Verfahrensinformation

Gegenstand des Verfahrens sind Fragen der Anerkennung von Erfahrungszeiten für die erstmalige besoldungsrechtliche Festsetzung der Stufe des Grundgehalts. Ziel des Klägers, eines Richters am Amtsgericht, ist es, dass auch die Zeiten seiner Ausbildung und seiner Tätigkeit als Flugbegleiter sowie die Zeiten seiner Tätigkeit als Fluggastabfertiger als Erfahrungszeiten berücksichtigt werden und damit zu einer höheren Besoldung beitragen. Zeiten sind nach der gesetzlichen Regelung zu berücksichtigen, wenn die Tätigkeit für den Erwerb der nach § 9 Nr. 4 DRiG erforderlichen sozialen Kompetenz förderlich sein konnte. Das Verwaltungsgericht Berlin hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Landes hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Klage dagegen abgewiesen und die Revision zugelassen.


Pressemitteilung Nr. 81/2016 vom 22.09.2016

Zeiten einer früheren Tätigkeit als Flugbegleiter oder Fluggastabfertiger bei der Richterbesoldung nicht zu berücksichtigen

War ein Richter vor seiner Einstellung in den Richterdienst als Flugbegleiter (Steward) oder als Fluggastabfertiger tätig, sind diese Zeiten bei der Festsetzung der Erfahrungsstufe nicht zu berücksichtigen, nach der sich die Besoldung des Richters richtet. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Kläger steht als Richter im Dienst des beklagten Landes Berlin. Das Verwaltungsgericht hat das Land verpflichtet, die Zeiten der Tätigkeit des Klägers als Flugbegleiter sowie Fluggastabfertiger als Erfahrungszeiten gemäß § 38a Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin (BBesG Bln) anzuerkennen. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Revision des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:


§ 38a Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 BBesG Bln erkennt Zeiten einer Vor-Tätigkeit an, sofern sie für den Erwerb der nach § 9 Nr. 4 DRiG notwendigen sozialen Kompetenz förderlich sein konnten. Die Vorschrift ist nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang und Sinn und Zweck der Norm eingrenzend auszulegen. Durch die Bezugnahme auf die für die richterliche Tätigkeit erforderliche soziale Kompetenz wird deutlich, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um eine beliebige berufliche Vor-Tätigkeit handeln kann. Vielmehr muss sie einen Bezug zum Beruf des Richters aufweisen. Kennzeichnend hierfür ist die Fähigkeit, in Konfliktsituationen die divergierenden Interessen mehrerer Beteiligter auch in komplexen Lebensverhältnissen zu erfassen, zu einem Ausgleich zu bringen und ggf. hierüber auch zu entscheiden. Der Richter muss ferner die sozialen Folgen seines Handelns berücksichtigen. Andererseits muss er aber auch die erforderliche Konflikt- und Entschlussfähigkeit besitzen. Für eine (mögliche) Tätigkeit im Spruchkörper muss er über Teamfähigkeit verfügen und eine kollegiale Beratungskultur pflegen. Solche Fähigkeiten müssen im Vordergrund der in Rede stehenden Vor-Tätigkeit stehen und für diese prägend sein.


Danach reicht nicht jede berufliche Tätigkeit, die zwangsläufig mit einem Kontakt zu anderen Menschen verbunden ist, als Erfahrungszeit aus, insbesondere nicht solche Tätigkeiten, bei denen dieser soziale Umgang den anderen Menschen nur ausschnittsweise, in einer begrenzten sozialen Funktion und Situation, z.B. als Kunde, betrifft.


Diese Voraussetzungen sind bei einer Tätigkeit als Flugbegleiter nicht erfüllt. Denn der Flugbegleiter erbringt in erster Linie im Auftrag der Fluggesellschaft Leistungen, um die Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber ihren Kunden zu erfüllen. Bei einem Fluggastabfertiger (Bodensteward) sind Art und Maß des sozialen Kontakts zum Kunden noch geringer als bei einem Flugbegleiter.


Fußnote:

§ 38a BBesG Bln


 


Berücksichtigungsfähige Zeiten


(1)   Bei der ersten Stufenfestsetzung werden den Richtern und Staatsanwälten als Erfahrungszeiten im Sinne des § 38 Absatz 3 anerkannt:


.….


3. Zeiten einer Tätigkeit in einem anderen Beruf und die Zeiten der außer  der allgemeinen Schulbildung für einen solchen Beruf vorgeschriebenen Ausbildung, wenn während dieser Zeiten für die Ausübung des Richteramts förderliche Kenntnisse oder Erfahrungen erworben werden konnten oder die Tätigkeit für den Erwerb der nach § 9 Nummer 4 des Deutschen Richtergesetzes notwendigen sozialen Kompetenz förderlich sein konnte, bis zu fünf Jahren,


(…)


BVerwG 2 C 29.15 - Urteil vom 22. September 2016

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, 4 B 23.13 - Urteil vom 17. September 2015 -

VG Berlin, 7 K 302.12 - Urteil vom 20. März 2013 -


Beschluss vom 23.05.2013 -
BVerwG 4 B 23.13ECLI:DE:BVerwG:2013:230513B4B23.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.05.2013 - 4 B 23.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:230513B4B23.13.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 23.13

  • VG Düsseldorf - 22.07.2011 - AZ: VG 25 K 6636/10 Düsseldorf
  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 18.02.2013 - AZ: OVG 2 A 2135/11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Mai 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einem Verfahrensfehler.

3 Der Kläger rügt, dass das Oberverwaltungsgericht gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen habe. Das Oberverwaltungsgericht sei zu Unrecht seiner Anregung in der mündlichen Verhandlung nicht gefolgt, eine messtechnische Evaluation der im Schallgutachten der Fa. K. GmbH prognostizierten Lärmwerte zu veranlassen.

4 Die Rüge ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat das Schallgutachten der K. GmbH, das die Beigeladene im Baugenehmigungsverfahren vorgelegt hatte, durch einen Experten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen prüfen lassen (UA S. 18). Der Experte hat für das Oberverwaltungsgericht überzeugend bestätigt, dass es sich bei der schalltechnischen Untersuchung der K. GmbH um ein in fachlicher Hinsicht ordnungsgemäß erstelltes Gutachten handelt, dessen Ergebnis im Verfahren zur Genehmigung des Nachtbetriebs der Beigeladenen zugrunde gelegt werden konnte (UA S. 19). Zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens brauchte sich das Oberverwaltungsgericht nicht veranlasst zu sehen. Die Einholung zusätzlicher Sachverständigengutachten oder gutachterlicher Stellungnahmen liegt nach § 98 VwGO i.V.m. §§ 404 Abs. 1, 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts. Dieses Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung weiterer Gutachten absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (Urteil vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 und Beschluss vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268). So liegt es hier nicht. Das Oberverwaltungsgericht durfte im Hinblick auf die aus seiner Sicht nachvollziehbare, von einer unabhängigen Fachbehörde abgegebene Bestätigung der Validität der Ergebnisse und fachlichen Bewertung des Schallgutachtens der K. GmbH davon absehen, weiteren Sachverständigenbeweis etwa in Form von Immissionsmessungen zu erheben.

5 2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst. Die sinngemäß gestellte Frage, ob für die Prognose, welcher Lärm mit der Ausweitung der Betriebszeiten eines vorhandenen Gewerbebetriebs verbunden ist, der Lärm gemessen werden muss, der vom ausgeübten Betrieb ausgeht, ist nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass das Gutachten der K. GmbH hinsichtlich der Halleninnenpegel auf frühere schalltechnische Untersuchungen zurückgreift, für die Emissionsmessungen durchgeführt worden waren (UA S. 23). An diese Feststellung ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.