktor der Schule im Tatbestand ausdrücklich erwähnt, worauf die Beschwerde sogar hinweist. In Wahrheit
wendet sich die Beschwerde mit ihrer Rüge gegen die ihrer Ansicht nach unrichtige verwaltungsgerichtliche Würdigung der Gesamtumstände der unterbliebenen Delegation der Klägerin an eine EOS. Damit kann ein Verfahrensmangel aber nicht begründet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 14 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. in Verbindung mit § 72 GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I 718).