Beschluss vom 23.01.2003 -
BVerwG 8 B 131.02ECLI:DE:BVerwG:2003:230103B8B131.02.0

Beschluss

BVerwG 8 B 131.02

  • VG Frankfurt/Oder - 13.05.2002 - AZ: VG 5 K 45/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a g e n k o p f und P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Darlegungen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
1. Das angefochtene Urteil leidet nicht unter den geltend gemachten Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
a) Die Aufklärungsrüge hinsichtlich der Grundbuchlage ist unbegründet. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, welche den Umfang der gebotenen Sachverhaltsaufklärung bestimmt, bedurfte es nicht der Aufklärung darüber, wann und wo das benannte Grundstück erfasst worden war. Das Verwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass das Grundstück bei Verleihung des Nutzungsrechts nicht volkseigen war (UA S. 8), hat aber gemeint, es komme auf die Wirksamkeit der Nutzungsrechtsverleihung nicht an. Im Lichte dieser Rechtsauffassung brauchte die Vorinstanz die schädigenden Maßnahmen, die zur Vermögensentziehung geführt hatten, nicht im Einzelnen aufzuklären.
b) Der Vorwurf der Beschwerde, das Verwaltungsgericht hätte die Unterlagen über die Vermessung beiziehen und die an der Vermessung beteiligten Personen vernehmen müssen, ist nicht substantiiert. Die Kläger hatten trotz Akteneinsicht und Anheimgabe des Gerichts, entsprechende Beweisanträge zu stellen, solche nicht gestellt. Eine Beweisaufnahme von Amts wegen drängte sich nicht auf, weil es nicht nahe gelegen hat, dass die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge, die auch Schriftsätze des Liegenschaftsdienstes enthalten, unvollständig gewesen sind. Die von der Beschwerde angeregte Vernehmung des Pächters des Nachbargrundstücks hat sich nicht angeboten, weil eine unmittelbare Klärung der Umstände, nach denen der Liegenschaftsdienst die Teilungsvermessung vorgenommen hatte, nicht zu erwarten gewesen ist.
c) Ein vom Revisionsgericht zu beachtender Verstoß gegen § 6 VwGO liegt nicht vor. Der Beschluss vom 28. Februar 2002, durch welchen die Kammer des Verwaltungsgerichts den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Einzelrichter übertragen hat, ist gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VwGO unanfechtbar. Ein derartiger unanfechtbarer Beschluss entzieht sich grundsätzlich der Überprüfung durch das Revisionsgericht (§ 173 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO).
Die Rüge greift auch nicht deshalb durch, weil in dem geltend gemachten Verfahrensmangel zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt. Dies ist nur der Fall, wenn willkürliche oder manipulative Erwägungen für die Fehlerhaftigkeit des gerügten Mangels bestimmend gewesen sind (Urteil vom 10. November 1999 - BVerwG 6 C 30.98 - BVerwGE 110, 40 = Buchholz 448.0 § 3 WpflG Nr. 21). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es ist vielmehr nachvollziehbar und wird durch den umfangreichen Aufklärungshinweis der Kammer verdeutlicht, dass das Verwaltungsgericht mit Blick auf die gefestigte Rechtsprechung in der Anwendung von § 4 Abs. 2 VermG keine wesentlichen Probleme gesehen hat.
2. Die Divergenzrüge ist unbegründet. Eine Abweichung i.S. von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Vorinstanz einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem sie einem abstrakten Rechtssatz widerspricht, den etwa das Bundesverwaltungsgericht aufgestellt hat. Entgegen der Auffassung der Beschwerde hat das Verwaltungsgericht jedoch keinen Rechtssatz des Inhalts benannt, ein dingliches Nutzungsrecht liege auch dann vor, wenn das Grundstück nicht in Volkseigentum gestanden habe. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr ausdrücklich die Wirksamkeit der Nutzungsrechtsverleihung offen gelassen, weil das betroffene Grundstück nicht in Volkseigentum gestanden habe (UA S. 8).
3. Von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist schließlich nicht die Frage,
ob nur ein dingliches Nutzungsrecht an einem volkseigenen Grundstück ein restitutionshinderndes dingliches Nutzungsrecht i.S. von § 4 Abs. 2 VermG begründen könne.
Der Rechtsordnung der DDR lässt sich ohne weiteres entnehmen, dass sämtliche in Betracht kommende Gesetze, beginnend mit dem Gesetz vom 21. April 1954 über die Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken (GBl Nr. 42 S. 445), die Verleihung dinglicher Nutzungsrechte nur für volkseigene Grundstücke vorsah (Beschluss vom 21. August 1997 - BVerwG 7 B 229.97 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 45). Doch da im Grundbuch "Eigentum des Volkes" eingetragen war, als das Nutzungsrecht verliehen wurde, konnte ein Nutzungsrecht entstanden sein und durch die ausgehändigte blaue Nutzungsurkunde belegt werden. Die Wirksamkeit einer solchen fehlerhaften Verleihung beurteilt sich nach Art. 19 Einigungsvertrag, ist aber nicht Voraussetzung für einen redlichen Erwerb i.S. von § 4 Abs. 2 VermG. Ein Verstoß gegen DDR-Recht allein reicht regelmäßig nicht aus, dem Erwerber die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition zu versagen (Urteil vom 18. Januar 1996 - BVerwG 7 C 20.94 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 25).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung bleibt einem gesonderten Beschluss vorbehalten.