Beschluss vom 22.12.2004 -
BVerwG 8 B 85.04ECLI:DE:BVerwG:2004:221204B8B85.04.0

Beschluss

BVerwG 8 B 85.04

  • VG Frankfurt/Oder - 22.07.2004 - AZ: VG 4 K 698/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Dezember 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a u s e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 43 794 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Revisionszulassungsgrund des Verfahrensfehlers gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor.
Die Beschwerde rügt einen Verstoß gegen die Aufklärungspflicht des Verwaltungsgerichts gemäß § 86 Abs. 1 VwGO. Diese Rüge setzt voraus, dass von der Beschwerde dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können.
Die Beschwerde wendet sich dagegen, dass das Verwaltungsgericht nicht feststellen konnte, dass sich - wie von den Klägern behauptet - auf dem streitgegenständlichen Grundstück zum Zeitpunkt der Enteignung ein Einfamilienhaus, eine Kneipe und ein Konsumgeschäft befunden habe, und dass es den zu dieser Frage ergangenen Beweisbeschluss wieder aufgehoben hat, nachdem die ladungsfähige Anschrift der von den Klägern benannten Zeugen nicht ermittelt werden konnte. Mit dieser Rüge könnte die Beschwerde überhaupt nur erfolgreich sein, wenn sie in der Beschwerdeschrift geltend machen würde, dass die ladungsfähigen Anschriften zu ermitteln gewesen wären und sie diese mitgeteilt hätte. Dafür fehlt aber jeglicher Vortrag.
Es hätte den Klägern auch freigestanden, nach Aufhebung des Beweisbeschlusses in der mündlichen Verhandlung einen neuen Beweisantrag zu stellen, zum Beispiel die Vernehmung des nur schriftsätzlich benannten Zeugen B. zu beantragen oder für den ebenfalls nur schriftsätzlich benannten Zeugen F. eine ladungsfähige Anschrift anzugeben. Da die Frage, ob das Grundstück zum Zeitpunkt der Enteignung bebaut war, in der mündlichen Verhandlung streitig erörtert wurde, hätte es den Klägern, die für ihre Behauptung, es habe Wohnbebauung existiert, darlegungspflichtig waren, oblegen, entsprechende Beweise anzubieten und Beweisanträge zu stellen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hat der Klägerbevollmächtigte nach der Aufhebung des Beweisbeschlusses aber nur den Sachantrag gestellt. Da auch die Bauakten keinerlei Hinweis darauf ergeben, dass sich zum Zeitpunkt der Enteignung noch eine Bebauung auf dem Grundstück befand, und auch nach dem Vortrag der Kläger in der Beschwerdebegründung die Ruinen der ursprünglichen Bebauung nur bis Ende der 50er Jahre auf dem Grundstück verblieben, musste es sich bei diesem Verfahrensstand dem Gericht nicht aufdrängen, von sich aus weitere Ermittlungen anzustellen.
Soweit sich die Beschwerde dagegen wendet, dass in der mündlichen Verhandlung der ehrenamtliche Ortsbürgermeister informatorisch vernommen wurde, ist darauf hinzuweisen, dass ausweislich der Niederschrift dies im Einverständnis mit allen Beteiligten, also auch dem Vertreter der Kläger, geschah.
Soweit die Beschwerde dessen Aussagen für inhaltlich fehlerhaft und durch zahlreiche Zeugen für entkräftbar hält, ist darauf zu verweisen, dass es den in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretenen Klägern freigestanden hätte, die Aussagen des Zeugen zu bestreiten und dafür ggf. in der mündlichen Verhandlung weitere Zeugen zu benennen. Die Übergabe von Unterlagen aus den Jahren 1933 bis 1942 im Beschwerdeverfahren kann dies nicht ersetzen. Die Frage der Bebauung des Grundstücks in dieser Zeit ist nicht entscheidungserheblich, da das Verwaltungsgericht zu Recht in seiner Entscheidung nur auf den Bebauungszustand zum Zeitpunkt der Enteignung im Jahr 1983 abgestellt hat, für den es auf die Bebauung bis 1942 nicht ankam.
Auch der weiter gerügte Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Zwar verpflichtet der Anspruch auf rechtliches Gehör nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts das Gericht dazu, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Davon kann jedoch grundsätzlich ausgegangen werden. Soweit die Beschwerde eine Verletzung dieses Rechts darauf stützt, dass das Verwaltungsgericht die weiteren benannten Zeugen in den Beweisbeschluss nicht mit einbezogen habe, sind die Kläger darauf zu verweisen, dass es ihnen oblegen hätte, in der mündlichen Verhandlung die entsprechenden Beweisanträge formell zu stellen. Die Schriftsätze dienen der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung und die darin benannten Beweismittel als Ankündigung von Beweisanträgen. Es ist nicht ersichtlich, dass die anwaltlich vertretenen Kläger in der mündlichen Verhandlung gehindert waren, diese Beweisanträge ausdrücklich zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und § 72 Nr. 1 GKG.