Beschluss vom 22.01.2004 -
BVerwG 7 B 7.04ECLI:DE:BVerwG:2004:220104B7B7.04.0

Leitsatz:

Der Abriss des die Rückgabe des Grundstücks ausschließenden Gebäudes ist in dem investiven Vorhaben "angelegt", wenn das Vorhaben von vornherein nur in dieser Weise wirtschaftlich sinnvoll verwirklicht werden konnte, selbst wenn die Beteiligten dies bei der investiven Veräußerung des Grundstücks nicht erkannt hatten.

  • Rechtsquellen
    VermG § 4 Abs. 1 Satz 1

  • VG Schwerin - 21.05.2003 - AZ: VG 7 A 2779/96

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.01.2004 - 7 B 7.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:220104B7B7.04.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 7.04

  • VG Schwerin - 21.05.2003 - AZ: VG 7 A 2779/96

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Januar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l und K l e y
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 112 287 € festgesetzt.

Die Klägerin beansprucht die Auskehr des Erlöses aus dem investiven Verkauf eines Grundstücks an die Erbengemeinschaft, deren Mitglied sie ist. Das Verwaltungsgericht hat ihrer Klage stattgegeben, weil der Abriss des die Rückgabe des Grundstücks hindernden Gebäudes und damit der Wegfall des im Zeitpunkt der investiven Veräußerung bestehenden Rückgabeausschlussgrundes in dem investiven Vorhaben angelegt gewesen sei.
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Es liegt weder die geltend gemachte Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vor, noch weist die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.
1. Die Beigeladene rügt eine Abweichung von dem im vorangegangenen Revisionsverfahren ergangenen Urteil des Senats vom 11. April 2002 - BVerwG 7 C 20.01 - (Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 7). Dort sei folgender Rechtssatz aufgestellt worden:
Der Wegfall des Restitutionsausschlussgrundes wegen der Überbauung eines restitutionsbelasteten Grundstücks über dessen ehemaligen Grenzen hinweg (§ 4 Abs. 1 VermG) ist in einer investiven Veräußerung dann (und nur dann) angelegt, wenn das zugesagte Vorhaben (in Bezug auf investive Zwecke) aufgrund zwingender gebäudebezogener und schon bei Veräußerung bestehender Umstände nicht durch die Modernisierung des vorhandenen Gebäudes, sondern nur durch einen Neubau verwirklicht werden kann.
Demgegenüber läge der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts der Rechtssatz zugrunde, dass der Wegfall eines solchen Restitutionsausschlussgrundes in einer investiven Veräußerung immer dann angelegt sei, wenn der Neubau statt der zugesagten Modernisierung nicht auf einer veränderten Sachlage im Sinne neuer äußerer Rahmenbedingungen beruhe. Für den Wegfall des Ausschlussgrundes sei demnach nicht erforderlich, dass der Abriss und Neubau auf zwingende gebäudebezogene und schon bei Veräußerung bestehende Umstände zurückzuführen sei.
Die Abweichung besteht nicht. Der Rechtssatz, den die Beigeladene dem Urteil des Senats entnommen hat, ist dort so nicht aufgestellt worden. Der Senat hat bei dem für den Anspruch auf Erlösauskehr notwendigen Zusammenhang zwischen investiver Veräußerung und Wegfall des Restitutionsausschlussgrundes nicht zwischen zwingenden gebäudebezogenen und anderen nicht auf einer veränderten Sachlage beruhenden Gründen für den Abriss des die Rückgabe ausschließenden Gebäudes differenziert. Vielmehr hat der Senat ausschließlich zum Ausdruck gebracht, dass der Abriss durch das investive Vorhaben veranlasst sein muss und dies nicht auf einer "neuen Entwicklung" beruhen darf, die nicht mehr im Zusammenhang mit der investiven Veräußerung und dem mit ihr verfolgten Zweck steht. In diesem Rahmen hält sich die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Die Erwägungen, die den Investor veranlasst haben, das Gebäude entgegen den ursprünglichen Absichten abzureißen, waren nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bereits in dem Vorhaben angelegt; denn es konnte nur in dieser Weise - und zwar unabhängig von Veränderungen der Sachlage - wirtschaftlich sinnvoll verwirklicht werden, wenn auch die Beteiligten dies bei Abschluss des Geschäfts nicht erkannt hatten.
2. Die Rechtssache weist auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung auf.
Die Beigeladene hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:
Unter welchen Voraussetzungen ist der Abriss eines Gebäudes, das über die ehemaligen Grenzen restitutionsbelasteter Grundstücke hinweg errichtet wurde, und damit auch der Wegfall des Ausschlussgrundes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG in einer investiven Veräußerung angelegt?
Bedarf es für den Wegfall des Ausschlussgrundes zwingender, objektiver, vom Veräußerer nicht vorhersehbarer und gebäudebezogener Gründe?
Genügen (einseitige) Änderungen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen des Erwerbers?
Diese Fragen rechtfertigen nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens; denn sie sind durch das Urteil des Senats im vorausgehenden Revisionsverfahren bereits hinreichend beantwortet. Dort hat der Senat - wie bereits oben ausgeführt - klargestellt, dass der Abriss des die Restitution ausschließenden Gebäudes in der investiven Veräußerung angelegt war, wenn die Verwirklichung der Pläne in dieser Weise keine neue Entwicklung darstellte, die nicht mehr im Zusammenhang mit der investiven Veräußerung und dem mit ihr verfolgten Zweck stand. Dies kann nur so verstanden werden und ist auch vom Verwaltungsgericht zutreffend dahin verstanden worden, dass der für den Wegfall des Restitutionsausschlusses notwendige Zusammenhang zwischen investivem Vorhaben und Gebäudeabriss dann bejaht werden muss, wenn eine realisierbare Umsetzung des investiven Vorhabens von vornherein den Abriss des Gebäudes und damit die Wiederherstellung der Rückgabefähigkeit des Grundstücks forderte. Selbstverständlich ist insoweit ohne Belang, ob die Beteiligten dies bei Vertragsschluss erkannt haben; denn eine solche Unkenntnis beseitigt nicht die von Anfang an bestehende Ursächlichkeit des Vorhabens für den Abriss. Ebenso liegt auf der Hand, dass es unerheblich ist, ob die Notwendigkeit des Abrisses allein auf die (nicht den Erwartungen entsprechende) Bausubstanz zurückzuführen war oder auf allgemeine Wirtschaftlichkeitserwägungen; maßgeblich ist allein, dass diese Gründe bereits bei Abschluss des Erwerbsgeschäfts bestanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.