Urteil vom 22.01.2008 -
BVerwG 2 WD 26.06ECLI:DE:BVerwG:2008:220108U2WD26.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 22.01.2008 - 2 WD 26.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:220108U2WD26.06.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 26.06

  • Truppendienstgericht Süd 2. Kammer - 10.10.2006 - AZ: S 2 (neu) VL 1/06

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 22. Januar 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
ehrenamtlicher Richter Oberfeldarzt Brumm und
ehrenamtlicher Richter Stabsunteroffizier Willhauk,
Leitender Regierungsdirektor ...
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwältin ...,
als Verteidigerin,
Geschäftsstellenverwalterin ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung des Soldaten wird das Urteil der 2. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 10. Oktober 2006 im Ausspruch über die Disziplinarmaßnahme geändert.
  2. Gegen den Soldaten wird ein Beförderungsverbot für die Dauer von einem Jahr verhängt.
  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Soldaten erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

1 Der 28 Jahre alte Soldat wurde ... 2001 zur Ableistung seines Grundwehrdienstes zur ...bataillon ... in K. einberufen. Aufgrund seiner Bewerbung und Verpflichtungserklärung vom 21. Dezember 2001 wurde er am 2. Januar 2002 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seine Dienstzeit wurde zuletzt auf acht Jahre festgesetzt. Sie endet mit Ablauf des 28. Februar 2009. Der Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt am 28. August 2006 zum Stabsunteroffizier. Nach seinem Grundwehrdienst wurde der Soldat zum 1. Oktober 2003 zur ...bataillon ... in K. als Nachschubunteroffizier versetzt. In der Zeit vom 3. bis 27. Februar 2004 nahm er am Unteroffizierlehrgang „Fachdienst Nachschub-Truppe“ an der ...schule ... in O. teil, den er mit der Abschlussnote „gut“ bestand. Zum 1. Oktober 2005 wurde der Soldat zur ...bataillon ... in K. als Nachschubunteroffizier und Kraftfahrer CE versetzt.

2 Eine planmäßige Beurteilung liegt bisher nicht vor. In dem Beurteilungsvermerk des Inspektionschefs der ...gruppe ... Inspektion der ...schule ... vom 25. Februar 2004 wird ausgeführt:
„HG S. ist ein ruhiger und besonnener Soldat, der erteilte Aufgaben zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten angeht und ausführt. Seine Lehrprobe war sorgfältig vorbereitet und in der Durchführung konnte er ein gutes Ergebnis erzielen. Während der Abschlussübung war S. auffallend motiviert und verstand, dies auf seine Kameraden zu übertragen. Ihm erteile Aufträge erledigte er gewissenhaft. Physisch und psychisch ist HGUA S. belastbar. Er zeigte sich einsatz- und leistungsbereit und war in der Lage, im Team zu arbeiten. Unter Anleitung eines erfahrenen Vorgesetzten kann er als Gruppenführer in der AGA eingesetzt werden.“

3 In der Sonderbeurteilung vom 9. Januar 2007 durch Hauptmann H., den Kompaniechef der ...bataillon ..., erhielt der Soldat bei den Einzelmerkmalen fünfmal die Wertung „4“ und sechsmal die Wertung „3“. In der „Freien Beschreibung“ wird über den Soldaten ausgeführt:
„Stabsunteroffizier S. ist ein ruhiger, teilweise verschlossen wirkender Unteroffizier. Es fällt ihm schwer, sich zu öffnen und aus sich herauszugehen. Stabsunteroffizier S. ist häufig in sich gekehrt, ordnet sich in die militärische Gemeinschaft zwar ein und auch unter, zeigt aber wenig Initiative und übernimmt kaum Verantwortung.
Stabsunteroffizier S. ist bei seinen Kameraden akzeptiert.
Stabsunteroffizier S. ist deutlich auf dem Weg der Besserung, zeigt gute Ansätze und entwickelt sich zu einem verlässlichen Unteroffizier. Er braucht aber noch Zeit und Führung.
Er verfügt über durchschnittliche geistige Anlagen.“

4 Der nächsthöhere Vorgesetzte stimmte der Beurteilung zu und bestätigte das vom Kompaniechef beschriebene Leistungsbild.

5 Vor dem Truppendienstgericht sagte Hauptmann B., ehemaliger Disziplinarvorgesetzter des Soldaten, als Leumundszeuge aus, der Soldat habe im dienstlichen Bereich immer ordentliche Leistungen erbracht und sei zuverlässig gewesen.

6 Der Soldat ist seit 3. Dezember 2001 Träger der Schützenschnur in Bronze, seit 12. Dezember 2001 des Leistungsabzeichens in Bronze, seit 30. Dezember 2002 der Einsatzmedaille der Bundeswehr (KFOR) und seit 15. Mai 2003 der Einsatzmedaille der NATO (KFOR).

7 Disziplinar ist der Soldat ausweislich des Disziplinarbuchauszugs vom 4. Dezember 2006 bislang dreimal in Erscheinung getreten:
Er erhielt am 19. Oktober 2004 eine Disziplinarbuße in Höhe von 200 € wegen Fernbleibens von der Ausbildung. Des Weiteren erhielt er am 20. Dezember 2004 eine Disziplinarbuße in Höhe von 400 € wegen Fernbleibens von der Ausbildung sowie am 22. November 2005 eine Disziplinarbuße in Höhe von 800 € wegen wiederholten verspäteten Dienstantritts.

8 Außer der Eintragung des sachgleichen Strafbefehls des Amtsgerichts H. enthält der Zentralregisterauszug vom 19. Juli 2007 eine Verurteilung durch das Amtsgericht P. vom 31. Januar 2001 zu 20 Tagessätzen zu je 40 DM wegen Einfuhr explosionsgefährlicher Stoffe ohne Nachweis der Berechtigung zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen.

9 Der Soldat lebt getrennt von seiner Ehefrau und hat eine Tochter von drei Jahren. Mit seiner jetzigen Lebenspartnerin hat er eine Tochter von vier Monaten.

10 Nach Auskunft der Wehrbereichsverwaltung Süd - Gebührniswesen - vom 11. Dezember 2006 erhält er monatliche Dienstbezüge in Höhe von 1 867,62 € brutto und 1 814,96 € netto. Der Soldat hat jedoch vor dem Senat angegeben, die Bezüge seien eingestellt worden, nachdem er einen Antrag auf Elternzeit gestellt habe. Der Unterhalt für seine ältere Tochter belaufe sich auf 204 €. Der Soldat hat nach seinen Angaben Kreditschulden in Höhe von insgesamt ca. 37 000 €, die er in monatlichen Raten zu 435 € zurückzahlt. Die Kreditschulden entstanden u.a. durch den infolge der Trennung von seiner Ehefrau erfolgten Kauf einer neuen Wohnungseinrichtung, durch Gerichts- und Anwaltskosten sowie den Kauf eines Autos.

II

11 Durch Strafbefehl des Amtsgerichts H. vom 10. November 2004 - 3 Cs 31 Js 16773/04 -, rechtskräftig seit 14. März 2005, wurde gegen den Soldaten wegen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 und 4, § 248a StGB eine Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen zu je 35 € verhängt.

12 In dem mit Verfügung des Befehlshabers des Wehrbereichskommandos IV vom 20. September 2005 ordnungsgemäß eingeleiteten sachgleichen gerichtlichen Disziplinarverfahren fand die 2. Kammer des Truppendienstgerichts Süd, ausgehend von der Anschuldigungsschrift vom 7. Juli 2006, den Soldaten am 10. Oktober 2006 eines Dienstvergehens schuldig und verhängte gegen ihn ein Beförderungsverbot für die Dauer von 15 Monaten verbunden mit einer Gehaltskürzung in Höhe von einem Zwanzigstel für die Dauer von 24 Monaten.

13 Die Truppendienstkammer hat folgende tatsächlichen Feststellungen getroffen:
„Vom 4.05.2004 bis 27.01 .2006 war der Soldat zur Ausbildung zur ...stelle nach T. kommandiert.
Am 24.09.2004 fuhr er übers Wochenende nach Hause. Als Beifahrer nahm er seinen Kameraden, den Zeugen K. bis M. mit. Dieser gab ihm als Benzingeld zu Beginn der Fahrt 25 €. Kurz vor L. tankte der Soldat für diese 25 € ca. 20 l Superbenzin. Im weiteren Verlauf der Fahrt fuhr der Soldat an der Raststätte F. nochmals zur Tankstelle und tankte für 20 €. Anschließend ging er in den Kassenraum, zahlte jedoch entsprechend seiner vorgefassten Absicht nicht, sondern ging zurück zum Fahrzeug und fuhr weiter.
Der Soldat ließ sich in der Hauptverhandlung dahingehend ein, er sei nach dem Tanken zur Toilette gegangen. Anschließend habe er einen Anruf seiner Frau bekommen. Nach dem Anruf sei er wahrscheinlich so abgelenkt gewesen, dass er beim Bezahlen des Getränks vergessen habe, dem Kassierer die Nummer der Zapfsäule anzugeben. Die Flasche Cola habe er mit Bargeld bezahlt. Er habe dann noch 1,50 € im Geldbeutel gehabt. Er sei wieder auf die Autobahn gefahren. Nach etwa 10 km sei er von einer Polizeistreife angehalten worden. Diese habe nach der Tankquittung gefragt. Hier habe er dann gemerkt, dass er vergessen hätte zu bezahlen. Es sei ihm seitens der Polizei nicht die Möglichkeit gegeben worden, zur Tankstelle zurückzufahren, um die Tankschuld zu bezahlen. Vielmehr sei er festgenommen und auf dem Polizeirevier vernommen worden. Er sei dann ‚völlig durch den Wind’ gewesen, da ihm durch die Polizei eine Nacht in Gewahrsam angedroht worden sei. Er habe dann zu allem nur noch ja gesagt und alles unterschrieben, was ihm vorgelegt worden sei. Er sei unter großem Druck gestanden. Im Strafverfahren habe ihm sein Rechtsanwalt von einem Einspruch abgeraten. Die Aussagen der Polizisten würden sich hinsichtlich seiner EC-Karte widersprechen. Die Streifenpolizisten hätten festgestellt, dass er seine EC-Karte dabeigehabt hätte.
Dieser Einlassung vermochte die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu folgen. Die Kammer ist zur uneingeschränkten Überzeugung gelangt, dass es sich dabei um Schutzbehauptungen des Soldaten handelt, die darauf gerichtet sind, sein Fehlverhalten zu verdecken.
Dies ergibt sich insbesondere aus der glaubhaften Aussage des Zeugen Polizeihauptkommissar S.
Dieser hat ausgesagt, er habe den Soldaten als Beschuldigten vernommen. Zu Beginn der Vernehmung habe er den Soldaten ordnungsgemäß belehrt. Die Vernehmung sei in lockerer Atmosphäre erfolgt. Er habe den Soldaten in keinster Weise unter Druck gesetzt. Für ein in Gewahrsam nehmen über Nacht hätte bei einem Betrug mit Vermögensschaden von 20 € überhaupt kein Anlass und keine gesetzlichen Voraussetzungen vorgelegen. Der Soldat habe auch sogleich unumwunden zugegeben, er sei schon beim Einfahren in die Tankstelle entschlossen gewesen, nicht zu bezahlen. Er habe nämlich kein Bargeld mehr gehabt. Auf die Frage, weshalb er nicht mit EC-Karte bezahlt habe, habe er geantwortet, diese habe zur Zeit seine Ehefrau. Der Zeuge bekundete weiterhin, er habe erst zum Abschluss der Vernehmung, nachdem also der Soldat bereits ein Geständnis abgelegt habe, den Soldaten auf die Möglichkeit des § 153a StPO hingewiesen. Es habe also keinesfalls der Eindruck entstehen können, bei Ablegen eines Geständnisses werde die Möglichkeit des § 153a StPO in Aussicht gestellt. Der Soldat sei ruhig und beherrscht gewesen, keinesfalls habe er einen verwirrten Eindruck gemacht.
Die Kammer hat in keinster Weise Anlass an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Seine Angaben waren sachlich, bestimmt und widerspruchsfrei. Er hatte ein gutes Erinnerungsvermögen bis hin zu Details und schilderte den Vorgang ruhig und flüssig. Ein Interesse des Zeugen am Ausgang des Verfahrens ist nicht ersichtlich. Es handelt sich bei dem Zeugen um einen Polizeihauptkommissar mit 35 Jahren polizeilicher Diensterfahrung, der nicht den geringsten Anlass hatte, wegen eines Vermögensdelikts mit 20 € Schaden seine berufliche Existenz in Frage zu stellen, indem er bei der Vernehmung den Soldaten unter Druck gesetzt hätte.
Das Aussageverhalten des Zeugen war auch frei von sprachlichen oder inhaltlichen Strukturbrüchen, die auf unwahre Bekundungen hindeuten könnten. Bei der Beantwortung an ihn gestellter Fragen ist er zu keinem Zeitpunkt ausgewichen oder in bloße Andeutungen oder leere Redensarten geflüchtet. Einwänden hat er sich gestellt. So hat er den Einwand des Soldaten bezüglich der in seinem Kofferraum aufgefundenen Nummernschilder klargestellt, dass diese Kennzeichen zwar routinemäßig überprüft worden wären. Nachdem sich diesbezüglich nichts negatives ergeben hätte, seien sie bedeutungslos gewesen.
Entgegen der Behauptung des Soldaten sieht die Kammer auch keinen Widerspruch in der Aussage des Zeugen S. bezüglich der EC-Karte des Soldaten.
Zwar behauptet der Soldat, die Streifenpolizisten hätten festgestellt, dass er seine EC-Karte dabei gehabt hätte, und deren Behauptung, er hätte gesagt, sie funktioniere nicht, sei unwahr.
Die Kammer sah jedoch keinen Anlass, die Hauptverhandlung zu unterbrechen und die Streifenpolizisten zu laden, zumal der Soldat zwar zunächst beantragt hatte, diese Polizisten zu laden, diesen Antrag aber kurz darauf wieder zurückzog. Denn selbst wenn man von der Darstellung des Soldaten ausgeht, vermochte dies nicht die Überzeugung der Kammer von der Glaubwürdigkeit des Zeugen S. zu erschüttern. Dieser hat ja nicht behauptet, der Soldat habe keine EC-Karte dabei gehabt, sondern lediglich ausgesagt, auf seine Frage, weshalb der Soldat nicht seine EC-Karte benutzt habe, habe dieser geantwortet, die EC-Karte habe zur Zeit seine Ehefrau. Ob der Soldat tatsächlich die EC-Karte dabei hatte, hat der Zeuge S. dann nicht überprüft. Der Soldat behauptet ja selbst nicht, dass er sie dem Zeugen gezeigt hätte. Vielmehr ist es unerklärlich, weshalb der Soldat die EC-Karte nicht vorzeigt, wenn im Vernehmungsprotokoll aufgenommen wird „Ich besitze eine EC-Karte, die aber z.Zt. meine Frau hat“. Soweit der Soldat angibt, er habe keinen Grund gehabt, den Besitz der EC-Karte zu verneinen, hat er sich dann aber widersprüchlich verhalten. Dies legt wiederum den Gedanken nahe, dass der Soldat gegenüber den Streifenpolizisten angab, seine EC-Karte würde nicht funktionieren. Dieses widersprüchliche Verhalten lässt sich auch nicht dadurch erklären, weil der Soldat nach seiner Behauptung ‚völlig durch den Wind’ und unter großem Druck gestanden hätte. Der Zeuge S. hat glaubhaft bekundet, der Soldat sei ruhig gewesen und die Vernehmung sei in lockerer Atmosphäre erfolgt.
Diese Aussage wird auch gestützt durch die Bekundung des Leumundszeugen, Hauptmann B. Dieser hat den Soldaten als äußerst ruhigen Menschen geschildert, der immer, auch in großen Stresssituationen ausgeglichen sei und auch unter Druck immer einen kühlen Kopf bewahre.
Auch der Beifahrer des Soldaten, der Zeuge K. hat bestätigt, dass der Soldat, nachdem sie von den Streifenpolizisten angehalten worden waren, die ganze Zeit über völlig ruhig geblieben war.
Der Zeuge K. hat auch weiter bekundet, dass nach seiner Erinnerung der Soldat, als er vom Kassenraum der Tankstelle zurückkam, kein Getränk dabei hatte.
Gegen die Einlassung des Soldaten spricht auch noch Folgendes: Der Zeuge K. hatte dem Soldaten zu Beginn der Fahrt 25 € Benzinbeitrag gegeben. Genau für diesen Betrag hatte der Soldat dann bei L. getankt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Soldat nicht schon hier mehr getankt hat, wenn er tatsächlich mit seiner EC-Karte hätte zahlen können. Dies lag doch nahe, denn er kannte den hohen Benzinverbrauch seines Fahrzeugs - ein BMW der 7er Reihe - und die Fahrstrecke und konnte damit aus Erfahrung damit rechnen, dass dies nicht bis nach Hause ausreichen würde. Ein erneuter Tankstopp an der bekanntermaßen vielbesuchten Tankstelle F. mit entsprechendem Zeitverlust hätte sich dann erübrigt. Der Soldat hat ja angegeben, er habe so schnell wie möglich nach Hause gewollt.
Insgesamt ist deshalb die Kammer zur Überzeugung gelangt, dass der Soldat die Tankrechnung mit Vorsatz nicht beglichen hat.“

14 Zur rechtlichen Würdigung führte die Truppendienstkammer aus, der Soldat habe durch dieses Verhalten vorsätzlich gegen sein Pflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 2 SG verstoßen, sich außer Dienst, außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt. Er habe somit ein Dienstvergehen begangen (§ 23 Abs. 1 SG).

15 Bezüglich der Ausführungen zur Maßnahmebemessung wird auf die Seiten 8 und 9 des Urteils der Truppendienstkammer verwiesen.

16 Gegen dieses ihm am 18. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat der Verteidiger des Soldaten mit Schriftsatz vom 16. November 2006, beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen am 16. November 2006, eine auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung eingelegt.

17 Zur Begründung hat der Verteidiger im Wesentlichen vorgetragen:
Bei dem Strafbefehl des Amtsgerichts H. vom 10. November 2004 seien die Tagessätze offensichtlich deshalb im unteren Bereich ausgesprochen worden, da der Soldat nicht einschlägig vorbestraft, der eingetretene Schaden gering und die Wiedergutmachung zum Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls reguliert gewesen sei. Ausdruck des reumütigen und einsichtigen Nachtatverhaltens des Soldaten sei auch gewesen, dass er für entstandenen Aufwand der geschädigten Tankstelle 50 € als Ausgleich gezahlt habe.

18 Die durch das Truppendienstgericht verhängten Disziplinarmaßnahmen stünden in keinem Verhältnis zur Schuld des Soldaten und auch im Widerspruch zu § 58 Abs. 4 WDO. Obgleich Staatsanwaltschaft und Amtsgericht H. in ihrer strafrechtlichen Sanktion aus einer Gesamtschau heraus und mit Augenmaß wohl bewusst eine an der unteren Grenze des Strafrahmens liegende Strafe für richtig hielten, kontrastiere das angegriffene Urteil geradezu diese Einschätzung. Zwar führe das Truppendienstgericht zutreffend aus, dass der Soldat während des laufenden Verfahrens befördert worden sei, dies rechtfertige jedoch im vorliegenden Fall nicht die Verhängung von mehreren Disziplinarmaßnahmen (Beförderungsverbot und Kürzung der Dienstbezüge). Dies führe im konkreten Fall zu einem unverhältnismäßigen Ergebnis. Der Soldat werde zum 28. Februar 2009 aus dem aktiven Dienst ausscheiden. Das Beförderungsverbot verhindere die Beförderung bis zum Ausscheiden. Dem Soldaten gingen hierdurch Dienstbezüge in Höhe von ca. 200 € netto monatlich in der Zeit zwischen 1. März 2007 (Zeitpunkt der Beförderung zum Feldwebel nach Besoldungsgruppe A 7) und 28. Februar 2009 verloren. Für die Zeit nach dem 28. Februar 2009 habe der Soldat über einen Zeitraum von zwei Jahren Anspruch in Höhe von 80 % seiner letzten Dienstbezüge. Das Beförderungsverbot entfalte somit bis zum Jahre 2011 negative finanzielle Auswirkungen für den Soldaten, hieraus ergebe sich ein finanzieller Gesamtschaden bis zu diesem Zeitpunkt in Höhe von 8 640 €. Des Weiteren schlage sich negativ finanziell nieder, dass durch Gehaltskürzungen in Höhe von einem Zwanzigstel für die Dauer von 24 Monaten weitere einschneidende finanzielle Verluste in Höhe von rund 2 160 € allein bei Zugrundelegung der aktuellen Dienstbezüge des Soldaten eintreten würden. Dies zeige die Unverhältnismäßigkeit der verhängten Disziplinarmaßnahmen. Das angegriffene Urteil könne daher keinen Bestand haben.

III

19 1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, ihre Förmlichkeiten sind gewahrt (§ 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WDO).

20 2. Das Rechtsmittel des Soldaten ist ausdrücklich und nach dem maßgeblichen Inhalt seiner Begründung auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt worden. Der Senat hat daher die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die rechtliche Würdigung der Truppendienstkammer seiner Entscheidung zugrunde zu legen und unter Beachtung des Verschlechterungsverbots nur noch über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. §§ 327, 331 Abs. 1 StPO).

21 3. Die Berufung des Soldaten hat Erfolg.

22 Nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO sind bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

23 a) Bei Anlegen dieses Maßstabes hält der Senat ein Beförderungsverbot im untersten Bereich für ausreichend.

24 aa) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen.

25 Das Dienstvergehen des Soldaten hat nach seiner Eigenart durchaus Gewicht. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er mit seinem bindend festgestellten Fehlverhalten kriminelles Unrecht (Betrug zulasten der Tankstelle) beging und gegen ihn eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 35 € festgesetzt wurde.

26 Die festgestellte Verletzung der in § 17 Abs. 2 Satz 2 SG normierten Pflicht eines jeden Soldaten, sich außer Dienst außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt, wiegt nicht leicht. Es geht dabei nicht um eine bloße Nebenpflicht. Denn sie hat wegen ihres funktionellen Bezugs zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebes erhebliche Bedeutung. Ein Soldat, insbesondere ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie das Vertrauen seiner militärischen Vorgesetzten, um seine Aufgabe so zu erfüllen, dass der ordnungsgemäße Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist.

27 Bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens ist ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Soldaten zum Zeitpunkt der Dienstpflichtverletzung um einen Unteroffizier handelte. Seine Stellung erforderte es, dass er als Vorgesetzter, in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben hat (§ 10 Abs. 1 SG). Denn nur wenn er dieses Beispiel gibt, kann er von seinen Untergebenen erwarten, dass sie sich am Vorbild ihres Vorgesetzten orientieren und ihre Pflichten nach besten Kräften und aus innerer Überzeugung erfüllen. Durch sein Fehlverhalten, das geeignet war, zur erheblichen Minderung seiner Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit sowohl bei Vorgesetzten als auch bei Untergebenen beizutragen, hat er jedoch ein außerordentlich schlechtes Beispiel gegeben.

28 Bei der Bewertung der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass der dem Vermögen des Dritten (Tankstelle) entstandene Schaden lediglich 20 € betragen hat, also dem unteren Bereich zuzuordnen ist.

29 bb) Der Soldat handelte aus eigennützigen Beweggründen, als er sein Auto betankte, ohne die Benzinkosten bei der Tankstelle zu bezahlen.

30 cc) Das außerdienstliche Dienstvergehen hatte für die Personalplanung und - führung keine Konsequenzen. Unmittelbare Auswirkungen auf den dienstlichen Bereich waren, wie der Zeuge Hauptmann B. glaubhaft aussagte, nicht festzustellen. Der Vorfall war in der Einheit nicht bekannt geworden.

31 dd) Im Hinblick auf das Maß der Schuld ist festzustellen, dass der Soldat seine Dienstpflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 2 SG mit Vorsatz verletzt hat.

32 Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er zum Zeitpunkt des Dienstvergehens in seiner Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB eingeschränkt oder gar im Sinne des § 20 StGB schuldunfähig war, sind nicht ersichtlich. Sonstige Schuldmilderungs- oder Schuldausschließungsgründe sind gleichfalls nicht erkennbar.

33 Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des früheren Soldaten mindern würden, liegen nicht vor. Sie sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. u.a. Urteile vom 18. März 1997 - BVerwG 2 WD 29.95 - BVerwGE 113, 70 = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 28 = NZWehrr 1997, 212 <insoweit nicht veröffentlicht>, vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 29.02 - BVerwGE 118, 161 = Buchholz 235.01 § 107 WDO 2002 Nr. 1 = NZWehrr 2004, 31 <insoweit nicht veröffentlicht> m.w.N. und vom 1. Juli 2003 - BVerwG 2 WD 51.02 ) ohnehin nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte. Solche Besonderheiten sind z.B. ein Handeln in einer ausweglos erscheinenden, unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage, die auf andere Weise als durch die Tathandlung nicht behoben werden kann, oder eine psychische Ausnahmesituation oder eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten. Eine von den normalen Verhältnissen abweichende Situation ist in der Berufungshauptverhandlung nicht ersichtlich geworden und von dem Soldaten auch nicht konkret geltend gemacht worden.

34 ee) Im Hinblick auf die bisherige Führung und die Persönlichkeit des Soldaten ist zu berücksichtigen, dass er vor der hier angeschuldigten Tat dreimal mit einer Disziplinarbuße gemaßregelt wurde, denen jeweils eine Verletzung seiner Dienstleistungspflicht zugrunde lag. Auch ist er bereits - vor dem Eintritt in die Bundeswehr - strafrechtlich in Erscheinung getreten. So wie es für ihn gesprochen hätte, wenn er sich nachbewährt hätte, geht es hier zu seinen Lasten, dass er aus seinem Fehlverhalten nicht lernte, sondern im Gegenteil weitere Dienstpflichtverletzungen beging. Andererseits spricht für ihn, dass er nach Aussage seines damaligen Disziplinarvorgesetzten Hauptmann B. vor dem Truppendienstgericht in seiner bisherigen Dienstzeit ordentliche Leistungen erbracht hat. Zu seinen Gunsten sind weiterhin seine Auszeichnungen zu berücksichtigen, ferner der Umstand, dass er zum Tatzeitpunkt erhebliche familiäre Probleme hatte, zwischenzeitlich jedoch wieder in geordneten familiären Verhältnissen lebt.

35 ff) Der Senat hat in seiner gefestigten Rechtsprechung (u.a. Urteile vom 26. Juni 1985 - BVerwG 2 WD 5.85 - BVerwGE 83, 28, vom 10. Juni 1987 - BVerwG 2 WD 12.87 -, vom 14. März 1989 - BVerwG 2 WD 41.88 - BVerwGE 86, 133, vom 13. Juni 1989 - BVerwG 2 WD 2.89 -, vom 25. Oktober 1990 - BVerwG 2 WD 26.90 -, vom 2. Dezember 1999 - BVerwG 2 WD 42.99 - Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 29 = NZWehrr 2000, 253, vom 17. Februar 2000 - BVerwG 2 WD 45.99 - und vom 23. November 2005 - BVerwG 2 WD 35.04 - NZWehrr 2006, 125) außerdienstliche Verfehlungen eines Soldaten gegen Eigentum und Vermögen Dritter stets als ein nicht leichtzunehmendes Dienstvergehen gewertet und im Regelfall eine laufbahnhemmende Maßnahme in Form eines Beförderungsverbots zum Ausgangspunkt seiner Zumessungserwägungen genommen. Hierbei macht es grundsätzlich keinen Unterschied, wie das Vermögensdelikt strafrechtlich zu qualifizieren ist, ob es sich z.B. um einen Diebstahl oder Betrug, eine Veruntreuung oder Hehlerei handelt. Denn solche Begehungsformen einer Straftat sind gleichermaßen sozialschädlich.

36 Ein Tankstellenbetrug ist kein Kavaliersdelikt. Zwar handelt es sich vorliegend um ein rein außerdienstliches Fehlverhalten ohne unmittelbare Beziehung zum Dienst. Ein solcher Verstoß gegen die Rechtsordnung offenbart jedoch Charaktermängel, die die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit des Täters regelmäßig beeinträchtigen, sein Ansehen und seine Autorität bei Vorgesetzten, Kameraden und Untergebenen mindern, Zweifel an seiner Zuverlässigkeit und moralischen Integrität wecken, insgesamt somit die Beurteilung seiner Persönlichkeit und damit seine dienstliche Verwendbarkeit beeinflussen. Außerdienstliche Eigentums- und Vermögensdelikte unterscheiden sich allerdings in ihrem objektiven Gewicht und nach der Schuld des Täters so sehr voneinander, dass die erforderliche Maßnahme nur nach den konkreten Tatumständen und den Besonderheiten des Einzelfalles zugemessen werden kann.

37 b) Bei der demnach gebotenen Gesamtwürdigung des Fehlverhaltens des Soldaten ist zu gewichten, dass er eine Straftat begangen hat. Hierbei gilt aber mildernd zu berücksichtigen, dass der Soldat zwar strafwürdiges Unrecht beging, bei der Tatbestandsverwirklichung aber nur ein geringes Maß an krimineller Energie aufbringen musste. Die für die Tatbegehung zu überwindende Hemmschwelle war nicht hoch. Die Tathandlung, sowohl bezogen auf den Tank- als auch den sich anschließenden Bezahlvorgang, vollzog sich weitgehend anonym. Der Soldat konnte, nachdem er die Toilette aufgesucht hatte, ohne mit seinem „Opfer“ in näheren Kontakt treten zu müssen, den Kassenbereich verlassen und ungehindert davonfahren. Nicht einmal gegenüber seinem Mitfahrer, der vom Betrug des Soldaten nichts mitbekommen konnte, musste er sich rechtfertigen.

38 Gegen ihn spricht, dass er disziplinar vorbelastet ist. Ferner hat der Senat nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Soldat, obwohl er sich dahingehend eingelassen hat, sein Verhalten gegenüber der Tankstelle sei „nicht richtig“ gewesen, sich uneingeschränkt von seinem Fehlverhalten distanziert und nachhaltig damit auseinandergesetzt hat. Andererseits hat das Dienstvergehen im Hinblick auf den relativ geringen Schadensbetrag von 20 € schon nach seinem spezifischen Unrechtsgehalt und damit nach seiner „Eigenart und Schwere“ gemäß dem auch im Disziplinarrecht geltenden verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit („Differenzierung nach unten und nach oben“) kein allzu hohes Gewicht, was sich auf den Ausgangspunkt („Einstufung“) der Zumessungserwägungen in entsprechender Weise auszuwirken hat. Hinzu kommen Milderungsgründe in der Person des Soldaten. Der Umstand, dass der Soldat während des laufenden gerichtlichen Disziplinarverfahrens nicht hätte befördert werden dürfen, kann ihm im Rahmen der Zumessungserwägungen nicht zum Nachteil gereichen, weil er dies nicht zu vertreten hat.

39 Unter Abwägung aller be- und entlastenden Umstände hält der Senat zur Ahndung des Fehlverhaltens des Soldaten die Regelmaßnahme, ein Beförderungsverbot, für geboten. Unter Berücksichtigung insbesondere generalpräventiver Zwecke, aber auch des Zeitfaktors (zwischenzeitlich sind seit der Tat über drei Jahre vergangen), erscheint dem Senat ein Beförderungsverbot für die Dauer eines Jahres angemessen, aber auch ausreichend zu sein. Auch wenn sich diese Maßnahme erkennbar nicht mehr auswirken wird, weil der Soldat wegen seiner kurzen Restdienstzeit von ca. einem Jahr, seiner unterdurchschnittlichen Beurteilung und seinen disziplinaren Vorbelastungen mit einer Einweisung in die Besoldungsstufe A 7 nicht mehr rechnen kann, wird von der Möglichkeit, gemäß § 58 Abs. 4 Satz 1 WDO das Beförderungsverbot mit einer Kürzung der Dienstbezüge zu kombinieren, abgesehen. Nicht verkannt wird dabei, dass die rechtswidrig - entgegen Nr. 135 ZDv 20/7 - erfolgte Beförderung des Soldaten während des laufenden Verfahrens, die Auswirkungen eines Beförderungsverbotes zusätzlich relativiert hat; dies darf aber nicht der Begründung für die Verhängung einer höheren Disziplinarmaßnahme dienen, da der diesbezügliche Fehler nicht dem Soldaten, sondern dem Dienstherrn zuzurechnen ist. Maßgeblich ist aber vor allem, dass die Schadenshöhe von 20 € äußerst gering ist und die dem Soldaten aus seinem Fehlverhalten bereits erwachsenen Kosten im Vergleich dazu überaus hoch sind. Im Zuge des sachgleichen Strafverfahrens wurde der Soldat nämlich finanziell mit dem über Vierzigfachen des von ihm angerichteten Schadens in Anspruch genommen. Ihm mittels einer zusätzlichen Kürzung der Dienstbezüge eine weitere finanzielle Belastung aufzuerlegen wäre insbesondere im Hinblick auf seine familiäre und finanzielle Situation unter Berücksichtigung des Fürsorgegedankens unverhältnismäßig.

40 Soweit der Soldat gegen die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme allgemein geltend macht, die dem Dienstvergehen zugrunde liegende Handlung sei bereits in dem sachgleichen Strafverfahren durch eine spürbare Geldstrafe hinreichend geahndet worden, ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass Strafverfahren und Disziplinarverfahren unterschiedliche Zwecke verfolgen. Das Wehrdisziplinarrecht ist Dienstordnungsrecht; es sichert die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung der Streitkräfte und der Verwirklichung ihres verfassungsmäßigen Auftrages (vgl. Urteil vom 28. Januar 2004 - BVerwG 2 WD 13.03 - BVerwGE 120, 105 = Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 53 = NZWehrr 2004, 169 <insoweit nicht veröffentlicht>). Sein Zweck liegt nicht - wie im Strafrecht - darin, gegen einen Soldaten Sanktionen zu verhängen, um ihn für begangenes Unrecht zu bestrafen. Dies ist auch nicht unverhältnismäßig. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat der Gesetzgeber bereits mit der Regelung im § 16 Abs. 1 WDO entsprochen. Diese ist nämlich kein Anwendungsfall des Verbots der Doppelbestrafung nach Art. 103 Abs. 3 GG, sondern ein vom Zweck des Disziplinarrechts abgeleitetes Verhängungsverbot, das rechtsdogmatisch auf das rechtsstaatliche Gebot der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck zurückzuführen ist (vgl. dazu die Einzelnachweise zur stRspr bei Dau, WDO, 4. Aufl. 2002, § 16 Rn. 1).

41 4. Da die Berufung des Soldaten Erfolg hat, sind die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 139 Abs. 1 Satz 1 WDO und die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen gemäß § 140 Abs. 4 WDO dem Bund aufzuerlegen.