Verfahrensinformation

Die Kläger in dem Verfahren BVerwG 1 C 30.06 sind libanesische Staatsangehörige. Die Kläger in den weiteren Revisionsverfahren sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Nach ihrer Anerkennung als politische Flüchtlinge (§ 51 Abs. 1 AuslG) durch das Bundesamt erteilte ihnen die Ausländerbehörde Aufenthaltsbefugnisse, die wegen des fortlaufenden Bezugs von Sozialleistungen, mit der - hier streitigen - Auflage "Wohnsitznahme beschränkt auf das Land Rheinland-Pfalz" versehen waren. Auf die Klagen hiergegen hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz die Auflagen aufgehoben. Das Berufungsgericht ist in seinen Entscheidungen davon ausgegangen, dass die Wohnsitzauflage ausschließlich dem Zweck diene, eine Verlagerung von Sozialleistungslasten in andere Bundesländer durch Binnenwanderungen bestimmter Gruppen von Ausländern zu vermeiden. Dies sei mit Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) und Art. 23 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) unvereinbar, da durch eine Wohnsitzauflage nicht gezielt eine Beschränkung des Fürsorgerechts eingeführt werden dürfe. Das Berufungsgericht hat die Revision in allen Fällen zugelassen, weil das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die gegenteilige Auffassung vertrete und eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bisher fehle. Der Landkreis Trier-Saarburg als zuständige Ausländerbehörde tritt dieser Rechtsauffassung mit seinen Revisionen entgegen.


Beschluss vom 23.01.2008 -
BVerwG 1 C 29.06ECLI:DE:BVerwG:2008:230108B1C29.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.01.2008 - 1 C 29.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:230108B1C29.06.0]

Beschluss

BVerwG 1 C 29.06

  • OVG Rheinland-Pfalz - 24.08.2006 - AZ: OVG 7 A 10492/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Januar 2008
durch die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
beschlossen:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. August 2006 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 22. März 2006 sind wirkungslos.
  2. Die Klägerin und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen je zur Hälfte.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Das Verfahren ist in der Hauptsache durch die übereinstimmenden Erklärungen der Klägerin und des Beklagten erledigt. Es ist daher in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 ZPO sind die Entscheidungen der Vorinstanzen wirkungslos. Die von den Vorinstanzen jeweils gesondert vorgenommene Festsetzung des Streitwerts bleibt unberührt.

2 Über die Kosten des Verfahrens ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO). In der Regel entspricht es billigem Ermessen, entsprechend dem Grundsatz des § 154 Abs. 1 VwGO dem Beteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der ohne die Erledigung in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre. Der in § 161 Abs. 2 VwGO zum Ausdruck kommende Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit befreit das Gericht jedoch nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache von dem Gebot, anhand eingehender Erwägungen abschließend über den Streitstoff zu entscheiden. Wäre der Senat vorliegend zu einer Sachentscheidung gekommen, wäre der Beklagte auch im Revisionsverfahren unterlegen (vgl. das Urteil vom 15. Januar 2008 im Parallelverfahren BVerwG 1 C 17.07 , mit dem der Senat eine inhaltlich identische Wohnsitzauflage des Beklagten als rechtswidrig beurteilt hat). Im Hinblick auf eine bestandskräftig gewordene Folgeauflage erscheint es jedoch fraglich, ob die Klägerin bis zur Erledigung des Rechtsstreits ein berechtigtes Interesse an der rechtlichen Klärung der (ursprünglichen) Streitfrage hatte. Unter diesen Umständen entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens gemäß der Regelung in § 155 Abs. 1 VwGO auf die Klägerin und den Beklagten jeweils hälftig zu verteilen.

3 Nach Auffassung des Senats hat sich die Klägerin auch nicht aus eigenem Entschluss oder aus sonstigen Gründen in die Rolle der Unterlegenen begeben, so dass sie deshalb die Verfahrenskosten insgesamt tragen müsste.

4 Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.