Beschluss vom 23.06.2005 -
BVerwG 4 B 38.05ECLI:DE:BVerwG:2005:230605B4B38.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.06.2005 - 4 B 38.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:230605B4B38.05.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 38.05

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 12.01.2005 - AZ: OVG 8 A 2131/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Juni 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht G a t z und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. P h i l i p p
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 102 000 € festgesetzt.

Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
1. Die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Fragen,
- ob eine Unterschutzstellung, die auf die Entwicklung und Wiederherstellung eines naturschutzwürdigen Zustandes und die Einrichtung einer Ergänzungs- und Verbundfläche gerichtet ist, als zulässige oder unzulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG oder als Beschaffungsvorgang zugunsten des öffentlichen Zwecks des Naturschutzes (Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG) zu qualifizieren ist, und
- ob die allgemeine Staatszielbestimmung in Art. 20 a GG auch dann grundsätzlich Vorrang gegenüber der Rohstoffsicherungsklausel gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG hat, wenn eine naturschutzrechtliche Unterschutzstellung - bezogen auf die Rohstoffflächen - ausschließlich auf die Entwicklung und Wiederherstellung eines naturschutzwürdigen Zustandes und die Einrichtung von Ergänzungs- und Verbundflächen ausgerichtet ist,
würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Berufungsurteil beruht nicht auf der Annahme, dass die naturschutzrechtliche Unterschutzstellung ausschließlich auf die Entwicklung und Wiederherstellung eines naturschutzwürdigen Zustandes und die Einrichtung von Ergänzungs- und Verbundflächen gerichtet sei. Das Oberverwaltungsgericht hat die Schutzwürdigkeit der in Rede stehenden Flächen vielmehr auf drei Gesichtspunkte gestützt. Die Unterschutzstellung diene erstens der Erhaltung des Areals als Brut- und Nahrungshabitat jedenfalls des Raubwürgers, zweitens der Erhaltung des Areals als Funktionsergänzungs- und Verbundfläche für die Ausbreitung und den Austausch seltener Lebensformen und drittens der Wiederherstellung bzw. Entwicklung eines Kalktrocken- und Magerrasenkomplexes. Jeden dieser Gesichtspunkte hat es ausdrücklich als selbständig tragend bezeichnet (vgl. UA S. 23). In Bezug auf den Urteilsgrund, dass die in Rede stehenden Flächen schutzwürdig und -bedürftig seien, weil sie ein wertvolles Brut- und Nahrungshabitat für die seltene und gefährdete Vogelart des Raubwürgers seien, und die Unterschutzstellung auch insoweit den Anforderungen des Abwägungsgebots genüge (UA S. 38 ff.), hat die Beschwerde einen Revisionszulassungsgrund nicht - wie dies bei einem auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützten Urteil erforderlich wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1973 - BVerwG 4 B 92.73 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 109; Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26) - geltend gemacht.
2. Die weitere von der Beschwerde aufgeworfene Frage, welche Anforderungen sich aus Art. 14 GG für die Begründung der Naturschutzwürdigkeit im Verfahren zur naturschutzrechtlichen Unterschutzstellung ergeben, hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Antwort auf diese Frage hängt von den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls ab und ist einer verallgemeinerungsfähigen Klärung für eine Vielzahl von Fällen nicht zugänglich. Die zur Konkretisierung der vorstehenden Frage gestellte Frage, ob die Naturschutzwürdigkeit durch aktuelle schutzgebietsbezogene Daten wissenschaftlich nachvollziehbar nachzuweisen ist oder ob auch nicht nachgewiesene Behauptungen von Fachleuten, für andere Zwecke einige Jahre vor der Unterschutzstellung ermittelte Daten sowie Informationen von Privatpersonen für die Begründung der Naturschutzwürdigkeit ausreichen, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat weder die Aktualität und die Schutzgebietsbezogenheit der den Sachverständigengutachten des Biologen Dr. B. und des Dipl.-Geogr. Volker S. zugrundeliegenden Daten noch die Nachvollziehbarkeit der Gutachten infragegestellt. Auf Informationen von Privatpersonen hat es sich nicht gestützt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG.