Beschluss vom 23.06.2008 -
BVerwG 3 B 92.07ECLI:DE:BVerwG:2008:230608B3B92.07.0

Beschluss

BVerwG 3 B 92.07

  • VG Berlin - 15.06.2007 - AZ: VG 9 A 221.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Juni 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Kläger begehren als Rechtsnachfolger der am 18. Januar 1991 verstorbenen E. N. die Rehabilitierung nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG - wegen des Verlustes des Eigentums an dem Grundstück Sch. 11 in B. Dieses seinerzeit Frau N. gehörende Grundstück wurde im Jahre 1948 im Zusammenhang mit der Beschlagnahme von Betrieben ihres Ehemannes ebenfalls beschlagnahmt und aufgrund des Gesetzes zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten vom 8. Februar 1949 enteignet.

2 Das Verwaltungsgericht hat die gegen den ablehnenden Bescheid des Beklagten erhobene Klage abgewiesen, weil das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz nach § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG auf Maßnahmen, die vom Vermögensgesetz erfasst würden, nicht anwendbar sei und dies nach § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG auch für Enteignungen auf besatzungshoheitlicher Grundlage im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG gelte.

3 Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist nicht die von den Klägern geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.

4 Die zahlreichen von den Klägern als klärungsbedürftig bezeichneten Fragen haben zwar für sich gesehen nicht den erforderlichen konkreten Bezug zu den Ausführungen der angegriffenen Entscheidung. Im Zusammenhang mit dem übrigen Beschwerdevorbringen lässt sich ihnen aber entnehmen, dass die Kläger im Wesentlichen beantwortet wissen wollen, ob der von § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG i.V.m. § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG angeordnete Ausschluss der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage vor dem Hintergrund zwingender völkerrechtlicher Vorgaben mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland aufgrund völkerrechtlicher Vorgaben verpflichtet ist, völkerrechtswidrige besatzungshoheitliche Enteignungen durch Rückübertragung der Vermögensgegenstände an die Alteigentümer rückgängig zu machen. Diese Frage rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

5 In der ständigen Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 VwRehaG keine Anwendung in den Fällen findet, in denen die Rehabilitierung wegen des Verlustes von Eigentum auf besatzungshoheitlicher Grundlage begehrt wird (grundlegend Urteil vom 21. Februar 2002 - BVerwG 3 C 16.01 - BVerwGE 116, 42). Diese Rechtsprechung ist vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden (Beschluss vom 4. Juli 2003 - 1 BvR 834/02 - BVerfGK 1, 227). Solche Enteignungen sind jedoch nach den Vorschriften des Ausgleichsleistungsgesetzes wiedergutzumachen. Mit der dort vorgenommenen Ausgestaltung der Wiedergutmachung hat sich der Gesetzgeber in dem von der Verfassung vorgegebenen Rahmen gehalten (vgl. BVerfG, Urteile vom 23. April 1991 - 1 BvR 1170/90 u.a. - BVerfGE 84, 90 <126 und 129> und vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94 u.a. - BVerfGE 102, 254 <297 ff.>).

6 Der Einwand der Kläger, es bestehe insoweit noch völkerrechtlicher Klärungsbedarf, ist nicht berechtigt. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 BvR 955/00 u.a. - (BVerfGE 112, 1) entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland keiner aus dem Völkerrecht abgeleiteten Pflicht zur Restitution des von den Eigentumsentziehungen Betroffenen unterliegt. Das völkerrechtliche Verbot, sich nicht an einem fremden Völkerrechtsverstoß zu bereichern, zwinge den Staat nicht dazu, die wiedererlangten Vermögensgegenstände gerade an die Alteigentümer zurückzugeben. Verlangt werde vielmehr ein insgesamt hinreichendes „Niveau der Auskehrung“, bei deren Durchführung der Staat auch weiteren verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung tragen könne. Die sich aus Art. 21 ff. EV ergebende Bereicherung habe der Bund durch den Erlass des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes hinreichend ausgekehrt. Die getroffenen Ausgleichsregelungen seien mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts- und Sozialstaatsprinzips sowie mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Höhere Anforderungen ergäben sich auch nicht aus der verfassungsrechtlichen Pflicht, das Völkerrecht zu respektieren (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 a.a.O. S. 37 ff.).

7 Der Sache nach bestätigen diese Ausführungen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der Enteignungen auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR nicht der Bundesrepublik Deutschland zugerechnet werden können und sie daher auch völkerrechtlich nicht in der Weise dafür einstehen muss, dass sie die Enteignung rückgängig zu machen hat (Beschluss vom 1. Juli 1999 - BVerwG 7 B 2.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 1 VermG Nr. 5). Daher sind die von der Beschwerde im Wesentlichen aufgeworfenen Fragen bereits höchstrichterlich beantwortet worden. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigen die Kläger nicht auf.

8 Der persönliche Vortrag des Klägers zu 1, den der Verfahrensbevollmächtigte der Kläger unter Weitergabe des Wunsches des Verfassers auf revisionsgerichtliche Prüfung der Beschwerdebegründung angefügt hat, ist einer Sachprüfung nicht zugänglich. Mit dem Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO ist es nicht zu vereinbaren, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich darauf beschränkt, der Rechtsmittelbegründung dienende Ausführungen der von ihm vertretenen Partei ohne eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung vorzulegen (Beschluss vom 5. August 1998 - BVerwG 4 B 74.98 - Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 91). Abgesehen davon wird in diesem Teil der Beschwerdebegründung auch kein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO aufgezeigt.

9 Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.