Beschluss vom 22.01.2004 -
BVerwG 9 B 3.04ECLI:DE:BVerwG:2004:220104B9B3.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.01.2004 - 9 B 3.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:220104B9B3.04.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 3.04

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 16.10.2003 - AZ: OVG 9 A 249/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Januar 2004
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und die Richter
am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 208,90 € (entspricht 2 364,40 DM) festgesetzt.

Die auf den Revisionszulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg. Die für die Zulassung der Revision geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu.
Die Beschwerde bezeichnet als klärungsbedürftig die Frage,
"ob die Darstellung und Beurkundung eines gegenwärtigen planerischen Sachverhalts (hier: Darstellung der Lage des Bauvorhabens, seiner Abstandsflächen, notwendigen Baulasten, Berechnung seiner Geschoss- und Grundflächenzahl), der zunächst nur als Vorlage für die Genehmigungsbehörde dient und erst in Zukunft in die Realität umgesetzt werden soll, ein Anwendungsfall des § 418 Abs. 1 ZPO ist. Ob also die Darstellung im Plan, soweit sie keiner rechtlichen Wertung entstammt, den vollen Beweis dafür erbringt, dass dieser Plan richtig ist."
Diese Frage soll nach Auffassung der Beschwerde für die Entscheidung der Vorinstanz ausschlaggebend gewesen sein, die Aufhebung des streitigen Gebührenbescheids in Höhe von 2 364,40 DM als rechtmäßig anzusehen und insoweit die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Die Beschwerde räumt dabei zwar ein, dass die Vorinstanz ihre Entscheidung auf Landesrecht - nämlich auf die Anwendung der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIng BO NW i.d.F. des Art. 1 Nr. 1 des Änderungsgesetzes vom 22. November 1994 (GVBl NW S. 1058) - stützt und diese insoweit der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen ist (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Eine Verletzung revisiblen Bundesrechts, auf der die Entscheidung beruht, soll sich aber daraus ergeben, dass die Vorinstanz zur Auslegung und Anwendung des Landesrechts die Vorschrift des § 418 Abs. 1 ZPO mit dem Ergebnis herangezogen hat, die Tätigkeit eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs sei, wenn von ihm nicht durch vermessungstechnische Ermittlungen an Grund und Boden Sachverhalte faktischer und/oder rechtlicher Art festgestellt würden, nicht seiner hoheitlichen Befugnis als Beliehenem zuzurechnen, Tatbestände mit öffentlichem Glauben zu beurkunden. Mit diesem Hinweis auf eine von der Vorinstanz angewandte Vorschrift des Bundesrechts ist es der Beschwerde jedoch nicht gelungen, eine klärungsbedürftige Frage aufzuzeigen. Es ist nicht dargelegt (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass sich die von der Beschwerde aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren als entscheidungserheblich erweisen würde.
Die Beschwerde weist selbst darauf hin, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einer alternativen Begründung beruht. Zum einen verneint die Vorinstanz, dass die Lagepläne, um die es bei der streitigen Gebührenerhebung geht, i.S. von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIng BO NW durch vermessungstechnische Ermittlungen am Grund und Boden festzustellende Tatbestände beurkunden. Nach Auffassung der Vorinstanz setzt dieses Merkmal des Gebührentatbestands voraus, dass zeichnerische Darstellungen in den Lageplänen unmittelbares Ergebnis vermessungstechnischer Ermittlungen an Grund und Boden sind und nicht nur eine planerische Aussage enthalten, die Folge "einer wertenden Rechtsanwendung in Form der Subsumtion des geplanten Vorhabens unter die maßgeblichen bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften" (UA S. 16) ist. In seinen dazu getroffenen tatsächlichen Feststellungen (UA S. 14 ff.), die für das Revisionsgericht mangels einer Verfahrensrüge bindend sind (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO), ordnet die Vorinstanz die in Rede stehenden zeichnerischen Darstellungen (Darstellung der Lage des Vorhabens, der Abstands- und Baulastflächen sowie der GRZ-/GFZ-Zahlen) als planerische Aussagen ein. Zum anderen spricht die Vorinstanz diesen zeichnerischen Darstellungen aber die nach ihrer insoweit maßgeblichen Auffassung für die Gebührenerhebung zusätzlich erforderliche Eigenschaft ab, i.S. von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIng BO NW Vorgänge mit öffentlichem Glauben zu beurkunden. Nur in dem zuletzt genannten Zusammenhang bemüht die Vorinstanz § 418 Abs. 1 ZPO, wobei es dieser Vorschrift entnimmt, dass "die Feststellung solcher Sachverhalte, die erst künftig entstehen bzw. eintreten sollen und/oder deren Annahme die Schlussfolgerung aus einer interpretierenden Anwendung von baurechtlichen Normen darstellt" (UA S. 13), nicht die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde besitzt.
Die Beschwerde greift zwar beide Begründungen an, die erstgenannte aber nicht mit einem eigenen Revisionszulassungsgrund und vermag nicht aufzuzeigen, dass diese - nicht auf § 418 Abs. 1 ZPO abstellende - Begründungserwägung die Entscheidung der Vorinstanz nicht allein trägt. Darüber hinaus können die Ausführungen der Vorinstanz zwanglos dahin gehend verstanden werden, dass damit nichts anderes zum Ausdruck gebracht werden soll als der Gedanke, der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur müsse, um eine Urkunde i.S. von § 418 Abs. 1 ZPO zu erstellen, innerhalb der Grenzen seiner Beleihung tätig werden. Diese Grenzen ergeben sich aber - für das Revisionsgericht bindend - aus der landesrechtlichen Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIng BO NW, so wie sie von der Vorinstanz verstanden wird. Bundesrechtlich ist dieses Ergebnis nicht in Zweifel zu ziehen. Es ist nämlich höchstrichterlich geklärt, dass eine Urkunde, um nach § 418 Abs. 1 ZPO öffentlichen Glauben zu genießen, von der Behörde oder der Urkundsperson im Rahmen ihrer öffentlich-rechtlichen Amtsbefugnis aufgenommen worden sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1952 - III ZR 113/51 - BGHZ 6, 304 <307>). Wenn aber das einschlägige Landesrecht - wie hier die Vorinstanz entschieden hat - die Amtsbefugnis des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs nicht auf die Erstellung von Urkunden mit planerischen Aussagen erstreckt, können derartige Urkunden nach § 418 Abs. 1 ZPO auch keinen öffentlichen Glauben genießen. Auf die von der Beschwerde möglicherweise als klärungsbedürftig angesehene Frage, ob § 418 Abs. 1 ZPO Urkunden mit planerischem Inhalt generell nicht erfasst, kommt es danach im vorliegenden Fall nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 2, § 14 GKG.